TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/17 G303 2178467-1

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Veröffentlicht am 17.12.2018
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Entscheidungsdatum

17.12.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

G303 2178467-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Simone KALBITZER als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Eva WENDLER und den fachkundigen Laienrichter Herbert WINTERLEITNER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX,geboren am XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark, vom 10.11.2017, OB: XXXX, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet a b g e w i e s e n.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) brachte am 06.09.2017 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ein. Mit dem Antrag wurden medizinische Beweismittel in Vorlage gebracht.

2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.

2.1. In dem eingeholten Gutachten von Dr. XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 07.11.2017, vidiert am 09.11.2017 von Dr. XXXX, wurde, nach persönlicher Untersuchung des BF am 06.11.2017, im Wesentlichen folgendes festgehalten:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Depression 2 Stufen über unterem Rahmensatzwert entsprechend Stabilität unter Medikation mit fallweise beginnender sozialer Rückzugstendenz

03.06.01

30

2

Hauterkrankungen, Trockene Haut und Juckreiz im Rahmen einer Hauterkrankung (pilotrope Mykosis fungoides) Eine Stufe über dem unteren Rahmensatzwert bei zwar fehlender funktioneller Beeinträchtigung, jedoch länger dauerndem Bestehen und protrahiertem Verlauf mit häufigen Rezidiven und Leidensdruck

01.01.02

30

3

Generalisierte Erkrankungen des Bewegungsapparates, Funktionelle Beeinträchtigungen des Bewegungsapparates (Knie, rechte Schulter) Oberer Rahmensatzwert entsprechend dem Ausmaß der funktionellen Einschränkungen bei Meniskusschaden rechts und Retropatellararthrose beidseits sowie Zustand nach Schlüsselbeinfraktur (hinsichtlich letzterer ist eine Besserung wahrscheinlich)

02.02.01

20

4

Zuckerkrankheit Festgesetzter Prozentsatz entsprechend Diabetes mellitus mit Kostbeschränkung ohne Medikation

09.02.01

10

 

Gesamtgrad der Behinderung

 

40 v.H.

Der Gesamtgrad der Behinderung werde durch die führende Gesundheitsschädigung (GS) 1 gebildet, welche durch die GS 2 um 1 Stufe angehoben werde (negative wechselseitige Leidensbeeinflussung). Die GS 3 und 4 heben aufgrund von Geringfügigkeit nicht weiter an.

3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 10.11.2017 wurde der Antrag vom 06.09.2017 auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen.

3.1. Gestützt wurde die Entscheidung der belangten Behörde auf das eingeholte, unter I.2.1. angeführte, ärztliche Sachverständigengutachten. Danach betrage der Grad der Behinderung des BF 40 %. Das genannte Gutachten wurde dem angefochtenen Bescheid als Beilage angeschlossen. Als rechtliche Begründung wurden die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) angeführt.

4. Gegen diesen Bescheid vom 10.11.2017 brachte der BF binnen offener Frist die bei der belangten Behörde am 22.11.2017 eingelangte Beschwerde ein. Begründend führte der BF aus, dass seine Gesundheit durch eine Fraktur des Schlüsselbeines rechts sowie durch eine Verplattung der Clavikula maßgeblich beeinträchtigt sei. Weiters leide er unter Diabetes mellitus Typ II, Hypercholesterinämie und Adipositas Grad I. Die Gelenke würden ihm weitere starke Probleme bereiten. Er leide unter einer Gonalgie beidseits bei einem Zustand nach Ruptur des rechten Knies sowie unter einer Retropatellararthrose beidseits. Zudem belasten dem BF die schmerzhaften Veränderungen im Bereich der gesamten Wirbelsäule. Schon bei geringer Belastung trete eine Schmerzverstärkung ein, insbesondere bestehe ein Hals- und Lendenwirbelsyndrom mit schmerzhafter Ausstrahlung in die oberen und unteren Extremitäten sowie in den hinteren Kopfbereich. Ferner würden dem BF die Schultern starke Probleme bereiten und leide er an einer Pilotropen MF - Follikuläre Muzinose, einem Zustand nach PUVA-Therapie sowie unter psychischen Beschwerden. Es belasten den BF Depressionen, ein Vertigo und eine Insomnie. Als Beweis führte der BF eine fachärztliche Untersuchung an. Der BF beantragte aus den oben genannten Gründen, das Bundesverwaltungsgericht möge feststellen, dass die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses zu Unrecht erfolgt sei und der Grad der Behinderung zumindest 50 % betrage.

5. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 01.12.2017 vorgelegt.

6. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde seitens des erkennenden Gerichtes ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.

6.1. Im Sachverständigengutachten von MR Dr. XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, vom 26.06.2018 (datiert 26.06.2017) wird, basierend auf der persönlichen Untersuchung des BF am 04.06.2018, im zusammengefassten Ergebnis folgendes festgehalten:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Depression 2 Stufen über unterem Rahmensatzwert entsprechend Stabilität unter Medikation mit fallweise beginnendem sozialen Rückzug

03.06.01

30

2

Hauterkrankung, Trockene Haut und Juckreiz im Rahmen einer Hauterkrankung (in 1. Linie pilotrope Mykosis fungoides) 1 Stufe über dem unteren Rahmensatzwert bei zwar fehlender funktioneller Beeinträchtigung, jedoch länger dauerndem Bestehen und protrahiertem Verlauf mit häufigen Rezidiven und Leidensdruck

01.01.02

30

3

Bewegungseinschränkung im Bereich der rechten Schulter nach operativer Sanierung eines Schlüsselbeinbruches Fixer Rahmensatzwert entsprechend der Bewegungs- und Belastungsminderung

02.06.03

20

4

Belastungs- und Bewegungseinschränkung im Bereich des rechten Kniegelenkes durch Abnützung nach Trauma Oberer Rahmensatzwert entsprechend der Bewegungs- und Belastungsminderung

02.05.18

20

5

Zuckerkrankheit 1Stufe über dem unteren Rahmensatzwert entsprechend Diabetes mellitus mit Medikation

09.02.01

20

 

Gesamtgrad der Behinderung

 

40 v.H.

Zum Gesamtgrad der Behinderung wurde begründend ausgeführt, dass die führende Gesundheitsschädigung 1 durch die Gesundheitsschädigung 2 um eine Stufe gehoben werde, da eine zusätzliche psychische Belastung durch die Hauterkrankung gegeben sei. Die weiteren Gesundheitsschädigungen würden zu keiner Erhöhung führen, da keine negative Leidensbeeinflussung zur Gesundheitsschädigung 1 und Gesundheitsschädigung 2 gegeben sei.

Stellungnehmend zum Vorgutachten von Dr. XXXX wurde ausgeführt, dass die Leiden dort ausreichend gewürdigt (jedoch nicht einzeln angeführt) und entsprechend der Richtsatzverordnung eingeschätzt seien ebenso die Wechselwirkungen und Leidensbeeinflussungen, wobei natürlich der subjektive Leidensdruck und die Schmerzen zu würdigen, jedoch nicht objektivierbar seien, zumal keine dauernde Schmerztherapie durchgeführt werde. Der Diabetes sei bei aktueller Medikationsnotwendigkeit entsprechend höher einzuschätzen, führe jedoch nicht zu einer Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung.

7. Das Ergebnis der Beweisaufnahme wurde den Verfahrensparteien vom erkennenden Gericht mit Schreiben vom 06.07.2018 zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern.

7.1. Eine Stellungnahme beziehungsweise Äußerung wurde dazu seitens der Verfahrensparteien nicht übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF hat einen Wohnsitz im Inland.

Der BF leidet an folgenden behinderungsrelevanten Gesundheitsschädigungen:

-

Depression (Grad der Behinderung: 30 %)

-

Trockene Haut und Juckreiz im Rahmen einer Hauterkrankung (Grad der Behinderung: 30 %)

-

Bewegungseinschränkung im Bereich der rechten Schulter nach operativer Sanierung eines Schlüsselbeinbruches (Grad der Behinderung: 20 %)

-

Belastungs- und Bewegungseinschränkung im Bereich des rechten Kniegelenkes durch Abnützung nach Trauma (Grad der Behinderung: 20 %)

-

Zuckerkrankheit (Grad der Behinderung: 20 %)

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 40 (vierzig) von Hundert (v.H.). Dieser wird vom führenden Leiden, der Depression, mit einem Grad der Behinderung von 30 v.H., gebildet; die Hauterkrankung steigert den Gesamtgrad der Behinderung um eine weitere Stufe, da dadurch eine zusätzliche psychische Belastung gegeben ist. Die weiteren vorliegenden Gesundheitsschädigungen führen zu keiner Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung, da keine negative Leidensbeeinflussung zur Depression und zur Hauterkrankung vorliegt.

Der BF führt keine dauernde Schmerztherapie durch.

2. Beweiswürdigung:

Der unter I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und der Beschwerde sowie aus dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellung zum Wohnsitz ergibt sich aus einem Auszug des Zentralen Melderegister und den Angaben des BF im verfahrenseinleitenden Antrag.

Der Gesamtgrad der Behinderung von 40 von Hundert wurde aufgrund des vom erkennenden Gericht eingeholten Sachverständigengutachtens von MR Dr. XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, vom 26.06.2018 (datiert 26.06.2017), objektiviert.

Dieses Sachverständigengutachten ist schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Das Gutachten ist mit zwar mit 26.06.2017 datiert, doch handelt es sich hiebei offensichtlich um einen Tippfehler, zumal der Gutachtensauftrag an den Sachverständigen erst im April 2018 erteilt wurde und die Untersuchung des BF beim Sachverständigen am 04.06.2018 erfolgt ist. Die festgestellten Gesundheitsschädigungen und deren Wechselwirkungen zueinander ergeben sich aus dem Sachverständigengutachten.

Die Einschätzungen der vorliegenden Gesundheitsschädigungen bezüglich der Höhe des Grades der Behinderung erfolgten entsprechend der anzuwendenden Anlage zur Einschätzungsverordnung korrekt und nachvollziehbar. Die diesbezüglichen Feststellungen beruhen darauf.

Die Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten des Administrativverfahrens sind nachvollziehbar begründet. Der Sachverständige führte die Beeinträchtigungen des Bewegungsapparates einzeln an und beurteilte sie entsprechend, zumal beim BF eine Beeinträchtigung im Bereich der rechten Schulter (GdB: 20 %) und eine Belastungs- und Bewegungseinschränkung im Bereich des rechten Kniegelenkes (GdB: 20 %) gegeben ist. Die Leiden wurden im Vorgutachten von Dr. XXXX der Höhe nach ausreichend gewürdigt und wie die Wechselwirkungen und Leidensbeeinflussungen richtig eingeschätzt. Die Schmerzen des BF sind nicht objektivierbar, zumal auch keine dauernde Schmerztherapie durchgeführt wird. Der Diabetes wurde im Vergleich zum Vorgutachten aufgrund der Medikationsnotwendigkeit zwar höher eingeschätzt, dies führt aber mangels negativer Leidensbeeinflussung zu keiner Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung.

Der Inhalt des Sachverständigengutachtens vom 26.06.2018 wurde den Verfahrensparteien seitens des erkennenden Gerichts im Rahmen eines schriftlichen Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht und zur Möglichkeit einer Stellungnahme übermittelt. Eine Stellungnahme wurde dazu weder vom BF noch von der belangten Behörde erstattet. Das eingeholte Sachverständigengutachten blieb damit im gegenständlichen Verfahren unbestritten.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen daher keinerlei Zweifel an der Richtigkeit des vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachtens von MR Dr. XXXX. Dieses wird daher der gegenständlichen Entscheidung in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG (Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990 in der geltenden Fassung) hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter gemäß § 45 Abs. 4 BBG mitzuwirken.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der geltenden Fassung) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 in der geltenden Fassung) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Gegenständlich wird in der Sache selbst entschieden, da die Voraussetzungen dazu vorliegen.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteienantrages, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) noch Art. 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegenstehen.

Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde größtenteils auf gutachterlicher Basis ermittelt. Die ärztliche Begutachtung basierte auch auf einer persönlichen Untersuchung des BF. Der Inhalt des vorliegenden Sachverständigengutachtens wurde von den Verfahrensparteien im Rahmen ihres schriftlichen Parteiengehörs nicht beeinsprucht.

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren des BF geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen.

Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt.

Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht entgegen.

3.2. Zu Spruchteil A):

Unter Behinderung im Sinne des Bundesbehindertengesetzes ist gemäß § 1 Abs. 2 BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 % auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist;

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen;

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten;

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. I Nr. 22/1970 in der geltenden Fassung, angehören.

Nach § 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG 1998), BGBl. I Nr. 400/1998 in der geltenden Fassung, sind die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:

-

Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. I Nr. 183/1947).

-

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-

In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des BBG, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 leg. cit. genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010 in der geltenden Fassung) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen;

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 leg. cit. vorliegt.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs. 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß § 45 Abs. 1 BBG nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Es war aus folgenden Gründen spruchgemäß zu entscheiden:

In der vorliegenden Rechtssache wurde gemäß § 41 Abs. 1 BBG im Beschwerdeverfahren unter Mitwirkung eines medizinischen Sachverständigen der Grad der Behinderung nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung eingeschätzt. Danach wurde ein Gesamtgrad der Behinderung in der Höhe von 40 von Hundert objektiviert und festgestellt, da auch die Gesamteinschätzung unter Bedachtnahme auf den durchgeführten Sachverständigenbeweis vorzunehmen (vgl. VwGH 18.10.2000, Zl. 99/09/0097) ist.

Dieses Sachverständigengutachten wurde seitens der Verfahrensparteien im Beschwerdeverfahren nicht bestritten.

Im gegenständlichen Fall sind daher die Voraussetzungen für die Ausstellung des beantragten Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, nicht erfüllt.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet, weshalb sie abzuweisen war.

3.3. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlicher Bedeutung zukommt. Die angewendeten Teile des Bundesbehindertengesetzes und der Einschätzungsverordnung sind - soweit im Beschwerdefall relevant - eindeutig. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G303.2178467.1.00

Zuletzt aktualisiert am

18.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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