TE Vwgh Beschluss 2019/2/25 Ra 2019/08/0025

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Veröffentlicht am 25.02.2019
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz

Norm

ASVG §4 Abs1 Z1
ASVG §4 Abs2
EStG 1988 §47 Abs1
EStG 1988 §47 Abs2
EStG 1988 §82

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie die Hofräte Dr. Strohmayer und Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision der T GmbH in Wien, vertreten durch die anwaltschriefl KG in 2340 Mödling, Kaiserin Elisabeth-Straße 2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Dezember 2018, W173 2003355-1/16E, betreffend Pflichtversicherung nach dem ASVG und dem AlVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Wiener Gebietskrankenkasse; mitbeteiligte Parteien: 1. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt,

2. Pensionsversicherungsanstalt, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass JK auf Grund ihrer Tätigkeit für die revisionswerbende Partei in näher genannten Zeiträumen in den Jahren 2007 bis 2011 gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm. Abs. 2 ASVG der Voll-(Kranken-, Unfall-, Pensions-)Versicherung und gemäß § 1 Abs. 1 AlVG der Arbeitslosenversicherung unterlegen sei.

5 Das BVwG traf zu der von JK für die revisionswerbende Partei verrichteten Tätigkeit als Reinigungskraft Feststellungen und qualifizierte die Tätigkeit mit näherer Begründung als Dienstverhältnis im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG. Hinsichtlich des von der revisionswerbenden Partei erhobenen Einwandes, in einem Verfahren des Bundesfinanzgerichtes betreffend Dienstgeberbeiträge (gemeint zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen nach § 41 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG)) sowie Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag (§ 122 Abs. 7 und 8 Wirtschaftskammergesetz 1998

(WKG) idF vor BGBl I Nr. 73/2017) habe sich ergeben, dass JK nicht auf der Grundlage eines Dienstvertrages, sondern eines Werkvertrages tätig gewesen sei, führte das BVwG aus, aus diesem Verfahren ergebe sich keine Bindung hinsichtlich der Frage des Vorliegens eines Dienstverhältnisses nach § 4 Abs. 2 ASVG.

6 Das BVwG sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

7 Die revisionswerbende Partei bringt zur Zulässigkeit ihrer Revision vor, das Bundesverwaltungsgericht habe seine Entscheidung allein auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 4 Abs. 2 ASVG gegründet. Es sei aber die Bindungswirkung des Verfahrens des Bundesfinanzgerichtes, das den "gleichen Sachverhalt" betroffen habe, zu beurteilen. Dazu fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

8 Gemäß § 41 Abs. 1 FLAG haben alle Dienstgeber den Dienstgeberbeitrag zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen. Nach § 41 Abs. 2 FLAG sind Dienstnehmer ua. Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinn des § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen. Der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (Kammerumlage II) nach § 122 Abs. 7 und 8 WKG knüpft an die Beitragsgrundlage nach § 41 FLAG an (vgl. VwGH 26.01.2011, 2010/13/0197).

9 Gemäß § 4 Abs. 2 dritter Satz ASVG gilt als Dienstnehmer - mit hier nicht relevanten Ausnahmen - jedenfalls auch, wer nach § 47 Abs. 1 iVm. Abs. 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist. Die wesentliche Bedeutung der Verweisung auf die Lohnsteuerpflicht nach dem EStG 1988 in § 4 Abs. 2 ASVG liegt darin, dass für jene Zeiträume, für welche die Lohnsteuerpflicht der betreffenden Person nach § 47 Abs. 1 iVm Abs. 2 EStG 1988 mit Bescheid der Finanzbehörde festgestellt ist, auch die Sozialversicherungspflicht

nach § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG bindend feststeht. Eine solche bindende Wirkung kommt aber nur Bescheiden zu, die über die Lohnsteuerpflicht als Hauptfrage absprechen; in erster Linie also Haftungsbescheiden gemäß § 82 EStG 1988 (vgl. VwGH 13.11.2013, 2011/08/0165, mwN). Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung schon klargestellt, dass aus § 4 Abs. 2 dritter Satz ASVG kein Gegenschluss in die Richtung gezogen werden kann, dass die Versicherungspflicht nach § 4 Abs. 2 erster Satz ASVG nur dann vorliegt, wenn auch die Lohnsteuerpflicht im Sinn des dritten Satzes dieser Gesetzesstelle zu bejahen ist (vgl. VwGH 28.3.2017, Ra 2017/08/0016, mwN). Die Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 2 ASVG ist somit bei Fehlen eines bindenden Bescheides, mit dem durch die Finanzbehörden die Lohnsteuerpflicht nach § 47 Abs. 1 iVm. Abs. 2 EStG 1988 bejaht wurde, eigenständig zu beurteilen (vgl. VwGH 19.2.2014, 2013/08/0160 und 0161).

10 Im Sinn dieser Rechtsprechung ist das Bundesverwaltungsgericht daher zutreffend davon ausgegangen, dass die Verneinung der Vorfrage des Vorliegens eines Dienstverhältnisses im Sinn des § 47 Abs. 2 EStG 1988 in einem Verfahren betreffend Dienstgeberbeiträge und Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag keine Bindungswirkung für das vorliegende Verfahren entfalten konnte.

11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukämen. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 25. Februar 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019080025.L00

Im RIS seit

18.06.2019

Zuletzt aktualisiert am

18.06.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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