Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AsylG 1997 §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Grubner, in der Beschwerdesache des MM in Wien, geboren am 11. Oktober 1963, vertreten durch Dr. Walter Lattenmayer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Mahlerstraße 11, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 11. November 1998, Zl. 204.920/0-VIII/22/98, betreffend Asylgewährung (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer, ein iranischer Staatsangehöriger, reiste seinen Angaben zufolge am 7. Mai 1998 in das Bundesgebiet ein und in der Folge sofort nach Frankreich weiter, wo er sich ca. zwei Monate aufhielt. Nach seiner unter Anwendung des Dubliner Übereinkommens erfolgten Rückstellung nach Österreich beantragte er am 7. Juli 1998 Asyl. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 10. August 1998 wurde sein Antrag abgewiesen. Zugleich wurde gemäß § 8 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76 (AsylG), i.V.m. § 57 Fremdengesetz 1997, BGBl. I Nr. 75 (FrG), festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in den Iran zulässig sei.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes gemäß § 66 Abs. 4 AVG sowohl in Bezug auf die Abweisung des Asylantrages gemäß § 7 AsylG als auch hinsichtlich der vom Bundesasylamt ausgesprochenen Feststellung gemäß § 8 AsylG abgewiesen.
Mit der vorliegenden Beschwerde begehrt der Beschwerdeführer die Aufhebung des mit ihr vorgelegten Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Über diese Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in dem gemäß § 12 Abs.1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Dem Verwaltungsgerichtshof ist es aufgrund seiner hinsichtlich der Sachverhaltsfeststellungen eingeschränkten Prüfungsbefugnis verwehrt, in einem Verfahren über eine Bescheidbeschwerde die von der Behörde vorgenommene Beweiswürdigung daraufhin zu überprüfen, ob nicht der gegenteilige Schluss aus den aufgenommenen Beweisen hätte gezogen werden können. Der Verwaltungsgerichtshof kann wohl die Schlüssigkeit der Erwägungen der belangten Behörde, nicht aber ihre konkrete Richtigkeit nachprüfen (vgl. dazu die in Dolp,
Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 551, zu § 41 wiedergegebene Judikatur).
Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer nach seinen in der vorgelegten Bescheidausfertigung wörtlich wiedergegebenen Angaben seine Fluchtgründe darauf gestützt, dass er seit 1997 Mitglied der im Iran politisch aktiven Gruppe "Hojatieh" gewesen sei, die vom iranischen Regime verfolgt würde. Er habe für diese Gruppe an bestimmte Regimegegner "regimekritische" Zeitungen verteilt. Ein Parteifreund sei dabei von der Polizei betreten und "für zehn Jahre inhaftiert" worden. Im Übrigen sei der Beschwerdeführer mehrmals wegen seiner westlichen Kleidung und wegen Besitzes westlicher Musikkassetten für mehrere Stunden angehalten worden.
Diesen Behauptungen des Beschwerdeführers hielt die belangte Behörde in der von ihr durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung die Ergebnisse ihrer Ermittlungen entgegen, wonach es sich bei der "Hojatieh" um eine "rechtsgerichtete, islamisch fundamentalistische (Geheim-)Bewegung handelt, die keineswegs zu dem iranischen Regime in Opposition steht und deren Mitglieder auch keinesfalls dort verfolgt werden". Dabei stützte sich die belangte Behörde auf die im angefochtenen Bescheid auszugsweise wiedergegebenen Berichte und Aussagen,
"wie das Homepage der Tudeh-Partei, UNHCR-Refworld und den Länderbericht des US-amerikanischen Geheimdienstes CIA, die trotz ihrer unterschiedlichen Interessen und Standpunkte alle zu einem identen Ergebnis hinsichtlich der Bewertung der Hojatieh gelangen. Diese Bewertung wird auch von dem allgemein anerkannten Ludwig-Boltzmann-Institut für Menschenrechte in Wien, der über zahlreiche Kontakte und Informationen über den Iran verfügenden ständig von der Behörde beigezogenen Dolmetscherin Anna MANAVI und im Ergebnis auch von dem von der Österreichischen Botschaft ständig beigezogenen, in Teheran lebenden Vertrauensanwalt bestätigt. Dem gegenüber wird auch in den zahlreichen der Behörde zur Verfügung stehenden Informationen (wie z.B. den Länderberichten) nirgends die Hojatieh als oppositionelle Gruppe, deren Mitglieder im Iran Verfolgung erleiden, bezeichnet."
Daraus zog die belangte Behörde im Ergebnis den Schluss, dass dem Beschwerdeführer mangels Vereinbarkeit seiner Aussagen mit den erhobenen politischen Verhältnissen bezüglich dieser Organisation in seinem Heimatland die Glaubwürdigkeit abzusprechen sei (Seite 19 des bekämpften Bescheides). Es lasse sich aus dem Gesamtzusammenhang der Fakten ("Einladung durch eine österreichische Firma, Erstellung eines Visums durch die österreichische Botschaft, Einreise nach Frankreich", wohin wegen des Studienaufenthaltes des Beschwerdeführers, der dort fünf Jahre lang studiert habe, "offenbar noch persönliche Kontakte bestehen") entnehmen, dass der Beschwerdeführer nur eine Möglichkeit gesucht habe, legal aus dem Iran auszureisen und sich (letztlich) in Österreich einen Aufenthaltstitel zu verschaffen.
Die auf dieser Sachverhaltsgrundlage gezogene Schlussfolgerung auf die Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers stößt auf dem Boden der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur (eingeschränkten) Überprüfungsbefugnis hinsichtlich der behördlichen Beweiswürdigung (vgl. insbesondere das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 2. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) insoweit auf keinen Einwand, als es Aufgabe des Beschwerdeführers ist, durch ein in sich stimmiges und widerspruchsfreies Vorbringen (allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel) einen asylrelevanten Sachverhalt glaubhaft zu machen. Den von der belangten Behörde auf verschiedensten Informationsquellen gestützten Erhebungsergebnissen hat der Beschwerdeführer im Ergebnis nur seine anders lautenden eigenen Behauptungen entgegengesetzt. Dass die aus diesen Beweisquellen getroffenen Feststellungen der belangten Behörde mit dem Inhalt dieser Berichte und mitgeteilten Informationen nicht in Einklang zu bringen wären, wird aber auch in der vorliegenden Beschwerde nicht behauptet.
Nicht jede Verletzung von Verfahrensvorschriften führt zur Aufhebung eines Bescheides, sondern nur dann, wenn die belangte Behörde bei deren Vermeidung zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können. In der vorliegenden Beschwerde wird nicht konkret dargelegt, dass und warum die Aussagen der von der belangten Behörde als besonders qualifiziert angesehenen Dolmetscherin unrichtig wären. Selbst wenn die belangte Behörde somit der zu den politischen Verhältnissen im Iran befragten Dolmetscherin unter Verletzung von Verfahrensvorschriften unzutreffend die Qualifikation einer Sachverständigen zugebilligt hätte, ist nicht erkennbar, weshalb sich dieser Verfahrensfehler in entscheidender Weise auf den festgestellten Sachverhalt ausgewirkt haben soll. Richtig ist, dass der Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme angegeben hatte, die "Ausreise aus dem Flughafen in Teheran war problemlos, unsere Namen waren den Behörden nicht bekannt, der Zollbeamte wurde zur Sicherheit von einem Bekannten bestochen". Allerdings wird vom Beschwerdeführer nicht bestritten, dass er "über Einladung der Firma H Handelsgesellschaft m.b.H." in Wien "mit einem von der österreichischen Botschaft in Teheran ausgestellten Visum im Wege des Flughafens Wien-Schwechat (mit der Iran-Air aus Teheran kommend) am 7. Mai 1998 in das österreichische Bundesgebiet eingereist" war. Die belangte Behörde war daher insoweit zutreffend von einer "legalen" Einreise des Beschwerdeführers ausgegangen, sodass diese Annahme nicht im Widerspruch zu den Angaben des Beschwerdeführers steht. Ebenso hatte der Beschwerdeführer (in der Beschwerde unbestritten) selbst angegeben, auf seinen Antrag vom 21. März 1998 nach zwei Tagen einen Reisepass in Teheran ausgestellt erhalten zu haben. Auch wenn aus einer legalen Ausreise (nach Angaben des Beschwerdeführers im vorliegenden Fall "vorsichtshalber" zusätzlich nach Bestechung eines Beamten) wie auch aus einer "problemlosen" Ausstellung eines Reisepasses im Heimatland für sich allein (noch) nicht auf das Nichtvorliegen von asylrelevanten Gründen geschlossen werden kann, sprechen diese Umstände aber auch nicht dafür, dass der Asylwerber einer solchen Verfolgung ausgesetzt gewesen wäre. Die belangte Behörde hat aber ohnehin die Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers darauf gestützt, dass die Mitglieder der von ihm im Iran als verfolgte Oppositionspartei dargestellten Organisation, mit welcher Verfolgung er seine Fluchtgründe in unmittelbaren Konnex brachte, nach den umfangreichen Ermittlungsergebnissen allein wegen ihrer Mitgliedschaft nicht verfolgt seien. Diese Schlussfolgerung ist aber nicht zu beanstanden (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 8. März 1999, Zl. 98/01/0371).
Die belangte Behörde hat auch zutreffend darauf hingewiesen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Sanktionen wegen der Nichteinhaltung der im Iran geltenden Bekleidungsvorschriften, die nach den Aussagen des Beschwerdeführers keine asylrelevante Intensität erreichten, nicht die Flüchtlingseigenschaft zu begründen vermögen.
Aufgrund der durch die Beschwerdeausführungen somit im Ergebnis nicht erschütterten Schlussfolgerungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid sind auch keine stichhaltigen Gründe dafür zu erkennen, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Abschiebung in den Iran im Sinne des § 8 AsylG i.V.m. § 57 Abs. 1 FrG bedroht wäre.
Da somit schon das Vorbringen in der Beschwerde in Verbindung mit der vorgelegten Bescheidausfertigung erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 20. Mai 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999200129.X00Im RIS seit
27.03.2001