Entscheidungsdatum
22.01.2019Norm
ASVG §67 Abs10Spruch
G308 2140447-1/16E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Angelika PENNITZ als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, vertreten durch SUDI SIARLIDIS HUBER EHß Rechtsanwälte OG in 8010 Graz, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse vom 08.09.2016, Zahl XXXX, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit dem angefochtenen Bescheid der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse (im Folgenden: belangte Behörde) vom 08.09.2016 wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) als Geschäftsführer der "XXXX GmbH" (im Folgenden: Primärschuldnerin) der belangten Behörde gemäß § 67 Abs. 10 iVm § 58 Abs. 5 und § 83 ASVG für aushaftende Sozialversicherungsbeiträge auf dem Beitragskonto Nr. XXXX im Betrag von EUR 34.488,31 zuzüglich Verzugszinsen gemäß § 59 Abs. 1 ASVG vom derzeit gültigen Satz von 7,88 % p.a. aus dem Betrag von EUR 30.386,70 schulde und verpflichtet sei, diese Schuld binnen 15 Tagen nach Zustellung dieses Bescheides zu bezahlen.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Primärschuldnerin in ihrer Eigenschaft als Dienstgeberin aufgrund der bei ihr angemeldeten Dienstnehmer der belangten Behörde die im beiliegenden Rückstandsausweis ersichtlichen Sozialversicherungsbeiträge und Nebengebühren für den Zeitraum Februar 2015 bis Mai 2015 in der Höhe von insgesamt EUR 34.488,31 einschließlich Verzugszinsen in gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß von 7,88 % p.a. (berechnet bis 07.09.2016) schulde. In diesem Betrag sei bereits die aus dem Sanierungsplan bisher geleistete Teilquote berücksichtigt. Die der Haftung zugrundeliegenden Beiträge würden sich aus den für den relevanten Zeitraum von Primärschuldnerin im Lohnsummenverfahren übermittelten Beitragsnachweisungen ergeben. Die Beitragsschuld habe durch gerichtliche Betreibungen bei der Primärschuldnerin nicht zur Gänze eingebracht werden können. Am 22.10.2015 sei über das Vermögen der Primärschuldnerin ein Insolvenzverfahren eröffnet und am 12.02.2016 im Rahmen eines Sanierungsplanes gemäß § 152b IO rechtskräftig mit einer Quote von 20 % aufgehoben worden. Die darüber hinausgehende Forderung der belangten Behörde sei daher als uneinbringlich anzusehen und sei bisher eine Teilquote von 5 % geleistet worden. Der BF sei von 02.02.2010 bis zur Insolvenzeröffnung der selbstständig vertretungsbefugte handelsrechtliche Geschäftsführer der Primärschuldnerin gewesen. Ein rechnerischer Entlastungsbeweis sei vom BF nicht vorgelegt worden. Er habe damit die ihm nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) obliegende Pflicht nicht erfüllt, darzutun, weshalb ihm die Erfüllung unmöglich gewesen ist, widrigenfalls angenommen werden dürfe, dass er seiner Verpflichtung in schuldhafter Weise nicht nachgekommen sei. Ungeachtet der grundsätzlichen Ermittlungspflicht der belangten Behörde treffe den BF gegenständlich eine besondere Behauptungs- und Beweislast.
2. Gegen diesen Bescheid erhob der BF durch seinen bevollmächtigten Rechtsvertreter mit Schriftsatz vom 05.10.2016, bei der belangten Behörde am 11.10.2016 einlangend, das Rechtsmittel der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG). Es wurde beantragt, das BVwG möge eine öffentliche mündliche Verhandlung durchführen, die beantragten Beweise aufnehmen sowie der Beschwerde stattgeben und den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit ersatzlos beheben und das Verwaltungsverfahren einstellen; in eventu den angefochtenen Bescheid aufheben und die Angelegenheit zur Verfahrensergänzung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Erstbehörde zurückverweisen.
Begründend wurde im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid völlig undifferenziert davon ausgehe, dass der BF persönlich für die aushaftenden Sozialversicherungsbeiträge bei der Primärschuldnerin in voller Höhe einzustehen habe. Dies entspreche nicht den gesetzlichen Rahmenbedingungen, da die Voraussetzungen einer schuldhaften Ungleichbehandlung der belangten Behörde gegenüber den anderen Insolvenzgläubigern durch den BF nicht vorliegen würden. Zudem sei anhand von Kontounterlagen ersichtlich, dass mit den vom BF im verfahrensgegenständlichen Zeitraum verwalteten Geldmitteln EUR 43.547,12 an Gläubigerforderungen beglichen worden seien. Ein darüber hinausgehender Geldbetrag sei nicht vorhanden gewesen. Addiere man hierzu die nunmehrige Forderung der belangten Behörde, woraus sich eine fiktive Gesamtforderung von EUR 78.035,43 ergebe, so sei die belangte Behörde mit einer Quote von 55,8 % befriedigt worden, sodass die auf den BF überwälzbare Quote nur EUR 19.244,48 betragen könne. Die in Höhe von EUR 43.547,12 geleisteten Beträge zur Tilgung von Forderungen anderer Gläubiger würden sich darüber hinaus auf Vorperioden beziehen, in deren Rahmen an die belangte Behörde Sozialversicherungsbeiträge in voller Höhe von EUR 103.270,70 bezahlt worden seien. Die belangte Behörde habe nicht berücksichtigt, in welcher Periode welche Zahlungen geleistet worden seien. Eine Schlechterstellung der belangten Behörde habe daher nicht stattgefunden. Darüber hinaus seien sämtliche Zahlungsflüsse vor Insolvenzeröffnung bei der Primärschuldnerin von deren Prokuristen und nicht vom BF faktisch durchgeführt worden. Auch aus diesem Gesichtspunkt scheide jede Verantwortlichkeit des BF aus. Die belangte Behörde habe weiters nicht berücksichtigt, dass die im Rahmen des Insolvenzverfahrens festgesetzte nächstfolgende Teilquote bereits fällig und bezahlt sei, sodass der Haftungsbetrag entsprechend reduziert hätte werden müssen.
3. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem BVwG von der belangten Behörde vorgelegt und langten am 23.11.2016 am BVwG ein.
Im Vorlagebericht der belangten Behörde vom 22.11.2016 führte diese zusammengefasst aus, dass zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung auf dem Beitragskonto der Primärschuldnerin Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von EUR 34.488,31 ausgehaftet hätten. Das über das Vermögen der Primärschuldnerin am 22.10.2015 eröffnete Insolvenzverfahren sei am 12.02.2016 gemäß § 152b IO rechtskräftig mit einer Quote von 20 % aufgehoben worden. Die darüber hinausgehende Forderung der belangten Behörde sei somit uneinbringlich. Seitens der Primärschuldnerin sei eine Teilquote von 5 % geleistet worden, welche im Haftungsbetrag berücksichtigt worden sei. Eine weitere geleistete Teilquote von 1,5 % sei wegen ihrer verspäteten Leistung in der Haftungssumme nicht berücksichtigt worden. Infolge des Umstandes, dass die Unternehmenskonten mit 30.06.2015 geschlossen worden seien, habe die belangte Behörde den Haftungszeitraum von 28.02.2015 bis 30.06.2015 eingeschränkt. Auch für den nunmehr verkürzten Haftungszeitraum sei kein rechnerischer Entlastungsbeweis vorgelegt worden. Dennoch seien laut Kontoauszügen bis 30.06.2015 Zahlungen an andere Gläubiger geleistet worden. Laut eigenen Angaben des Rechtsvertreters des BF sei eine Beischaffung von Buchhaltungsunterlagen nicht möglich. Eine Prüfung der Gleichbehandlung lediglich aufgrund der Kontoauszüge sei nicht möglich, da daraus die Höhe der fälligen Verbindlichkeiten nicht hervorgehe. Die von der Primärschuldnerin geleisteten EUR 103.270,70 würden sich auf fällige Beiträge vor dem Haftungszeitraum beziehen. Sowohl aus den Zugeständnissen des BF als auch den Kontoauszügen ergebe sich, dass im Haftungszeitraum noch Geldmittel vorhanden gewesen seien. Gesetzlicher Vertreter einer GmbH sei ihr Geschäftsführer. Eine Aufgabenteilung mit Prokuristen zur Einzelgeschäftsführung sei diesbezüglich nicht von Relevanz. Die Teilquote vom 08.09.2016 sei erst am 16.11.2016 nach neuerlichem Insolvenzantrag der belangten Behörde beglichen worden. Der Insolvenzantrag sei mit Beschluss vom 17.11.2016 abgewiesen worden.
Es werde beantragt, die Beschwerde abzuweisen.
4. Der Vorlagebericht der belangten Behörde vom 22.11.2016 wurde dem BF über seine bevollmächtigte Rechtsvertretung mit Schreiben des BVwG vom 02.01.2017 zur Stellungnahme übermittelt.
Der BF nahm mit Schriftsatz seines Rechtsvertreters vom 30.01.2017, am 02.02.2017 am BVwG einlangend, zum Vorlagebericht insofern Stellung, als ausgeführt wurde, dass die Verfahren der Staatsanwaltschaft gegen den BF wegen des Verdachts der Verletzung der §§ 156, 158, 159 StGB sowie § 33 FinStrG eingestellt worden seien, da weder eine Befragung des Insolvenzverwalters noch die Sichtung der Insolvenzakten einen Hinweis auf ein strafbares Verhalten des BF ergeben hätten. Im gegenständlichen Haftungszeitraum seien schlichtweg keine finanziellen Mittel vorhanden gewesen, um die Forderungen gegenüber der belangten Behörde zu berichtigten. Eine Schlechterstellung der belangten Behörde könne daher nicht erfolgt sein, zumal etwaige Zahlungsflüsse an die belangte Behörde ohne der Anfechtung durch den Insolvenzverwalter unterlegen wären und im Ergebnis nicht schuldmindernd gewertet worden wären. Der Vergleich mit den Zahlungen anderer Forderungen sei nicht statthaft, da diese andere Fälligkeitszeitpunkte betreffen würden. Während des Haftungszeitraumes seien die damals begründeten Forderungen überhaupt nicht mehr beglichen worden. Sämtliche Buchhaltungsunterlagen würden sich bei der Steuerberatung befinden und könnten vom BF daher nicht vorgelegt werden.
5. Die Stellungnahme des BF vom 30.01.2017 wurde der belangten Behörde mit Schreiben des BVwG vom 03.02.2017 zur Gegenäußerung übermittelt.
Die Gegenäußerung der belangten Behörde vom 22.02.2017 langte am 23.02.2017 per Fax beim BVwG ein. Der BF habe nachgewiesen, dass bei der Primärschuldnerin ab dem 30.06.2015 keine liquiden Mittel mehr vorhanden gewesen seien, sodass es zu einer entsprechenden Einschränkung des Haftungszeitraumes gekommen sei. Darüber hinaus sei es Sache des BF, darzutun, dass er die belangte Behörde nicht benachteiligt habe. Die hypothetische Anfechtbarkeit von an die belangte Behörde geleisteten Zahlungen im Insolvenzverfahren der Primärschuldnerin sei nicht von Relevanz für das gegenständliche Verfahren. Der BF habe keinerlei Unterlagen zum Nachweis der Gleichbehandlung vorgelegt, obwohl mehrfach ein Hinweis auf die entsprechende Rechtsprechung erfolgt sei. Die zeugenschaftliche Einvernahme des Insolvenzverwalters oder Steuerberaters könne einen schriftlichen/rechnerischen Nachweis der Gleichbehandlung nicht ersetzen.
6. Die Gegenäußerung der belangten Behörde vom 22.02.2017 wurde der bevollmächtigten Rechtsvertretung des BF mit Schreiben des BVwG vom 27.02.2017 erneut zur Stellungnahme übermittelt.
Der BF nahm dazu mit Schriftsatz seiner Rechtsvertretung vom 17.03.2017, beim BVwG am 22.03.2017 einlangend, Stellung. Die Ansicht der belangten Behörde, wonach vor dem 30.06.2015 bei der Primärschuldnerin noch liquide Mittel vorhanden gewesen seien, stelle eine reine Mutmaßung dar und sei bereits durch taugliche Beweise widerlegt worden. Da der Insolvenzverwalter bei pflichtgemäßem Handeln zur Anfechtung allfälliger Zahlungen an die belangte Behörde gezwungen gewesen wäre, liege diesbezüglich sehr wohl ein "gesichertes Szenario" vor. Somit fehle im gegenständlichen Fall die Kausalität für den erlittenen Ausfall. Es sei nicht richtig, dass keine Unterlagen zur Gleichbehandlung vorgelegt worden seien, da explizit Kontoauszüge zur Verfügung gestellt worden seien, aus denen sich die Mittelverwendung ersehen lasse. Die Einstellung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens sei sehr wohl relevant, da die Nichtzahlung von Dienstnehmeranteilen einen Straftatbestand darstelle. Aus der Einstellung des Verfahrens ergebe sich, dass der BF nicht anders hätte handeln können.
Der BF wiederholte seine bisherigen Anträge.
7. Die Stellungnahme des BF vom 17.03.2017 wurde der belangten Behörde mit Schreiben des BVwG vom 02.06.2017 ein weiteres Mal zur Gegenäußerung übermittelt.
Die belangte Behörde nahm dazu mit Schreiben vom 14.06.2017 Stellung und führte aus, dass der Rechtsvertreter in der Beschwerde ausdrücklich zugestanden habe, dass im haftungsrelevanten Zeitraum von 01.03.2015 bis 30.06.2015 Zahlungen in Höhe von EUR 43.547,12 geleistet worden wären. Es seien daher zweifellos liquide Mittel vorhanden gewesen. Zur hypothetischen Anfechtbarkeit der Zahlung werde auf die Entscheidung des VwGH zu 2012/08/0227 verwiesen. Der BF habe keinen geeigneten Nachweis für die Gleichbehandlung vorgelegt und eingeräumt, dass geeignete Unterlagen auch nicht vorliegen. Die vorgelegten Kontoauszüge alleine würden keinen ausreichenden Nachweis darstellen.
8. Die Gegenäußerung der belangten Behörde vom 14.06.2017 wurde der bevollmächtigten Rechtsvertretung des BF mit Schreiben des BVwG vom 28.06.2017 erneut zur Stellungnahme übermittelt.
Mit Schriftsatz des Rechtsvertreters des BF vom 21.07.2017 wurde ein weiteres Mal ausgeführt, dass sich alle relevanten Unterlagen bei der Steuerberatung befinden würden, welche sich - wohl aufgrund des Umstandes, dass deren Forderungen ebenso nur mit der Sanierungsplanquote bedient würden - weigere, den Jahresabschluss für 2015 zu erstellen. Es sei deswegen gegen die Primärschuldnerin auch bereits zur Verhängung einer Zwangsstrafe durch das Firmenbuchgericht gekommen.
Der BF legte einen Auszug aus dem Firmenbuch mit der Aufstellung der zwischen 2010 und 2014 eingereichten Jahresabschlüsse sowie eine Kopie der Zwangsstrafverfügung sowie dem Zahlungsauftrag vor.
Im Übrigen wiederholte er seine bisherigen Anträge.
9. Das BVwG ersuchte die belangte Behörde per E-Mail vom 07.01.2019 um Übermittlung einer aktuellen Berechnung des Haftungsbetrages unter Berücksichtigung der zwischenzeitig allenfalls eigegangenen Quotenzahlungen aus dem Sanierungsverfahren der Primärschuldnerin sowie der aktuellen Verzugszinsenhöhe.
10. Mit E-Mail vom 16.01.2019 legte die belangte Behörde eine entsprechende Berechnung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF vertrat die ehemals zur Firmenbuchnummer FN XXXX eingetragene "XXXX GmbH" (Primärschuldnerin) mit Sitz in XXXX, tätig im Geschäftszweig "Forschung und Entwicklung im Bereich Wasserstofftechnologie", seit 02.02.2010 als einziger zur selbstständigen Vertretung befugter Geschäftsführer, somit auch im schlussendlich verfahrensgegenständlichen Zeitraum von 01.03.2015 bis 30.06.2015. Im verfahrensrelevanten Zeitraum war die "XXXX" Alleingesellschafterin der Primärschuldnerin. (vgl Firmenbuchauszug zu FN XXXX vom 07.01.2019, darüber hinaus unbestritten).
1.2. Am 22.10.2015 wurde mit Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen XXXX, Zahl XXXX, über das Vermögen der Primärschuldnerin das Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet und nach Bestätigung des Sanierungsplanes mit Beschluss vom 07.03.2016 und Eintritt der Rechtskraft des Sanierungsplanes mit Beschluss vom 24.03.2016 bei einem Ende der Zahlungsfrist am 07.03.2018 aufgehoben (vgl Ediktsdatei zu XXXX).
Der Sanierungsplan umfasste eine Gesamtquote von 20 %, auszuschütten in Form einer Barquote in Höhe von 5 % binnen 14 Tagen nach Annahme des Sanierungsplanes, 1,5 % binnen sechs Monaten, 1,5 % binnen zwölf Monaten, 6 % binnen 18 Monaten und 6 % binnen 24 Monaten jeweils ab Annahme des Sanierungsplanes (vgl Ediktsdatei zu XXXX).
Am 03.07.2018 wurde die Firma der Primärschuldnerin mangels Vermögens gemäß § 40 FBG von Amts wegen aus dem Firmenbuch gelöscht (vgl Firmenbuchauszug zu FN XXXX vom 07.01.2019).
1.3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 08.09.2016, Zahl: XXXX, wurde die Haftung des BF für bei der Primärschuldnerin nicht einbringbare Sozialversicherungsbeiträge samt Verzugszinsen gemäß § 67 Abs. 10 iVm § 58 Abs. 5 und § 83 ASVG in einer Gesamthöhe von EUR 34.488,31 festgestellt.
Laut beiliegendem Rückstandsausweis vom 08.09.2016 setzt sich der dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte Haftungsbetrag aus einer Kapitalforderung in Höhe von EUR 30.386,70, sowie den daraus berechneten Verzugszinsen gemäß § 59 Abs. 1 ASVG bis 07.09.2016 in Höhe von 7,88 % p.a. in Höhe von EUR 3.467,10 und Nebengebühren von EUR 634,51 zusammen und errechnet sich wie folgt:
Gesamt
02/2015
NV Beitrag Rest
(01.02.2015-28.02.2015)
€
374,69
03/2015
Beitrag Rest
(01.03.2015-31.03.2015)
€
10.982,77
04/2015
Ordnungsbeitrag § 56 Rest
(01.04.2015-30.04.2015)
€
388,91
04/2015
Beitrag Rest
(01.04.2015-30.04.2015)
€
10.749,08
05/2015
Beitrag Rest
(01.05.2015-31.05.2015)
€
7.891,25
Summe der Beiträge
€
30.386,70
Verzugszinsen gemäß § 59 Abs. 1 ASVG gerechnet bis 07.09.2016
€
3.467,10
Nebengebühren
€
634,51
Summe der Forderung
€
34.488,31
1.4. In Folge des Abschlusses des Sanierungsplanes der Primärschuldnerin und nach Zahlung der letzten Teilquote bestanden am Beitragskonto der Primärschuldnerin vor dessen zwingender Bereinigung zum Stichtag 02.07.2018 nachfolgende Rückstände:
Gesamt
02/2015
NV Beitrag Rest
(01.02.2015-28.02.2015)
€
191,30
03/2015
Beitrag Rest
(01.03.2015-31.03.2015)
€
5.620,21
04/2015
Ordnungsbeitrag § 56 Rest
(01.04.2015-30.04.2015)
€
327,51
04/2015
Beitrag Rest
(01.04.2015-30.04.2015)
€
5.555,46
05/2015
Beitrag Rest
(01.05.2015-31.05.2015)
€
4.033,93
Summe der Beiträge
€
15.728,41
Verzugszinsen gemäß § 59 Abs. 1 ASVG gerechnet bis 01.07.2018
€
5.263,14
Nebengebühren
€
534,31
Summe der Forderung
€
21.525,86
Im Zeitraum 02.07.2018 bis 16.01.2019 vielen aus EUR 15.728,41 weitere Verzugszinsen in Höhe von 3,38 % p.a., das sind weitere EUR 287,94 an.
Zum 16.01.2019 beträgt die verfahrensgegenständliche Haftsumme nunmehr EUR 21.813,82 zuzüglich weiterer Verzugszinsen gemäß § 59 Abs. 1 ASVG ab 17.01.2019 (vgl Stellungnahme der belangten Behörde, E-Mail vom 16.01.2019, samt letztem Rückstandsausweis der Primärschuldnerin vom 02.07.2018).
1.5. Der BF hat als Geschäftsführer der Primärschuldnerin im Zeitraum 01.03.2015 bis 30.06.2015 Forderungen in Höhe von insgesamt EUR 43.547,12 beglichen (vgl Beschwerdevorbringen, S 3).
Aus den vorgelegten Bankkontoauszügen ergibt sich zudem, dass der BF als Geschäftsführer der Primärschuldnerin im Zeitraum 31.03.2015 bis 30.06.2015 insgesamt Zahlungen in Höhe von EUR 38.319,80 an unterschiedliche Gläubiger leistete (vgl vom BF vorgelegte Bankauszüge für die Zeiträume 31.03.2015 bis 30.04.2015 und 04.05.2015 bis 30.06.2015). Für den Zeitraum 01.03.2015 bis 30.03.2015 liegen keine Bankauszüge vor.
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei der Primärschuldnerin am 22.10.2015 leistete die Primärschuldnerin EUR 103.270,70 an Zahlungen an die belangte Behörde für ausstehende Sozialversicherungsbeiträge (vgl Schreiben der belangten Behörde vom 30.03.2015).
1.6. Die Haftung des BF wird dem Grunde und der Höhe nach bestritten.
Der BF hat trotz mehrfacher Aufforderung und Gewährung von Fristerstreckungen keinen Nachweis für die konkrete finanzielle Situation der Primärschuldnerin während des haftungsrelevanten Zeitraumes von 01.03.2015 bis 30.06.2015 und damit der Gleichbehandlung der belangten Behörde erbracht. Es konnte somit nicht festgestellt werden, in welchem Verhältnis die auf die Gesamtforderungen der Primärschuldnerin in diesem Zeitraum geleisteten Zahlungen zu den Forderungen der belangten Behörde stehen. Jedenfalls wurden im Zeitraum 31.03.2015 bis 30.06.2015 laut den Bankauszügen keinerlei Zahlungen an die belangte Behörde geleistet. Der BF selbst verfügt seinen Angaben nach über keinerlei weitere Unterlagen und war bisher auch nicht in der Lage, diese zu beschaffen (vgl vom BF vorgelegte Bankauszüge für die Zeiträume 31.03.2015 bis 30.04.2015 und 04.05.2015 bis 30.06.2015; eigene Angaben des BF).
2. Beweiswürdigung:
Der oben angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten sowie des nunmehr dem Bundesverwaltungsgerichtes vorliegenden Gerichtsakts.
Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:
2.1. Die Feststellungen in Bezug auf die Primärschuldnerin und deren Insolvenzverfahren sowie die ausschließliche handelsrechtliche Geschäftsführungsbefugnis des BF ergeben sich aus dem im Verwaltungsakt der belangten Behörde einliegenden Firmenbuchauszug und der Ediktsdatei.
Der von der belangten Behörde mit Bescheid festgestellte Haftungsbetrag ergibt sich aus dem Rückstandsausweis vom 08.09.2016.
Die zum Entscheidungszeitpunkt bestehende aktuelle Höhe des Haftungsbetrages ergibt sich aus der von der belangten Behörde per E-Mail vom 16.01.2019 vorgelegten neuen Berechnung, basierend auf dem letzten Rückstandsausweis der Primärschuldnerin vor der Bereinigung des Beitragskontos vom 02.07.2018.
Der Beschwerdeführer brachte wiederholt vor, selbst über - abgesehen von den vorgelegten Bankkonto-Auszügen - keinerlei Unterlagen zu verfügen.
Die übrigen Feststellungen ergeben sich aus den im Verwaltungs- bzw. im Gerichtsakt einliegenden Beweismitteln und insbesondere aus den von den Parteien im gesamten Verfahren gemachten Angaben, welche jeweils in Klammer zitiert und weder vom BF (substanziiert) noch der belangten Behörde bestritten wurden.
2.3. Strittig ist im gegenständlichen Fall überwiegend die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts, sodass im Übrigen darauf verwiesen wird.
Insgesamt ergeben die vorliegenden Tatsachen und Beweise sowie mangelnde gegenteilige Beweise ein Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse. Aus den angeführten Gründen konnte der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Akteninhalt dem gegenständlichen Erkenntnis im Rahmen der freien Beweiswürdigung zugrunde gelegt werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Anzuwendendes Recht:
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF. BGBl. I 2017/138, geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 27 VwGVG legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Demzufolge hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid aufgrund der Beschwerde zu überprüfen. Verwiesen wird dabei auf die Bestimmung des § 9 VwGVG, der den Inhalt der Beschwerde beschreibt und hier insbesondere auf Abs. 1 Z 3 und Z 4 leg. cit.. Dies betrifft die Angabe der Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie das Begehren.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Zu Spruchteil A):
1. Zur Haftung des BF dem Grunde nach:
1.1. Der mit "Fälligkeit und Einzahlung der Beiträge; Beitragsvorauszahlung" betitelte § 58 ASVG in der im verfahrensgegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung BGBl. I Nr. 102/2010 lautet:
"§ 58. (1) Die allgemeinen Beiträge sind am letzten Tag des Kalendermonates fällig, in den das Ende des Beitragszeitraumes fällt, sofern die Beiträge nicht gemäß Abs. 4 vom Träger der Krankenversicherung dem Beitragsschuldner vorgeschrieben werden. Die gemäß Abs. 4 vorgeschriebenen Beiträge sind mit Ablauf des zweiten Werktages nach der Aufgabe der Beitragsvorschreibung zur Post bzw. mit dem Zeitpunkt der Zustellung durch Organe des Trägers der Krankenversicherung fällig. Die Satzung kann, sofern sie einen anderen als den im § 44 Abs. 2 erster Satz bezeichneten Beitragszeitraum bestimmt und für den Fall, daß durch Vereinbarung mit dem Dienstgeber ein abweichender Beitragszeitraum festgelegt wird, vorsehen, daß die Beiträge am letzten Tag des Beitragszeitraumes fällig werden. Die Fälligkeit der Sonderbeiträge wird durch die Satzung des Versicherungsträgers geregelt.
(2) Die auf den Versicherten und den Dienstgeber, bei Heimarbeitern auf den Auftraggeber entfallenden Beiträge schuldet der Dienstgeber (Auftraggeber). Er hat diese Beiträge auf seine Gefahr und Kosten zur Gänze einzuzahlen. Die den Heimarbeitern gleichgestellten Personen (§ 4 Abs. 1 Z 7) schulden die Beiträge selbst und haben die Beiträge auf ihre Gefahr und Kosten zur Gänze selbst einzuzahlen. Bezieher/innen einer beitragspflichtigen ausländischen Rente (§ 73a) schulden die von dieser Rente nach § 73a Abs. 4 und 5 zu entrichtenden Beiträge selbst und haben diese auf ihre Gefahr und Kosten zur Gänze selbst einzuzahlen. Gleiches gilt für Dienstnehmer hinsichtlich eines Beschäftigungsverhältnisses gemäß § 5 Abs. 2 für den auf sie entfallenden Beitragsteil.
[...]
(4) Der Beitragsschuldner hat die Beiträge von der Gesamtsumme der im Beitragszeitraum gebührenden und darüber hinaus bezahlten Entgelte zu ermitteln (Lohnsummenverfahren) und an den zuständigen Träger der Krankenversicherung unaufgefordert einzuzahlen, sofern dieser die Beiträge nicht vorschreibt. Durch die Satzung kann geregelt werden, dass bestimmten Gruppen von Dienstgebern die Beiträge vorzuschreiben sind. Dienstgebern, in deren Betrieb weniger als 15 Dienstnehmer beschäftigt sind, sind auf Verlangen die Beiträge jedenfalls vorzuschreiben. Für die in der Unfall- und Pensionsversicherung Teilversicherten, für die nur in der Pensionsversicherung Teilversicherten und für die nur in der Unfallversichersicherung gemäß § 7 Z 3 lit. a Teilversicherten sind die Beiträge an den Träger der Krankenversicherung bzw. an den Träger der Pensionsversicherung einzuzahlen, bei dem die Meldungen gemäß § 33 Abs. 2 bzw. § 37a zu erstatten sind.
(5) Die VertreterInnen juristischer Personen, die gesetzlichen VertreterInnen natürlicher Personen und die VermögensverwalterInnen (§ 80 BAO) haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Beiträge jeweils bei Fälligkeit aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
[...]"
Der mit "Verzugszinsen" betitelte § 59 ASVG in der geltenden Fassung BGBl. I Nr. 79/2015 lautet:
"§ 59. (1) Werden Beiträge nicht innerhalb von 15 Tagen
1. nach der Fälligkeit,
2. in den Fällen des § 4 Abs. 4 nach dem Ende des Monats, in dem der Dienstgeber Entgelt leistet,
eingezahlt, so sind von diesen rückständigen Beiträgen, wenn nicht gemäß § 113 Abs. 1 ein Beitragszuschlag vorgeschrieben wird, Verzugszinsen in einem Hundertsatz der rückständigen Beiträge zu entrichten. Erfolgt die Einzahlung zwar verspätet, aber noch innerhalb von drei Tagen nach Ablauf der 15-Tage-Frist, so bleibt diese Verspätung ohne Rechtsfolgen. Der Hundertsatz berechnet sich jeweils für ein Kalenderjahr aus dem Basiszinssatz (Art. I § 1 Abs. 1 des 1. Euro-Justiz-Begleitgesetzes, BGBl. I Nr. 125/1998) zuzüglich vier Prozentpunkten; dabei ist der Basiszinssatz, der am 31. Oktober eines Kalenderjahres gilt, für das nächste Kalenderjahr maßgebend. Für rückständige Beiträge aus Beitragszeiträumen, die vor dem Zeitpunkt einer Änderung dieses Hundertsatzes liegen, sind die Verzugszinsen, soweit sie zu diesem Zeitpunkt nicht bereits vorgeschrieben sind, mit dem jeweils geänderten Hundertsatz zu berechnen. § 108 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, gilt entsprechend. Für die Berechnung der Verzugszinsen können die rückständigen Beiträge auf den vollen Eurobetrag abgerundet werden.
(2) Der zur Entgegennahme der Zahlung berufene Versicherungsträger kann die Verzugszinsen herabsetzen oder nachsehen, wenn durch ihre Einhebung in voller Höhe die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beitragsschuldners gefährdet wären. Die Verzugszinsen können überdies nachgesehen werden, wenn es sich um einen kurzfristigen Zahlungsverzug handelt und der Beitragsschuldner ansonsten regelmäßig seine Beitragspflicht erfüllt hat.
(3) Der im Abs. 1 vorgesehene Zeitraum von 15 Tagen beginnt in den Fällen, in denen die Beiträge vom Träger der Krankenversicherung nach § 58 Abs. 4 oder § 68a Abs. 1 dem Beitragsschuldner vorgeschrieben werden, erst mit Ablauf des zweiten Werktages nach Aufgabe der Beitragsvorschreibung (sie gilt als Zahlungsaufforderung) zur Post; wird die Beitragsvorschreibung durch Organe des Trägers der Krankenversicherung zugestellt, so beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt der Zustellung.
(4) Die vom Träger der Krankenversicherung eingehobenen Verzugszinsen sind auf die beteiligten Versicherungsträger und sonstigen Stellen schlüsselmäßig nach Maßgabe des auf den einzelnen Versicherungsträger entfallenden Gesamtbeitragsrückstandes am Ende des Vormonates aufzuteilen."
§ 67 Abs. 10 ASVG lautet:
"(10) Die zur Vertretung juristischer Personen oder Personenhandelsgesellschaften (offene Gesellschaft, Kommanditgesellschaft) berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haften im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Vermögensverwalter haften, soweit ihre Verwaltung reicht, entsprechend."
Der mit "Verzugszinsen und Verwaltungskostenersätze" betitelte § 83 ASVG lautet:
"§ 83. Die Bestimmungen über Eintreibung und Sicherung, Haftung, Verjährung und Rückforderung von Beiträgen gelten entsprechend für Verzugszinsen und Verwaltungskostenersätze bei zwangsweiser Eintreibung."
1.2. Die Haftung für die Beiträge für den Zeitraum 01.03.2015 bis 30.06.2015 gründet sich auf §§ 67 Abs. 10 iVm. § 58 Abs. 5 ASVG.
Zu den im § 67 Abs. 10 ASVG genannten "zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen" gehören auch die Geschäftsführer von Gesellschaften mit beschränkter Haftung (vgl. z.B. VwGH vom 19.09.1989, Zl. 88/08/0283).
Voraussetzung für den Eintritt der Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG ist nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass die betreffenden Sozialversicherungsbeiträge beim Primärschuldner uneinbringlich sind. Erst wenn dies feststeht, ist auf die Prüfung der für die Haftung nach dieser Bestimmung maßgebenden weiteren, an die Person des allenfalls Haftungspflichtigen geknüpften Voraussetzungen einzugehen (VwGH 16.09.1991, 91/15/0028; 09.02.1982, 81/14/0072).
Verfahrensgegenständlich können die Beiträge als uneinbringlich qualifiziert werden, weil das Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung der Primärschuldnerin mit einem Sanierungsplan und einer Gesamtquote von 20 % am 24.03.2016 rechtskräftig aufgehoben wurde und die Primärschuldnerin inzwischen seit 03.07.2018 mangels Vermögen von Amts wegen aus dem Firmenbuch gelöscht wurde.
1.3. Der BF bringt vor, dass nicht er, sondern der Prokurist für die faktischen Zahlungen der Primärschuldnerin zuständig gewesen sei, dass den Prokuristen die Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG zu treffen habe und nicht den BF.
Dazu ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes (VwGH) zu verweisen, wonach ein Prokurist per se nicht gemäß § 67 Abs. 10 ASVG haftet, weil unter den zur Vertretung berufenen Personen nur die gesetzlich berufenen, nicht aber gewillkürte Vertreter zu verstehen sind. Den faktischen Geschäftsführer kann jedoch (iVm § 539a ASVG) eine Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG treffen (vgl Derntl in Sonntag (Hrsg), ASVG8 (2017), § 67 Rz 78 mwN; sowie Müller in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Kommentar § 67 ASVG Rz 94 (Stand 0.07.2014, rdb.at)). Die Haftung eines faktischen Vertreters ist jedoch ein Sonderfall, stellt die Ausnahme dar und wird nur dann der Fall sein, wenn der Geschäftsführer einer GmbH auf die gesetzlich unabdingbaren Mindestrechte beschränkt und gleichzeitig veranlasst wird, zB dem Gesellschafter einer GmbH in allen übrigen Angelegenheiten umfassende Handlungsvollmacht zu erteilen, wobei der solcherart Bevollmächtigte auch als alleiniger Vertreter der Gesellschaft wie ein Geschäftsführer nach außen auftritt, sodass er nach dem Gesamterscheinungsbild seines Auftretens die Geschicke der Gesellschaft durch eigenes Handeln im Außenverhältnis maßgeblich in die Hand genommen hat (vgl Müller in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Kommentar § 67 ASVG Rz 97 mwN).
Im gegenständlichen Fall wurde weder vorgebracht noch hätte sich sonst ergeben, dass dem im Firmenbuch der Primärschuldnerin eingetragenen Prokuristen, XXXX, welcher selbst nicht Gesellschafter der Primärschuldnerin gewesen ist, über den gesetzlichen Umfang der Prokura (vgl § 49 UGB) hinausgehende Geschäftsführungsbefugnisse derart eingeräumt worden wären, dass er - anstatt des BF - als faktischer Geschäftsführer und damit als haftende Person angesehen werden könnte, zumal der BF sowohl als handelsrechtlicher Geschäftsführer sowie teilweise auch als Gesellschafter der Primärschuldnerin in das Firmenbuch eingetragen war.
Der BF ist somit jedenfalls der rechtlich verantwortliche Vertreter der Primärschuldnerin.
1.4. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Haftung des Geschäftsführers gemäß § 67 Abs. 10 ASVG ihrem Wesen nach eine dem Schadenersatzrecht nachgebildete Verschuldenshaftung, die den Geschäftsführer deshalb trifft, weil er seine gegenüber dem Sozialversicherungsträger bestehenden gesetzlichen Verpflichtungen zur rechtzeitigen Abfuhr der Sozialversicherungsbeiträge verletzt hat. Eine solche Pflichtverletzung und damit haftungsauslösendes Verhalten - für deren Beurteilung die von Lehre und Rechtsprechung zu § 9 und § 80 BAO entwickelten Grundsätze herangezogen werden (vgl. VwGH vom 14.04.1988, Zl. 88/08/0025) - kann z.B. darin liegen, dass der Geschäftsführer die Beitragsschulden (ohne rechtliche Grundlage) insoweit schlechter behandelt als sonstige Gesellschaftsschulden, als er diese bedient, jene aber unberichtigt lässt bzw. im Fall des Fehlens ausreichender Mittel nicht für eine zumindest anteilsmäßige Befriedigung Sorge trägt (vgl. VwGH vom 11.04.2018, Ra 2015/08/0038, mwN).
Für die Haftung ist nicht entscheidungswesentlich, ob den Geschäftsführer an der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft ein Verschulden trifft und ob er auf Grund dieser Insolvenz selbst einen Schaden erlitt, weil nicht das Verschulden an und der Schaden aus der Insolvenz ins Gewicht fallen, sondern das Verschulden an der nicht ordnungsgemäßen (rechtzeitigen) Beitragsentrichtung vor Insolvenzeröffnung (VwGH vom 30.05.1989, Zl. 89/14/0043). Es ist somit nicht die Schuldlosigkeit des Vertreters an den schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen der Gesellschaft relevant, sondern die Gleichbehandlung der SV-Beiträge mit den anderen Verbindlichkeiten in Bezug auf ihre Bezahlung.
Hinsichtlich der Erfüllung der Gleichbehandlungspflicht hat sich der Verwaltungsgerichtshof für die sogenannte Zahlungstheorie (im Gegensatz zur sogenannten Mitteltheorie) entschieden, die sich dadurch charakterisiert, dass Sozialversicherungsbeiträge, gemessen an den auf andere Forderungen tatsächlich geleisteten Zahlun