TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/12 G303 2178466-1

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Veröffentlicht am 12.12.2018
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Entscheidungsdatum

12.12.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

G303 2178466-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Simone KALBITZER als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Eva WENDLER und den fachkundigen Laienrichter Herbert WINTERLEITNER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX,geboren am XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark, vom 19.10.2017, Zl. OB: XXXX, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet a b g e w i e s e n.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) brachte am 13.07.2017 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ein. Mit dem Antrag wurden medizinische Beweismittel in Vorlage gebracht.

2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.

2.1. Im Gutachten von Dr. XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 25.09.2017, vidiert am 26.09.2017 von Dr. XXXX, wurde, nach persönlicher Untersuchung der BF am 19.09.2017, im Wesentlichen folgendes festgehalten:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Diabetes mellitus, insulinpflichtiger Oberer Richtsatzwert entsprechend der notwendigen Therapie und Kostbeschränkung

09.02.02

40

2

Arterieller Bluthochdruck Fixe Position- entsprechend der notwendigen Medikation

05.01.02

20

 

Gesamtgrad der Behinderung

 

40v.H.

Zum Gesamtgrad der Behinderung wurde ausgeführt, dass sich dieser aus der Gesundheitsschädigung (GS) 1 ergebe. Durch die GS 2 erfolge wegen Geringfügigkeit keine Anhebung der Gesamtbehinderung.

3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 19.10.2017 wurde der Antrag vom 13.07.2017 auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen. Gestützt wurde die Entscheidung der belangten Behörde auf das oben angeführte ärztliche Sachverständigengutachten von Dr. XXXX. Danach betrage der Grad der Behinderung 40 %. Das Sachverständigengutachten wurde dem angefochtenen Bescheid als Beilage angeschlossen. In der rechtlichen Begründung des Bescheides wurden die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes angeführt.

4. Gegen diesen Bescheid brachte die BF binnen offener Frist die bei der belangten Behörde am 15.11.2017 eingelangte Beschwerde ein. Begründend führte die BF aus, dass ihre Gesundheit durch den langjährigen Diabetes Mellitus Typ II, Bluthochdruck und durch das hohe Cholesterin stark beeinträchtigt sei und sie weiters unter Nieren- und Leberschmerzen, häufiger Übelkeit und Schwindelattacken leide. Zudem bestehe ein Zustand nach einem Schlaganfall im Jahr 2011 und würden die BF seither ständige Kopfschmerzen plagen. Darüber hinaus würden sie Depressionen und Schlafstörungen belasten. Als Beweis führte die BF eine fachärztliche Untersuchung an. Die BF beantragte aus den oben genannten Gründen, das Bundesverwaltungsgericht möge feststellen, dass die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses zu Unrecht erfolgt sei und der Grad der Behinderung zumindest 50% betrage.

5. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden von der belangten Behörde vorgelegt und sind am 01.12.2017 beim Bundesverwaltungsgericht eingegangen.

6. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde seitens des erkennenden Gerichtes Dr. XXXX, Facharzt für Innere Medizin, mit der Begutachtung und Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt.

Im Gutachten von Dr. XXXX vom 30.05.2018 wurde, nach persönlicher Untersuchung der BF am 25.05.2018, im Wesentlichen folgendes festgehalten:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Insulinpflichtiger Diabetes seit 2012 Oberer Richtsatzwert entsprechend der Therapie, der Stoffwechsellage und der geringen Komplikationen

09.02.02

40

2

Bluthochdruck Fixer RSW entsprechend der antihypertensiven Kombinationstherapie

05.01.02

20

3

Wirbelsäulensyndrom Unterer RSW entsprechend den nur geringen Funktionseinschränkungen, kein regelmäßiger Schmerzmittelbedarf, keine Wurzelirritation

02.01.01

10

4

Depression Unterer RSW entsprechend den bereits gebesserten Beschwerden unter der erst kurzzeitig bestehenden Therapie, gute soziale Integration

02.01.01

10

 

5

Fettleber Unterer RSW entsprechend den nur gering erhöhten Leberwerten

07.05.03

10

 

Gesamtgrad der Behinderung

 

40 v.H.

Zum Gesamtgrad der Behinderung wurde ausgeführt, dass sich dieser allein aus der Gesundheitsschädigung 1 ergebe. Durch die weiters vorliegenden Gesundheitsschädigungen erfolge keine Anhebung, da sie nicht weiter beeinflussen.

7. Das Ergebnis der Beweisaufnahme wurde den Verfahrensparteien vom erkennenden Gericht mit Schreiben vom 12.06.2018 zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern.

7.1. Von der belangten Behörde wurde dazu keine Stellungnahme beziehungsweise Äußerung abgegeben.

7.2. Die BF übermittelte am 27.06.2018 einen fachärztlichen Befundbericht von Dr. XXXX, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 19.06.2018 und brachte ergänzend vor, dass sie an depressiven Episoden leide und dies im Sachverständigengutachten nicht erwähnt werde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF hat einen Wohnsitz im Inland.

Die BF leidet an folgenden behinderungsrelevanten Gesundheitsschädigungen:

? Insulinpflichtiger Diabetes (Grad der Behinderung: 40 %)

? Bluthochdruck (Grad der Behinderung: 20 %)

? Wirbelsäulensyndrom (Grad der Behinderung: 10 %)

? Depression (Grad der Behinderung: 10 %)

? Fettleber (Grad der Behinderung: 10 %)

Im Vordergrund des Gesamtleidenszustandes steht der insulinpflichtige Diabetes, der bereits seit 2012 besteht. Die weiters vorliegenden Gesundheitsschädigungen beeinflussen dieses führende Leiden nicht und heben daher den Gesamtgrad der Behinderung nicht weiter an.

Die BF erlitt im Jahr 2011 eine Subarachnoidalblutung (Hirnblutung). Aufgrund dieses Zustandes besteht keine wesentliche neurologische Symptomatik. Daher erreicht dieses Leiden keinen Grad der Behinderung.

Die seitens der BF vorgebrachten Kopfschmerzen sind durch die degenerativen Wirbelsäulenveränderungen bedingt. Der Schwindel ist in erster Linie auf die zu niedrigen Blutdruckwerte zurückzuführen.

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 40 (vierzig) von Hundert (v. H.).

2. Beweiswürdigung:

Der unter I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und der Beschwerde sowie aus dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellung zum Wohnsitz ergibt sich aus einem Auszug des Zentralen Melderegisters und den Angaben der BF im verfahrenseinleitenden Antrag.

Der Gesamtgrad der Behinderung von 40 von Hundert wurde aufgrund des vom erkennenden Gericht eingeholten Sachverständigengutachtens von Dr. XXXX, Facharzt für Innere Medizin, vom 30.05.2018, objektiviert.

Auch die festgestellten Gesundheitsschädigungen ergeben sich daraus. Die Einschätzungen der vorliegenden Gesundheitsschädigungen bezüglich der Höhe des Grades der Behinderung erfolgten entsprechend der anzuwendenden Anlage zur Einschätzungsverordnung korrekt und nachvollziehbar. Lediglich bei der im Gutachten angeführten Positionsnummer der Gesundheitsschädigung 4 (Depression) ist es offensichtlich zu einem Tippfehler gekommen, da die gleiche Positionsnummer wie in der darüber liegenden Zeile (Wirbelsäulensyndrom) angeführt wurde. Die richtige Positionsnummer lautet 03.06.01. Die Einschätzung des Grades der Behinderung in der Höhe von 10 % ist jedoch korrekt.

Insgesamt war aus dem Beschwerdevorbringen kein Anhaltspunkt zu entnehmen, dass weitere - von den Sachverständigen nicht berücksichtigte - Gesundheitsschädigungen bei der BF vorliegen. Im Sachverständigengutachten wurde auch zu den Leiden Stellung genommen, welche keine Behinderungsrelevanz aufweisen, wie Schwindel, Kopfschmerzen, Zustand nach Hirnblutung. Insbesondere handelt es beim Schwindel und um die Kopfschmerzen um keine eigenständigen Leiden, da diese auf bereits berücksichtigte Leiden zurückzuführen sind, nämlich der Schwindel auf das Blutdruckleiden und die Kopfschmerzen auf das Wirbelsäulenleiden. Auch wurde im Sachverständigengutachten schlüssig dargelegt, dass der seitens der BF vorgebrachte Zustand einer erlittenen Hirnblutung (als Schlaganfall von ihr bezeichnet) keinen Grad der Behinderung erreicht, da keine wesentlichen neurologischen Defizite festgestellt worden sind.

Der Inhalt des ärztlichen Sachverständigengutachtens von Dr. XXXX wurde den Verfahrensparteien seitens des erkennenden Gerichts im Rahmen eines schriftlichen Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht und zur Möglichkeit einer Stellungnahme übermittelt. In der von der BF erstatteten Stellungnahme wurde dem Gutachten nicht substantiiert entgegengetreten und unterliegt der am 27.06.2018 an das Gericht übermittelte Befundbericht der gesetzlich normierten Neuerungsbeschränkung. Zusätzlich wird dazu auf die Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung unter Punkt II.3.2. verwiesen.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen daher - abgesehen auf dem oben angeführten Tippfehler - keinerlei Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachtens. Das Sachverständigengutachten von Dr. XXXX vom 30.05.2018 wird daher der gegenständlichen Entscheidung in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG (Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990 in der geltenden Fassung) hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter gemäß § 45 Abs 4 BBG mitzuwirken.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der geltenden Fassung) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 in der geltenden Fassung) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4 VwGVG) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteienantrages, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) noch Art. 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegenstehen.

Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde größtenteils auf gutachterlicher Basis ermittelt. Die ärztliche Begutachtung basierte auch auf einer persönlichen Untersuchung der BF. Der Inhalt des vorliegenden Sachverständigengutachtens wurde von den Verfahrensparteien im Rahmen ihres schriftlichen Parteiengehörs nicht substantiiert beeinsprucht.

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren der BF geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen.

Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt.

Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.

3.2. Zu Spruchteil A):

Unter Behinderung im Sinne des Bundesbehindertengesetzes ist gemäß § 1 Abs. 2 BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 % auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist;

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen;

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten;

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. I Nr. 22/1970 in der geltenden Fassung, angehören.

Nach § 35 Abs 2 Einkommensteuergesetz (EStG 1998), BGBl. I Nr. 400/1998 in der geltenden Fassung, sind die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:

-

Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. I Nr. 183/1947).

-

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-

In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des BBG, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 leg. cit. genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010 in der geltenden Fassung) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen;

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 leg. cit. vorliegt.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs. 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß § 45 Abs 1 BBG nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Es war aus folgenden Gründen spruchgemäß zu entscheiden:

In der vorliegenden Rechtssache wurde gemäß § 41 Abs. 1 BBG im Beschwerdeverfahren unter Mitwirkung eines medizinischen Sachverständigen der Grad der Behinderung nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung eingeschätzt. Danach wurde ein Gesamtgrad der Behinderung in der Höhe von 40 von Hundert objektiviert und festgestellt, da auch die Gesamteinschätzung unter Bedachtnahme auf den durchgeführten Sachverständigenbeweis vorzunehmen (vgl. VwGH 18.10.2000, Zl. 99/09/0097) ist.

Die beschwerdeführende Partei bestritt in ihrer Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme auch nicht die gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen Dr. XXXX, sondern legte ein weiteres medizinisches Beweismittel, einen fachärztlichen Befundbericht aus Gebiet der Psychiatrie und der Neurologie vom 19.06.2018 vor, und ersuchte um Berücksichtigung der dort angeführten rezidivierenden Depressionen.

Zur Berücksichtigung dieses Befundberichtes ist auszuführen, dass der Gesetzgeber mit der Novelle BGBl. I 57/2015 für das Verfahren nach dem Bundesbehindertengesetz (§ 46 BBG) ein - eingeschränktes - Neuerungsverbot eingeführt hat, das in den Gesetzesmaterialien als "Neuerungsbeschränkung" bezeichnet wird. Nach dem im Beschwerdefall anwendbaren § 46 dritter Satz BBG dürfen in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden. Der von der BF übermittelte Befundbericht vom 19.06.2018 (eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 27.06.2018) ist daher von der gesetzlich normierten Neuerungsbeschränkung erfasst. Zudem ist anzuführen, dass die Depressionen der BF im Sachverständigengutachten von Dr. XXXX berücksichtigt wurden.

Im gegenständlichen Fall sind daher die Voraussetzungen für die Ausstellung des beantragten Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, nicht erfüllt.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet, weshalb sie abzuweisen war.

3.3. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlicher Bedeutung zukommt. Die angewendeten Teile des Bundesbehindertengesetzes und der Einschätzungsverordnung sind - soweit im Beschwerdefall relevant - eindeutig. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G303.2178466.1.00

Zuletzt aktualisiert am

18.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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