TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/5 W153 2181503-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.02.2019
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Entscheidungsdatum

05.02.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W153 2181503-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christoph KOROSEC als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.11.2017, Zl. 1092358605-151627462, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.12.2018, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird abgewiesen.

B)

Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) aus Afghanistan brachte am 26.10.2015 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz in Österreich ein.

Am 27.10.2015 fand die Erstbefragung statt. Darin brachte der BF vor, er habe seine Heimat wegen des Krieges und der unsicheren Lage verlassen müssen. Sein Leben sei durch die Taliban in Gefahr gewesen. Das seien alle seine Fluchtgründe.

Eine medizinische Altersdiagnose vom 23.04.2016 ergab, dass das angegebene Geburtsdatum XXXX nicht mit dem festgestellten Mindestalter übereinstimme und der BF bei Asylantragstellung bereits volljährig gewesen sei.

Mit Verfahrensanordnung vom 22.06.2016 wurde als Geburtsdatum für das Mindestalter der XXXX festgesetzt.

Nach Zulassung des Verfahrens wurde der BF am 18.09.2017 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) niederschriftlich einvernommen. Er sei von den Taliban persönlich bedroht worden. Da sein Vater einem Geschäftsmann Geld geschuldet hatte und den Betrag nicht bezahlen habe können, habe dieser ihn und seinen Bruder haben wollen, um sie als "Tanzjungen" zu verkaufen. Da ihnen weder die Dorfältesten noch die Behörden haben helfen können, sei die ganze Familie geflohen. Befragt was diese Privatverfolgung mit den Taliban zu tun habe, gab der BF an, dass er Angst vor dem Geschäftsmann und vor den Taliban habe.

Das BFA hat mit Bescheid vom 28.11.2017 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.), als auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach AFGHANISTAN zulässig ist (Spruchpunkte V.) und dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VI.).

Mit Verfahrensanordnung vom 28.12.2017 wurde dem BF ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

Gegen den Bescheid erhob der BF am 14.12.2017 Beschwerde und wiederholte im Wesentlichen sein Fluchtvorbringen. Er sei einer sexuellen Ausbeutung durch Flucht entgangen. Außerdem sei bekannt, dass die Hazara von den Taliban verfolgt werden. Weiters verwies er auf die nach wie vor höchst volatile Sicherheitslage in Afghanistan.

Mit Beschwerdeergänzung vom 22.10.2018 hat der neue bevollmächtigte Rechtsvertreter nochmals die schlechte Sicherheitslage in Afghanistan betont. Aus den aktuellen Länderfeststellungen ergäbe sich die Verschlechterung der Sicherheitslage. Diesbezüglich wurde auch auf das Gutachten von Frau Friederike Stahlmann für das Verwaltungsgericht Wiesbaden verwiesen. Bezüglich der Bedrohung durch die Taliban wurde ausgeführt, dass der Vater des BF Schutzgeld habe zahlen müssen und da dieser nicht mehr so viel zahlen habe wollen, sei er in Gefahr und auch einer Bedrohung durch die Taliban ausgesetzt gewesen.

Am 14.12.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht im Beisein einer bevollmächtigten Vertreterin und eines Dolmetschers für die Sprache Dari/Farsi eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Der BF wurde zu den Fluchtgründen und zur Person befragt. Das BFA war für die Verhandlung entschuldigt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person des BF

Der BF gelangte im Herbst 2015 über den Iran und die Türkei illegal nach Europa und dann weiter über Griechenland bis nach Österreich, wo er am 26.10.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Die Reise wurde vom Vater des BF finanziert.

Die Identität des BF steht nicht fest. Angaben zu seiner Person dienen lediglich einer Identifizierung für das Verfahren.

Der BF ist afghanischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe der Hazara und bekennt sich zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache des BF ist Dari, er wurde in Afghanistan geboren und lebte nach eigenen Angaben in der Provinz Kunduz in der Stadt Kunduz mit seinen Eltern und einem Bruder. Er hat 7 Jahre die Schule besucht und daneben im Geschäft seines Vaters mitgearbeitet. Der Vater des BF hat ein Geschäft (Eier-Verkäufer) und die Familie gehört zur Mittelschicht. Der BF ist in wirtschaftlich stabilen Verhältnissen aufgewachsen.

Es wird festgestellt, dass der BF bei der Einreise in Österreich falsche Angaben über sein Alter gemacht hat. Sein Alter wurde auf Grundlage einer medizinischen Altersfeststellung mit XXXX fiktiv angenommen und somit war der BF bei Asylantragstellung bereits volljährig.

Weiters wird festgestellt, dass die Angaben über seine Familie und die Angaben über seinen letzten Wohnort unglaubwürdig sind. Es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Familie weiterhin in soliden wirtschaftlichen Verhältnissen in Afghanistan lebt. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Familie verschollen ist.

Zu den Fluchtgründen des BF

Diesbezüglich wird festgestellt, dass eine konkrete, asylrelevante, individuelle Verfolgung des BF weder durch eine Privatperson, insbesondere durch drohenden Missbrauch als "Bacha Bazi", noch durch die Taliban vorliegt. Dem BF droht diesbezüglich in Afghanistan keine konkret gegen ihn gerichtete psychische bzw. physische Gewalt.

Es kann darüber hinaus nicht festgestellt werden, dass dem BF im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan eine Verfolgung aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder aus seiner politischen Gesinnung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht.

Zur Rückkehrsituation des BF in seinem Herkunftsland

Im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat droht dem BF kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (in der Folge EMRK), oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention. Es ist ihm zumutbar, wie seine Familie, in Afghanistan zu leben.

Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Außergewöhnliche Gründe, die eine Rückkehr des BF ausschließen könnten, wurden nicht festgestellt.

Der BF stammt aus der Provinz Kunduz. Diese Provinz zählt jedoch zu den relativ volatilen Provinzen und die sichere Erreichbarkeit ist nicht immer gewährleistet.

Aufgrund der vorliegenden Länderberichte wird somit festgestellt, dass dem BF zwar eine Rückkehr in seine unmittelbare Heimatprovinz aufgrund der dort herrschenden relativ volatilen Sicherheitslage nicht zumutbar ist, es stehen ihm aber zumutbare innerstaatliche Flucht- bzw. Schutzalternativen in den Städten Herat oder Mazar-e-Sharif zur Verfügung. Er verfügt dort zwar über kein familiäres oder soziales Netzwerk. Als alleinstehender, junger und gesunder Mann kann er in diesen Städten, auf Grund der dort herrschenden Versorgungs- und Sicherheitslage, Fuß fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten führen, wie es auch andere Landsleute führen können. Zudem kann der BF zumindest vorübergehend mit Unterstützung durch seine in Afghanistan lebende Familie rechnen.

Der BF wurde in der Beschwerdeverhandlung über die Rückkehrunterstützungen und Reintegrationsmaßnahmen in Kenntnis gesetzt.

Zum Privat- und Familienleben des BF

Der BF verbrachte den Großteil seines Lebens im Herkunftsstaat. Er reiste im Oktober 2015 illegal in Österreich ein und hält sich seither nur aufgrund eines vorläufigen Aufenthaltsrechts als Asylwerber im österreichischen Bundesgebiet auf.

Der BF verfügt in Österreich über keine schützenswerten familiären oder privaten Bindungen. Er spricht schon akzeptabel Deutsch, hat die A1 und A2-Sprachprüfung abgelegt und besucht derzeit die Schule zur Erlangung des Pflichtschulabschlusses. Zahlreiche Empfehlungsschreiben und Kursbestätigungen belegen seine Integrationswilligkeit. Er hat einen konkreten Berufswunsch - er will Einzelhandelskaufmann werden - und hat diesbezüglich schon ein Praktikum absolviert. Er hat nach dem Schulabschluss auch ein entsprechendes Lehrstellenangebot. In Österreich lebt er weder in einer Lebensgemeinschaft noch hat er hier Verwandte. Der BF wohnt in einer Asylunterkunft, lebt von der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Der BF ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

Der BF leidet an keinen schwerwiegenden Krankheiten, die eine Rückkehr nach Afghanistan ausschließen würden.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.

Zur Lage im Herkunftsstaat

Hinsichtlich der Situation in Afghanistan hat sich seit den Länderfeststellungen im Bescheid (25.09.2017) nichts Wesentliches geändert. Es wird festgestellt, dass die in der Beschwerde vorgelegten Berichte sowie das aktuell vorliegende Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 29.06.2018 (aktueller Stand: 23.11.2018) und die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender (30.08.2018) zu keinen verfahrensrelevanten Neuigkeiten geführt haben.

Zur Situation in Afghanistan werden auszugsweise folgende Feststellungen aus dem BFA-Länderinformationsblatt der Staatendokumentation 29.06.2018 (aktueller Stand: 23.11.2018) und den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender (30.08.2018) sowie aus den "EASO - Country Guidance Afghanistan, Juni 2018 zitiert:

BFA-Länderinformationsblatt der Staatendokumentation:

KI vom 29.10.2018 (Länderinformationsblatt für Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 23.11.2018, S15ff)

Parlamentswahlen und UNAMA-Update zu zivilen Opfern (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage und Abschnitt 2/Politische Lage) Am 20. und am 21.10.2018 fand in Afghanistan die Wahl für das Unterhaus (Wolesi Jirga, Anm.) in 32 der 34 Provinzen statt (AAN 21.10.2018b; vgl. LS 21.10.2018). In der Provinz Ghazni wurde die

Parlamentswahl verschoben, voraussichtlich auf den 20.4.2019, wenn u. a. auch die Präsidentschafts- und Distriktwahlen stattfinden sollen (siehe hierzu KI der Staatendokumentation vom 19.10.2018).

...

Zivile Opfer

Insgesamt wurden im selben Berichtszeitraum 8.050 zivile Opfer (2.798 Tote und 5.252 Verletzte) verzeichnet. Die meisten zivilen Opfer wurden durch Selbstmord- und Nicht-Selbstmord-IED regierungsfeindlicher Gruppierungen verursacht. Zusammenstöße am Boden, gezielte Tötungen, Luftangriffe und explosive Kampfmittelrückstände waren weitere Ursachen für zivile Opfer (UNAMA 10.10.2018).

Zivilisten in den Provinzen Nangarhar, Kabul, Helmand, Ghazni und Faryab waren am stärksten betroffen. In Nangarhar wurde bis 30.9.2018 die höchste Zahl an zivilen Opfern (1.494) registriert:

davon 554 Tote und 940 Verletzte (UNAMA 10.10.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen verursachten 65% der zivilen Opfer (5.243): davon 1.743 Tote und 3.500 Verletze. 35% der Opfer wurden den Taliban, 25% dem Islamic State Khorasan Province (ISKP) und 5% unidentifizierten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben (darunter 1% selbsternannten Mitgliedern des ISKP) (UNAMA 10.10.2018).

Regierungsfreundliche Gruppierungen waren für 1.753 (761 Tote und 992 Verletzte) zivile Opfer verantwortlich: 16% wurden durch die afghanischen, 5% durch die internationalen Sicherheitskräfte und 1% durch regierungsfreundliche bewaffnete Gruppierungen verursacht (UNAMA 10.10.2018).

KI vom 11.09.2018 (Länderinformationsblatt für Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 23.11.2018, S27)

Kämpfe in den Provinzen Sar-e Pul und Jawzjan 11.9.2018

Am Montag, dem 10.9.2018, eroberten die Taliban die Hauptstadt des Kham Aab Distrikts in der Provinz Jawzjan nachdem es zu schweren Zusammenstößen zwischen den Taliban und den afghanischen Sicherheitskräften gekommen war (Tolonews 10.9.2018a; Tolonews 10.9.2018b). Sowohl die afghanischen Streitkräfte als auch die Taliban erlitten Verluste (Khaama Press 10.9.2018a).

Am Sonntag, dem 9.9.2018, starteten die Taliban eine Offensive zur Eroberung der Hauptstadt der Provinz Sar-i Pul, wo nach wie vor u.a. mit Einsatz der Luftwaffe gekämpft wird (Tolonews 10.9.2018b; vgl. FAZ 10.9.2018). Quellen zufolge haben die Taliban das Gebiet Balghali im Zentrum der Provinzhauptstadt eingenommen und unter ihre Kontrolle gebracht (FAZ 10.9.2018). Sar-i-Pul-Stadt gehört zu den zehn Provinzhauptstädten, die Quellen zufolge das höchste Risiko tragen, von den Taliban eingenommen zu werden. Dazu zählen auch Farah-Stadt, Faizabad in Badakhshan, Ghazni-Stadt, Tarinkot in Uruzgan, Kunduz-Stadt, Maimana in Faryab und Pul-i-

Khumri in Baghlan (LWJ 10.9.2018; vgl. LWJ 30.8.2018). Weiteren Quellen zufolge sind auch die Städte Lashkar Gar in Helmand und Gardez in Paktia von einer Kontrollübernahme durch die Taliban bedroht (LWJ 10.9.2018).

KI vom 22.08.2018 (Länderinformationsblatt für Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 23.11.2018, S30)

Entführung auf der Takhar-Kunduz-Autobahn 20.8.2018

Am 20.8.2018 entführten die Taliban 170 Passagiere dreier Busse, die über die Takhar-Kunduz-Autobahn auf der Reise nach Kabul waren (Tolonews 20.8.2018; vgl. IFQ 20.8.2018). Quellen zufolge wurden die Entführten in das Dorf Nikpe der Provinz Kunduz gebracht, wo es zu Kämpfen zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Aufständischen kam. Es wurden insgesamt 149 Personen freigelassen, während sich die restlichen 21 weiterhin in der Gewalt der Taliban befinden (IFQ 20.8.2018). Grund für die Entführung war die Suche nach Mitgliedern der afghanischen Sicherheitskräfte bzw. Beamten (IFQ 20.8.2018; vgl. BBC 20.8.2018). Die Entführung erfolgte nach dem von Präsident Ashraf Ghani angekündigten Waffenstillstand, der vom 20.8.2018 bis 19.11.2018 gehen sollte und jedoch von den Taliban zurückgewiesen wurde (Reuters 20.8.2018; vgl. Tolonews 19.8.2018).

Sicherheitslage (Länderinformationsblatt für Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 23.11.2018, S42ff)

Wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren, die von regierungsfeindlichen Elementen ausgeführt wurden, erklärten die Vereinten Nationen (UN) im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil (UNGASC 27.2.2018).

Für das Jahr 2017 registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) landesweit 29.824 sicherheitsrelevante Vorfälle. Im Jahresvergleich wurden von INSO 2016 landesweit 28.838 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert und für das Jahr 2015 25.288. Zu sicherheitsrelevanten Vorfällen zählt INSO Drohungen, Überfälle, direkter Beschuss, Entführungen, Vorfälle mit IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und andere Arten von Vorfällen (INSO o.D.).

...

Afghanistan ist nach wie vor mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren. Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt) bedrohen. Dies ist den intensiven Luftangriffen durch die afghanische Nationalarmee und der Luftwaffe sowie verstärkter Nachtrazzien durch afghanische Spezialeinheiten zuzuschreiben (UNGASC 27.2.2018).

...

Im Jänner 2018 waren 56.3% der Distrikte unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung, während Aufständische 14.5% der Distrikte kontrollierten bzw. unter ihrem Einfluss hatten. Die übriggebliebenen 29.2% der Distrikte waren umkämpft. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten, die von Aufständischen kontrolliert werden, waren mit Stand Jänner 2018 Uruzgan, Kunduz und Helmand. Alle Provinzhauptstädte befanden sich unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung (SIGAR 30.4.2018).

...

Die Taliban und weitere aufständische Gruppierungen wie der Islamische Staat (IS) verübten "high-profile"-Angriffe, speziell im Bereich der Hauptstadt, mit dem Ziel, eine Medienwirksamkeit zu erlangen und damit ein Gefühl der Unsicherheit hervorzurufen und so die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben (USDOD 12.2017; vgl. SBS 28.2.2018, NZZ 21.3.2018, UNGASC 27.2.2018). Die Auflistung der high-profile Angriffe zeigt, dass die Anschläge in großen Städten, auch Kabul, hauptsächlich im Nahebereich von Einrichtungen mit Symbolcharakter (Moscheen, Tempel bzw. andere Anbetungsorte), auf Botschaften oder auf staatliche Einrichtungen stattfinden. Diese richten sich mehrheitlich gezielt gegen die Regierung, ausländische Regierungen und internationale Organisationen.

Die Anzahl der öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe hatte sich von 1.6. - 20.11.2017 im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Vorjahres erhöht (USDOD 12.2017). In den ersten Monaten des Jahres 2018 wurden verstärkt Angriffe bzw. Anschläge durch die Taliban und den IS in verschiedenen Teilen Kabuls ausgeführt (AJ 24.2.2018; vgl. Slate 22.4.2018). Als Antwort auf die zunehmenden Angriffe wurden Luftangriffe und Sicherheitsoperationen verstärkt, wodurch Aufständische in einigen Gegenden zurückgedrängt wurden (BBC 21.3.2018); auch wurden in der Hauptstadt verstärkt Spezialoperationen durchgeführt, wie auch die Bemühungen der US-Amerikaner, Terroristen zu identifizieren und zu lokalisieren (WSJ 21.3.2018).

Landesweit haben Aufständische, inklusive der Taliban und des IS, in den Monaten vor Jänner 2018 ihre Angriffe auf afghanische Truppen und Polizisten intensiviert (TG 29.1.2018; vgl. BBC 29.1.2018); auch hat die Gewalt Aufständischer gegenüber Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen in den letzten Jahren zugenommen (The Guardian 24.1.2018). Die Taliban verstärken ihre Operationen, um ausländische Kräfte zu vertreiben; der IS hingegen versucht, seinen relativ kleinen Einflussbereich zu erweitern. Die Hauptstadt Kabul ist in diesem Falle für beide Gruppierungen interessant (AP 30.1.2018).

Friedens- und Versöhnungsprozess (Länderinformationsblatt für Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 23.11.2018, S37ff)

Am 28. Februar 2018 machte Afghanistans Präsident Ashraf Ghani den Taliban ein Friedensangebot (NYT 11.3.2018; vgl. TS 28.2.2018). Die Annahme des Angebots durch die Taliban würde, so Ghani, diesen verschiedene Garantien gewähren, wie eine Amnestie, die Anerkennung der Taliban-Bewegung als politische Partei, eine Abänderung der Verfassung und die Aufhebung der Sanktionen gegen ihre Anführer (TD 7.3.2018). Quellen zufolge wird die Annahme bzw. Ablehnung des Angebots derzeit in den Rängen der Taliban diskutiert (Tolonews 16.4.2018; vgl. Tolonews 11.4.2018). Anfang 2018 fanden zwei Friedenskonferenzen zur Sicherheitslage in Afghanistan statt: die zweite Runde des Kabuler Prozesses [Anm.: von der afghanischen Regierung ins Leben gerufene Friedenskonferenz mit internationaler Beteiligung] und die Friedenskonferenz in Taschkent (TD 24.3.2018; vgl. TD 7.3.2018, NZZ 28.2.2018). Anfang April rief Staatspräsident Ghani die Taliban dazu auf, sich für die Parlamentswahlen im Oktober 2018 als politische Gruppierung registrieren zu lassen, was von diesen jedoch abgelehnt wurde (Tolonews 16.4.2018). Ende April 2018 kam es in diesem Zusammenhang zu Angriffen regierungsfeindlicher Gruppierungen (hauptsächlich des IS, aber auch der Taliban) auf mit der

Wahlregistrierung betraute Behörden in verschiedenen Provinzen (vgl. Kapitel 3. "Sicherheitslage").

Am 19.5.2018 erklärten die Taliban, sie würden keine Mitglieder afghanischer Sicherheitskräfte mehr angreifen, wenn diese ihre Truppen verlassen würden, und gewährten ihnen somit eine "Amnestie". In ihrer Stellungnahme erklärten die Aufständischen, dass das Ziel ihrer Frühlingsoffensive Amerika und ihre Alliierten seien (AJ 19.5.2018).

Am 7.6.2018 verkündete Präsident Ashraf Ghani einen Waffenstillstand mit den Taliban für den Zeitraum 12.6.2018 - 20.6.2018. Die Erklärung erfolgte, nachdem sich am 4.6.2018 über 2.000 Religionsgelehrte aus ganz Afghanistan in Kabul versammelt hatten und eine Fatwa zur Beendigung der Gewalt aussprachen (Tolonews 7.6.2018; vgl. Reuters 7.6.2018, RFL/RL 5.6.2018). Durch die Fatwa wurden Selbstmordanschläge für ungesetzlich (nach islamischem Recht, Anm.) erklärt und die Taliban dazu aufgerufen, den Friedensprozess zu unterstützen (Reuters 5.6.2018). Die Taliban selbst gingen am 9.6.2018 auf das Angebot ein und erklärten einen Waffenstillstand von drei Tagen (die ersten drei Tage des Eid-Fests, Anm.). Der Waffenstillstand würde sich jedoch nicht auf die ausländischen Sicherheitskräfte beziehen; auch würden sich die Taliban im Falle eines militärischen Angriffs verteidigen (HDN 10.6.2018; vgl. TH 10.6.2018, Tolonews 9.6.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen (Länderinformationsblatt für Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 23.11.2018, S54f)

Terroristische und aufständische Gruppierungen stellen Afghanistan und die Koalitionskräfte vor erhebliche Herausforderungen. Derzeit sind rund 20 terroristische Organisationen in Afghanistan zu finden:

das von außen unterstützte Haqqani-Netzwerk stellt nach wie vor die größte Gefährdung für afghanische und internationale Kräfte dar. Die Verflechtung von Taliban und Haqqani-Netzwerk ist so intensiv, dass diese beiden Gruppierungen als Fraktionen ein und derselben Gruppe angesehen werden. Wenn auch die Taliban öffentlich verkündet haben, sie würden zivile Opfer einschränken, so führt das Haqqani-Netzwerk auch weiterhin Angriffe in bevölkerungsreichen Gegenden aus (USDOD 12.2017).

Im August 2017 wurde berichtet, dass regierungsfeindliche bewaffnete Gruppierungen - insbesondere die Taliban - ihre Aktivitäten landesweit verstärkt haben, trotz des Drucks der afghanischen Sicherheitskräfte und der internationalen Gemeinschaft, ihren Aktivitäten ein Ende zu setzen (Khaama Press 13.8.2017). Auch sind die Kämpfe mit den Taliban eskaliert, da sich der Aufstand vom Süden in den sonst friedlichen Norden des Landes verlagert hat, wo die Taliban auch Jugendliche rekrutieren (Xinhua 18.3.2018). Ab dem Jahr 2008 expandierten die Taliban im Norden des Landes. Diese neue Phase ihrer Kampfgeschichte war die Folge des

Regierungsaufbaus und Konsolidierungsprozess in den südlichen Regionen des Landes (AAN 17.3.2017).

Teil der neuen Strategie der Regierung und der internationalen Kräfte im Kampf gegen die Taliban ist es, die Luftangriffe der afghanischen und internationalen Kräfte in jenen Gegenden zu verstärken, die am stärksten von Vorfällen betroffen sind. Dazu gehören u.a. die östlichen und südlichen Regionen, in denen ein Großteil der Vorfälle registriert wurde. Eine weitere Strategie der Behörden, um gegen Taliban und das Haqqani-Netzwerk vorzugehen, ist die Reduzierung des Einkommens selbiger, indem mit Luftangriffen gegen ihre Opium-Produktion vorgegangen wird (SIGAR 1.2018).

Außerdem haben Militäroperationen der pakistanischen Regierung einige Zufluchtsorte Aufständischer zerstört. Jedoch genießen bestimmte Gruppierungen, wie die Taliban und das Haqqani-Netzwerk Bewegungsfreiheit in Pakistan (USDOD 12.2017). Die Gründe dafür sind verschiedene: das Fehlen einer Regierung, das permissive Verhalten der pakistanischen Sicherheitsbehörden, die gemeinsamen kommunalen Bindungen über die Grenze und die zahlreichen illegalen Netzwerke, die den Aufständischen Schutz bieten (AAN 17.10.2017).

Taliban (Länderinformationsblatt für Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 23.11.2018, S55ff)

Die Taliban führten auch ihre Offensive "Mansouri" weiter; diese Offensive konzentrierte sich auf den Aufbau einer "Regierungsführung" der Taliban (Engl. "governance") bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Gewalt gegen die afghanische Regierung, die ANDSF und ausländische Streitkräfte. Nichtsdestotrotz erreichten die Taliban, die Hauptziele dieser "Kampfsaison" laut US-Verteidigungsministerium nicht (USDOD 12.2017). Operation Mansouri sollte eine Mischung aus konventioneller Kriegsführung, Guerilla-Angriffen und Selbstmordattentaten auf afghanische und ausländische Streitkräfte werden (Reuters 28.4.2017). Auch wollten sich die Taliban auf jene Gegenden konzentrieren, die vom Feind befreit worden waren (LWJ 28.4.2017). Laut NATO Mission Resolute Support kann das Scheitern der Taliban-Pläne für 2017 auf aggressive ANDSF-Operationen zurückgeführt, aber auch auf den Umstand, dass die Taliban den IS und die ANDSF gleichzeitig bekämpfen müssen (USDOD 12.2017).

Im Jahr 2017 wurden den Taliban insgesamt 4.385 zivile Opfer (1.574 Tote und 2.811 Verletzte zugeschrieben. Die Taliban bekannten sich nur zu 1.166 zivilen Opfern. Im Vergleich zum Vorjahreswert bedeutet dies einen Rückgang um 12% bei der Anzahl ziviler Opfer, die den Taliban zugeschrieben werden. Aufgrund der Komplexität der in Selbstmord- und komplexen Anschlägen involvierten Akteure hat die UNAMA oft Schwierigkeiten, die daraus resultierenden zivilen Opfer spezifischen regierungsfreundlichen Gruppierungen zuzuschreiben, wenn keine Erklärungen zur Verantwortungsübernahme abgegeben wurde. Im Jahr 2017 haben sich die Taliban zu 67 willkürlichen Angriffen auf Zivilist/innen bekannt; dies führte zu 214 zivilen Opfern (113 Toten und 101 Verletzten). Auch wenn sich die Taliban insgesamt zu weniger Angriffen gegen Zivilist/innen bekannten, so haben sie dennoch die Angriffe gegen zivile Regierungsmitarbeiter/innen erhöht - es entspricht der Linie der Taliban, Regierungsinstitutionen anzugreifen (UNAMA 2.2018).

Schätzungen von SIGAR zufolge kontrollierten im Oktober 2017 und im Jänner 2018 die Taliban 14% der Distrikte Afghanistans (SIGAR 30.4.2018). Die Taliban selbst verlautbarten im März 2017, dass sie beinahe 10% der afghanischen Distrikte kontrollierten (ODI 6.2018). Die Taliban halten auch weiterhin großes Territorium in den nördlichen und südlichen Gegenden der Provinz Helmand (JD News 12.3.2018; vgl. LWJ 20.4.2018). Die ANDSF haben, unterstützt durch US-amerikanische Truppen, in den ersten Monaten des Jahres 2018 an Boden gewonnen, wenngleich die Taliban nach wie vor die Hälfte der Provinz Helmand unter Kontrolle halten (JD News 12.3.2018; vgl. LWJ 20.4.2018). Helmand war lange Zeit ein Hauptschlachtfeld - insbesondere in der Gegend rund um den Distrikt Sangin, der als Kernstück des Taliban-Aufstands erachtet wird (JD News 12.3.2018; vgl. Reuters 30.3.2018). Die Taliban haben unerwarteten Druck aus ihrer eigenen Hochburg in Helmand erhalten: Parallel zu der Ende März 2018 abgehaltenen Friedens-Konferenz in Uzbekistan sind hunderte Menschen auf die Straße gegangen, haben eine Sitzblockade abgehalten und geschworen, einen langen Marsch in der von den Taliban kontrollierten Stadt Musa Qala zu abzuhalten, um die Friedensgespräche einzufordern. Unter den protestierenden Menschen befanden sich auch Frauen, die in dieser konservativen Region Afghanistans selten außer Hauses gesehen werden (NYT 27.3.2018).

Die Taliban geben im Kurznachrichtendienst Twitter Angaben zu ihren Opfern oder Angriffen (FAZ 19.10.2017; vgl. Pajhwok 13.3.2018). Ihre Angaben sind allerdings oft übertrieben (FAZ 19.10.2017). Auch ist es sehr schwierig Ansprüche und Bekennermeldungen zu verifizieren - dies gilt sowohl für Taliban als auch für den IS (AAN 5.2.2018).

Kunduz (Länderinformationsblatt für Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 23.11.2018, S153ff)

Kunduz liegt 337 km nördlich von Kabul und grenzt an die Provinzen Takhar im Osten, Baghlan im Süden, Balkh im Westen und Tadschikistan im Norden (NPS o.D.; vgl. Pajhwok o.D.a). Die Provinz hat folgende Distrikte: Imam Sahib/Emamsaheb, Dasht-e-Archi, Qala-e-Zal, Chahar Dara/Chardarah, Ali Abad/Aliabad, Khan Abad/Khanabad und Kunduz; die Hauptstadt ist Kunduz-Stadt (Pajhwok o.D.b; vgl. UN OCHA 4.2014). Gemäß einer Quelle wurden vor zwei Jahren in der Provinz drei neue Distrikte gegründet: Atqash, Gultapa, Gulbad (Pajhwok 11.2.2018). Auch ist die Provinzhauptstadt Kunduz-Stadt etwa 250 km von Kabul entfernt (Xinhua 7.7.2017).

Als strategischer Korridor wird Kunduz als bedeutende Provinz in Nordafghanistan erachtet - Sher Khan Bandar, die Hafenstadt am Fluß Pandsch, an der Grenze zu Tadschikistan, ist beispielsweise von militärischer und wirtschaftlicher Bedeutung (Khabarnama 22.8.2016; vgl. Pajhwok 2.1.2018, AN 21.12.2017).

Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.049.249 geschätzt (CSO 4.2017). In der Provinz leben Paschtunen, Usbeken, Tadschiken, Turkmenen, Hazara und Paschai (NPS o.D.).

Strategisch wichtig ist die Stadt Kunduz nicht nur für Afghanistan (DW 30.9.2015; vgl. Xinhua 7.7.2017), denn Kunduz war bis zum Einmarsch der US-Amerikaner im Jahr 2001 die letzte Hochburg der Taliban (RFE/RL 9.2015). Wer die Stadt kontrolliert, dem steht der Weg nach Nordafghanistan offen. Kunduz liegt an einer wichtigen Straße, die Kabul mit den angrenzenden nördlichen Provinzen verbindet (DW 30.9.2015). Kunduz-Stadt ist eine der größten Städte Afghanistans und war lange Zeit ein strategisch wichtiges Transportzentrum für den Norden des Landes. Kunduz ist durch eine Autobahn mit Kabul im Süden, Mazar-e Sharif im Westen, sowie Tadschikistan im Norden verbunden (BBC News 3.10.2016). Die Regierung plant u.a. die Turkmenistan-Afghanistan-Tadschikistan-Eisenbahnlinie, die Andkhoy, Sheberghan, Mazar-e-Sharif, Kunduz und Sher Khan Bandar verbinden und als Anbindung an China über Tadschikistan dienen soll (TD 5.12.2017).

Um Ordnung und Normalität in die Stadt Kunduz zu bringen, hat die Kommunalverwaltung im Februar 2018 eine Massenaufräum-Aktion gestartet. Ebenso wurden weitere Projekte implementiert: im Rahmen dieser werden Landstraßen und Wege gewartet, vier neue Parks errichtet - die insbesondere von Frauen und Kindern genutzt werden sollen, etc. Diese Projekte führten zusätzlich zur Schaffung von 550 Jobs - auch für Frauen. Das Erscheinungsbild der Stadt hat sich u.a. aufgrund der Errichtung von Straßenbeleuchtung verbessert (Tolonews 17.2.2018). In Kunduz gibt es zahlreiche Unternehmen, die verschiedene Produkte wie Fruchtsäfte, Klopapier, Taschentücher und Sojabohnen produzieren. Die Sicherheitslage hatte mit Stand März 2017 jedoch negative Auswirkungen auf das wirtschaftliche Wachstum in der Provinz (UNAMA 26.3.2017). In der Provinz wird ein Projekt im Wert von 9.5 Mio. USD für den Ausbau der ANAInfrastruktur [Anmerkung: der Infrastruktur der Afghan National Army] implementiert (SIGAR 30.1.2018).

Kunduz gehörte im November 2017 zu den Opium-freien Provinzen Afghanistans (UNODC 11.2017).

Allgemeine Informationen zur Sicherheitslage in Kunduz

Kunduz zählt zu den relativ volatilen Provinzen Afghanistans, in der Aufständische aktiv sind (AJ 4.10.2017; vgl. Khaama Press 15.8.2017, Reuters 22.7.2017, Tolonews 24.5.2017). In den Jahren 2015 und 2016 fiel Kunduz-Stadt jeweils einmal an Taliban-Aufständische (Xinhua 8.7.2017); die Stadt konnte in beiden Fällen von den afghanischen Streitkräften zurückerobert werden (BBC 4.10.2016; vgl. Reuters 1.10.2015, NYT 14.1.2018, UNAMA 26.3.2017). Das deutsche Militär hat einen großen Stützpunkt in der Provinz Kunduz (Gandhara 7.3.2018; vgl. SZ 7.3.2018). Während des Jahres 2017 sank die Anzahl der zivilen Opfer in Folge von Bodenoffensiven u.a. in der Provinz Kunduz; ein Grund dafür war ein Rückgang von Militäroffensiven in von Zivilist/innen bewohnten Zentren durch die Konfliktparteien (UNAMA 2.2018). Im Februar 2018 berichteten einige Quellen, die Sicherheitslage in der Provinzhauptstadt Kunduz hätte sich sehr verbessert; den Einwohnern in Kunduz-Stadt sei es aufgrund der Beleuchtung zahlreicher Straßen möglich, auch nachts in der Stadt zu bleiben (Tolonews 26.2.2018; vgl. Tolonews 17.2.2018).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 225 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Im gesamten Jahr 2017 wurden 377 zivile Opfer (93 getötete Zivilisten und 284 Verletzte) in der Provinz Kunduz registriert. Hauptursache waren Bodenangriffe, gefolgt von IEDs und gezielten Tötungen. Dies bedeutet einen Rückgang von 41% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Aufgrund von Terrorbekämpfungsoperationen in der Provinz sind zahlreiche Familien nach Kunduz-Stadt vertrieben worden (Pajhwok 23.1.2018; vgl. Pajhwok 20.1.2018). Nach dem US-amerikanischen Luftangriff auf das Médecins Sans Frontières (MSF)-Krankenhaus im Jahr 2015 wurde im Juli 2017 wieder eine Klinik von MSF in Kunduz-Stadt eröffnet (AJ 4.10.2017; vgl. Reuters 22.7.2017).

Militärische Operationen in der Kunduz

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt, um bestimmte Gegenden von Aufständischen zu befreien (Pajhwok 23.1.2018; vgl. Pajhwok 20.1.2018, Tolonews 25.10.2017, Xinhua 24.9.2017, Khaama Press 22.1.2017, Z News 12.1.2017, Khaama Press 9.1.2017). Auch werden regelmäßig Luftangriffe durchgeführt (LWJ 27.1.2018; vgl. Khaama Press 20.1.2018, Xinhua 14.2.2018, Khaama Press 7.6.2017, TG 4.11.2017, Tolonews 18.10.2017); dabei werden Aufständische - u.a. tadschikische Kämpfer - (Khaama Press 7.6.2017) und manchmal auch Talibankommandanten getötet (Xinhua 14.2.2018). Manchmal werden Talibankämpfer (Xinhua

4.3.2018) verhaftet. In der Provinz kommt es zu Zusammenstößen zwischen den Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften (UNGASC 27.2.2018; vgl. Pajhwok 23.2.2018, NYT 16.1.2018, Khaama Press 27.1.2018, Khaama Press 15.8.2017, Tolonews 4.7.2017).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Kunduz

Talibankämpfer, insbesondere Mitglieder der "Red Unit", einer Taliban-Einheit, die in zunehmendem Ausmaß Regierungsstützpunkte angreift, sind in der Provinz Kunduz aktiv (NYT 16.1.2018; vgl. AT 17.1.2018; NYT 14.11.2017). Einige Distrikte, wie Atqash, Gultapa und Gulbad, sind unter Kontrolle der Taliban (Pajhwok 11.2.2018). Auch in Teilen der Distrikte Dasht-e-Archi und Chardarah sind Talibankämpfer zum Berichtszeitpunkt aktiv (UOL 9.3.2018; Pajhwok 16.1.2018; Xinhua 14.2.2018, Tolonews 25.10.2017, Xinhua 24.9.2017). Im Zeitraum 1.1.2017 - 15.7.2017 wurden IS-bezogene Sicherheitsvorfälle registriert, während zwischen 16.7.2017 - 31.1.2018 keine sicherheitsrelevanten Ereignisse mit Bezug auf den IS gemeldet wurden (ACLED 23.2.2018).

Zur als innerstaatliche Fluchtalternative herangezogene Provinzen bzw. Städte:

Balkh (Länderinformationsblatt für Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 23.11.2018, S85ff)

Die Provinz Balkh liegt in Nordafghanistan; sie ist geostrategisch gesehen eine wichtige Provinz und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Sie hat folgende administrative Einheiten: Hairatan Port, Nahra-i-Shahi, Dihdadi, Balkh, Daulatabad, Chamtal, Sholgar, Chaharbolak, Kashanda, Zari, Charkont, Shortipa, Kaldar, Marmal, und Khalm; die Provinzhauptstadt ist Mazar-e Sharif. Die Provinz grenzt im Norden an Tadschikistan und Usbekistan. Die Provinz Samangan liegt sowohl östlich als auch südlich von Balkh. Die Provinzen Kunduz und Samangan liegen im Osten, Jawzjan im Westen und Sar-e Pul im Süden (Pajhwok o.D.y).

Balkh grenzt an drei zentralasiatische Staaten: Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan (RFE/RL 9.2015). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.382.155 geschätzt (CSO 4.2017).

Die Hauptstadt Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana [Anm.: Provinzhauptstadt Faryab] und Pul-e-Khumri [Anm.:

Provinzhauptstadt Baghlan]; sie ist gleichzeitig ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut.

Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Die Infrastruktur ist jedoch noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region. Viele der Straßen, vor allem in den gebirgigen Teilen des Landes, sind in schlechtem Zustand, schwer zu befahren und im Winter häufig unpassierbar (BFA Staaatendokumentation 4.2018).

In Mazar-e Sharif gibt es einen internationalen Flughafen (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35).

Im Juni 2017 wurde ein großes nationales Projekt ins Leben gerufen, welches darauf abzielt, die Armut und Arbeitslosigkeit in der Provinz Balkh zu reduzieren (Pajhwok 7.6.2017).

Nach monatelangen Diskussionen hat Ende März 2018 der ehemalige Gouverneur der Provinz Balkh Atta Noor seinen Rücktritt akzeptiert und so ein Patt mit dem Präsidenten Ghani beendet. Er ernannte den Parlamentsabgeordneten Mohammad Ishaq Rahgozar als seinen Nachfolger zum Provinzgouverneur (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Reuters 22.3.2018). Der neue Gouverneur versprach, die Korruption zu bekämpfen und die Sicherheit im Norden des Landes zu garantieren (Tolonews 24.3.2018).

Allgemeine Information zur Sicherheitslage

Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans (RFE/RL 23.3.2018), sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan (Khaama Press 16.1.2018; vgl. Khaama Press 20.8.2017). Balkh hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Khaama Press 16.1.2018).

Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften (Tolonews 7.3.2018), oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte (BBC 22.4.2017; vgl. BBC 17.6.2017).

In der Provinz befindet sich u.a. das von der deutschen Bundeswehr geführte Camp Marmal (TAAC-North: Train, Advise, Assist Command - North) (NATO 11.11.2016; vgl. iHLS 28.3.2018), sowie auch das Camp Shaheen (BBC 17.6.2017; vgl. Tolonews 22.4.2017).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert [...].

Im gesamten Jahr 2017 wurden 129 zivile Opfer (52 getötete Zivilisten und 77 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Bodenoffensiven und Blindgänger/Landminen. Dies bedeutet einen Rückgang von 68% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen in Balkh

Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte führen regelmäßig militärische Operationen durch, um regierungsfeindliche Aufständische zu verdrängen und sie davon abzuhalten, Fuß im Norden des Landes zu fassen (Khaama Press 16.1.2018). Diese militärischen Operationen werden in gewissen Gegenden der Provinz geführt (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT.3.2018, Pajhwok 21.8.2017, Pajhwok 10.7.2017). Dabei werden Taliban getötet (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT 6.3.2018, Pajhwok 10.7.2017) und manchmal auch ihre Anführer (Tolonews 18.3.2018; vgl. Tolonews 7.3.2018, PT 6.3.2018, Tolonews 22.4.2017).

Zusammenstöße zwischen Aufständischen und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 7.3.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Balkh

Regierungsfeindliche Gruppierungen versuchen ihren Aufstand in der Provinz Balkh voranzutreiben (Khaama Press 16.1.2018). Sowohl Aufständische der Taliban als auch Sympathisanten des IS versuchen in abgelegenen Distrikten der Provinz Fuß zu fassen (Khaama Press 20.8.2017).

Im Zeitraum 1.1.2017 - 15.7.2017 wurden keine IS-bezogenen Vorfälle in der Provinz registriert. Im Zeitraum 16.7.2017 - 31.1.2018 wurden dennoch vom IS verursachten Vorfälle entlang der Grenze von Balkh zu Sar-e Pul registriert (ACLED 23.2.2018).

Herat (Länderinformationsblatt für Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 23.11.2018, S121ff)

Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Herat grenzt im Norden an die Provinz Badghis und Turkmenistan, im Süden an die Provinz Farah, im Osten an die Provinz Ghor und im Westen an den Iran. Die Provinz ist in folgende Bezirke eingeteilt, die gleichzeitig auch die administrativen Einheiten bilden: Shindand, Engeel/Injil, Ghorian/Ghoryan, Guzra/Guzara und Pashtoon Zarghoon/Pashtun Zarghun, werden als Bezirke der ersten Stufe angesehen. Awba/Obe, Kurkh/Karukh, Kushk, Gulran, Kuhsan/Kohsan, Zinda Jan und Adraskan als Bezirke zweiter Stufe und Kushk-i-Kuhna/Kushki Kohna, Farsi, und Chisht-i-Sharif/Chishti Sharif als Bezirke dritter Stufe (UN OCHA 4.2014; vgl. Pajhwok o. D.). Provinzhauptstadt ist Herat-Stadt, welche sich im gleichnamigen Distrikt befindet und eine Einwohnerzahl von 506.900 hat (CP 21.9.2017). In der Provinz befinden sich zwei Flughäfen: ein internationaler in Herat-Stadt und ein militärischer in Shindand (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35.). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.967.180 geschätzt (CSO 4.2017).

In der Provinz leben Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Turkmenen, Uzbeken und Aimaken (Pajhwok o.D.; vgl. NPS o.D.).

Herat ist eine relativ entwickelte Provinz im Westen des Landes. Das Harirud-Tal, eines der fruchtbarsten Täler des Landes, wo Baumwolle, Obst und Ölsaat angebaut werden, befindet sich in der Provinz (AJ 8.3.2012). Bekannt ist Herat auch wegen seiner Vorreiterrolle in der Safran-Produktion (AJ 8.3.2012; vgl. EN 9.11.2017). Es sollen Regierungsprogramme und ausländische Programme zur Unterstützung der Safran-Produktion implementiert werden. Safran soll eine Alternative zum Mohnanbau werden (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Anfang Jänner 2018 wurde ein Labor zur Kontrolle der Safran-Qualität in Herat errichtet (Pajhwok 13.1.2018). Die Safran-Produktion garantierte z.B. auch zahlreiche Arbeitsplätze für Frauen in der Provinz (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Auch in unsicheren Gegenden wird Safran angebaut. (Tolonews 10.11.2017). Insgesamt wurden 2017 in der Provinz min. 8 Tonnen Safran produziert; im Vorjahr 2016 waren es 6.5 Tonnen (Pajhwok 13.1.2018; vgl. EN 9.11.2017). Trotzdem stieg im Jahr 2017 in der Provinz die Opiumproduktion. In den Distrikten Shindand und Kushk, geprägt von schlechter Sicherheitslage, war der Mohnanbau am höchsten (UNODC 11.2017).

Im Dezember 2017 wurden verschiedene Abkommen mit Uzbekistan unterzeichnet. Eines davon betrifft den Bau einer 400 Km langen Eisenbahnstrecke von Mazar-e Sharif und Maymana nach Herat (UNGASC 27.2.2018; vgl. RFE/RL 6.12.2017).

Mitte März 2018 wurde der Bau der TAPI-Leitung in Afghanistan eingeweiht. Dabei handelt es sich um eine 1.800 Km lange Pipeline für Erdgas, die Turkmenistan, Afghanistan, Pakistan und Indien 30 Jahre lang mit 33 Billionen m³ turkmenischem Erdgas versorgen soll. Die geplante Leitung wird sich entlang der Herat-Kandahar-Autobahn erstrecken. Somit wird sie durch Gegenden, auf die die Taliban einen starken Einfluss haben, verlaufen. Jedoch erklärten die Taliban, TAPI sei ein "wichtiges Projekt" und sie würden es unterstützen (PPG 26.2.2018; vgl. RFE/RL 23.2.2018). Im Rahmen des TAPI-Projekts haben sich 70 Taliban bereit erklärt, an den Friedensprozessen teilzunehmen (Tolonews 4.3.2018). Um Sicherheit für die Umsetzung des TAPI-Projekts zu gewähren, sind tausende Sicherheitskräfte entsandt worden (Tolonews 14.3.2018).

Allgemeine Informationen zur Sicherheitslage

Herat wird als eine der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018; vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Des Weiteren wurde Ende Oktober 2017 verlautbart, dass die Provinz Herat zu den relativ ruhigen Provinzen im Westen des Landes zählt, wenngleich sich in den abgelegenen Distrikten die Situation in den letzten Jahren aufgrund der Taliban verschlechtert hat (Khaama Press 25.10.2017).

Die Provinz ist u.a. ein Hauptkorridor für den Menschenschmuggel in den Iran bekannt - speziell von Kindern (Pajhwok 21.1.2017).

Mitte Februar 2018 wurde von der Entminungs-Organisation Halo Trust bekannt gegeben, dass nach zehn Jahren der Entminung 14 von 16 Distrikten der Provinz sicher seien. In diesen Gegenden bestünde keine Gefahr mehr, Landminen und anderen Blindgängern ausgesetzt zu sein, so der Pressesprecher des Provinz-Gouverneurs. Aufgrund der schlechten Sicherheitslage und der Präsenz von Aufständischen wurden die Distrikte Gulran und Shindand noch nicht von Minen geräumt. In der Provinz leben u.a. tausende afghanische Binnenflüchtlinge (AN 18.2.2018).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 139 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert [...]

Im gesamten Jahr 2017 wurden in der Provinz Herat 495 zivile Opfer (238 getötete Zivilisten und 257 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Selbstmordanschlägen/komplexen Attacken und gezielten Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 37% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen in Herat

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt, um einige Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 18.1.2017; Khaama Press 15.1.2017). Auch werden Luftangriffe verübt (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017); dabei wurden Taliban getötet (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017). Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen finden statt (AJ 25.6.2017; vgl. AAN 11.1.2017). In Herat sind Truppen der italienischen Armee stationiert, die unter dem Train Advise Assist Command West (TAAC-W) afghanische Streitmächte im Osten Afghanistans unterstützen (MdD o. D.).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Herat

Herat wird als einer der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018;

vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Dem Iran wird von verschiedenen Quellen nachgesagt, afghanische Talibankämpfer auszubilden und zu finanzieren (RFE/RL 23.2.2018;

vgl. Gandhara 22.2.2018, IP 13.8.2017, NYT 5.8.2017). Regierungsfeindliche Aufständische griffen Mitte 2017 heilige Orte, wie schiitische Moscheen, in Hauptstädten wie Kabul und Herat, an (FAZ 1.8.2017; vgl. DW 1.8.2017). Dennoch erklärten Talibanaufständische ihre Bereitschaft, das TAPI-Projekt zu unterstützen und sich am Friedensprozess zu beteiligen (AF 14.3.2018; vgl. Tolonews 4.3.2018). Es kam zu internen Konflikten zwischen verfeindeten Taliban-Gruppierungen (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017).

Anhänger des IS haben sich in Herat zum ersten Mal für Angriffe verantwortlich erklärt, die außerhalb der Provinzen Nangarhar und Kabul verübt wurden (UNAMA 2.2018).

ACLED registrierte für den Zeitraum 1.1.2017-15.7.2017 IS-bezogene Vorfälle (Gewalt gegen die Zivilbevölkerung) in der Provinz Herat (ACLED 23.2.2017).

Erreichbarkeit (Zusammenfassung aus dem LIB für Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 23.11.2018, S235ff)

Im Punkt 3.35. des LIB ist zur Erreichbarkeit der genannten Provinzen zusammengefasst angeführt, dass die Infrastruktur ein kritischer Faktor für Afghanistan bleibt, trotz der seit 2002 erreichten Infrastrukturinvestitionen und -optimierungen. Seit dem Fall der Taliban wurde das afghanische Verkehrswesen in städtischen und ländlichen Gebieten grundlegend erneuert. Beachtenswert ist die Vollendung der "Ring Road", welche Zentrum und Peripherie des Landes sowie die Peripherie mit den Nachbarländern verbindet. Investitionen in ein integriertes Verkehrsnetzwerk zählen zu den Projekten, die systematisch geplant und umgesetzt werden. Unter anderem in den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif befinden sich internationale Flughäfen. Das Transportwesen in Afghanistan gilt als "verhältnismäßig gut". Es gibt einige regelmäßige Busverbindungen innerhalb Kabuls und in die wichtigsten Großstädte Afghanistans, sowie Gemeinschaftstaxis.

Dürre: Auszug aus der diesbezüglichen Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation vom 13.09.2018: und von ACCORD vom 12.10.2018 [a-10737]

Aufgrund der Dürre wird die Getreideernte geringer ausfallen, als in den vergangenen Jahren. Da die Getreideernte in Pakistan und im Iran gut ausfallen wird, kann ein Defizit in Afghanistan ausgeglichen werden. Die Preise für Getreide waren im Mai 2018 verglichen zum Vormonat in den meisten großen Städten unverändert und lagen sowohl in Herat-Stadt als auch in Mazar-e Sharif etwas unter dem Durchschnitt der Jahre 2013-2018 (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, vom 13.09.2018, S. 3). Das Angebot an Weizenmehl ist relativ stabil (Accordanfragebeantwortung a-10737, vom 25.09.2018, S. 8). Aufgrund der Dürre wurde bisher kein nationaler Notstand ausgerufen (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, vom 13.09.2018, S. 11).

Für die Landflucht spielen die Sicherheitslage und fehlende Beschäftigung eine Rolle; die Dürre würde die Situation noch verstärken (Accordanfragebeantwortung a-10737, vom 25.09.2018, S. 2). Daher sind viele Haushalte veranlasst, sich in städtischen Gebieten anzusiedeln. Diese Personen - Vertriebene, Rückkehrer und Flüchtlinge - siedeln sich in informellen Siedlungen an (Accordanfragebeantwortung a-10737, vom 25.09.2018, S. 5). Dort ist die größte Sorge der Vertriebenen die Verfügbarkeit von Lebensmitteln, diese sind jedoch mit der Menge und der Regelmäßigkeit des Trinkwassers in den informellen Siedlungen und den erhaltenen Hygienesets zufrieden. Viele Familien, die Bargeld für Lebensmittel erhalten, gaben das Geld jedoch für Schulden, für Gesundheitsleistungen und für Material für provisorische Unterkünfte aus. Vielen Familien der Binnenvertriebenen gehen die Nahrungsmittel aus bzw. können sich diese nur Brot und Tee leisten (Accordanfragebeantwortung a-10737, vom 25.09.2018, S. 6). Arme Haushalte, die von einer wassergespeisten Weizenproduktion abhängig sind, werden bis zur Frühjahrsernte sowie im nächsten Jahr Schwierigkeiten haben, den Konsumbedarf zu decken (Accordanfragebeantwortung a-10737, vom 25.09.2018, S. 11).

Die Abnahme der landwirtschaftlichen Arbeitsmöglichkeiten zusammen mit der steigenden Migration sowie der hohen Anzahl an Rückkehrerin und Binnenvertriebenen führt zu einer Senkung der Löhne für Gelegenheitsarbeit in Afghanistan und zu einer angespannten Wohnraum- und Arbeitsmarktlage in urbanen Gebieten (Accordanfragebeantwortung a-10737, vom 25.09.2018, S. 15 f.).

Von Mai bis Mitte August 2018 sind ca. 12.000 Familie aufgrund der Dürre aus den Provinzen Badghis und Ghor geflohen um sich in der Stadt Herat anzusiedeln. Dort leben diese am westlichen Stadtrand von Herat in behelfsmäßigen Zelten, sodass am Rand der Stadt Herat die Auswirkungen der Dürre am deutlichsten sind (Beilage ./O, S. 5f). Mittlerweile sind 60.000 Personen nach Herat geflohen (Beilage ./P, S. 5). Es ist besonders die ländliche Bevölkerung, insbesondere in der Provinz Herat, betroffen (Beilage ./P, S. 7). Personen die von der Dürre fliehen, siedeln sich in Herat-Stadt, in Qala-e-Naw sowie in Chaghcharan an, dort wurden unter anderem Zelte, Wasser, Nahrungsmittel sowie Geld verteilt (Beilage ./O, S. 10; Beilage ./P, S. 2). Zu Mazar-e Sharif liegen keine spezifischen Informationen zur Wohnraumsituation vor (Accordanfragebeantwortung a-10737, vom 25.09.2018, S. 2).

Während das Lohnniveau in Mazar-e Sharif weiterhin über dem Fünfjahresdurchschnitt liegt, liegt dieses in Herat-Stadt 17% unter dem Fünfjahresdurchschnitt (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, vom 13.09.2018, S. 8). Es gibt keine signifikante dürrebedingte Vertreibung bzw. Zwangsmigration nach Mazar-e Sharif- Stadt (Accordanfragebeantwortung a-10737, vom 25.09.2018, S. 3; Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, vom 13.09.2018, S. 1 und 3). Im Umland der Stadt Mazar-e Sharif kommt es zu Wasserknappheit und unzureichender Wasserversorgung (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, vom 13.09.2018, S. 2).

Schließlich werden um den Folgen der Dürre entgegenzuwirken, nationale und internationale Hilfsmaßnahmen für die Betroffenen gesetzt. So sind z.B. durch ganzheitliche Maßnahmen zur Dürrebekämpfung die im August in 15 Provinzen angelaufen sind, in Summe 1,2 Mio Menschen quer durch alle Bereich unterstützt worden (Accordanfragebeantwortung a-10737, vom 25.09.2018, S. 17 ff).

Die Stadt Mazar-e Sharif selbst ist nicht von den Auswirkungen der Dürre betroffen.

Religionsfreiheit (aus dem LIB für Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 23.11.2018, S286ff)

Etwa 99,7% der afghanischen Bevölkerung sind Muslime, davon zwischen 84,7 und 89,7% Sunniten (CIA 2017; vgl. USCIRF 2017). Schätzungen zufolge sind etwa 10 - 19% der Bevölkerung Schiiten (AA 5.2018; vgl. CIA 2017). Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften wie die der Sikhs, Hindus, Baha¿i und Christen machen ca. 0,3% der Bevölkerung aus. Offiziell lebt noch ein Jude in Afghanistan (USDOS 15.8.2017).

Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Anhänger anderer Religionen sind frei, ihren Glauben im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften auszuüben (USDOS 15.8.2017). Der politische Islam behält in Afghanistan die Oberhand; welche Gruppierung - die Taliban (Deobandi- Hanafismus), der IS (Salafismus) oder die afghanische Verfassung (moderater Hanafismus) - religiös korrekter ist, stellt jedoch weiterhin eine Kontroverse dar. Diese Uneinigkeit führt zwischen den involvierten Akteuren zu erheblichem Streit um die Kontrolle bestimmter Gebiete und Anhängerschaft in der Bevölkerung (BTI 2018).

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Die Religionsfreiheit hat sich seit 2001 zwar verbessert, jedoch wird diese noch immer durch Gewalt und Drangsale gegen religiöse Minderheiten un

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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