TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/17 L524 2140034-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.07.2018
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Entscheidungsdatum

17.07.2018

Norm

AsylG 2005 §2 Abs1 Z22
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34 Abs4
AsylG 2005 §8
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

(1.) L524 2140030-1/14E

(2.) L524 2140032-1/13E

(3.) L524 2140036-1/12E

(4.) L524 2140034-1/12E

(5.) L524 2140035-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER LL.B. über die Beschwerde von (1.) XXXX, geb. XXXX, StA

Irak, (2.) XXXX, geb. XXXX, StA Irak, (3.) mj. XXXX, geb. XXXX, StA

Irak, (4.) mj. XXXX, geb. XXXX, StA Irak, und (5.) mj. XXXX, geb. XXXX, StA Irak, alle vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, Alser Straße 20, 1090 Wien, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.10.2016 und 07.11.2016,

(1.) Zl. 1091630301/151589919, (2.) Zl. 1091630410/151589943, (3.) Zl. 1091631004/151589986, (4.) Zl. 1091631102/151590020 und (5.) Zl. 1132692808-161430739/BMI-BFA_NOE_RD, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26.06.2018 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG als unbegründet

abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin, beide irakische Staatsangehörige, reisten mit ihren beiden Kindern, den minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführern, illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten jeweils am 20.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der am selben Tag erfolgten Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte der Erstbeschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass er Araber und schiitischer Moslem sei. Er habe zwölf Jahre die Grundschule in Bagdad besucht und zuletzt als Elektrotechniker gearbeitet. Im Irak würden noch seine Mutter, sechs Brüder und fünf Schwestern leben. Sein Vater sei bereits verstorben. Er habe in XXXX, Bagdad, gelebt. Am 07.10.2015 habe er den Irak legal von Bagdad aus verlassen. Seinen Reisepass habe er in Kroatien verloren. Er habe die Reise nach Österreich selbst organisiert und dafür

10.500 US-Dollar bezahlt.

Zu seinem Fluchtgrund gab er an, dass er bei einer britischen Firma gearbeitet habe und daher von Milizen bedroht worden sei. Er hätte nicht mehr für diese Firma arbeiten sollen und für den Fall der Weiterarbeit hätte er mit dem Tod seiner Familie zu rechnen. Er habe dann, wie es von ihm verlangt worden sei, bei der Firma gekündigt und sie seien in einen anderen Wohnbezirk umgezogen, der etwa eine Autostunde vom vorherigen Wohnbezirk entfernt sei. Auch dort hätten ihn die Milizen gefunden und weiter bedroht. Er habe Angst um sein Leben gehabt, weshalb sie ausgereist seien.

2. Die Zweitbeschwerdeführerin brachte bei der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 20.10.2015 im Wesentlichen vor, dass sie Araberin und schiitische Moslemin sei. Sie habe neun Jahre die Grundschule in Bagdad besucht. Im Irak würden noch ihre Eltern, drei Brüder und zwei Schwestern leben. Sie habe in XXXX, Bagdad, gelebt. Am 07.10.2015 habe sie den Irak legal von Bagdad aus verlassen. Ihren Reisepass habe sie in Kroatien verloren.

Zu ihrem Fluchtgrund gab sie an, dass ihr Mann bei einer britischen Firma gearbeitet habe und daher von Milizen bedroht worden sei. Er hätte nicht mehr für diese Firma arbeiten sollen. Für den Fall der Weiterarbeit sei er mit dem Tod der Familie bedroht worden. Sie seien dann in einen anderen Wohnbezirk umgezogen, wo sie aber von den Milizen gefunden worden und erneut bedroht worden seien. Daher hätten sie das Land verlassen.

3. Am 24.05.2016 wurde der Erstbeschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen. Er gab an, dass er bisher die Wahrheit gesagt habe. Zum Protokoll der Erstbefragung gab er an, dass er zuerst bei einer Firma und dann bei einer anderen Firma gearbeitet habe. Er habe nicht, wie im Protokoll angeführt, die Firma komplett verlassen. Der Erstbeschwerdeführer legte einen Personalausweis und einen Firmenausweis vor. Sein Vater, der 2012 verstorben sei, habe vier Ehefrauen gehabt. Der Erstbeschwerdeführer habe daher 16 Geschwister, die teils in Bagdad, teils in XXXX leben würden. Er habe zwölf Jahre die Schule besucht und eine Art Berufsmatura als Elektriker abgelegt. Er habe dann bei einer Firma als Elektriker gearbeitet. Sein letzter Arbeitstag sei ungefähr am 02. oder 03. Oktober 2015 gewesen. Er habe mit seiner Frau und den beiden Kindern in XXXX in Bagdad gelebt.

Zu seinem Fluchtgrund gab er an, dass er bei einer britischen Firma gearbeitet habe und deshalb eine Drohung von einer Miliz bekommen habe. Sie hätten Informationen darüber haben wollen, was der Chef und die Mitarbeiter machen und was in der Firma los sei. Sie hätten die Mitarbeiter verschleppen wollen, um Geld zu erpressen. Sie hätten öfters versucht, ihn zu überzeugen, aber er habe das nicht mit seinem Gewissen vereinbaren können. Er habe umziehen müssen, etwa eine Autostunde von seiner früheren Adresse entfernt. Sie hätten ihn aber nochmals angesprochen und ihn überreden wollen. Er habe zu den Milizen gesagt, dass er mit ihnen zusammenarbeite, aber er habe in der Zwischenzeit seine Papiere organisiert. Sie hätten auch seine Brüder bedroht, die am gleichen Platz gewohnt hätten, und von ihnen verlangt, dass sie den Erstbeschwerdeführer ausliefern. Zu diesem Zeitpunkt sei er aber schon aus dem Irak ausgereist.

4. Die Zweitbeschwerdeführerin gab bei ihrer Einvernahme vor dem BFA am 24.05.2016 an, dass sie bisher der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht habe und ihre Angaben in der Erstbefragung rückübersetzt worden seien. Sie habe sich aber nicht darauf konzentriert. Ihre Dokumente habe sie unterwegs im Zug verloren. Ihre Eltern, zwei Schwestern und drei Brüder würden in Bagdad leben. Sie habe neun Jahre die Schule besucht und sei immer Hausfrau gewesen. Die letzten drei bis vor Monate vor der Ausreise habe sie in XXXX in Bagdad gelebt. Davor hätten sie in XXXX in Bagdad gelebt. Zum Grund für den Umzug gab sie an, dass sie bemerkt habe, dass Leute ihrem Mann folgen würden. Sie habe ihn oft danach gefragt, aber er habe ihr nichts sagen wollen. Dann habe er gesagt, ein Freund habe ein leeres Haus und dorthin seien sie dann gezogen.

Zum Fluchtgrund gab sie im Wesentlichen an, dass sie wegen ihres Mannes den Irak verlassen habe. Vier Monate vor der Ausreise hätten sie sich entschlossen, in die Türkei zu fahren. Sie habe bemerkt, dass bei ihrem Mann etwas nicht in Ordnung sei. Er habe zu ihr gesagt, dass sie wegfliegen sollten. Sie selbst habe keine Probleme gehabt; er habe das entschieden. Bei ihnen sei es so, dass der Mann entscheide und die Frau mache das dann. Über die Probleme ihres Mannes wisse sie, dass er seine Arbeit hätte verlassen sollen. Er habe bei einem ausländischen Unternehmen gearbeitet und das sei bei ihnen eine Gefahr. Mehr wisse sie über die Probleme ihres Mannes nicht. Sie habe ihren Mann viele Male gefragt, aber er habe ihr nichts sagen wollen. Das seien alle Gründe, mehr könne sie dazu nicht angeben.

Für die minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführer wurden keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht.

5. Der Fünftbeschwerdeführer wurde am XXXX in Österreich geboren und für ihn von seiner Mutter als gesetzlicher Vertreterin ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Für ihn wurden keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht.

6. Mit den angefochtenen Bescheiden des BFA vom 14.10.2016 und vom 07.11.2016 wurden die Anträge auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkte I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak zuerkannt (Spruchpunkte II.) und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkte III.).

Begründend wurde ausgeführt, dass eine Verfolgungsgefahr nicht glaubhaft gemacht worden sei. Die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde damit begründet, dass die aktuelle Sicherheitslage im Irak äußerst prekär sei.

7. In der gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerde wurde im Wesentlichen das Fluchtvorbringen wiederholt. Zudem habe im Sommer 2016 die Miliz begonnen, die Familie des Erstbeschwerdeführers in Bagdad zu bedrohen. Sämtliche Geschäfte seiner Familie seien niedergebrannt worden, da die Familie den Aufenthaltsort des Erstbeschwerdeführers nicht bekanntgegeben habe.

8. Vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde am 26.06.2018 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, an der nur die Beschwerdeführer als Parteien teilnahmen. Die belangte Behörde entsandte keinen Vertreter, beantragte jedoch die Abweisung der Beschwerde. Die Beschwerdeführer schilderten ihre Fluchtgründe. Den Beschwerdeführern wurden im Rahmen der Verhandlung Berichte zur Lage im Irak ausgehändigt und hierzu eine Frist zur Stellungnahme eingeräumt, von der die Beschwerdeführer keinen Gebrauch machten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind verheiratet und die Eltern der Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer. Die Beschwerdeführer sind irakische Staatsangehörige, gehören der Volksgruppe der Araber an und sind schiitische Moslems.

Der Erstbeschwerdeführer hat zwölf Jahre die Schule besucht und war ab dem Jahr 2005 berufstätig. Die Zweitbeschwerdeführerin hat neun Jahre die Schule besucht und war danach Hausfrau.

Die Beschwerdeführer lebten bis zur Ausreise aus dem Irak in Bagdad. Dort leben noch die Mutter, zehn Geschwister und sechs Halbgeschwister des Erstbeschwerdeführers sowie die Eltern, zwei Schwestern und drei Brüder der Zweitbeschwerdeführerin.

Die Erst- bis Vierbeschwerdeführer verließen im Oktober 2015 legal den Irak und reisten schlepperunterstützt nach Österreich, wo sie am 20.10.2015 jeweils Anträge auf internationalen Schutz stellten. Der Fünftbeschwerdeführer wurde am XXXX in Österreich geboren. Auch für ihn wurde ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Der vom Erstbeschwerdeführer vorgebrachte Fluchtgrund, wonach er von schiitischen Milizen bedroht worden sei, wird der Entscheidung mangels Glaubhaftigkeit nicht zugrunde gelegt. Die Zweitbeschwerdeführerin brachte keine eigenen Fluchtgründe vor. Auch für die minderjährigen Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer wurden keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer vor ihrer Ausreise aus ihrer Heimat in dieser einer aktuellen sowie unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt waren oder sie im Falle ihrer Rückkehr dorthin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen ausgesetzt wären.

Zur Lage im Irak werden folgende Feststellungen getroffen:

Es gab eine Reihe intensiver, hochgradig koordinierter Militäroffensiven, die von der Regierung gegen den sogenannten Islamischen Staat (IS) durchgeführt wurden, mit dem Ziel, den IS aus dem Land zu vertreiben. Diese Offensiven führten dazu, dass die territoriale Kontrolle des IS im Irak beendet wurde. Eine bemerkenswerte Entwicklung ist der sichtbare Rückgang der Sicherheitsvorfälle in Gebieten, die bisher als IS-Hotspots in nichtumkämpften Gebieten ausgewiesen wurden. Dies ist einerseits auf die grundsätzlich schweren Verluste des IS und andererseits darauf zurückzuführen, dass IS-Kämpfer in umkämpfte Gebiete verlegt wurden.

Die Offensiven in Mossul, Tal Afar, Hawija und im westlichen Anbar haben erfolgreich dazu beigetragen, den IS zurückzudrängen und ihrer territorialen Kontrolle im Irak ein Ende zu bereiten. Die Sicherheitsvorfälle im Irak sind sichtbar zurückgegangen, unter anderem auch in Bagdad. Dies ist hauptsächlich auf die Intensität der Militäroffensiven zurückzuführen, was den IS dazu zwang viele IS-Kämpfer an der Front einzusetzen. Der IS kann seine Angriffe im ganzen Land nicht mehr so aufrechterhalten, wie es einmal war.

Das Gouvernement Anbar ist nach der Fallujah-Offensive im Juni 2017 weiterhin volatil. Nach der Befreiung Falludschas haben irakische Truppen und sunnitische Stammeskämpfer weiterhin IS-Städte geräumt und Territorien im Nordwesten gesichert, etwa in Haditha. Die Lage änderte sich allmählich während der Hawija-Offensive im September 2017, als sich die irakische Regierung dazu entschloss, die militärischen Operationen zu verstärken, um den IS im Westen von Anbar zu stoppen, mit dem Ziel, die IS-Truppen vollständig aus dem Irak zu vertreiben und der Wiederherstellung der irakisch-syrischen Grenze. Die irakischen Sicherheitskräfte konnten al-Qaim am 03.11.2017 zurückerobern. Militärische Fortschritte gab es danach in der Nachbarstadt Rawa, wo das letzte verbliebene IS-Gebiet am 11.11.2017 erobert und 10.000 Zivilisten befreit wurden.

Bei einem Selbstmordanschlag auf eine Parteizentrale im Irak sind nach Angaben von Sicherheitskräften vier Menschen getötet und sieben weitere verletzt worden. Zwei Angreifer hätten sich am Abend des 07.04.2018 als Soldaten verkleidet Zutritt in das Hauptquartier der Al-Hal-Partei in der westirakischen Stadt Hit verschafft, sagte ein örtlicher Sicherheitsbeamter der Nachrichtenagentur AFP. Einer der Attentäter habe sich während eines Treffens von Parteiführern in die Luft gesprengt, sagte General Kassam al-Mohammadi, Befehlshaber der Armee in der Region. Drei Sicherheitskräfte seien dabei getötet und sieben weitere Menschen verletzt worden. Die Al-Hal-Partei gehört zu den wichtigsten politischen Formationen in der mehrheitlich von sunnitischen Stämmen bewohnten Provinz Al-Anbar.

In Bagdad ereignete sich im Juli 2016 die tödlichste Attacke seit 2003. Es gab danach eine Serie von Selbstmordanschlägen. Die Sicherheitslage verbesserte sich mit dem Beginn der Mossul-Offensive und nach einer kurzzeitigen Verschlechterung zu Beginn des Jahres 2017 verringerten sich die sicherheitsrelevanten Vorfälle wieder und nahmen mit der Niederlage des IS im Juli 2017 weiter ab. Im Juni 2017 wurden die wenigsten Angriffe verzeichnet. Zuletzt gab es im Jänner 2018 im Zentrum der irakischen Hauptstadt Bagdad einen Doppelanschlag. Dabei sind nach offiziellen Angaben mindestens 38 Menschen getötet worden. Laut dem Innenministerium sprengten sich die Selbstmordattentäter am frühen Morgen mit Sprengstoffwesten in die Luft. Die Verantwortung für den Anschlag übernahm bisher niemand. Bei den meisten Opfern soll es sich um Tagelöhner handeln. Der Al-Tajjaran-Platz dient ihnen als Treffpunkt mit potenziellen Arbeitgebern und ist daher besonders am Morgen voller Menschen. Er war in der Vergangenheit wiederholt Ziel von Anschlägen.

Diyala besteht aus einer einzigartigen und vielfältigen ethnischen und religiösen Bevölkerung. Es leben dort Araber, Kurden, Turkmenen und sowohl Schiiten als auch Sunniten. Das Gouvernement Diyala wurde im Jänner 2015 als erstes vom IS befreit. Vom IS ausgeführte Angriffe richten sich meist gegen schiitische Milizen, etwa an Checkpoints, die dann Gegenangriffe auslösen. Angriffe finden meist im Zentrum und im Norden des Gouvernements statt. Die meisten sicherheitsrelevanten Angriffe gab es im Juli 2014. Seither ist ein deutlicher Rückgang zu vermerken.

In Kirkuk leben Kurden, Turkmenen und Araber. Die Provinz ist für 40 % der Erdölproduktion verantwortlich. Die Sicherheitslage war zwischen Juli 2016 und November 2017 weitgehend stabil, mit Ausnahme des Distrikts Hawija. Dieser Distrikt stand seit Juni 2014 unter Kontrolle des IS. Vor dem kurdischen Unabhängigkeitsreferendum gab es in der Stadt Kirkuk nur wenige sicherheitsrelevante Vorfälle. Nach dem kurdischen Unabhängigkeitsreferendum verschlechterte sich die Situation im September/Oktober 2017. Der Konflikt zwischen der Zentralregierung in Bagdad und der KRG (KRI) in Erbil während des kurdischen Referendums im September 2017 verschärfte die Spannungen zwischen der ethnisch vielfältigen Bevölkerung in Kirkuk. Die irakischen Truppen haben im Oktober 2017 die Kontrolle über wichtige Regierungsgebäude in der Stadt Kirkuk, den Flughafen, die Militärbasis und ein Ölfeld übernommen. Am 20.09.2017 starteten die ISF eine Offensive in Hawija. Die Rückeroberung der Gebiete dauerte nur wenige Tage. Am 05.10.2017 verkündete der irakische Premier den Sieg. Nach dem Rückzug der Peshmerga aus dem Gouvernement ist die bewaffnete Konfrontation abgeklungen.

Im Gouvernement Ninewa begann im Oktober 2016 die Mossul-Offensive, die Anfang Juli 2017 endete. Nachdem Ost-Mossul im Jänner 2017 befreit wurde, folgte die Befreiung des bevölkerungsreicheren Westen Mossuls. Die Gewaltakte haben nachgelassen. Es gibt sporadische Selbstmordattentate gegen irakische Streitkräfte und Mitglieder der PMU/PMF. Die durchschnittliche Anzahl der täglichen Attacken in Ninewa bewegt sich zwischen zwei und fünf. Zwischen Jänner und April 2017 lag sie noch zwischen zehn und 15. Von April bis September 2017 sank die Zahl kontinuierlich auf ca. zwei. Nach der Mossul-Offensive erfolgte die Tal Afar-Offensive. Tal Afar liegt 80 km westlich von Mossul. In Tal Afar ist geteilt zwischen Sunniten und Schiiten und es leben dort hauptsächlich Turkmenen. Am 01.09.2017 erklärte Premier Abadi den Sieg über den IS in Tal Afar, der das Ende der Kontrolle des IS in Ninewa markierte.

Das Gouvernement Salah al-Din wurde in den frühen Stadien der Offensive der irakischen Streitkräfte gegen den IS befreit. Tikrit, Saddam Husseins Geburtsort, ist ein wichtiges Symbol der sunnitischen Herrschaft im Zentralirak. In Salah al-Din befindet sich auch der schiitische al-Askari Schrein in Samarra, eine der heiligsten Stätten im schiitischen Islam. Der Angriff auf den Schrein im Jahr 2006 löste eine gewaltwelle zwischen sunnitischen und schiitischen Gruppierungen aus, die sich auf andere Teile des Landes ausbreitete. Schiitische PMU-Milizen begannen im April 2015 die IS-Milizen aus der Stadt zu vertreiben. Die Sicherheitslage ist vergleichsweise stabil.

Die südlichen Gouvernements waren nicht direkt von den Konflikten in den nördlichen und zentralen Gouvernements betroffen. In relativ geringem Ausmaß gab es auch hier IS-Angriffe (durchschnittlich drei bis zehn pro Monat). Die Gouvernements Basra und Babil sind dabei in erster Linie betroffen. Bei den Vorfällen handelt es sich um IEDs, Autobomben oder Scheißereien. Im Nordwesten von Babil befindet sich die Stadt Jurf al-Sakhr, die einzige mehrheitlich sunnitische Stadt im Gouvernement ist. Die Stadt wurde 2014 vom IS befreit, aber anders als andere befreite Städte bleibt sie entvölkert und zwar wegen ihrer Lage. Die Stadt liegt an der Straße, die zu den heiligen schiitischen Städten im Süden führt - Najaf und Karbala. Im ölreichen Gouvernement Basra gibt es Kämpfe zwischen rivalisierenden Stämmen und Ackerland und Landbesitz.

Die Sicherheitslage in den nördlichen Gouvernements in der Region Kurdistan (KRI/KRG) ist stabil und in der Hand der kurdischen Behörden. Auch diese Gouvernements waren nicht direkt von den Militäroffensiven betroffen. Die Sicherheitslage ist nach dem Abzug kurdischer Peschmerga-Gruppen aus Kirkuk und anderen zuvor kontrollierten Gebieten unverändert. Die Peschmerga-Streitkräfte behalten weiterhin die Kontrolle über das Territorium der KRI. Der Grenzübergang zum Iran ist wieder geöffnet. Internationale Flüge von und nach KRI sind nicht möglich. Inlandsflüge zwischen Bagdad und der KRI sind weiterhin möglich. (Lifos, The Security Situation in Irak: Juli 2016 - Nov. 2017)

Jedes Dokument, ob als Totalfälschung oder als echte Urkunde mit unrichtigem Inhalt, ist gegen Bezahlung zu beschaffen. Zur Jahresmitte 2014 tauchten vermehrt gefälschte Visaetiketten auf, die der Deutschen Botschaft Bagdad durch das irakische Außenministerium per Verbalnote zwecks Überprüfung zugesandt wurden. Auch gefälschte Beglaubigungsstempel des irakischen Außenministeriums sind im Umlauf; zudem kann nicht von einer verlässlichen Vorbeglaubigungskette ausgegangen werden. (Deutsches Auswärtige Amt - Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Irak vom 07.02.2017)

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu den Beschwerdeführern, zu ihrer Herkunft, zu ihrer Volksgruppenzugehörigkeit, zu ihrer Schulbildung, zur beruflichen Tätigkeit im Irak, zu ihrer illegalen Einreise sowie zu ihrer Antragstellung zur Erlangung internationalen Schutzes ergeben sich aus dem Vorbringen der Erst- und Zweitbeschwerdeführer im gesamten Verfahren und den Verwaltungsakten. Es ist kein Grund ersichtlich, daran zu zweifeln.

Die Feststellungen zur strafrechtlichen Unbescholtenheit des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin und zum Bezug von Leistungen aus der Grundversorgung ergeben sich aus einem eingeholten Strafregisterauszug und einem GVS-Auszug, jeweils vom 25.06.2018.

Der von den Beschwerdeführern vorgebrachte Fluchtgrund ist aus folgenden Erwägungen nicht glaubhaft:

Der Erstbeschwerdeführer gab an, dass er wegen seiner Tätigkeit bei einer britischen Firma von einer schiitischen Miliz bedroht worden sei, weshalb er mit seiner Familie den Irak verlassen habe. Hinsichtlich der konkreten Ereignisse machte er jedoch in der Erstbefragung, der Einvernahme vor dem BFA und der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht unterschiedliche Angaben. Auch die Zweitbeschwerdeführerin machte andere Angaben als der Erstbeschwerdeführer, weshalb ihnen die Glaubhaftmachung ihres Fluchtgrundes nicht gelungen ist.

So konnte der Erstbeschwerdeführer hinsichtlich des Beginns seiner Tätigkeit für die britische Firma keine übereinstimmenden Angaben machen. Vor dem BFA erklärte er, dass er 2012 bei der Firma zu arbeiten begonnen habe (AS 67 im Verfahren 2140030). In der mündlichen Verhandlung gab er an, nicht zu wissen, wann er bei der Firma begonnen habe und vermutete, dass es im Juli 2013 gewesen (Seite 11 des Verhandlungsprotokolls). Dass der Erstbeschwerdeführer nicht in der Lage ist anzugeben, wann er bei jener Firma zu arbeiten begonnen habe, die schließlich im Zusammenhang mit seiner Ausreise aus dem Irak steht, kann nicht nachvollzogen werden. Der Erstbeschwerdeführer legte vor dem BFA zwar einen Firmenausweis vor, doch enthält dieser nicht einmal ein Ausstellungsdatum oder Gültigkeitsdatum, weshalb auch mit der bloßen Vorlage dieses Ausweises nicht gelungen ist nachzuweisen, bei der von ihm genannten Firma gearbeitet zu haben. In diesem Zusammenhang ist auch darauf zu verweisen, dass laut den getroffenen Feststellungen im Irak jedes Dokument, ob als Totalfälschung oder als echte Urkunde mit unrichtigem Inhalt, gegen Bezahlung beschafft werden kann. Es ist daher insgesamt nicht glaubhaft, dass der Erstbeschwerdeführer bei der von ihm behaupteten Firma gearbeitet hat. Aber selbst wenn der Erstbeschwerdeführer tatsächlich für die von ihm genannten Firma gearbeitet haben sollte, lässt dies nicht automatisch den Schluss zu, dass auch der von ihm vorgebrachte Fluchtgrund tatsächlich stattgefunden hat. Diesbezüglich machten nämlich der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin widersprüchliche Angaben, wie im Folgenden aufgezeigt wird.

In der Erstbefragung gaben der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin noch an, dass der Erstbeschwerdeführer seine Tätigkeit bei der britischen Firma hätte aufgeben sollen, ansonsten hätte er mit dem Tod seiner Familie zu rechnen gehabt (AS 13 im Verfahren 2140030 und AS 13 im Verfahren 2140032). Der Erstbeschwerdeführer habe dann gekündigt und sei in einen anderen Bezirk gezogen, aber auch dort sei er von der Miliz gefunden und bedroht worden, weshalb sie dann ausgereist seien (AS 13 im Verfahren 2140030). Dieses Vorbringen, wonach der Erstbeschwerdeführer hätte kündigen sollen, wiederholten die Beschwerdeführer weder vor dem BFA noch vor dem Bundesverwaltungsgericht. Hier gab der Erstbeschwerdeführer im Wesentlichen an, dass er der Miliz Informationen über die Firma bzw. die Angestellten und den Manager hätte liefern sollen. In der Einvernahme vor dem BFA gab der Erstbeschwerdeführer hinsichtlich der Erstbefragung an, dass im Protokoll der Erstbefragung vermerkt sei, er hätte die Firma komplett verlassen. Dies sei nicht richtig, er hätte nur bei einer anderen Firma gearbeitet (AS 63 im Verfahren 2140030). Andere Fehler im Protokoll führte der Erstbeschwerdeführer nicht an. Dem Erstbeschwerdeführer wurden dann in der Einvernahme vor dem BFA seine widersprüchlichen Angaben vorgehalten. Auf die Frage, was nun stimme, ob er hätte kündigen sollen oder Informationen hätte liefern sollen, meinte der Beschwerdeführer:

"Für mich ist das das Gleiche.". Dass dem nicht so ist, liegt auf der Hand. Dem Erstbeschwerdeführer wurde dann auch vorgehalten, dass darin ein großer Unterschied bestehe, worauf er nun meinte: "Das ist ein Fehler in der Niederschrift gewesen. Tatsächlich hätte ich Informationen liefern sollen." (AS 71 im Verfahren 2140030). Diesbezüglich ist jedoch dem Erstbeschwerdeführer entgegenzuhalten, dass gemäß § 15 AVG - soweit nicht Einwendungen erhoben wurden - eine gemäß § 14 leg.cit. aufgenommene Niederschrift über den Verlauf und den Gegenstand der betreffenden Amtshandlung vollen Beweis liefert, wobei der Gegenbeweis der Unrichtigkeit des bezeugten Vorganges zulässig bleibt. Ungeachtet des Umstandes, dass Protokollrügen bei Rückübersetzung der Niederschrift grundsätzlich im Rahmen derselben Amtshandlung vorzubringen sind (§ 14 Abs. 3 und 4 AVG), vermochte der Erstbeschwerdeführer mit seinen unzutreffenden Erklärungen der Beweiskraft der Niederschrift der Erstbefragung nichts Entscheidendes entgegen zu setzen bzw. keinen erfolgreichen Gegenbeweis anzutreten. Der Erstbeschwerdeführer gab in der Einvernahme vor dem BFA nur an, dass im Protokoll fälschlich angeführt sei, er habe die Firma komplett verlassen. Richtig sei jedoch, dass er dann bei einer anderen Firma gearbeitet habe (AS 63 im Verfahren 2140030). Andere Fehler im Protokoll der Erstbefragung brachte der Erstbeschwerdeführer nicht vor. Schließlich hat der Beschwerdeführer die Richtigkeit der Niederschrift auch mit seiner Unterschrift auf jeder Seite des Protokolls bestätigt. Zweifel an der Richtigkeit des Inhalts der Niederschrift bestehen daher nicht. Darüber hinaus brachte auch die Zweitbeschwerdeführerin in ihrer Erstbefragung vor, der Erstbeschwerdeführer hätte kündigen sollen. Auch sie sprach nicht davon, dass er Informationen hätte liefern sollen. Es ist daher nicht glaubhaft, dass ein Fehler im Protokoll vorliegt.

Der Erstbeschwerdeführer gab an, dass er insgesamt zwei Mal von der Miliz bedroht worden sei. Hinsichtlich des Zeitpunkts der ersten Drohung konnte er jedoch keine übereinstimmenden Angaben machen. Vor dem BFA erklärte er, dass die erste Drohung im Juni oder Juli 2015 gewesen sei (AS 67 im Verfahren 2140030). Dagegen brachte er vor dem Bundesverwaltungsgericht vor, die erste Drohung sei Mitte Juni 2015 gewesen (Seite 13 des Verhandlungsprotokolls). Dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage ist, ein konkretes Datum anzugeben, wann er erstmals bedroht worden sei und auf Grund der er seine Wohnadresse verlassen und mit seiner Familie umgezogen sei, ist nicht nachvollziehbar und daher auch nicht glaubhaft.

Hinsichtlich der zweiten Drohung erklärte der Erstbeschwerdeführer vor dem BFA, diese sei fünf bis sechs Tage vor der Ausreise aus dem Irak gewesen. Da der Erstbeschwerdeführer laut Angaben in der Einvernahme vor dem BFA am 07.10.2015 ausgereist sei, wäre dies somit ca. am 01. der 02. Oktober gewesen. Zwischen der ersten und zweiten Drohung sei außerdem ein Zeitraum von drei bis vier Monaten vergangen (AS 65, 67 und 71 im Verfahren 21400309). Diese zeitlichen Angaben lassen sich jedoch nicht vollständig in Einklang bringen. Geht man davon aus, dass die erste Drohung im Juni gewesen sei, so wäre die zweite Drohung im Zeitraum September bis Oktober gewesen. Geht man hingegen davon aus, die erste Drohung habe sich im Juli ereignet, wäre die zweite Drohung im Zeitraum Oktober bis November gewesen, was aber nicht mit dem Ausreisezeitpunkt zu vereinbaren ist. Damit zeigt sich aber nun, dass der Erstbeschwerdeführer in der Einvernahme vor dem BFA nicht in der Lage war konkrete sowie in zeitlicher Hinsicht richtige Angaben zu machen, weshalb im auch aus diesem Grund eine Glaubhaftmachung nicht gelungen ist.

Die Angaben vor dem BFA zum Zeitpunkt der Drohungen lassen sich auch mit jenen Angaben vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht in Einklang bringen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht erklärte der Erstbeschwerdeführer, dass er Mitte Juni 2015 erstmals bedroht worden sei. Etwa 20 Tage danach sei er mit der Familie umgezogen. Das wäre somit ca. Anfang Juli 2015 gewesen. Drei bis vier Monate nach dem Umzug habe sich dann die zweite Drohung ereignet, was somit ca. Anfang Oktober bis Anfang November gewesen wäre. Dies lässt sich wiederum nur schwer mit der Ausreise Angang Oktober 2015 vereinbaren (Seite 13 des Verhandlungsprotokolls). Als der Erstbeschwerdeführer zu Beginn seiner Befragung vor dem Bundesverwaltungsgericht gefragt wurde, wann er umgezogen sei, erklärte er, dies sei zwischen Juli und August 2015 gewesen (Seite 11 des Verhandlungsprotokolls). Damit konnte der Erstbeschwerdeführer auch vor dem Bundesverwaltungsgericht keine konkreten und in sich stimmigen Angaben in zeitlicher Hinsicht machen. Auch hier ist ihm eine Glaubhaftmachung nicht gelungen.

Die Zweitbeschwerdeführerin gab vor dem Bundesverwaltungsgericht an, dass der zweite Vorfall zwischen August und September 2015 gewesen sei (Seite 8 des Verhandlungsprotokolls). Ihre Angaben widersprechen damit eklatant jenen ihres Ehemannes, weshalb auch aus diesem Grund eine Glaubhaftmachung nicht gelungen ist.

Darüber hinaus machte der Erstbeschwerdeführer auch zur ersten Drohung selbst unterschiedliche Angaben. So gab er vor dem BFA an, dass die Leute zu ihm nach Hause gekommen seien. Sie hätten an die Türe geklopft und er habe sie hereingebeten. Dort hätten sie ihn dann aufgefordert, mit ihnen zusammenzuarbeiten (AS 67 im Verfahren 2140030). Demgegenüber brachte er in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vor, dass er, nachdem er mit den Leuten gesprochen habe, in das Haus hingegangen sei (Seite 13 Verhandlungsprotokolls). Damit machte der Erstbeschwerdeführer dahingehend unterschiedliche Angaben, wo sich die Drohung ereignet habe, nämlich vor dem Haus oder im Haus. Die einzig übereinstimmende Angabe war, dass die Leute daran erkannt hätten, dass der Erstbeschwerdeführer zu Hause sei, da sein Auto vor der Haustüre gestanden. Dies vermag jedoch an den übrigen widersprüchlichen Angaben nichts zu ändern.

Der Erstbeschwerdeführer schilderte auch unterschiedlich, was nach der ersten Drohung passiert sei. Vor dem Bundesverwaltungsgericht brachte der Erstbeschwerdeführer vor, dass ihn seine Frau, als er in das Haus hingegangen sei, gefragt habe, was los sei. Er habe sie angelogen und ihr gesagt, es seien Leute von der Arbeit gewesen und dass sie umziehen müssten (Seite 13 des Verhandlungsprotokolls). Dies brachte der Erstbeschwerdeführer vor dem BFA mit keinem Wort vor. Hier erklärter er nur, dass seine Frau sicher "gefühlt" habe, dass "etwas los" sei. Ein Gespräch über die Leute und dass er behauptet hätte, sie wären von der Arbeit gewesen, brachte er vor dem BFA nicht vor (AS 71 im Verfahren 2140030).

Sowohl vor dem BFA als auch vor dem Bundesverwaltungsgericht brachte der Erstbeschwerdeführer vor, dass die Familie nach der ersten Drohung umgezogen sei. Während er aber vor dem BFA behauptete, ein Freund habe zu ihm gesagt, er hätte ein leeres Haus, in dem der Erstbeschwerdeführer bleiben könnte und die Familie sei dann in dieses Haus des Freundes gezogen (AS 69 im Verfahren 2140030), gab er vor dem Bundesverwaltungsgericht an, der Freund habe das leere Haus bloß vermittelt und angeboten, mit dem Vermieter zu sprechen, dem der Erstbeschwerdeführer zugestimmt habe (Seite 13 des Verhandlungsprotokolls). Auch diese unterschiedlichen Angaben sprechen nicht dafür, dass das vom Erstbeschwerdeführer Behauptete tatsächlich passiert ist.

Nach dem Umzug in das Haus in einem anderen Bezirk sei es zur zweiten Drohung gekommen. Hier machte der Erstbeschwerdeführer hinsichtlich der Anzahl der Personen und dem Ort der Drohung divergierende Angaben. Er gab an, die zweite Drohung sei wie beim ersten Mal abgelaufen. Sie seien bei ihm zu Hause gewesen und hätten angeklopft. Es seien wieder vier Leute gekommen. Bis auf eine Person seien es dieselben wie beim ersten Mal gewesen (AS 69 und 71 im Verfahren 2140030). Hingegen sprach er in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht davon, dass auch eine fünfte Person dabei gewesen sei und er nach der Drohung nach Hause gegangen sei (Seite 14 des Verhandlungsprotokolls).

In der vor dem Bundesverwaltungsgericht geschilderten Version sei die fünfte Person der Besitzer eines Supermarktes gewesen. Dieser sei wie ein Spion und gebe Informationen weiter (Seite 14 des Verhandlungsprotokolls). In der vor dem BFA geschilderten Variante gab der Erstbeschwerdeführer an, dass es sich bei dieser Person um eine von den vier Personen gehandelt habe, dieser dem Erstbeschwerdeführer gefolgt sei und der Miliz gemeldet habe, was der Erstbeschwerdeführer mache (AS 73 im Verfahren 2140030). Auch diese widersprüchlichen Angaben sprechen gegen eine Glaubhaftmachung.

Der Erstbeschwerdeführer gab vor dem BFA auch an, dass er von den Leuten nach seinem Umzug befragt worden sei. Er hätte ihnen gesagt, dass sein Wohnungsvertrag zu Ende gewesen sei und sie deshalb umgezogen seien (AS 69 im Verfahren 2140030). Vor dem Bundesverwaltungsgericht behauptete er jedoch, er hätte zu ihnen gesagt, dass der Vermieter das Haus hätte wiederhaben wollen und deshalb hätten sie übersiedeln müssen (Seite 13 des Verhandlungsprotokolls). Auch diese voneinander abweichenden Angaben sprechen nicht für den Wahrheitsgehalt des Vorbringens des Erstbeschwerdeführers.

Der Erstbeschwerdeführer brachte vor dem BFA auch vor, dass die Leute die Telefonnummern von allen in seiner Familie, auch von seiner Frau, verlangt hätten (AS 73 im Verfahren 2140030). Vor dem Bundesverwaltungsgericht sprach er nur davon, dass die Leute die Telefonnummer von ihm und seiner Frau verlangt hätten. Hier war nicht mehr die Rede davon, dass sie die Telefonnummern von allen aus seiner Familie gewollt hätten (Seite 14 des Verhandlungsprotokolls).

Auch über die Kenntnisse der Zweitbeschwerdeführerin über die Probleme des Erstbeschwerdeführers wurden unterschiedliche Angaben gemacht. Vor dem Bundesverwaltungsgericht gab der Erstbeschwerdeführer auch an, dass er nach der zweiten Drohung nach Hause gegangen sei und seiner Frau die "ganze Wahrheit" erzählt habe (Seite 14 des Verhandlungsprotokolls). Dazu widersprüchlich gab die Zweitbeschwerdeführerin vor dem BFA an, dass sie nur wisse, ihr Mann hätte seine Arbeit verlassen sollen. Sie habe ihn viele Male über seine Probleme gefragt, er habe ihr aber nichts sagen wollen. Bei ihnen sei es außerdem auch so, dass der Mann etwas entscheide und die Frau mache das dann eben. Also sei sie mit ihm mitgegangen (AS 43 im Verfahren 2140032). Vor dem Bundesverwaltungsgericht gab die Zweitbeschwerdeführerin dem widersprechend an, dass sie "im Nachhinein" erfahren habe, dass ihr Mann einmal bedroht worden sei (Seite 6 des Verhandlungsprotokolls).

Während die Zweitbeschwerdeführerin vor dem BFA behauptete, nichts Näheres über die Probleme ihres Mannes zu wissen (AS 43 im Verfahren 2140032), behauptete sie nun plötzlich vor dem Bundesverwaltungsgericht, sie habe die zweite Drohung selbst mitbekommen und schilderte auch den Vorfall (Seite 7 des Verhandlungsprotokolls). Dieses Aussageverhalten der Zweitbeschwerdeführerin ist völlig unglaubwürdig. Der Zweitbeschwerdeführerin gelingt es damit nicht, das Fluchtvorbringen glaubhaft zu machen. Ihre Angaben wirkten vielmehr mit jenen des Erstbeschwerdeführers abgesprochen und sind daher nicht glaubhaft. In der mündlichen Verhandlung wurde ihr auch vorgehalten, dass sie den zweiten Vorfall vor dem BFA noch nicht geschildert habe. Dazu meinte sie, sie wäre vor dem BFA nur gefragt worden, ob sie sich den Angaben ihres Mannes anschließe und es sei nicht weiter gefragt worden. Dieser Behauptung widerspricht jedoch der eindeutige Wortlaut des Protokolls der Einvernahme vor dem BFA. Demnach wurde die Zweitbeschwerdeführerin gefragt: "Aus welchem Grund verließen Sie Ihr Heimatland? Schildern Sie dies bitte möglichst lebensnah, d. h. mit sämtlichen Details und Informationen, sodass die Behörde Ihr Vorbringen nachvollziehen kann! Nehmen Sie sich dafür ruhig Zeit!". Die Zweitbeschwerdeführerin wiederholte daraufhin, sie sei gefragt worden, ob sie eigene Fluchtgründe habe, was sie verneint hätte. Ihr Mann sei vor ihr einvernommen worden und sie hätten von ihr nur Abkürzungen gewollt (Seite 7 des Verhandlungsprotokolls). Diese Darstellung widerspricht klar dem Wortlaut des Protokolls der Einvernahme vor dem BFA. Diesbezüglich ist der Zweitbeschwerdeführerin entgegenzuhalten, dass gemäß § 15 AVG - soweit nicht Einwendungen erhoben wurden - eine gemäß § 14 leg.cit. aufgenommene Niederschrift über den Verlauf und den Gegenstand der betreffenden Amtshandlung vollen Beweis liefert, wobei der Gegenbeweis der Unrichtigkeit des bezeugten Vorganges zulässig bleibt. Ungeachtet des Umstandes, dass Protokollrügen bei Rückübersetzung der Niederschrift grundsätzlich im Rahmen derselben Amtshandlung vorzubringen sind (§ 14 Abs. 3 und 4 AVG), vermochte die Zweitbeschwerdeführerin mit ihren unzutreffenden Erklärungen der Beweiskraft der Niederschrift der Erstbefragung nichts Entscheidendes entgegen zu setzen bzw. keinen erfolgreichen Gegenbeweis anzutreten. Die Zweitbeschwerdeführerin gab vor dem BFA an, dass sie alles vorbringen habe können, den Dolmetscher verstanden habe und nach Rückübersetzung keine Einwendungen gegen die Niederschrift habe. Es sei alles richtig protokolliert worden (AS 45 im Verfahren 2140032). Schließlich hat die Zweitbeschwerdeführerin die Richtigkeit der Niederschrift mit ihrer Unterschrift auf jeder Seite des Protokolls bestätigt. Zweifel an der Richtigkeit des Inhalts der Niederschrift bestehen daher nicht.

Vor dem BFA gab die Zweitbeschwerdeführerin noch an, dass sie über die Probleme ihres Mannes wisse, dass er seine Arbeit hätte verlassen müssen (AS 43 im Verfahren 2140032). In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht gab sie dagegen an, ihr Mann hätte Informationen den Milizen liefern müssen und das habe er nicht getan (Seite 7 des Verhandlungsprotokolls).

Vor dem BFA gab der Erstbeschwerdeführer auch an, dass er nach der zweiten Drohung seine Papiere organisiert habe (AS 67 im Verfahren 2140030). Etwas später gab er in der Einvernahme vor dem BFA an, dass er etwa drei bis vier Monate vor der Ausreise, somit ca. Juli oder August, die Reisepässe für sich und die Familie organisiert habe (AS 73 im Verfahren 2140030). Widersprüchlich dazu erklärte er vor dem Bundesverwaltungsgericht, dass sein Reisepass im Jahr 2012 oder 2013 ausgestellt worden sei (Seite 12 des Verhandlungsprotokolls). Vor dem Bundesverwaltungsgericht sprach er nur davon, dass seine Kinder keine Reisepässe gehabt hätten, die er erst hätte ausstellen lassen müssen (Seite 14 des Verhandlungsprotokolls).

Auffällig im Vorbringen des Erstbeschwerdeführers vor dem Bundesverwaltungsgericht ist auch, dass seine Angaben zu den Vorfällen wesentlich ausführlicher waren als noch vor dem BFA. Es ist nicht nachvollziehbar, dass Schilderungen detaillierter und ausführlicher werden, je länger das geschilderte Ereignis zurückliegt. Vielmehr entsteht dadurch der Eindruck, dass das vom Erstbeschwerdeführer Behauptete gar nicht stattgefunden hat, sondern der Erstbeschwerdeführer vielmehr eine einstudierte Geschichte vorträgt.

Auch die Beschreibung der Männer, von denen der Erstbeschwerdeführer bedroht worden sei, gestaltete sich vor dem BFA sehr dürftig. Er konnte nur angeben, dass sie etwas kräftigere junge Männer mit Bart und Waffen gewesen seien (AS 69 im Verfahren 2140030). Auch diese sehr vagen Angaben sprechen nicht dafür, dass der Erstbeschwerdeführer tatsächlich bedroht worden sei.

Vor dem BFA gab der Erstbeschwerdeführer an, dass die Leute der Miliz die Namen der Ingenieure und des Chefs der Firma hätten wissen wollen, wo die Projekte seien und wie viel Geld die Firma von der Stadt erhalten habe und wo die Hauptfiliale sei. Sie hätten auch wissen wollen, wann der Manager arbeite und wann nicht (AS 67 im Verfahren 2140030). In der mündlichen Verhandlung wurde das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers dazu ausführlicher, was nicht für richtige Angaben spricht. Hier behauptete er, sie hätten auch wissen wollen, wo die Mitarbeiter wohnen würden, was das nächste Projekt sei, was die Produktion koste (Seite 12 des Verhandlungsprotokolls).

In der Beschwerde vom November 2016 brachte der Erstbeschwerdeführer vor, dass im Sommer 2016 seine Familie in Bagdad von der Miliz aufgesucht worden sei. Das Haus sei von außen beschossen worden, um die Familie einzuschüchtern. Sämtliche Geschäfte (Kioske) seiner Familie seien niedergebrannt worden. Der Erstbeschwerdeführer legte auch Fotos mit der Beschwerde vor, auf denen zu sehen sei, dass die Familie für "vogelfrei" erklärt worden sei (AS 159 im Verfahren 2140030). In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht gab der Erstbeschwerdeführer dazu an, dass die Miliz ca. im Juni 2016 zur Familie in Bagdad gekommen sei und verwies auf die von ihm mit der Beschwerde vorgelegten Fotos. Zu diesen Fotos ist festzuhalten, dass darauf ein Haus zu sehen ist und die vom Erstbeschwerdeführer erwähnte Aufschrift in arabischer Sprache. Allerdings geht aus den Bildern nicht hervor, um welches konkrete Haus es sich dabei handelt. Die Bilder lassen keine Rückschlüsse darauf zu, dass es sich um das Haus des Erstbeschwerdeführers bzw. ein Haus seiner Familie handelt und wo sich dieses befindet, zumal darauf weder eine Adresse noch sonst eine Aufschrift ersichtlich ist, die solche Rückschlüsse zulassen würden. Zudem ist zu der angebrachten Aufschrift, wonach die Familie "vogelfrei" sei festzuhalten, dass sich nicht feststellen lässt, von wem diese Aufschrift angebracht wurde und ob es überhaupt den Erstbeschwerdeführer bzw. seine Familie betrifft. Die Bilder sind daher nicht geeignet, das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers zu stützen.

Im Jänner 2017 legte der Erstbeschwerdeführer auch die Kopie eines Schreibens seines Clans vor, wonach der Erstbeschwerdeführer von seinem Stamm getrennt worden sei. Datiert ist dieses Schreiben mit 09.06.2016 (OZ 8). Dazu gab der Erstbeschwerdeführer vor dem Bundesverwaltungsgericht an, dass er dieses Schreiben ca. im Juni 2016 erhalten habe. Auf die Frage, weshalb er dieses Schreiben nicht schon im Juni 2016 vorgelegt habe, meinte der Erstbeschwerdeführer, er hätte es abgegeben, was aber nicht den Tatsachen entspricht. Auf nochmalige Frage behauptete der Erstbeschwerdeführer nun, dass er der Referentin beim BFA gesagt habe, er hätte viele Unterlagen und hätte sie abgeben wollen. Das Schreiben über die Trennung vom Stamm sei auch dabei gewesen. Nachdem dem Erstbeschwerdeführer vorgehalten wurde, dass die Einvernahme vor dem BFA im Mai 2016 war, sein Schreiben aber vom Juni 2106 stamme und seine Behauptung, er hätte das Schreiben bei der Einvernahme vor dem BFA vorlegen wollen, tatsachenwidrig ist, redete sich der Erstbeschwerdeführer nun darauf hinaus, dass er bei der Frage nicht aufgepasst habe (Seite 15 des Verhandlungsprotokolls). Damit zeigt sich nun deutlich, dass der Erstbeschwerdeführer um keine Antwort verlegen ist; zu überzeugen vermag diese Antwort nicht. Es ist daher nicht glaubhaft, dass das Schreiben den Tatsachen entspricht. Vielmehr wird davon ausgegangen, dass es sich hier um ein Gefälligkeitsschreiben handelt, mit dem der Erstbeschwerdeführer bloß versucht, sein Vorbringen aufzubauschen um seine Chancen auf Asylgewährung zu erhöhen.

Zudem machten die Beschwerdeführer auch unterschiedliche Angaben hinsichtlich des Verbleibs ihrer Reisepässe. Der Erstbeschwerdeführer gab in der Erstbefragung an, er habe diesen in Kroatien verloren (AS 9 im Verfahren 2140030). In der mündlichen Verhandlung gab er an, er wisse nicht, wo er den Reisepass verloren bzw. nicht mehr gefunden habe. Als sie das Meer überquert hätten, hätten sie bemerkt, dass die Dokumente - bis auf seinen Personalausweis und seinen Firmenausweis - nicht mehr da seien (Seite 12 des Verhandlungsprotokolls). Die Zweitbeschwerdeführerin gab in der Erstbefragung an, sie habe den Reisepass in Kroatien verloren (AS 9 im Verfahren 2140032). In der Einvernahme vor dem BFA gab sie an, ihre Dokumente unterwegs im Zug verloren zu haben (AS 39 im Verfahren 2140032). In der mündlichen Verhandlung gab sie dagegen an, sie vermute, ihr Reisepass sei in Serbien. Die Leute hätten gedacht, es befände sich Geld in ihrer Handtasche, aber seien alle Dokumente gewesen. Sie wisse aber sicher, dass es nach Griechenland passiert sei (Seite 6 des Verhandlungsprotokolls). Somit zeigt sich deutlich, dass weder der Erstbeschwerdeführer noch die Zweitbeschwerdeführerin übereinstimmende Angaben in ihren jeweiligen Befragungen mach konnten, sondern auch, dass sie zueinander widersprechende Angaben machten. Es ist daher nicht im Geringsten glaubhaft, dass sie ihre Reisepässe verloren haben. Es zeigt auch deutlich, dass die Beschwerdeführer nicht bereit sind, wahrheitsgemäße Angaben zu machen. Das Vorbringen, den Reisepass (und zwar nur diesen und nicht auch andere Dokumente sowie das Mobiltelefon) verloren zu haben, ist ein bei Asylwerbern übliches Vorbringen und keinesfalls glaubhaft, da es - wie die Erfahrung zeigt - schon vielfach vorgekommen ist, dass die angeblich (zB im Meer) verlorenen Reisepässe anlässlich einer freiwilligen Rückkehr (unter Gewährung von Rückkehrhilfe) in den Herkunftsstaat den Behörden vorgelegt werden (zB L524 2152692).

Auf Grund der insgesamt aufgezeigten Widersprüche zum zentralen Fluchtvorbringen und Unplausibilitäten in den Angaben des Erstbeschwerdeführers, der vagen Angaben, des Umstands, dass die Schilderungen des Erstbeschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung detaillierter wurden als noch vor dem BFA und das obwohl damit Ereignisse geschildert wurden, die umso länger zurücklagen je länger das Verfahren dauerte, sowie den widersprüchlichen Angaben zwischen dem Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin geht das Bundesverwaltungsgericht von der Unglaubhaftigkeit des Vorbringens zum Fluchtgrund und davon aus, dass das Fluchtvorbringen in Wahrheit nicht stattgefunden hat.

Die getroffenen Feststellungen zum Irak beruhen auf folgenden Berichten Fact Sheet Irak Nr. 68 und Lifos, The Security Situation in Irak: Juli 2016 - Nov. 2017; hinsichtlich der Verfügbarkeit von gefälschten und verfälschten Dokumenten im auf dem Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Irak des Deutschen Auswärtigen Amtes. Es handelt sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation im Irak ergeben. Angesichts der Seriosität der darin angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Die Beschwerdeführer gaben dazu keine Stellungnahme ab.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

1. Stellt ein Familienangehöriger von einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist (Z 1); einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist (Z 2) oder einem Asylwerber (Z 3) einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt gemäß § 34 Abs. 1 AsylG dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

Gemäß § 34 Abs. 4 AsylG hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Gemäß § 34 Abs. 5 AsylG gelten die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.

Im vorliegenden Fall liegt daher hinsichtlich der Erst- bis Fünftbeschwerdeführer ein Familienverfahren gemäß § 34 AsylG vor.

2. Wird gegen eine zurückweisende oder abweisende Entscheidung im Familienverfahren gemäß dem 4. Abschnitt des 4. Hauptstückes des AsylG 2005 auch nur von einem betroffenen Familienmitglied Beschwerde erhoben, gilt diese auch als Beschwerde gegen die die anderen Familienangehörigen (§ 2 Z 22 AsylG 2005) betreffenden Entscheidungen; keine dieser Entscheidungen ist dann der Rechtskraft zugänglich. Allen Beschwerden gegen Entscheidungen im Familienverfahren kommt aufschiebende Wirkung zu, sobald zumindest einer Beschwerde im selben Familienverfahren aufschiebende Wirkung zukommt.

Im vorliegenden Fall wurde gegen den Bescheid des Fünftbeschwerdeführers rechtzeitig Beschwerde erhoben. Es sind daher auch die Bescheide betreffend die Erst- bis Viertbeschwerdeführer nicht der Rechtskraft zugänglich.

3. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide):

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Asylantrag gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der RL 2004/83/EG des Rates verweist). Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

Zentraler Aspekt des Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 25.01.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.03.1995, 95/19/0041; 23.07.1999, 99/20/0208; 26.02.2002, 99/20/0509 mwN; 17.09.2003, 2001/20/0177; 28.10.2009, 2006/01/0793) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).

Von mangelnder Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe Dritter präventiv zu schützen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht - unter dem Fehlen einer solchen ist nicht "zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht" (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256) -, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichem Schutz einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, The Refugee in International Law² [1996] 73; weiters VwGH 26.02.2002, 99/20/0509 mwN; 20.09.2004, 2001/20/0430; 17.10.2006, 2006/20/0120; 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203). Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er auf Grund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit auf Grund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert werden kann. In diesem Sinne ist die oben verwendete Formulierung zu verstehen, dass der Herkunftsstaat "nicht gewillt oder nicht in der Lage" sei, Schutz zu gewähren (VwGH 26.02.2002, 99/20/0509). In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256; 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.11.2003, 2003/20/0389, ausführte, ist das individuelle Vorbringen eines Asylwerbers ganzheitlich zu würdigen und zwar unter den Gesichtspunkten der Konsistenz der Angaben, der persönlichen Glaubwürdigkeit und der objektiven Wahrscheinlichkeit des Behaupteten.

Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin haben die behaupteten Fluchtgründe nicht glaubhaft machen können. Für die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer wurden keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht. Es liegt daher die Voraussetzung für die Gewährung von Asyl nicht vor, nämlich die Gefahr einer aktuellen Verfolgung aus einem der in der GFK genannten Gründe.

Es gibt bei Zugrundelegung des Gesamtvorbringens der Beschwerdeführer keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass den Beschwerdeführern bei einer Rückkehr in den Irak maßgeblich wahrscheinlich Gefahr laufen würde, einer asylrelevanten Bedrohung oder Verfolgung ausgesetzt zu sein. Die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt jedenfalls nicht, um den Status des Asylberechtigten zu erhalten (VwGH 15.12.2015, Ra 2015/18/0100).

Es liegt hinsichtlich der Beschwerdeführer ein Familienverfahren vor. Vorliegend war keinem Familienmitglied Asyl zu gewähren, weshalb die Zuerkennung dieses Status im Rahmen des Familienverfahrens nicht in Betracht kam.

Daher ist die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide als unbegründet abzuweisen.

4. Das Bundesverwaltungsgericht sieht sich - hinsichtlich der Gewährung von subsidiärem Schutz durch das BFA im vorliegenden Fall - veranlasst, auf Folgendes hinzuweisen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat festgehalten, dass bei einer allgemein prekären Sicherheitslage, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat erst dann vorliegen, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon k

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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