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L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO OÖ 1976 §20;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des F und der C H, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 8. Mai 1996, Zl. BauR - 011444/1 - 1995 St/Vi, betreffend Verkehrsflächenbeitrag (mitbeteiligte Partei: Gemeinde G), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei vom 12. November 1990 wurde den beschwerdeführenden Parteien für ein näher bezeichnetes in ihrem Eigentum stehendes Grundstück eine Bauplatzbewilligung erteilt. Der Bauplatz weist eine Gesamtfläche von 818 m2 auf und ist durch ein Geh- und Fahrtrecht über weitere Grundstücke, die gleichfalls im bücherlichen Eigentum der beschwerdeführenden Parteien stehen, mit dem öffentlichen Gut verbunden.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei vom 20. Oktober 1994 wurde den Beschwerdeführern gemäß § 20 der Oberösterreichischen Bauordnung ein Fahrbahnkostenbeitrag in der Höhe von S 16.016,-- vorgeschrieben.
In der dagegen erhobenen Berufung brachten die beschwerdeführenden Parteien vor, dass das verfahrensgegenständliche Grundstück über keinen eigenen Anschluss an das öffentliche Gut verfüge. Der Anschluss erfolge nicht über eine öffentliche Verkehrsfläche, sondern über einen privaten Zufahrtsweg. Auch die nächstgelegene öffentliche Verkehrsfläche sei eine Schotterstraße und damit nicht als ausgebaut im Sinne des § 20 der Oberösterreichischen Bauordnung anzusehen.
In ihrer Berufungsvorentscheidung vom 11. November 1994 verminderte die Abgabenbehörde erster Instanz den mit Bescheid vom 20. Oktober 1994 vorgeschriebenen Anliegerbeitrag um 50 % auf S 8.008,--. Der Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes ersatzlos zu beheben, wurde abgewiesen. In der Begründung verwies die Abgabenbehörde erster Instanz darauf, dass das im Anschluss an die private Zufahrt gelegene öffentliche Gut tatsächlich auf einer Länge von ca. 5 bis 6 m nicht asphaltiert sei. Der Fahrbahnkostenbeitrag sei daher gemäß § 20 Abs. 11 (richtig wohl: 12) der Oberösterreichischen Bauordnung um 50 % zu ermäßigen gewesen. Die private Zufahrt über das öffentliche Gut münde jedoch in weiterer Folge unmittelbar in den Ortschaftsweg der mitbeteiligten Partei, weshalb eine Verbindung zu einer öffentlichen Verkehrsfläche bestehe.
Über rechtzeitigen Vorlageantrag der beschwerdeführenden Parteien gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Partei mit Bescheid vom 27. März 1995 der Berufung insofern Folge, als der vorgeschriebene Anliegerbeitrag um 50 % auf S 8.008,-- vermindert wurde; im Übrigen wies er die Berufung ab und bestätigte den angefochtenen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz. Für die Aufschließung sei es allein entscheidend, ob das Gebäude durch die betreffende Verkehrsfläche einen Anschluss an das öffentliche Wegenetz habe; diese Voraussetzung sei auch dann gegeben, wenn der Anschluss über einen Privatweg oder auf Grund eines grundbücherlich sichergestellten Geh- und Fahrtrechtes gegeben sei. Ein unmittelbares Angrenzen des fraglichen Bauplatzes bzw. Grundstückes an die Aufschließungsstraße sei nicht erforderlich. Da die Straße jedoch noch nicht zur Gänze errichtet sei, reduziere sich der Beitrag vorläufig auf 50 %. Die Vorschreibung eines 50 %igen Beitrages sei aber insofern gerechtfertigt, als der Tragkörper hergestellt worden sei.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 8. Mai 1995 gab die belangte Behörde der Vorstellung keine Folge.
Die beschwerdeführenden Parteien bekämpfen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Sie erachten sich erkennbar in ihrem Recht verletzt, einen Fahrbahnkostenbeitrag nicht leisten zu müssen, wenn hiefür die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und ebenso wie die mitbeteiligte Gemeinde eine Gegenschrift erstattet, in der jeweils der Antrag gestellt wird, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 20 der Oberösterreichischen Bauordnung LGBl. Nr. 35/1976 idF
LGBl. Nr. 33/1988, lautet auszugsweise wie folgt:
"(1) Hat die Gemeinde eine öffentliche Verkehrsfläche errichtet, so hat sie anlässlich der Bewilligung eines durch diese Verkehrsfläche aufgeschlossenen Bauplatzes (§ 4) ... einen Beitrag zu den ihr erwachsenen Kosten der Herstellung der Fahrbahn dieser öffentlichen Verkehrsfläche vorzuschreiben.
(2) Die Verpflichtung zur Entrichtung des Beitrages trifft den Eigentümer jener Grundflächen, für die die Bewilligung gemäß § 4
... erteilt wird.
...
(12) Hat die Gemeinde die öffentliche Verkehrsfläche zum Zeitpunkt der Vorschreibung des Beitrages (Abs. 1 oder 11) in der Weise errichtet, dass nur der Tragkörper hergestellt wurde, der staubfreie Belag aber erst zu einem späteren Zeitpunkt aufgebracht werden soll, so darf der Beitrag anlässlich der Erteilung der Bewilligung (Abs. 1) bzw. der Errichtung des Tragkörpers (Abs. 11) nur bis zu 50 v.H. und anlässlich der Aufbringung des staubfreien Belages mit dem ausständigen Rest vorgeschrieben werden. ..."
In der Beschwerde wird zunächst vorgebracht, die beschwerdeführenden Parteien hätten die Aufschließung des verfahrensgegenständlichen Grundstückes durch die Errichtung eines Zufahrtsweges (über ihre Liegenschaften) selbst vorgenommen. Die Vorschreibung des Verkehrsflächenbeitrages sei daher nicht zulässig.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 19. Juni 1985, Zl. 85/17/0032, VwSlg. 6.013/F, ausgesprochen, dass auch die Eigentümer von Bauplätzen, die nicht unmittelbar an die Verkehrsfläche angrenzen, obwohl sie von ihr aufgeschlossen werden, zur Beitragsleistung herangezogen werden können. Die Lage an der Verkehrsfläche sei daher nicht erforderlich dafür, dass ein Grundstück im Sinne der Bestimmung des § 20 der Oberösterreichischen Bauordnung 1976 durch die Verkehrsfläche aufgeschlossen wird.
Der Beschwerdefall bietet keinen Anlass, von dieser Rechtsansicht abzugehen. Die öffentliche Verkehrsfläche, die von der mitbeteiligten Gemeinde für die Beitragsbemessung herangezogen wurde, grenzt unmittelbar an Grundstücke, die im Eigentum der beschwerdeführenden Parteien liegen. Die Errichtung einer an das verfahrensgegenständliche Baugrundstück heranreichenden öffentlichen Verkehrsfläche wäre daher notwendigerweise mit der Enteignung der beschwerdeführenden Parteien hinsichtlich der benötigten Flächen der anderen Grundstücke verbunden gewesen. Wenn diese daher - insofern in ihrem eigenen Interesse - eine Zufahrtsmöglichkeit über die ihnen gehörenden Grundstücke zu ihrem Baugrundstück in der Natur angelegt und - wie von ihnen behauptet - durch Geh- und Fahrtrechte rechtlich abgesichert haben, kann daher nicht davon gesprochen werden, dass die öffentliche Verkehrsfläche nicht (auch) das verfahrensgegenständliche Baugrundstück der beschwerdeführenden Parteien aufschließe.
Die Beschwerde verweist weiters noch darauf, dass jegliche Feststellungen darüber fehlten, wer wann die zur Bemessung herangezogene Verkehrsfläche errichtet und wer für die Errichtung die Kosten getragen habe.
Die belangte Behörde hat zwar zu Recht darauf verwiesen, dass genaue Feststellungen über den Zeitpunkt der Errichtung der öffentlichen Verkehrsfläche für die Entstehung des Abgabenanspruches irrelevant sind. Sie hat jedoch nicht berücksichtigt, dass nach dem eindeutigen Wortlaut des § 20 Abs. 1 der Oberösterreichischen Bauordnung 1976 in der hier anzuwendenden Fassung die Gemeinde die öffentliche Verkehrsfläche errichtet haben muss (arg.: "Hat die Gemeinde eine öffentliche Verkehrsfläche errichtet, ..."). Diesbezügliche Feststellungen fehlen aber. Für den Fall, dass die Gemeinde danach nicht als Errichter der öffentlichen Verkehrsfläche anzusehen sein sollte, bedürfte es weiterer Feststellungen im Hinblick auf Abs. 13 leg. cit., wonach dann, wenn eine öffentliche Verkehrsfläche nicht von der Gemeinde errichtet wird, die Gemeinde aber die Kosten der Herstellung der Fahrbahn einer solchen öffentlichen Verkehrsfläche ganz oder teilweise getragen hat, die Gemeinde einen Beitrag zu den ihr erwachsenen Kosten vorzuschreiben hat. Für diesen Beitrag - nach Abs. 13 leg. cit. - kommt es auf den prozentmäßigen Anteil an den tatsächlichen Kosten der Errichtung der Fahrbahn an, der von der Gemeinde getragen wurde (§ 20 Abs. 13 zweiter Satz der Oberösterreichischen Bauordnung lautet: "Für diesen Beitrag gelten die Bestimmungen der Abs. 2 bis 12 sinngemäß mit der Maßgabe, dass als Einheitssatz jener prozentmäßige Anteil des von der Landesregierung bzw. vom Gemeinderat durch Verordnung gemäß Abs. 6 festgesetzten Betrages gilt, der dem von der Gemeinde getragenen prozentuellen Anteil an den tatsächlichen Kosten der Errichtung der Fahrbahn entspricht.").
Feststellungen über die Errichtung der hier herangezogenen öffentlichen Verkehrsfläche sind weder dem angefochtenen Bescheid noch den Bescheiden der Abgabenbehörde erster und zweiter Instanz zu entnehmen noch finden sich diesbezüglich Hinweise im Akt.
Da die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage davon ausgegangen ist, dass für die rechtliche Subsumtion alle erforderlichen Sachverhaltselemente festgestellt worden seien, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 17. Mai 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1996170334.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
08.08.2009