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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §1002;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des NB, (geboren am 9. Februar 1976), vertreten durch Dr. Johann Buchner, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Paris-Lodron-Straße 17/1/14, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 19. Jänner 1995, Zl. Fr-5923/94, betreffend Zurückweisung einer Berufung in der Angelegenheit Feststellung gemäß § 54 Abs. 1 Fremdengesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Die Bundespolizeidirektion Salzburg stellte mit Bescheid vom 6. Oktober 1994 fest, dass keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, dass der Beschwerdeführer, ein jugoslawischer Staatsangehöriger, in der Jugoslawischen Föderation bzw. in Ungarn gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, bedroht sei.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg (der belangten Behörde) vom 19. Jänner 1995 wurde die von Mag. G. namens des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobene Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer habe am 4. August 1994 an Dr. CA. und ISt. von der Organisation amnesty international-Salzburg Verfahrensvollmacht gemäß § 10 AVG u.a. in Fremdenpolizeiangelegenheiten erteilt. Der erstinstanzliche Bescheid sei am 14. Oktober 1994 an die bevollmächtigte Vertreterin des Beschwerdeführers persönlich zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 28. Oktober 1994 habe Mag. G. für Dr. A. das Rechtsmittel der Berufung eingebracht und diesem das folgende Schreiben von Dr. A. beigelegt: "Salzburg, am 3. 10 1994 Sehr geehrte Damen und Herren ! Da ich vom heutigen Tage an für 5 Wochen auf Urlaub bin, bevollmächtige ich - Dr. CA. - Herrn Mag. PG., der seit heute im ai-Flüchtlingsreferat als Zivildiener tätig ist, sämtliche Handlungen gegenüber ihrer Behörde in meinem Namen durchzuführen, insbesondere auch bei Vollmachtsverhältnissen, in denen ich als Bevollmächtigte angeführt bin. Mit freundlichen Grüßen Dr. CA.
ai-Flüchtlingsreferentin."
Durch diesen Schriftsatz sei erwiesen, dass Mag. G. nicht vom Beschwerdeführer iS des § 10 AVG bevollmächtigt worden sei, sondern dass seine "Vollmacht" von Dr. A. herrühre. Eine Bevollmächtigung durch eine Bevollmächtigte sei aber nicht möglich. Da die vom Beschwerdeführer ausgestellte Vollmacht ausdrücklich für Dr. A. und ISt. gelte, liege auch kein verbesserungsfähiges Formgebrechen vor. Im Übrigen wäre auf Grund der tatsächlich erteilten Vollmacht ISt.
- neben Dr. A. - zur Erhebung der Berufung berechtigt gewesen.
Da Mag. G. nicht als bevollmächtigte Person iS des § 10 AVG anzusehen sei und keine Zweifel über Inhalt und Umfang der Vollmacht bestünden, sei jener zur Berufungserhebung nicht legitimiert, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn gemäß § 42 Abs. 2 VwGG aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Vorauszuschicken ist, dass die Beschwerdelegitimation des Beschwerdeführers aus den im hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. Dezember 1984, Slg. Nr. 11.625/A, dargelegten, sinngemäß auch hier zutreffenden Erwägungen zu bejahen ist. Auf dieses Erkenntnis wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1992, Zlen. 91/17/0101, 0102).
2. Die Beschwerde macht geltend, dass Mag. G. auf Grund der vom Beschwerdeführer an Dr. A. erteilten Vollmacht vom 4. August 1994 und seiner Substitutionsvollmacht als ausgewiesener Vertreter des Beschwerdeführers anzusehen sei und die belangte Behörde, mit der der Inhalt der Vollmacht vom 3. Oktober 1994 und die gesamte Vorgangsweise der Bevollmächtigung abgestimmt worden seien, keineswegs von einer mangelhaften Bevollmächtigung hätte ausgehen dürfen, sodass sie sich inhaltlich mit der Berufung hätte auseinander setzen müssen. Allfällige Unklarheiten bezüglich des Vollmachtumfanges hätte die Behörde - wenn überhaupt - in Form eines Verbesserungsauftrages klären können.
3. Mit diesem Vorbringen vermag die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
Gemäß § 10 Abs. 1 erster Satz AVG - in der vorliegend anzuwendenden Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 158/1998 - können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 von Amts wegen zu veranlassen.
Die (undifferenzierte) Aussage der belangte Behörde im angefochtenen Bescheid, "eine Bevollmächtigung durch eine Bevollmächtigte ist aber nicht möglich", ist verfehlt. Wie oben dargelegt, verweist § 10 Abs. 2 AVG hinsichtlich des Inhaltes und des Umfanges der Vertretungsbefugnis auf die Bestimmungen der Vollmacht bzw. auf die Vorschriften des bürgerlichen Rechts. § 1010 ABGB weist auf die Möglichkeit hin, in einer Vollmacht die Bestellung eines Stellvertreters zu gestatten. In der Regel sind Auftrag und Vollmacht iS des § 1002 ABGB verbunden. Die Einräumung einer Substitutionsbefugnis (iS von Weitergabe des Auftrages) berechtigt daher den Bevollmächtigten in der Regel auch zur Erteilung von Untervollmacht (vgl. etwa das vorzitierte Erkenntnis, Zlen. 91/17/0101, 0102, mwN).
Dennoch ist der Beurteilung der belangten Behörde, dass Mag. G. auf Grund der vom Beschwerdeführer am 4. August 1994 an Dr. A. erteilten Vollmacht nicht befugt war, in dessen Namen Berufung zu erheben, beizupflichten. Nach den insoweit unbestrittenen Ausführungen im angefochtenen Bescheid erteilte der Beschwerdeführer am 4. August 1994 an Dr. A. von der Organisation amnesty international-Salzburg Verfahrensvollmacht u.a. in Fremdenpolizeiangelegenheiten. Diese - schriftliche - Vollmacht hat nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten folgenden Wortlaut:
"VOLLMACHT
Hiermit ermächtige ich Frau/Herrn Dr. CA. von amnesty international-Salzburg ..... mich als Vertreter gem. § 10 AVG in allen Verwaltungsverfahren, Verwaltungsstrafverfahren, insbesondere im Asylverfahren, in Angelegenheiten des Fremdenpolizei-, Ausländer- und Passrechts sowie in Strafverfahren zu vertreten.
Diese/r Vertreter/in von ai ist ermächtigt, in meinem Namen Erklärungen jeder Art abzugeben, insbesondere alle Prozesshandlungen einschließlich der Einlegung von Rechtsmitteln zu setzen und Zustellungen aller Art entgegenzunehmen. Weiters, mich auch in Rechtsmittelverfahren unbeschränkt zu vertreten und allenfalls in meinem Namen einen Rechtsbeistand beizuziehen.
Zugleich erkläre ich mich ausdrücklich damit einverstanden, dass eine Substitution an folgende ausgewiesene/n Mitarbeiter/in von ai zulässig ist: ISt.
Salzburg, am 4.8.94 (Unterschrift)"
Aus dem Wortlaut des letzten Absatzes dieser Vollmacht ergibt sich in eindeutiger Weise der Wille des Beschwerdeführers, eine Substitution und damit die Erteilung einer Untervollmacht nicht an jeden beliebigen Mitarbeiter von ai, sondern nur an die namentlich genannte Mitarbeiterin (ISt.) zu gestatten. Deshalb und weil im Urlaubsantritt der Dr. A. kein Umstand zu erblicken war, der die Bestellung eines Untervertreters unvermeidlich gemacht hätte, ist auch aus der Bestimmung des § 1010 ABGB für den Beschwerdestandpunkt nichts gewonnen (vgl. hiezu etwa Stanzl in Klang IV/12, 824 ff.; weiters zur Abgrenzung zu bloßen "Verhinderungsfällen" etwa Strasser in Rummel I2, § 1010 ABGB Rz 7). Schließlich bestand für die belangte Behörde - entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht - auch keine Veranlassung, Ermittlungen im Sinn des § 37 AVG oder ein Verbesserungsverfahren nach § 13 Abs. 3 AVG durchzuführen, weil die eindeutige Formulierung der Vollmacht vom 4. August 1994 für Zweifel hinsichtlich einer Vertretungsbefugnis des Mag. G. keinen Raum ließ (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 3. Jänner 1996, Zl. 94/11/0145, und vom 30. September 1997, Zl. 97/04/0095).
Demzufolge konnte Dr. A. dem Einschreiter Mag. G. nicht rechtswirksam Untervollmacht erteilen, sodass die von diesem erhobene Berufung dem Beschwerdeführer nicht zuzurechnen und daher als unzulässig zurückzuweisen war.
4. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 18. Mai 1999
Schlagworte
Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG) Vertretungsbefugnis Inhalt Umfang SubstitutionEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1996210319.X00Im RIS seit
20.11.2000