TE Lvwg Erkenntnis 2019/2/27 VGW-031/094/1569/2019

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Veröffentlicht am 27.02.2019
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Entscheidungsdatum

27.02.2019

Index

96/02 Sonstige Angelegenheiten des Straßenbaus
90/02 Kraftfahrgesetz

Norm

BStMG 2002 §1 Abs1
BStMG 2002 §5 Abs1 Z1
BStMG 2002 §10 Abs1
BStMG 2002 §11 Abs1
BStMG 2002 §20 Abs1
KFG 1967 §20 Abs4
KFG 1967 §20 Abs5 litc
KFG 1967 §20 Abs6

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag. Schubert-Zsilavecz, LL.M., BA über die Beschwerde des Herrn A. B. vom 23.1.2019, gegen das Straferkenntis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk vom 10.1.2019, Zl. ..., betreffend Übertretung gemäß § 10 Abs. 1 iVm § 11 Abs. 1 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 – BStMG, BGBl. I Nr. 109/2002, in der am 22.3.2018 in Kraft stehenden Fassung des BGBl. I Nr. 65/2017,

zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von EUR 60,-- (das sind 20% der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang, angefochtenes Straferkenntnis, Beschwerde

1. Die belangte Behörde erließ gegen den Beschwerdeführer eine Strafverfügung vom 10. August 2018, mit welcher sie über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von € 550,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag, 9 Stunden) verhängte, weil dieser am 22. März 2018, um 07:02 Uhr, als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen ..., die mautpflichtige Bundesstraße A23, Mautabschnitt Konten Wien Inzersdorf – Altmannsdorferstraße, Richtungsfahrbahn Wien Altmannsdorf, km 000,377 benützt habe, ohne die nach § 10 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG) geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß, d.h. durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug, entrichtet zu haben, da am Kraftfahrzeug weder eine gültige Klebevignette angebracht noch für das Kennzeichen des Fahrzeuges eine zum Zeitpunkt der Benützung gültige Digitale Vignette registriert gewesen sei, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen betrage, der zeitabhängigen Maut unterliege.

2. In dem dagegen eingebrachten Einspruch führte der Beschwerdeführer auszugsweise Folgendes aus (Hervorhebungen durch das Verwaltungsgericht Wien):

„1) Das angegebene Fahrzeug hat eine Blaulichtgenehmigung für den offiziellen Rettungsdienst und ist auch als solches ausgestattet und mit einem fix am Fahrzeug montierten Blaulichtbalken ausgestattet.

Aus diesem Grund ist das Fahrzeug von der Mautpflicht befreit. Auch wenn sich das Fahrzeug nicht im Einsatz auf der Autobahn bewegt. Die anderen Blaulichtfahrzeuge wie Rettung, Feuerwehr, Polizei, Asfinag haben auch diese Blaulichtgenehmigung und benötigen auch keine Vignette um die Autobahn zu benützen auch wenn sie nicht im Einsatz die Autobahn benützen.

2) […]“

3. Das gegenständlich angefochtene Straferkenntnis vom 10. Jänner 2019 der belangten Behörde hat folgenden Spruch:

„Sie haben am 22.03.2018, um 07:02 Uhr, als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen ..., die mautpflichtige Bundesstraße A23, Mautabschnitt Konten Wien Inzersdorf – Altmannsdorferstraße, Richtungsfahrbahn Wien Altmannsdorf, km 000,377 benützt, ohne die nach § 10 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG) geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß, dh durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug, entrichtet zu haben, da am Kraftfahrzeug weder eine gültige Klebevignette angebracht noch für das Kennzeichen des Fahrzeuges eine zum Zeitpunkt der Benützung gültige Digitale Vignette registriert war, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliegt.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 20 Abs. 1 in Verbindung mit § 10 Abs. 1 und § 11 Abs. 1 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 – BStMG, BGBl. I Nr. 109/2002 in der derzeit geltenden Fassung

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von € 300,00, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Stunden gemäß § 20 Abs. 1 BStMG.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen: € 30,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher € 330,00. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.“

4. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde führt der Beschwerdeführer aus, dass das gegenständliche Fahrzeug im Besitz einer Blaulichtgenehmigung für den Rettungsdienst für Wien, Niederösterreich und Burgenland und mit einer fix montierten Blaulichtanlage am Fahrzeug ausgestattet sei. Auf Grund dieser Genehmigung sei das Fahrzeug von der Mautgebühr befreit.

5. Die belangte Behörde traf keine Beschwerdevorentscheidung und legte die Beschwerde dem Verwaltungsgericht Wien samt Verwaltungsakt vor.

6. Das Verwaltungsgericht Wien forderte den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 1. Februar 2019 auf, dem Verwaltungsgericht Wien binnen einer Frist von einer Woche mitzuteilen, ob der Beschwerdeführer zum angelasteten Tatzeitpunkt am angelasteten Tatort mit dem gegenständlichen Fahrzeug im Rahmen von Blaulicht- und Tonfolgehorneinsätzen unterwegs gewesen sei. Bejahendenfalls ersuchte das Verwaltungsgericht Wien um Übermittlung einer Kopie der gemäß Auflage 3 des Bewilligungsbescheides vom 24. Juni 2011 der Niederösterreichischen Landesregierung zu führenden Aufzeichnungen betreffend den gegenständlichen Einsatz. Trotz nachgewiesener Zustellung blieb das gegenständliche Schreiben unbeantwortet.

II. Feststellungen

Der Beschwerdeführer benützte am 22. März 2018, um 07:02 Uhr, als Lenker des Kraftfahrzeugs mit dem behördlichen Kennzeichen ..., die mautpflichtige Bundesstraße A23, Mautabschnitt Knoten Wien Inzersdorf – Altmannsdorferstraße, Richtungsfahrbahn Wien Altmannsdorf, km 000,377, ohne die nach § 10 BStMG geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß, also durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug, entrichtet zu haben, da am Fahrzeug weder eine gültige Klebevignette angebracht noch für das Kennzeichen des Fahrzeuges eine zum Zeitpunkt der Benützung Digitale Vignette registriert war.

Der Beschwerdeführer war zum gegenständlichen Tatzeitpunkt am gegenständlichen Tatort mit dem gegenständlichen Kraftwagen nicht im Rahmen eines Blaulicht- und Tonfolgehorneinsatzes unterwegs.

Mit Bescheid vom 24. Juni 2011 erteilte die Niederösterreichische Landesregierung der Firma C. eU gemäß §§ 20 Abs. 4, Abs. 5 lit. c KFG die – örtlich auf die Gebiete der Bundesländer Niederösterreich und Wien eingeschränkte – Bewilligung, eine Warnleuchte mit blauem Licht sowie ein Tonfolgehorn am verfahrensgegenständlichen Fahrzeug anzubringen. Auflage 1 der genannten Bewilligung sieht vor, dass Signale nur bei Gefahr in Verzug, zum Beispiel bei Fahrten zum und vom Ort der dringenden Hilfeleistung oder zum Ort des sonstigen dringenden Einsatzes verwendet werden dürfen. Auflage 3 der gegenständlichen Bewilligung sieht vor, dass über die Blaulicht- und Tonfolgehorneinsätze Aufzeichnungen zu führen sind, aus denen folgende Daten ersichtlich sind: Datum, Beginn und Ende der Einsatzfahrt, Zweck, Veranlasser, Route und fortlaufende Nummer der Einsatzfahrt sowie Lenker des Fahrzeuges. Gemäß Auflage 4 der gegenständlichen Bewilligung sind Aufzeichnungen fünf Jahre nach erfolgter Einsatzfahrt aufzubewahren und den Kraftfahrbehörden und Gerichten auf Verlangen zur Einsichtnahme auszuhändigen.

Der Beschwerdeführer ist Inhaber der C. eU.

Das Fahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ... ist mit einer fix montierten Blaulichtanlage ausgestattet.

III. Beweiswürdigung

Der gegenständlich festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen sowie dem vorliegenden Verwaltungsakt, insbesondere der darin erliegenden Bewilligung der Niederösterreichischen Landesregierung vom 24. Juni 2011 sowie Auszügen aus dem KFZ-Zentralregister sowie dem Firmenbuch. An der Echtheit und Richtigkeit dieser Unterlagen besteht für das Verwaltungsgericht kein Zweifel.

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer nicht im Rahmen eines Blaulicht- und Tonfolgehorneinsatzes zum gegenständlichen Tatzeitpunkt und Tatort mit dem Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ... unterwegs war ergibt sich insbesondere aus dem Einspruch des Beschwerdeführers, wonach das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug zum relevanten Zeitpunkt nicht im Einsatz war. Diese Tatsache wird dadurch untermauert, dass der Beschwerdeführer dem Verwaltungsgericht Wien trotz Aufforderung keine entsprechende Aufzeichnung über einen etwaigen Einsatz vorlegte.

IV. Rechtliche Beurteilung

1. Die hier wesentlichen Bestimmungen des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 109/2002, in der Fassung BGBl. I Nr. 65/2017, lauten (auszugsweise):

„Mautpflicht auf Bundesstraßen

Mautstrecken

§1. (1) Für die Benützung der Bundesstraßen mit Kraftfahrzeugen ist Maut zu entrichten.

[…]

Allgemeine Ausnahmen von der Mautpflicht

§ 5. (1) Von der Mautpflicht sind ausgenommen:

1.   Fahrzeuge, an denen gemäß § 20 Abs. 1 Z 4 und Abs. 5 Kraftfahrgesetz 1967 Scheinwerfer oder Warnleuchten mit blauem Licht sichtbar angebracht sind, im Fall von Fahrzeugen gemäß § 20 Abs. 5 Kraftfahrgesetz 1967 nur sofern bei ihrer Verwendung den gemäß § 20 Abs. 6 Kraftfahrgesetz 1967 erteilten Auflagen und Bedingungen entsprochen wird;

2.   […]

Zeitabhängige Maut

Mautpflicht

§ 10. (1) Die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, unterliegt der zeitabhängigen Maut.

[…]

Mautentrichtung

§ 11. (1) Die zeitabhängige Maut ist vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Klebevignette am Fahrzeug oder durch Registrierung des Kennzeichens des Fahrzeugs im Mautsystem der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (digitale Vignette) zu entrichten.

[…]

§ 15. (1) Die Mautordnung hat zu enthalten:

[…]

9.   die Festlegung der Beschaffenheit der Klebevignette, Bestimmungen über ihre Anbringung am Fahrzeug und über das Mitführen an Stelle der Anbringung, Bestimmungen über die Registrierung des Kennzeichens des Fahrzeugs im Mautsystem sowie Informationen über die Gültigkeitsdauer der Vignetten (§ 11 Abs. 1 bis 3);

Mautprellerei

§ 20. (1) Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, begehen eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 € bis zu 3000 € zu bestrafen.

[…]“

Die gegenständlich relevante Mautordnung der ASFINAG (Version 50, gültig mit 1. Jänner 2018), genehmigt gemäß § 14 Abs. 2 BStMG durch das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen, bestimmt, dass Kraftfahrzeuge von der Vignettenpflicht ausgenommen sind, an denen gemäß § 20 Abs. 1 Z 4 und Abs. 5 Kraftfahrgesetz 1967 Scheinwerfer oder Warnleuchten mit blauem Licht sichtbar angebracht sind. Im Fall von Kraftfahrzeugen gemäß § 20 Abs. 5 KFG besteht eine Ausnahme von der Mautpflicht nur für die Dauer der Verwendung des Scheinwerfers oder der Warnleuchte mit blauem Licht und wenn bei der Verwendung den gemäß § 20 Abs. 6 KFG erteilten Auflagen und Bedingungen entsprochen wird.

Die hier wesentliche Bestimmung des Kraftfahrgesetzes 1967, BGBl. Nr. 267/1967, in der Fassung BGBl. I Nr. 102/2017, lautet (auszugsweise):

„§ 20. Scheinwerfer, Leuchten, Rückstrahler und Lichtfarben für besondere Zwecke

[…]

(4) Andere als die im § 14 Abs. 1 bis 7, in den §§ 15 und 17 bis 19 und in den Abs. 1 bis 3 angeführten Scheinwerfer, Leuchten und Rückstrahler oder andere Lichtfarben dürfen nur mit Bewilligung des Landeshauptmannes an Kraftfahrzeugen und Anhängern angebracht werden und nur, wenn der Antragsteller hiefür einen dringenden beruflichen oder wirtschaftlichen Bedarf glaubhaft macht. Diese Bewilligung ist nach Maßgabe der Bestimmungen der Abs. 5 bis 7 zu erteilen, wenn die Verkehrs- und Betriebssicherheit dadurch nicht beeinträchtigt wird und wenn nicht zu erwarten ist, daß andere Verkehrsteilnehmer durch diese Leuchten und Lichtfarben abgelenkt oder getäuscht werden können, wie insbesondere bei beleuchteten Werbeflächen oder Leuchten, die so geschaltet sind, daß der Eindruck bewegter Lichter entsteht.

(5) Scheinwerfer und Warnleuchten mit blauem Licht dürfen bei nicht unter Abs. 1 Z 4 fallenden Fahrzeugen nur bewilligt werden, wenn ihre Verwendung im öffentlichen Interesse gelegen ist und dagegen vom Standpunkt der Verkehrs- und Betriebssicherheit keine Bedenken bestehen und nur für Fahrzeuge, die zur Verwendung bestimmt sind:

a)

ausschließlich oder vorwiegend für Feuerwehren,

b)

für den öffentlichen Hilfsdienst,

c)

für den Rettungsdienst oder den Bergrettungsdienst,

[…]

 

In den Fällen der lit. d und lit. h ergeht die Bewilligung, sofern es sich nicht um Fahrzeuge gemäß lit. c handelt, an die Institution oder Krankenanstalt, die den Bereitschaftsdienst organisiert. Die Bewilligung erstreckt sich auf ein oder mehrere Fahrzeuge dieser Institutionen oder auf die jeweils von der Institution namhaft gemachten Fahrzeuge der Bereitschaftsdienst versehenden Ärzte. Die Warnleuchten mit blauem Licht dürfen jeweils nur an dem Fahrzeug angebracht werden, das tatsächlich für einen bestimmten Bereitschaftsdienst eingesetzt wird und nur auf die Dauer des Bereitschaftsdienstes und nur während der Verwendung dieses Fahrzeuges für Einsatzfahrten.

(6) Bewilligungen nach Abs. 5 sind unter den entsprechenden Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen. Durch Verordnung können die näheren Bestimmungen hinsichtlich der Bewilligungen nach Abs. 5 festgelegt werden. Dabei sind insbesondere die Antragslegitimation, die Erteilungsvoraussetzungen, spezielle Einsatzbedingungen sowie die Führung entsprechender Aufzeichnungen über die Verwendung des Blaulichtes zu regeln.

[…]“

2. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind die Verwaltungsbehörden berechtigt, im Rahmen der Beweiswürdigung ins Kalkül zu ziehen, wenn der Beschuldigte seiner Mitwirkungspflicht nicht nachkommt (VwGH 6.12.1985, 85/18/0051).

Bei Fahrzeugen, die per Bescheid ein Blaulicht anbringen und verwenden dürfen (§ 20 Abs. 5 KFG), gilt die Mautbefreiung nach den gesetzlichen Vorgaben nur dann, wenn bei der Verwendung des Blaulichts den gemäß § 20 Abs. 6 erteilten Auflagen und Bedingungen entsprochen wird. Bei Kraftfahrzeugen mit Blaulicht gemäß § 20 Abs. 5 KFG wird somit keine generelle Ausnahme von der Mautpflicht gewährt, sondern nur in denjenigen Fällen, wo die Anbringung und Verwendung entsprechend den Vorgaben im „Blaulichtbescheid“ erfolgt. Überdies besteht laut – gegenständlich anwendbarer – Mautordnung eine Ausnahme von der Mautpflicht nur für die Dauer der Verwendung des Scheinwerfers oder der Warnleuchte.

Der „Blaulichtbescheid“ des Beschwerdeführers sieht unter Punkt 1. vor, dass Signale nur bei Gefahr in Verzug, zum Beispiel bei Fahrten zum und vom Ort der dringenden Hilfeleistung oder zum Ort des sonstigen dringenden Einsatzes verwendet werden dürfen. Daraus ergibt sich, dass die Ausnahme von der Mautpflicht Fahrten in Zusammenhang mit Gefahr in Verzug voraussetzt.

Da der Beschwerdeführer – wie festgestellt – eine solche Fahrt nicht durchgeführt hat, war er nicht von der Mautpflicht ausgenommen. Die Tatsache, dass sich an dem verfahrensgegenständlichen Kraftfahrzeug eine fix montierte Blaulichtanlage befindet, ändert daran nichts.

In objektiver Hinsicht erfüllte der Beschwerdeführer somit den Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung.

Die Tatbegehung ist dem Beschwerdeführer auch subjektiv vorwerfbar: Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Da zum Tatbestand der verfahrensgegenständlichen Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört und auch über das Verschulden keine Bestimmung enthalten ist, handelt es sich bei dieser Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG. Bei diesem besteht von vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welche jedoch von diesem widerlegt werden kann. Ihm obliegt es, glaubhaft zu machen, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich war. Der Beschuldigte hat hierzu initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht; dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw. die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen.

Im Hinblick auf die Verantwortung des Beschwerdeführers ist im vorliegenden Fall zumindest von fahrlässigem Verhalten auszugehen, womit er auch die subjektive Tatseite des ihm zur Last gelegten Delikts erfüllt hat.

Zur Strafhöhe ist Folgendes festzuhalten:

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches (StGB) sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Beschwerdeführer hat am 22.03.2018, um 07:02 Uhr, als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen ..., die mautpflichtige Bundesstraße A23, Mautabschnitt Konten Wien Inzersdorf – Altmannsdorferstraße, Richtungsfahrbahn Wien Altmannsdorf, km 000,377 benützt, ohne die nach § 10 BStMG geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß, dh durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug entrichtet zu haben. Diese Übertretung ist gemäß § 20 Abs. 1 BStMG mit einer Geldstrafe von € 300,-- bis zu € 3.000,-- bedroht.

In Bezug auf die Strafbemessung erkennt das Verwaltungsgericht Wien zum vorliegenden Fall keine Unangemessenheit. Der von der belangten Behörde verhängte Strafbetrag in Höhe von € 300,-- stellt die Mindeststrafe im vorgesehenen Strafrahmen zwischen € 300,-- bis zu € 3.000,-- dar.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass allein in Ansehung der vorliegenden Übertretung (Lenken eines Kraftfahrzeuges auf dem mautpflichtigen Straßennetz, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliegt, welche vor der Benützung der Mautstrecken durch Anbringung einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten ist) von einer solchen mit nicht gänzlich zu vernachlässigendem Unrechtsgehalt auszugehen ist und somit allein deshalb keine Unangemessenheit im Sinne von § 19 Abs. 1 VStG zu erkennen ist.

Als Milderungsgrund wurde von der belangten Behörde die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers berücksichtigt. Weitere Milderungsgründe oder Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen machte der Beschwerdeführer nicht geltend. Aufgrund dieser Tatsache und im Hinblick darauf, dass die Behörde die im Gesetz vorgesehene Mindeststrafe verhängt hat, war die Strafhöhe zu bestätigen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die zwingenden Bestimmungen des § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG, wonach dem Beschwerdeführer 20% der verhängten Geldstrafe als Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen sind.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3. Das Verwaltungsgericht Wien konnte von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 44 Abs. 3 Z 3 VwGVG absehen, da im angefochtenen Straferkenntnis eine € 500,-- (nämlich € 300,--) nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine Partei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat. Der Beschwerdeführer wurde mittels Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Straferkenntnis auf sein Recht auf Beantragung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung hingewiesen.

4. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Mautpflicht; Ausnahme; Mautbefreiung; Mautprellerei; Blaulicht; Blaulichtbescheid; Gefahr in Verzug

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.031.094.1569.2019

Zuletzt aktualisiert am

15.03.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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