TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/21 W176 2164264-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.12.2018
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Entscheidungsdatum

21.12.2018

Norm

AsylG 2005 §2 Abs1 Z22
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs4b
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs1
AsylG 2005 §34 Abs4
AsylG 2005 §34 Abs6 Z2
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W176 2164275-1/9E

W176 2164264-1/8E

W176 2164266-1/8E

W176 2164254-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. NEWALD als Einzelrichter über die Beschwerde von (1.) XXXX , geboren am XXXX ,

(2.) XXXX , geboren am XXXX , (3.) XXXX , geboren am XXXX , sowie

(4.) XXXX , geboren am XXXX , alle syrische Staatsangehörige, alle vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, jeweils gegen Spruchpunkt I. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.06.2017, Zlen. (1.) 1097552605 - 151910571, (2.) 1097553003 - 151911012, (3.) 1097553210 - 151911039 bzw. (4.) 1119089402 - 160841706, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Den Beschwerden wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005), und XXXX sowie XXXX gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 AsylG 2005 jeweils der Status von Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wird festgestellt, dass XXXX sowie XXXX damit kraft Gesetzes jeweils die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundesverfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Erstbeschwerdeführerin (BF1) brachte am 01.12.2015 für sich sowie die Zweitbeschwerdeführerin (BF2) und die Drittbeschwerdeführerin (BF3) Anträge auf internationalen Schutz ein. Die BF1 brachte zu diesem Zeitpunkt auch für XXXX und XXXX Anträge auf internationalen Schutz ein, diese werden jedoch in einem Familienverfahren mit ihrem Vater, XXXX , mit dem die BF1 (nur) traditionell verheiratet ist, geführt.

Bei der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag brachte die BF1 im Wesentlichen Folgendes vor: Sie stamme aus XXXX und bekenne sich zum Islam. Als Fluchtgrund gab sie an, Syrien wegen des Krieges verlassen zu haben, da sie ihre Familie habe schützen wollen.

Am 07.05.2016 wurde die Viertbeschwerdeführerin (BF4) in Österreich geboren. Am 16.06.2016 stellte ihr Vater, XXXX , für sie einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Am 21.03.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) erstmalig niederschriftlich einvernommen, führte die BF1 - zusammengefasst - Folgendes an: Sie sei syrische Staatsbürgerin und stamme aus Hama. Ihre Eltern lebten in einem Lager, da ihr Haus zerstört worden sei. XXXX habe sie in der Türkei geheiratet. Das Hauptproblem in Syrien sei der Bürgerkrieg gewesen. Außerdem habe das Regime verlangt, dass Frauen die Kriegsverletzten behandeln. Die al Nusra-Front habe Frauen gebraucht, um für die Kämpfer zu kochen und der Islamische Staat habe verlangt, dass Frauen nur zu Hause bleiben, all das sei ein großes Problem für die BF1 gewesen.

3. Mit Bescheiden vom 09.06.2017 wies die belangte Behörde die Anträge der BF1 bis BF4 auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (jeweils Spruchpunkt I.), erkannte ihnen gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status von subsidiär Schutzberechtigten zu (jeweils Spruchpunkt II.) und erteilte ihnen gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung (jeweils Spruchpunkt III.).

Zur Abweisung der Anträge im Asylpunkt wurde ausgeführt, es habe nicht festgestellt werden können, dass den BF1 bis BF4 in Syrien eine Verfolgung drohe. Das Fluchtvorbringen der BF1 habe sich als nicht asylrelevant erwiesen. Die BF2 bis BF4 hätten keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht. Die Beschwerdeführer hätten Syrien aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage und Angst vor dem herrschenden Krieg verlassen.

4. Jeweils gegen Spruchpunkt I. dieser Bescheide erhoben die BF1 bis BF4 fristgerecht Beschwerde und brachten im Wesentlichen vor, dass durch den Krieg die Stadt und das Haus der BF1 völlig zerstört worden seien und das Regime verlangt habe, dass die Frauen Kriegsverletzte behandeln. Auch seien immer mehr radikale Kämpfer in die Region vorgedrungen und hätten viele Mädchen entführt und vergewaltigt.

5. Mit Schreiben vom 12.07.2017, eingelangt am 13.07.2017, legte die belangte Behörde die Beschwerden samt den Bezug habenden Verfahrensunterlagen - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

6. Am 29.10.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche Beschwerdeverhandlung statt, an der die belangte Behörde entschuldigt nicht teilnahm.

Bei ihrer Vernehmung gab die BF1 u.a. Folgendes an: Sie sei zwar traditionell mit XXXX verheiratet, habe diese Ehe jedoch nicht registrieren oder eintragen lassen. Sie sei die dritte Partnerin des XXXX ; dessen zweite Ehefrau sei die Mutter von XXXX und XXXX , habe diese zu ihnen gebracht als sie sich in der Türkei aufgehalten hätten, und mittlerweile verstorben. Die BF1 stamme aus XXXX , ihre weiteren Familienangehörigen lebten in einem Lager an der syrisch-türkischen Grenze oder außerhalb Syriens. Ihre Brüder seien zum Militär einberufen worden, ein Bruder sei desertiert. Die BF1 selbst sei als Ersthelferin zum Militär einberufen worden. Sie sei vom Regime aufgefordert worden, in einem Spital in der Nähe ihres Heimatortes die Verletzten medizinisch zu behandeln. Die Bewohner ihres Ortes hätten jedoch der Opposition angehört und die BF1 habe deshalb nicht in diesem Spital arbeiten wollen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person der BF und den Fluchtgründen der BF1:

Die BF sind syrische Staatsangehörige sunnitischen Glaubens und stammen aus XXXX , wobei die BF2 und BF3 in der Türkei und BF4 in Österreich geboren wurden. BF1 hat eine zumindest elementare medizinische Ausbildung absolviert; aufgrund dessen verlangten dem syrischen Regime zurechenbare Personen von ihr, Kriegsverletzte zu behandeln.

Die BF1 und XXXX sind zwar traditionell, jedoch nicht standesamtlich verheiratet. Die BF2, BF3 und BF4 sind die minderjährigen, ledigen Töchter der BF1 und des XXXX .

Die BF1 bis BF3 stellten am 01.12.2015 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz, die BF4 am 16.06.2016.

Der Flughafen von Damaskus wird von der syrischen Regierung kontrolliert.

Es kann nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass die BF1 bei einer Rückkehr nach Syrien wegen einer (ihr zumindest unterstellten) oppositionellen politischen Gesinnung Verfolgungshandlungen der syrischen Behörden von im gegebenen Zusammenhang ausreichender Intensität ausgesetzt wäre.

Die BF sind in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zur maßgeblichen Situation in Syrien:

Aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Stand 25.01.2018 (letzte Kurzinformation eingefügt am 24.08.2018):

Sicherheitslage

Die syrische Regierung unter Präsident Bashar al-Assad hat mit der Unterstützung Russlands seit Jahresbeginn 2018 große Gebiete zurückerobert (Die Zeit 27.7.2018) und kontrolliert nun etwa 60 Prozent des syrischen Staatsgebietes und zwölf von vierzehn Provinzen (TDS 18.8.2018).

Nach der Offensive auf das Damaskus-Umland und insbesondere auf Ost-Ghouta zogen sich Ende Mai 2018 die letzten Rebellen aus dem Großraum Damaskus zurück, wodurch die Hauptstadt und ihre Umgebung erstmals wieder in ihrer Gesamtheit unter Kontrolle der Regierung stehen (Spiegel Online 21.5.2018, ISW 1.6.2018).

Der im März 2011 begonnene Aufstand gegen das Regime ist in eine komplexe militärische Auseinandersetzung umgeschlagen, die grundsätzlich alle Städte und Regionen betrifft. Nahezu täglich werden landesweit Tote und Verletzte gemeldet. Die staatlichen Strukturen sind in zahlreichen Orten zerfallen und das allgemeine Gewaltrisiko ist sehr hoch (AA 27.12.2017).

Grob gesagt stehen auf der Seite der syrischen Regierung Russland, der Iran, die libanesische Hisbollah und schiitische Milizen, die vom Iran im Irak, in Afghanistan und im Jemen rekrutiert werden. Auf der Seite der diversen Gruppierungen, die zur bewaffneten Opposition bzw. zu den Rebellen gehören, stehen die Türkei, die Golfstaaten, die USA und Jordanien, wobei diese Akteure die Konfliktparteien auf unterschiedliche Arten unterstützen. Zudem sind auch die Kurden in Nordsyrien und der sogenannte Islamische Staat (IS) am Konflikt beteiligt (BBC 7.4.2017).

Mitte September des Jahres 2016 wurde von den USA und Russland, nach monatelangen Gesprächen, eine Waffenruhe ausgehandelt. Diese sollte ermöglichen, dass humanitäre Hilfe die Kampfgebiete erreichen kann; ausserdem sollte den Luftangriffen des syrischen Regimes auf die Opposition Einhalt geboten werden. Die Waffenruhe sollte sieben Tage bestehen und galt für das syrische Regime und die Rebellen, jedoch nicht für die terroristischen Gruppierungen "Islamischer Staat" (IS) und Jabhat Fatah ash-Sham (CNN 12.9.2016). Es soll in verschiedenen Gebieten mehr als 300 Verstöße gegen die Waffenruhe gegeben haben. Nach ungefähr einer Woche wurde die Waffenruhe von der syrischen Armee bzw. vom syrischen Regime für beendet erklärt. In dieser Zeit konnten keine humanitären Hilfslieferungen die Kampfgebiete erreichen (Zeit 19.9.2016).

Rechtsschutz/Justizwesen - Gebiete unter der Kontrolle des syrischen Regimes

Das Justizsystem Syriens besteht aus mehreren Gerichten, darunter Zivil-, Straf-, Militär-, Sicherheits- und religiöse Gerichte sowie ein Kassationsgericht. Die religiösen Gerichte behandeln das Familien- und Personenstandsrecht und regeln Angelegenheiten wie Eheschließungen, Scheidungen, Erb- und Sorgerecht. Was religiöse Gerichte betrifft, so sind Scharia-Gerichte für sunnitische und schiitische Muslime zuständig. Drusen, Christen und Juden haben ihre eigenen gerichtlichen Strukturen. Für diese Gerichte gibt es auch eigene Berufungsgerichte (SLJ 5.9.2016 und IA 7.2017). Manche Personenstandsgesetze wenden die Scharia unabhängig von der Religionszugehörigkeit der Beteiligten an (USDOS 3.3.2017).

Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor, die Behörden sind in der Praxis jedoch oft politischen Einflüssen ausgesetzt. Die Ergebnisse von Fällen mit politischem Kontext scheinen oft schon vorbestimmt zu sein (USDOS 3.3.2017).

Wenn Personen, von denen angenommen wird, dass sie Regierungsgegner sind, vor Gericht gebracht werden, so ist es wahrscheinlich, dass es sich dabei um ein Anti-Terror-Gericht, welches 2012 eingerichtet wurde, oder ein Militärgericht handelt, obwohl es gegen die internationalen Standards für faire Prozesse verstößt, einen Zivilisten vor einem Militärgericht zu verurteilen. Das Anti-Terror-Gericht hält sich in seiner Arbeitsweise nicht an grundlegende Bedingungen einer fairen Gerichtsverhandlung. Manchmal dauern die Verhandlungen nur wenige Minuten und "Geständnisse", welche unter Folter gemacht wurden, werden als Beweismittel akzeptiert. Außerdem wird das Recht auf Rechtsberatung stark eingeschränkt. In Militärgerichten haben Angeklagte kein Recht auf einen Anwalt. Manchmal werden Angeklagte auch nicht über ihr Urteil informiert (AI 17.8.2016; vgl. HRW 2.8.2017). In den ersten zweieinhalb Jahren seit seiner Errichtung soll das Anti-Terror-Gericht mehr als 80.000 Fälle behandelt haben (USDOS 3.3.2017).

Folter und unmenschliche Behandlung

Willkürliche Festnahmen, Misshandlungen, Folter und Verschwindenlassen durch die Einheiten der Regierung sind weit verbreitet und systemisch in Syrien und geschehen zudem in einem Klima der Straflosigkeit (HRW 12.1.2017). Folter wird eingesetzt, um an Informationen zu gelangen und um die Zivilbevölkerung zu bestrafen und zu terrorisieren (UNHRC 11.8.2016). Folter und andere Misshandlungen wurden durch das syrische Regime schon seit Jahrzehnten genutzt, um Widerstand zu unterdrücken (AI 17.8.2016). Das syrische Regime und die mit ihm verbündeten Milizen begehen physische Misshandlungen und Folter an Oppositionellen und Zivilisten. Regierungsangestellte misshandeln Gefangene. Vergewaltigung und sexueller Missbrauch von Frauen, Männern und auch von Minderjährigen sind weit verbreitet und werden als Kriegstaktik eingesetzt (USDOS 3.3.2017). Manche Opfer von Folter werden festgenommen, weil sie Aktivisten sind, oder weil sie nicht als ausreichend regimetreu wahrgenommen werden. Mitglieder oder Verwandte von Mitgliedern bewaffneter Gruppen werden auch Opfer von Folter (UNHRC 11.8.2016). Berichten zufolge wurden Familienmitglieder durch die Sicherheitskräfte der syrischen Regierung festgenommen, darunter auch Kinder, um gesuchte Personen dazu zu bewegen, sich den Sicherheitskräften zu stellen (HRW 27.1.2016; vgl. AI 22.2.2017). Menschenrechtsgruppen zufolge hat das Regime seit März 2011 zwischen 17.500 und 60.000 Männer, Frauen und Kinder zu Tode gefoltert oder exekutiert. Die Toten werden häufig in Massengräbern begraben oder verbrannt und nur selten ihren Verwandten überstellt (Economist 20.12.2017). Das syrische Regime stellt falsche Totenscheine aus, offenbar mit dem Ziel, die wahre Ursache und den Ort des Todes der Gefangenen zu verschleiern (USDOS 3.3.2017).

Korruption

Auf dem Korruptionswahrnehmungsindex von 2015 von Transparency International liegt Syrien auf Platz 173 von 176 untersuchten Ländern (TI 2016). Das Gesetz sieht strafrechtliche Konsequenzen für amtliche Korruption vor, die Regierung setzt die diesbezüglichen Regelungen jedoch nicht effektiv durch. Beamte üben regelmäßig korrupte Praktiken aus, ohne dafür bestraft zu werden. Korruption ist weiterhin ein allgegenwärtiges Problem bei Polizei, Sicherheitskräften, Regierung und anderen Behörden (USDOS 3.3.2017). Milizen verlangen beispielsweise für das Passieren von Checkpoints, die sie kontrollieren, Bestechungsgelder (CMEC 16.3.2016; vgl. IRIN 22.6.2017). In der syrischen Armee gibt es eine Tradition der Bestechung, und es gibt die Möglichkeit, durch Bestechung eine bessere Position oder einfachere Aufgaben zu erhalten (FIS 23.8.2016).

Korruption war bereits vor dem Bürgerkrieg weitverbreitet und beeinflusste das tägliche Leben der Syrer. Bürger müssen häufig Bestechungsgelder zahlen, um bürokratische Angelegenheiten abschließen zu können. Seit der Krieg in Syrien ausgebrochen ist, vermeiden Syrer, die Verfolgung durch den Staat befürchten, den Kontakt zu offiziellen Institutionen. Stattdessen müssen sie - z.B. im Falle wichtiger Dokumente - auf den Schwarzmarkt zurückgreifen (FH 1.2017).

Allgemeine Menschenrechtslage

Das Syrian Observatory for Human Rights dokumentierte 331.765 Todesfälle seit dem Beginn der Revolution im Jahr 2011 bis zum 15. Juli 2017, schätzt jedoch dass etwa 475.000 Personen getötet wurden (SOHR 16.7.2017).

Ein Charakteristikum des Bürgerkriegs in Syrien ist, dass in ganz Syrien bestimmte Personen aufgrund ihrer tatsächlichen oder wahrgenommenen bzw. zugeschriebenen politischen Meinung oder Zugehörigkeit direkt angegriffen werden oder ihnen auf andere Weise Schaden zugefügt wird. Diese Zuschreibung basiert oft nur auf den familiären Verbindungen der Person, ihrem religiösen oder ethnischen Hintergrund oder einfach auf ihrer Präsenz in oder Herkunft aus einem bestimmten Gebiet, das als "regierungsfreundlich" oder "regierungsfeindlich" gilt (UNHCR 11.2015).

Die syrische Verfassung sieht die Baath-Partei als die regierende Partei vor und stellt sicher, dass sie die Mehrheit in allen Regierungs- und Volksverbänden hat. Ein Dekret erlaubt die Bildung anderer politischer Parteien, jedoch nicht auf Basis von Religion, Stammeszugehörigkeit oder regionalen Interessen. Gleichzeitig zeigt die Regierung außerdem wenig Toleranz gegenüber anderen politischen Parteien. Sie schikaniert und inhaftiert Mitglieder der Communist Union Party, der Communist Action Party, der Arab Social Union und islamistischer Parteien (USDOS 3.3.2017).

Die syrische Regierung, regierungstreue Einheiten und Sicherheitskräfte führen weiterhin willkürliche Verhaftungen, Verschwindenlassen und Folter an Häftlingen durch, von denen viele in der Haft umkommen bzw. getötet werden. Das Regime und seine Verbündeten führten willkürliche und absichtliche Angriffe auf Zivilisten durch. Sie führten Angriffe mit Fassbomben, Artillerie, Mörsern und Luftangriffe auf zivile Wohngebiete, Schulen, Märkte und medizinische Einrichtungen durch, was zu zivilen Opfern führte (UKFCO 21.4.2016, AI 22.2.2017 und USDOS 3.3.2017).

Die staatlichen Sicherheitskräfte halten nach wie vor Tausende Menschen ohne Anklageerhebung über lange Zeit in Untersuchungshaft. Viele von ihnen sind unter Bedingungen inhaftiert, die den Tatbestand des Verschwindenlassens erfüllen (AI 22.2.2017; vgl. SD 18.10.2017). Systematische Folter und die Bedingungen in den Haftanstalten führen häufig zum Tod der Insassen. Es fehlt an Nahrung, Trinkwasser, Platz, Hygiene und Zugang zu medizinischer Versorgung. (USDOS 3.3.2017).

Syrische Kinder sind auch hinsichtlich Kinderehen gefährdet (USDOS 27.6.2017; vgl. UNOCHA 31.7.2017).

Lang anhaltende Belagerungen durch Regierungskräfte führen dazu, dass der eingeschlossenen Zivilbevölkerung Lebensmittel, ärztliche Betreuung und andere lebenswichtige Dinge vorenthalten werden. Außerdem werden Zivilisten beschossen bzw. angegriffen (AI 22.2.2017). Bezüglich der von Rebellen kontrollierten Bevölkerungszentren setzte die Regierung auf die Strategie, diese vor die Wahl zu stellen, aufzugeben oder zu (ver)hungern, indem sie Hilfslieferungen einschränkte und tausende Zivilisten aus zurückeroberten Gebieten vertrieb (FH 1.2017). Auch Rebellengruppen belagern Gebiete (USDOS 3.3.2017).

Auch aufständische Gruppen begingen schwere Menschenrechtsverletzungen wie Festnahmen, Folter und Exekutionen von wahrgenommenen politischen Andersdenkenden und Rivalen, wobei das Verhalten jedoch zwischen den unterschiedlichen Rebellengruppen variiert (FH 1.2017).

Der IS ist für systematische und weitverbreitete Menschenrechtsverletzungen verantwortlich, welche auch auf Zivilisten abzielen. Auch Jabhat Fatah ash-Sham [ehemals Jabhat al-Nusra] und einige andere extremistische Gruppen begehen Menschenrechtsverletzungen (UKFCO 21.4.2016; vgl. USDOS 3.3.2017).

Sexuelle Versklavung und Zwangsheiraten sind zentrale Elemente der Ideologie des IS. Mädchen und Frauen werden zur Heirat mit Kämpfern gezwungen. Frauen und Mädchen, die Minderheiten angehören, werden sexuell versklavt (USDOS 27.6.2017). Frauen erleben in vom IS gehaltenen Gebieten willkürliche und schwere Bestrafungen, inklusive Hinrichtungen durch Steinigung. Frauen und Männer werden bestraft, wenn sie sich nicht den Vorstellungen des IS entsprechend kleiden (USDOS 3.3.2017).

IS-Kämpfer sind für Exekutionen von gefangengenommenen Zivilpersonen, Regierungssoldaten, Angehörigen rivalisierender bewaffneter Gruppen sowie Medienschaffenden und verantwortlich. In den vom IS kontrollierten Gebieten hat der IS seine strikte Auslegung des islamischen Rechts eingeführt. Es kommt dort häufig zu öffentlichen Hinrichtungen. Unter den Opfern befinden sich Menschen, denen Abfall vom Glauben, Ehebruch, Schmuggel oder Diebstahl zur Last gelegt wird, sowie Menschen, die wegen ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen sexuellen Orientierung angeklagt wurden (AI 22.2.2017; vgl. USDOS 3.3.2017).

Die Situation von Frauen in Syrien

Die Situation von Frauen verschlechtert sich durch den andauernden Konflikt dramatisch, weil Frauen Opfer unterschiedlicher Gewalthandlungen der verschiedenen Konfliktparteien werden. Aufgrund der Kampfhandlungen (orig. shelling) zögern Familien, Frauen und Mädchen das Verlassen des Hauses zu erlauben. Sie nehmen diese aus der Schule, was zur Minderung der Rolle von Frauen und zu ihrer Isolation in der Gesellschaft führt (BFA 8.2017).

In oppositionellen Gebieten, welche von radikalislamistischen Gruppen kontrolliert werden (z.B. in Idlib oder umkämpften Gebieten östlich von Damaskus), sind Frauen besonders eingeschränkt. Es ist schwer für sie, für einfache Erledigungen das Haus zu verlassen. Außerdem ist es schwierig für sie zu arbeiten, weil sie unter Druck stehen, zu heiraten. Dies hängt jedoch von der Region ab (BFA 8.2017).

Extremistische Gruppierungen wie der sogenannte Islamische Staat (IS) oder Jabhat Fatah ash-Sham setzen Frauen in den von ihnen kontrollierten Gebieten diskriminierenden Beschränkungen aus. Solche Beschränkungen sind z.B. strikte Kleidervorschriften, Einschränkungen bei der Teilnahme am öffentlichen Leben, bei der Bewegungsfreiheit und beim Zugang zu Bildung und Arbeitsmarkt. In Gebieten, die der IS kontrolliert(e), wurde ein Dokument veröffentlicht, welches Frauen unter Androhung der Todesstrafe die Befolgung von 16 Punkten vorschreibt. Die Punkte waren unter anderem, das Haus nicht ohne einen männlichen nahen Verwandten (mahram) zu verlassen, weite Kleidung, ein Kopftuch und einen Gesichtsschleier zu tragen, Friseursalons zu schließen, in der Öffentlichkeit nicht auf Stühlen zu sitzen und keine männlichen Ärzte aufzusuchen (USDOS 3.3.2017; vgl. BFA 8.2017). In Raqqa gründete der IS die "al-Khansaa"-Brigade, welche hauptsächlich aus nicht-syrischen Frauen besteht und die Regeln des IS bei anderen Frauen durchsetzten soll (USDOS 3.3.2017). Familien werden auch gezwungen ihre Töchter an IS-Kämpfer zu verheiraten. Jabhat Fatah ash-Sham [Anm.: vormals Jabhat al-Nusra] ist Frauen gegenüber etwas weniger restriktiv, die Situation ist jedoch ähnlich. Generell wird die Lage junger unverheirateter Frauen in Syrien allgemein, im Speziellen jedoch in den von radikalislamistischen Gruppierungen kontrollierten Gebieten, als prekär bezeichnet (BFA 8.2017).

Eheschließung in Syrien

Ehen sollten in oder durch ein Gericht geschlossen werden. Ehen, die außerhalb des Gerichts geschlossen werden, können jedoch auch als gültig angesehen werden, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt werden. Diese Ehen werden oft als "traditionelle Ehen" oder "'urfi-Ehen" bezeichnet. 'Urfi-Ehen werden nicht immer registriert, es scheint sogar so, dass Personen 'urfi-Ehen nur dann registrieren, wenn es einen rechtlichen Grund dafür gibt, z.B. durch aus der Ehe entstandene Kinder. Andere Gründe für eine traditionelle Ehe können sein, dass das Paar unterschiedlichen islamischen Konfessionen angehört, dass es gegen die Wünsche der Familie heiratet, oder weil es sich um eine polygame Ehe handelt (mit oder ohne dem Wissen der ersten Ehefrau), die grundsätzlich im syrischen Personenstandsrecht erlaubt, jedoch strukturell beschränkt ist. Ein weiterer Grund ist, dass Männer, die in der Armee dienen, eine Genehmigung der Armee für eine Eheschließung benötigen. Ein Mann kann auch einer solchen Ehe zustimmen, um dem unehelichen Kind seiner Frau einen Vater und somit einen Familiennamen zu geben. Selbst wenn nicht alle Bedingungen erfüllt werden, tendieren Richter dazu 'urfi-Ehen zu registrieren, speziell wenn bereits Kinder in die Ehe geboren wurden. Wenn eine 'urfi-Ehe registriert ist, wird sie als rechtsgültige Ehe angesehen (Eijk 2013). Neben Männern, die in der Armee dienen und eine Genehmigung der Armee zur Eheschließung benötigen, benötigen auch Paare, bei denen ein Partner ausländischer Staatsbürger ist, eine Genehmigung, in diesem Fall von den Sicherheitsbehörden (Eijk 2013).

Das Datum der Eheschließung wird bei einer nachträglichen Registrierung vom Gericht bestimmt. Wenn das Gericht die traditionelle Eheschließung als gültig anerkennt ist das Datum der traditionellen Eheschließung das Datum der Eheschließung und nicht das Datum der Registrierung. Da es auch möglich ist Kinder ex post facto zu registrieren (oftmals gleichzeitig mit der Registrierung der Ehe) und Kinder im Kontext einer Ehe geboren werden sollten, sollte das Hochzeitsdatum hierbei jedenfalls vor dem Geburtsdatum der Kinder liegen. Daher würde es laut der Expertin für syrisches Ehe- und Familienrecht Esther van Eijk, Sinn machen, dass das Gericht das Datum der traditionellen Eheschließung als das "echte Hochzeitsdatum" festlegt (Eijk 4.1.2018). Stellvertreterehen und die Registrierung einer Ehe durch einen Stellvertreter sind möglich, selbst wenn beide Ehepartner von einem Stellvertreter repräsentiert werden (Eijk 2.1.2018).

Medizinische Versorgung

Die Gesundheitsversorgung hat sich in Syrien durch den andauernden Konflikt dramatisch verschlechtert. Gründe dafür sind die Beschädigung von Gesundheitseinrichtungen, Stromausfälle, der Mangel an Medikamenten, medizinischen Utensilien, qualifiziertem Personal, Spezialisten oder Krankenwägen (UNHCR 2016; vgl. The Lancet 14.3.2017; vgl. WHO 15.3.2017). Aufgrund der hohen Kriegskosten wurde das Gesundheitsbudget wiederholt gekürzt (NYT 8.8.2017).

Bewusste Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen haben das Gesundheitssystem erheblich beeinträchtigt (WB 10.7.2017). Regierungskräfte und die mit ihnen verbündete russische Luftwaffe flogen mehrere offenbar gezielte Angriffe auf Krankenhäuser, Gesundheitseinrichtungen und humanitäre Hilfskonvois. Dabei wurden Zivilpersonen und Angehörige des medizinischen Personals getötet oder verletzt (AI 22.2.2017). Auch manche oppositionelle bewaffnete Gruppen und der sogenannte IS greifen medizinisches Personal und Einrichtungen in von der Regierung kontrollierten Gebieten an (UNHRC 11.8.2016; vgl. TR 16.3.2017). Unter den Millionen Menschen, die außer Landes geflohen sind, sind geschätzte 27.000 Mediziner - mehr als die Hälfte der Ärzte, die vor dem Konflikt in Syrien tätig waren. Die Hälfte der Krankenhäuser und Gesundheitszentren sind zerstört, in vielen Fällen absichtlich (NYT 8.8.2017; vgl. WHO 15.3.2017).

Diejenigen Gesundheitseinrichtungen, die noch in Betrieb sind, sind mit einer überwältigenden Nachfrage und akutem Mangel an Medikamenten und medizinischem Zubehör konfrontiert (AAR Japan 6.2017; vgl. WHO 15.3.2017). Eine ausreichende Versorgung kann nur in einigen vom Regime gehaltenen Gebieten sichergestellt werden, doch auch hier kann es zu gravierenden Einschränkungen kommen. In Gebieten, die nicht vom Regime kontrolliert werden, ist die medizinische Versorgung meist katastrophal (AA 21.8.2017).

Ansteckende Krankheiten wie Polio treten wieder auf, und Schätzungen zufolge sterben mehr Syrer am fehlenden Zugang zu Gesundheitsversorgung, als durch die Kämpfe selbst (WB 10.7.2017).

Personen, die selbst Medikamente oder medizinisches Zubehör besorgen müssen, wenden sich oft an private Apotheken oder den Schwarzmarkt. Seit Beginn des Krieges ist jedoch das Durchschnittsgehalt eines Syrers auf etwa 70 US-Dollar pro Monat gesunken. Eine einzige Chemotherapiebehandlung kann ein Jahresgehalt kosten. Vor dem Krieg wären die meisten Personen nach Damaskus gegangen, um sich behandeln zu lassen. Jetzt steht die Angst vor dem Fortschreiten einer Krankheit der Angst gegenüber eine von der Regierung betriebene Einrichtung zu besuchen, wenn man aus einem von der Opposition kontrollierten Gebiet kommt. Unbestätigten Berichten zufolge gibt es Patienten, die auf dem Weg zu Regierungs-Krankenhäusern festgenommen wurden oder an jedem Checkpoint Bestechungsgelder bezahlen mussten (NYT 8.8.2017).

Rückkehr

Personen werden bei der Einreise nach Syrien über den internationalen Flughafen Damaskus oder andere Einreiseorte kontrolliert. (IRB 19.1.2016; vgl. Zeit 10.12.2017) Die Sicherheitsorgane haben am Flughafen freie Hand, und es gibt keine Schutzmechanismen, wenn eine Person verdächtigt und deswegen misshandelt wird. Es kann passieren, dass die Person sofort inhaftiert und dabei Opfer von Verschwindenlassen oder Folter wird. Oder der Person wird die Einreise nach Syrien erlaubt, sie muss sich jedoch zu einem anderen Zeitpunkt erneut melden und verschwindet dann. Eine Person kann auch Opfer von Misshandlungen werden, ohne dass es dafür einen bestimmten Grund gibt. Das System ist sehr unberechenbar (IRB 19.1.2016). Bereits im Jahr 2012 hat ein britisches Gericht festgestellt, dass für einen nach Syrien zurückkehrenden, abgelehnten Asylwerber im Allgemeinen bei der Ankunft die reale Gefahr besteht, aufgrund einer angenommenen politischen Gesinnung inhaftiert zu werden, und in der Folge schweren Misshandlungen ausgesetzt zu sein. Seit dieser Feststellung hat sich die Situation weiter verschlimmert. (UK HOME 8.2016).

Das syrische Gesetz bestraft auch Personen, welche versuchen in einem anderen Land Asyl zu suchen, um eine Strafe in Syrien zu vermeiden (USDOS 3.3.2017).

In den von oppositionellen Gruppierungen wie Jabhat Fatah ash-Sham oder dem sogenannten Islamischen Staat (IS) kontrollierten Gebieten verfügen die bewaffneten Gruppen ebenfalls über Listen von "Dissidenten". Ihnen drohen Misshandlung und Verschwindenlassen. Auch oppositionelle Gruppen kontrollieren Rückkehrende, wobei die Bekanntgabe des Wohn- und Geburtsortes wichtig ist. SyrerInnen, die aus der Türkei in oppositionelle Gebiete zurückkehren, werden befragt. Es kommt außerdem zu Entführungen und Lösegelderpressungen durch bewaffnete Gruppen (SFH 21.3.2017).

Wie aus Berichten hervorgeht, betrachtet die Regierung bestimmte Aktivitäten von im Ausland lebenden Syrern als Ausdruck einer oppositionellen Einstellung, darunter Anträge auf Asyl, Teilnahme an regierungskritischen Protesten, Kontakte zu Oppositionsgruppen oder andere Ausdrucksformen der Kritik an der Regierung, einschließlich über soziale Medien (UNHCR 2.2017). Die syrische Regierung hat Interesse an politischen Aktivitäten von Syrern im Ausland, auch deshalb, um oppositionelle Alternativen zum gegenwärtigen Regime zu unterbinden. Die Regierung überwacht Aktivitäten dieser Art im Ausland, auch in Österreich. Dass die syrische Regierung Kenntnis von solchen Aktivitäten hat, ist wahrscheinlich, und sie hat die Möglichkeit, ihr diesbezügliches Wissen zu nützen, wenn sich dazu die Gelegenheit ergibt. Eine Überwachung von exilpolitischen Aktivitäten passiert hauptsächlich an Orten mit einer größeren syrischen Gemeinde, weil sich dort eher Informanten der Regierung befinden können. Eine Gefährdung eines Rückkehrers im Falle von exilpolitischer Aktivität hängt jedoch von den Aktivitäten selbst, dem Profil der Person und von zahlreichen anderen Faktoren, wie dem familiären Hintergrund und den Ressourcen ab, die der Regierung zur Verfügung stehen (BFA 8.2017).

Aus den UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, 5. Aktualisierte Fassung:

Bestimmte Berufsgruppen

UNHCR ist der Auffassung, dass Berufsgruppen wie Journalisten und Bürgerjournalisten, Dozenten und Lehrer, Ärzte und sonstiges Gesundheitspersonal, Mitarbeiter humanitärer Hilfsorganisationen, Menschenrechtsaktivisten und Künstler je nach den Umständen des Einzelfalls aufgrund ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen politischen Meinung und/oder anderer maßgeblicher Gründe wahrscheinlich internationalen Schutz benötigen.

Personen, die tatsächliche oder vermeintliche Gegner der Regierung sind

Die syrische Regierung hat schon vor dem Ausbruch des aktuellen Konflikts abweichende politische Meinungen nicht bzw. nur in sehr begrenztem Umfang geduldet. Auf die im März 2011 aufkommenden Protestbewegungen der Opposition und die sich anschließenden bewaffneten Aufstände reagierte die Regierung Berichten zufolge mit massiver Unterdrückung und Gewalt. Bei der Frage, wo die politische Opposition beginnt, wendet die Regierung laut Berichten sehr weite Kriterien an: Kritik, Widerstand oder schon unzureichende Loyalität gegenüber der Regierung in jeglicher Form - so auch friedliche Proteste, die organisiert oder spontan im Rahmen einer politischen Partei oder auf individueller Ebene virtuell im Internet oder auf der Straße kundgetan wurden - führten Berichten zufolge zu schweren Vergeltungsmaßnahmen für die betreffenden Personen. Es wurde berichtet, dass zahlreiche Mitglieder oppositioneller Parteien, Teilnehmer von Protesten gegen die Regierung, Aktivisten, Wehrdienstentzieher und Deserteure, bestimmte Berufsgruppen (z. B. Journalisten und Bürgerjournalisten, Mitarbeiter humanitärer Hilfsorganisationen, Ärzte, Hochschuldozenten) und andere Personen, denen regierungsfeindliche Haltungen zugeschrieben wurden, durch Vergeltungsmaßnahmen in Form von Reiseverboten, Enteignungen, Zerstörung ihres Privateigentums, Zwangsvertreibungen, willkürlichen Verhaftungen, Isolationshaft, Folter und sonstigen Formen der Misshandlung sowie summarischen und extra-legalen Hinrichtungen bestraft wurden. Die tatsächlich oder vermeintlich oppositionellen Ansichten einer Person werden Berichten zufolge häufig auch Personen in ihrem Umfeld, wie Familienmitgliedern, Nachbarn und Kollegen zugeschrieben.

Seit 2011 wird in zahlreichen Berichten von weitverbreiteten und systematischen willkürlichen Festnahmen und dem Verschwindenlassen von Männern und männlichen Jugendlichen berichtet, wovon insbesondere, jedoch nicht ausschließlich, sunnitische Araber aus Gebieten betroffen sind, die derzeit oder früher von oppositionellen bewaffneten Gruppen kontrolliert werden bzw. wurden. Berichten zufolge werden sie aufgrund ihrer vermeintlichen Teilnahme an Kämpfen gegen die Regierung, ihrer vermeintlichen Unterstützung bewaffneter Gruppen oder ganz allgemein wegen ihrer vermeintlich oppositionellen Ansichten ins Visier genommen. Die Festnahmen beruhen laut Meldungen oft allein darauf, dass ein Mann oder Junge aus einem Gebiet stammt, das mit der Opposition in Verbindung gebracht wird. Die weitverbreiteten Festnahmen finden Berichten zufolge vor allem an Kontrollstellen, bei Razzien in wiedereroberten Gebieten und bei Evakuierungen statt, jedoch auch an öffentlichen Orten (einschließlich Krankenhäusern, Behörden, Flughäfen und Grenzübergängen).

Berichten ist zu entnehmen, dass die Regierung im Allgemeinen weiterhin Zivilpersonen, die aus Gebieten stammen oder in Gebieten wohnen, in denen es zu Protesten der Bevölkerung kam und/oder in denen bewaffnete oppositionelle Gruppen in Erscheinung treten oder (zumindest zeitweise) die Kontrolle übernommen haben, mit der bewaffneten Opposition in Verbindung bringt. Dies ist Berichten zufolge Teil einer umfassenden Politik, die Zivilpersonen aufgrund ihrer Verbindungen ins Visier nimmt, wenn sich die Betroffenen in einem Gebiet aufhalten oder aus einem Gebiet stammen, das als regierungsfeindlich angesehen wird und/oder dem Lager der bewaffneten Opposition zugerechnet wird. Es wurde gemeldet, dass Zivilpersonen in diesen Gebieten zahlreichen Bestrafungen unterzogen wurden. Dies beinhaltet Massenverhaftungen, Folter, sexuelle Gewalt insbesondere der Einsatz von Vergewaltigungen als Kriegswaffe, extra-legale Hinrichtungen durch die Streitkräfte der Regierung und regierungsnahe Gruppen im Rahmen von Bodenoffensiven, Hausdurchsuchungen und an Kontrollstellen sowie umfassenden Artilleriebeschuss und Luftangriffe.

In Gebieten, die die Regierung von bewaffneten oppositionellen Gruppen zurückerobert hat, hat sie Berichten zufolge zahlreiche Personen verhaftet, insbesondere Männer und Jungen über zwölf Jahren, von denen sie vermutete, dass sie die oppositionellen Gruppen unterstützen oder mit ihnen sympathisieren.

UNHCR ist der Auffassung, dass Personen, die tatsächlich oder vermeintlich in Opposition zur Regierung stehen, einschließlich Zivilpersonen, die aus Gebieten stammen oder in Gebieten wohnen, die als regierungsfeindlich angesehen werden, je nach den Umständen des Einzelfalls aufgrund ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen politischen Meinung und/oder anderer maßgeblicher Gründe wahrscheinlich internationalen Schutz benötigen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Situation in Syrien basieren auf dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Syrien vom 25.01.2018 (letzte Kurzinformation eingefügt am 24.08.2018). Das genannte Länderinformationsblatt stützt sich auf Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Syrien ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Weitere Feststellungen zur Situation in Syrien basieren auf den UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, 5. Fassung, November 2017.

Die Feststellungen zur Person der BF ergeben sich aus den Angaben der BF1 im Zusammenhang mit den vorgelegten Dokumenten (insb. hinsichtlich BF4 die österreichische Geburtsurkunde).

Die Feststellung, dass BF1 und XXXX zwar traditionell, jedoch nicht standesamtlich verheiratet sind, ergibt sich aus ihren übereinstimmenden Vorbringen diesbezüglich in der Beschwerdeverhandlung. BF1 und XXXX haben nicht einmal behauptet, standesamtlich verheiratet zu sein.

Die Feststellung zur Rückkehrgefährdung der BF1 stützt sich auf folgende Erwägungen:

Zunächst ist aufgrund der lebensnahen und im Wesentlichen mit ihrem Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren übereinstimmenden Schilderungen der BF1 in der Beschwerdeverhandlung anzunehmen, dass das Vorbringen bezüglich der drohenden Verfolgung der BF1 im Falle einer Rückkehr nach Syrien durch das syrische Regime den Tatsachen entspricht. Sie hat angegeben, aus einem Gebiet zu stammen, das vom syrischen Regime der Opposition zugerechnet bzw. dessen Bewohnern und Bewohnerinnen vom syrischen Regime eine oppositionelle politische Gesinnung unterstellt wird. Weiters haben dem syrischen Regime zurechenbare Personen von ihr verlangt, Kriegsverletzte zu behandeln, da sie eine elementare medizinische Ausbildung absolviert hat. Sie hat sich diesem Dienst jedoch durch ihre Flucht entzogen. Dies legt nahe, dass ihr von den syrischen Behörden eine oppositionelle politische Gesinnung unterstellt wird.

Das Vorbringen der BF1 ist auch vor dem Hintergrund der aktuellen Länderberichte objektivierbar: Aus den Feststellungen ergibt sich, dass die syrische Regierung den Großteil des Landes beherrscht, insbesondere (den Großraum) Damaskus. Die Justiz ist politischen Einflüssen ausgesetzt; Oppositionelle und Zivilisten werden vom syrischen Regime oder verbündeten Milizen gefoltert. Als nicht ausreichend regimetreu wahrgenommen zu werden kann schon reichen, um festgenommen (und in weiterer Folge gefoltert) zu werden; es ist sogar ein Charakteristikum des Bürgerkriegs in Syrien, dass Personen aufgrund ihrer tatsächlichen, wahrgenommenen oder zugeschriebenen politischen Meinung angegriffen werden. Diese Zuschreibung kann auch auf der Herkunft aus einem bestimmten Gebiet basieren, das als "regierungsfeindlich" gilt.

In Hinblick auf das somit glaubwürdige Vorbringen, die BF1 stamme aus XXXX und habe sich der Aufforderung der syrischen Regierung, Kriegsverletzte medizinisch zu versorgen, widersetzt, kann nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass der BF1 bei einer Rückkehr nach Syrien eine regimekritische bzw. oppositionelle Gesinnung zumindest unterstellt wird.

Diese Einschätzung deckt sich auch mit den UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen (5., aktualisierte Fassung), wonach einerseits u.a. Gesundheitspersonal bzw. Personen, die tatsächlich oder vermeintlich in Opposition zur Regierung stehen, einschließlich Zivilpersonen, die aus Gebieten stammen, die als regierungsfeindlich angesehen werden - je nach den Umständen des Einzelfalls aufgrund der tatsächlichen oder vermeintlichen politischen Meinung und/oder anderer maßgeblicher Gründe - wahrscheinlich internationalen Schutz benötigen. Es ist davon auszugehen, dass die BF1 in diese von UNHCR angeführten Risikogruppen fällt (zur Indizwirkung von UNHCR-Positionen vgl. etwa VwGH 16.1.2008, 2006/19/0182, m.w.N.).

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit der stützt sich bezüglich der BF1 auf eine aktuelle Abfrage des Strafregisters, während sich die Unbescholtenheit der BF2 bis BF4 bereits aus ihrem Alter ergibt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels einfachgesetzlicher materienspezifischer Sonderregelung liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. 51/1991 (AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung BGBl. Nr. 194/1961 (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes BGBl. Nr. 173/1950 (AgrVG), und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 BGBl. Nr. 29/1984 (DVG), und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu Spruchpunkt A):

3.2.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Asylantrag gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der RL 2004/83/EG des Rates verweist). Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

Zentraler Aspekt des Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 25.01.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

Bei der Entscheidung, ob eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung besteht, handelt es sich immer um eine Prognoseentscheidung, die eine auf die Zukunft gerichtete Verfolgung verlangt. Das Wort "Furcht" bezieht sich dabei nicht nur auf Personen, die tatsächlich verfolgt wurden, sondern auch auf solche, die einer Situation aus dem Wege gehen möchten, die eine Gefahr der Verfolgung in sich birgt (vgl. UNHCR, Ergänzende aktuelle Länderinformationen Syrien: Militärdienst, vom 30. November 2016, S. 1)

3.2.1.2. Wie sich aus den Feststellungen ergibt, läuft die BF1 mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Gefahr, in Syrien aufgrund einer (ihr zumindest unterstellten) politischen Verfolgungshandlungen von ausreichender Intensität von Seiten des syrischen Regimes ausgesetzt zu sein. Somit besteht ein ausreichender Konnex zu einem in der GFK genannten Grund.

Eine Inanspruchnahme des Schutzes durch den syrischen Staat ist für sie schon deswegen auszuschließen, weil die Verfolgung gerade von diesem ausgeht.

Vom Vorliegen einer zumutbaren innerstaatliche Fluchtalternative kann schon deshalb nicht ausgegangen werden, da die Annahme einer solchen im Widerspruch zum aufgrund der Situation in Syrien bereits gewährten subsidiären Schutz stünde (vgl. VwGH 25.3.2015, Ra 2014/18/0168; 29.6.2015, Ra 2014/18/0070).

Da sich auch kein Hinweis auf einen der in Art. 1 Abschnitt C oder F der GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe ergeben hat, war der BF3 gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status einer Asylberechtigten zuzuerkennen.

3.2.2.1. § 34 AsylG 2005 lautet:

"(1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;

3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG)."

Gemäß § 22 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.

3.2.2.2. Die BF 2, BF 3 und BF 4 sind als zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjährige und ledige Kinder von BF 1 (anders als XXXX und XXXX ) deren Familienangehörige iSd § 22 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005, weshalb diese gemäß § 34 Abs. 6 Z 2 AsylG 2005 den Status von Asylberechtigten von der BF1 ableiten können.

Daher war ihnen - bei Fehlen von Hinweisen auf Endigungs- oder Ausschlussgründe sowie vor dem Hintergrund der Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit - gemäß § 34 AsylG 2005 ebenfalls der Status von Asylberechtigten zuzuerkennen und gleichfalls gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 festzustellen, dass ihnen damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Gemäß § 3 Abs. 4 AsylG 2005 kommt einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter zu. Die Aufenthaltsberechtigung gilt drei Jahre und verlängert sich um eine unbefristete Gültigkeitsdauer, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingestellt wird.

Gemäß § 3 Abs. 4b AsylG 2005 gilt Abs. 4 leg. cit. in einem Familienverfahren gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 mit der Maßgabe, dass sich die Gültigkeitsdauer der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach der Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsberechtigung des Familienangehörigen, von dem das Recht abgeleitet wird, richtet.

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass das Gesetz nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 30.04.2018, Ra 2017/01/0418) beim Status des Asylberechtigten nicht differenziert. Weder kennt das Gesetz einen ‚originären' Status des Asylberechtigten, noch spricht das Gesetz in § 34 Abs. 4 AsylG davon, dass im Familienverfahren ein anderer, nur ‚abgeleiteter' Status zuzuerkennen ist. Im Gegenteil spricht der zweite Satz des § 34 Abs. 4 AsylG 2005 ausdrücklich davon, dass ‚der' Status des Asylberechtigten zuzuerkennen ist, was nur bedeuten kann, dass der Status des Asylberechtigten an sich (ohne weitere Differenzierung) zuzuerkennen ist. Im Übrigen lässt sich auch der Status-Richtlinie 2011/95/EU eine solche Differenzierung bei der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht entnehmen (vgl. insbesondere deren Art. 13). Daher kann auf die Prüfung der eigenen Fluchtgründe einer Person verzichtet werden, wenn dieser Asyl im Familienverfahren zuerkannt werden kann (VwGH 30.04.2018, Ra 2017/01/0418).

3.2.3. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.3. Zu Spruchpunkt B):

3.3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.3.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung. Des Weiteren ist die vorliegende Recht

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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