Entscheidungsdatum
16.01.2019Norm
AsylG 2005 §10Spruch
W251 2157358-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Angelika SENFT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. Gmbh, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.04.2017, Zl. 1096035504 - 151831701, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein männlicher Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 23.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
2. Am 22.11.2015 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Dabei gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass er von den Taliban bedroht worden sei. Diese haben ihre Autos bei seiner Tankstelle betankt ohne zu bezahlen. Dadurch, dass sein Bruder bei einer staatlichen Behörde gearbeitet habe, haben ihn die Taliban mit dem Umbringen bedroht. Die Taliban haben von ihm verlangt mit ihnen zusammenzuarbeiten und im Krieg gegen die Amerikaner zu kämpfen, oder den Taliban USD 5.000 zu geben. Er habe dieses Geld jedoch nicht gehabt. Zudem habe er Angst gehabt, dass die Taliban wiederkommen und Geld verlangen würden.
3. Am 30.11.2016 fand eine Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) statt. Zu seinen Fluchtgründen gab er im Wesentlichen an, dass er Probleme mit den Taliban in Afghanistan gehabt habe. Die Taliban seien oft zu seinem Geschäft gekommen um Benzin zu kaufen, die Taliban haben oft Benzin bezogen ohne zu bezahlen. In der Nacht seien die Taliban zur Wohnung des Beschwerdeführers gekommen und haben diesen aufgefordert mit ihnen zu kommen und gegen die Amerikaner zu kämpfen, wenn nicht solle er 250.000 Afghani zahlen. Die Taliban haben gesagt, dass er Benzin von den Amerikanern beziehen würde. Er solle mit ihnen in den Jihad ziehen, weil die Amerikaner das Land besetzen. Seine Brüder würden in Kabul leben und für die Regierung arbeiten. Die Taliban haben gesagt, dass der Beschwerdeführer ein Spion für die Regierung sei.
4. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz zur Gänze ab (Spruchpunkt I. und II.) und erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen. Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 2 Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seine Fluchtgründe nicht habe glaubhaft machen können. Es drohe dem Beschwerdeführer auch keine Gefahr, die die Erteilung eines subsidiären Schutzes rechtfertigen würde. Der Beschwerdeführer sei ein gesunder, arbeitsfähiger Mann, der noch über ein familiäres Unterstützungsnetz in Afghanistan verfüge und somit bei einer Rückkehr nach Afghanistan nicht in eine ausweglose Situation geraten würde. Der Beschwerdeführer verfüge in Österreich zudem über kein schützenswertes Privat- und Familienleben, das einer Rückkehrentscheidung entgegenstehen würde.
5. Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass das Ermittlungsverfahren mangelhaft gewesen sei, so seien die Länderfeststellungen mangelhaft. Da die Brüder als XXXX arbeiten würden, sei der Beschwerdeführer besonders gefährdet. Zudem stelle eine Weigerung sich den Taliban anzuschließen eine asylrelevante Verfolgung nach den UNHCR Richtlinien dar. Die Sicherheits- und Versorgungslage sei in Kabul unzureichend, der Staat sei auch nicht schutzfähig. Taliban verfügen über ein großes Netzwerk und seien in der Lage auch in Kabul bzw. im gesamten Gebiet Afghanistans gezielt und gewaltsam Menschen zu bedrohen und Anschläge zu verüben, sodass keine innerstaatliche Schutzalternative bestehe.
6. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 11.01.2019 in Anwesenheit eines Dolmetschers und im Beisein des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer führt in Österreich den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX, seine Identität steht nicht fest. Er ist afghanischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Tadschiken an, bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben und spricht Dari als Muttersprache. Der Beschwerdeführer spricht zudem Farsi und Paschtu, er kann in den Sprachen Dari und Farsi lesen und schreiben (Verhandlungsprotokoll vom 11.01.2019, OZ 9, S. 7f; AS 11; AS 51-52; AS 50).
Der Beschwerdeführer wurde in der Provinz Loghar, im Distrikt XXXX, im Dorf XXXX geboren und ist dort gemeinsam mit seinen Eltern und seinen drei Brüdern aufgewachsen. Der Beschwerdeführer hat in Afghanistan acht Jahre lang eine Schule besucht. Der Beschwerdeführer hat in der Landwirtschaft gearbeitet sowie in einem Obstgarten (OZ 9, S. 2f). Der Beschwerdeführer hat kein Benzin verkauft.
Der Beschwerdeführer ist verheiratet und hat eine Tochter (OZ 9, S. 7; AS 53).
Der Beschwerdeführer wurde nach den afghanischen Gepflogenheiten und der afghanischen Kultur sozialisiert, er ist mit den afghanischen Gepflogenheiten vertraut.
Die Eltern, die Ehefrau und das Kind des Beschwerdeführers leben noch in der Provinz Loghar im Heimatdorf (AS 53; OZ 9, S. 9). Ein Onkel mütterlicherseits des Beschwerdeführers lebt mit seiner Familie, bestehend aus einer Ehefrau und zwei Söhnen, in Loghar (OZ 9, S. 10). Eine Tante mütterlicherseits des Beschwerdeführers lebt mit ihrer Familie, bestehend aus einem Ehemann, zwei Söhnen und einer Tochter, ebenfalls in Loghar. Diese Söhne sind ca 22 bzw. ca 18 Jahre alt, die Tochter ist ca. 25 Jahre alt (OZ 9, S. 10-11). Einer dieser Söhne hat ein Sammeltaxi und fährt die Strecke von Kabul nach Loghar (OZ 9, S. 10). Der Beschwerdeführer hat Kontakt zu diesen Verwandten (OZ 9, S. 9-10).
Der Vater arbeitet derzeit auf den Feldern und im Obstgarten. Die Mutter des Beschwerdeführers ist Hausfrau (OZ 9, S. 12).
Die Brüder des Beschwerdeführers leben bereits seit mehreren Jahren in Kabul. Ein Bruder des Beschwerdeführers ist ca. 29 Jahre alt, der jüngere Bruder des Beschwerdeführers ist ca. 20 Jahre alt. Beide Brüder sind verheiratet und haben ein bzw. zwei Kinder. Die Brüder haben in Kabul keine Probleme, weder wirtschaftliche Probleme noch sonstige Probleme (AS 15; AS 51; OZ 9, S. 9). Die Brüder des Beschwerdeführers arbeiten nicht für das XXXX, es kann nicht festgestellt werden welcher Arbeit die Brüder des Beschwerdeführers in Kabul nachgehen.
Zwei Cousins väterlicherseits des Beschwerdeführers leben im Iran. Einer von diesen ist mit einer Iranerin verheiratet. Zu diesen hat der Beschwerdeführer derzeit keinen Kontakt (OZ 9, S. 11).
Die Familie des Beschwerdeführers hat mehrere Felder, ein Haus sowie einen Obstgarte. Die Tante und der Onkel des Beschwerdeführers besitzen ebenfalls Felder und auch Häuser. Der Onkel des Beschwerdeführers besitzt ein Stoffgeschäft. Ein Cousin des Beschwerdeführers besitzt ein Auto (OZ 9, S. 12).
Der Beschwerdeführer ist unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich eingereist und hält sich seit zumindest Ende Oktober 2015 durchgehend in Österreich auf.
Der Beschwerdeführer hat bereits an Alphabetisierungskursen und an einem Deutschkurs auf dem Niveau A1 teilgenommen (Beilage ./E; Beilage ./F). Der Beschwerdeführer hat geringe Deutschkenntnisse (OZ 9, S. 12-13).
Der Beschwerdeführer hat im November 2016 an einer Veranstaltung zum Thema "Wie finde ich mich in einer fremden Kultur zurecht?" sowie an einer Veranstaltung zum Thema "Umgang mit Aggressionen, Stress und Angst" teilgenommen (AS 57, Beilage ./G; Beilage ./H). Der Beschwerdeführer hat zudem an den Infomodulen Soziales und Zusammenleben teilgenommen (AS 59; Beilage ./J; Beilage ./I).
Der Beschwerdeführer spielt im Fußballverein "XXXX" (Beilage ./D;
Der Beschwerdeführer lebt von der Grundversorgung. Er geht weder einer Erwerbstätigkeit noch einer ehrenamtlichen Arbeit nach (OZ 9, S. 14). Der Beschwerdeführer hat freundschaftliche Kontakte zu Mitbewohnern sowie zu Personen aus dem Fußballverein knüpfen können, er verfügt jedoch weder über Verwandte noch über sonstige enge soziale Bindungen in Österreich (OZ 9, S. 13-14).
Der Beschwerdeführer ist anpassungsfähig und kann einer regelmäßigen Arbeit nachgehen.
Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten, er ist gesund (OZ 9, S. 15; AS 50).
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten (Beilage ./I).
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Verfolgungsvorbringen kann nicht festgestellt werden.
1.2.1 Weder der Beschwerdeführer noch seine Familie wurden in Afghanistan jemals von den Taliban oder von anderen Personen aufgesucht oder von diesen bedroht. Der Beschwerdeführer wurde von den Taliban weder entführt noch wurde er von diesen aufgefordert in den Jihad zu ziehen oder für die Taliban zu arbeiten.
Der Beschwerdeführer hat Afghanistan weder aus Furcht vor Eingriffen in die körperliche Integrität noch wegen Lebensgefahr verlasen.
Bei einer Rückkehr nach Afghanistan droht dem Beschwerdeführer individuell und konkret weder Lebensgefahr noch ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch Mitglieder der Taliban oder durch andere Personen. Er wird von den Taliban nicht gesucht. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan droht dem Beschwerdeführer auch keine Zwangsrekrutierung durch die Taliban oder durch andere Personen.
1.2.2. Der Beschwerdeführer war in Afghanistan weder wegen seiner Religionszugehörigkeit zu den sunnitischen Muslimen noch wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit zu den Tadschiken konkret und individuell physischer oder psychischer Gewalt ausgesetzt.
1.2.3. Darüber hinaus kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines in Österreich ausgeübten Lebensstils oder seinem Aufenthalt in einem europäischen Land in Afghanistan psychischer oder physischer Gewalt ausgesetzt wäre.
1.3. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:
Dem Beschwerdeführer könnte bei einer Rückkehr in die Provinz Loghar aufgrund der dort herrschenden allgemeinen schlechten Sicherheitslage ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen.
Die Wohnraum- und Versorgungslage ist in Kabul und Mazar-e Sharif sehr angespannt. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Ansiedelung in der Stadt Kabul oder Mazar-e Sharif kann der Beschwerdeführer jedoch grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Er kann selbst für sein Auskommen und Fortkommen sorgen und in Kabul oder Mazar-e Sharif einer Arbeit nachgehen und sich selber erhalten.
Der Beschwerdeführer kann zudem von seiner Familie bei einer Rückkehr nach Afghanistan finanziell unterstützt werden. Er kann auch von den Erträgnissen aus dem Obstgarten und den Feldern der Familie leben (OZ 9, S. 20). Der Beschwerdeführer kann bei seinen Brüdern in Kabul wohnen. Es kann nicht festgestellt werden, dass diese Brüder in Kabul in einer Zone wohnen, die für den Beschwerdeführer nicht zugänglich ist. Der Beschwerdeführer kann Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen.
Es ist dem Beschwerdeführer möglich nach anfänglichen Schwierigkeiten nach einer Ansiedlung in der Stadt Kabul oder in der Stadt Mazar-e Sharif Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können.
1.4. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:
Wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren, die von regierungsfeindlichen Elementen ausgeführt wurden, erklärten die Vereinten Nationen (UN) im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil (Länderinformationsblatt für Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 23.11.2018 - LIB 23.11.2018, S.42).
Für das Jahr 2017 registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) landesweit 29.824 sicherheitsrelevante Vorfälle. Im Jahresvergleich wurden von INSO 2016 landesweit 28.838 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert und für das Jahr 2015 25.288. Zu sicherheitsrelevanten Vorfällen zählt INSO Drohungen, Überfälle, direkter Beschuss, Entführungen, Vorfälle mit IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und andere Arten von Vorfällen (LIB 23.11.2018, S. 42).
Afghanistan ist nach wie vor mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren. Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt) bedrohen. Dies ist den intensiven Luftangriffen durch die afghanische Nationalarmee und der Luftwaffe sowie verstärkter Nachtrazzien durch afghanische Spezialeinheiten zuzuschreiben (LIB 23.11.2018, S. 45).
Im Jänner 2018 waren 56.3% der Distrikte unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung, während Aufständische 14.5% der Distrikte kontrollierten bzw. unter ihrem Einfluss hatten. Die übriggebliebenen 29.2% der Distrikte waren umkämpft. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten, die von Aufständischen kontrolliert werden, waren mit Stand Jänner 2018 Uruzgan, Kunduz und Helmand. Alle Provinzhauptstädte befanden sich unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung (LIB 23.11.2018, S. 53).
Die Anzahl der öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe hatte sich von 1.6. - 20.11.2017 im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Vorjahres erhöht. In den ersten Monaten des Jahres 2018 wurden verstärkt Angriffe bzw. Anschläge durch die Taliban und den IS in verschiedenen Teilen Kabuls ausgeführt. Als Antwort auf die zunehmenden Angriffe wurden Luftangriffe und Sicherheits-operationen verstärkt, wodurch Aufständische in einigen Gegenden zurückgedrängt wurden; auch wurden in der Hauptstadt verstärkt Spezialoperationen durchgeführt, wie auch die Bemühungen der US-Amerikaner, Terroristen zu identifizieren und zu lokalisieren (LIB 23.11.2018, S. 46).
Die Taliban und weitere aufständische Gruppierungen wie der Islamische Staat (IS) verübten "high-profile"-Angriffe, speziell im Bereich der Hauptstadt, mit dem Ziel, eine Medienwirksamkeit zu erlangen und damit ein Gefühl der Unsicherheit hervorzurufen und so die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben (LIB 23.11.2018, S. 40). Die Auflistung der high-profile Angriffe zeigt, dass die Anschläge in großen Städten, auch Kabul, hauptsächlich im Nahebereich von Einrichtungen mit Symbolcharakter (Moscheen, Tempel bzw. andere Anbetungsorte), auf Botschaften oder auf staatliche Einrichtungen stattfinden. Diese richten sich mehrheitlich gezielt gegen die Regierung, ausländische Regierungen und internationale Organisationen (LIB 23.11.2018, S.46 ff).
Provinz Kabul:
Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul-Stadt. Die Stadt hat 22 Stadtgemeinden und 14 administrative Einheiten. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf
4.679.648 geschätzt. In der Hauptstadt Kabul leben unterschiedliche Ethnien: Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Sikhs und Hindus. Ein Großteil der Bevölkerung gehört dem sunnitischen Glauben an, dennoch lebt eine Anzahl von Schiiten, Sikhs und Hindus nebeneinander. In der Hauptstadt Kabul existieren etwa 60 anerkannte informelle Siedlungen, in denen 65.000 registrierte Rückkehrer und IDPs wohnen. Kabul verfügt über einen internationalen Flughafen durch den die Stadt sicher erreichbar ist (LIB 23.11.2018, S. 67f).
Einst als relativ sicher erachtet, ist die Hauptstadt Kabul von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen der Taliban betroffen, die darauf abzielen, die Autorität der afghanischen Regierung zu untergraben. Regierungsfeindliche, bewaffnete Gruppierungen inklusive des IS versuchen in Schlüsselprovinzen und -distrikten, wie auch in der Hauptstadt Kabul, Angriffe auszuführen. Im Zeitraum 1.1.2017- 30.4.2018 wurden in der Provinz 410 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, die sich überwiegend in der Hauptstadt Kabul ereigneten (LIB 23.11.2018, S. 68f).
Im Jahr 2017 war die höchste Anzahl ziviler Opfer Afghanistans in der Provinz Kabul zu verzeichnen, die hauptsächlich auf willkürliche Angriffe in der Stadt Kabul zurückzuführen waren; 16% aller zivilen Opfer in Afghanistan sind in Kabul zu verzeichnen.
Selbstmordangriffe und komplexe Attacken, aber auch andere Vorfallsarten, in denen auch IEDs verwendet wurden, erhöhten die Anzahl ziviler Opfer in Kabul. Dieser öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriff im Mai 2017 war alleine für ein Drittel ziviler Opfer in der Stadt Kabul im Jahr 2017 verantwortlich (LIB 23.11.2018, S. 69).
Logar:
Logar befindet sich 65 km südlich von Kabul. Die Bevölkerungszahl der Provinz beträgt ca. 405.109 Einwohner (LIB 23.11.2018, S. 165). Logar gehört zu den volatilen Provinzen Afghanistans. Aufgrund der Nähe zu den Außendistrikten der Stadt Kabul, fanden in
Logar heftige Gefechte zwischen Taliban und Sicherheitskräften statt. Im Jahr 2017 gehörte Logar zu den Provinzen mit der höchsten Anzahl registrierter Anschläge. Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 156 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert
Im gesamten Jahr 2017 wurden in Logar 148 zivile Opfer (67 getötete Zivilisten und 81 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Bodenoffensiven, gefolgt von gezielten Tötungen und Luftangriffen. Im Zeitraum 1.1.2017 - 31.1.2018 wurden in Logar IS-bezogene Vorfälle (Gefechte) registriert (LIB 23.11.2018, S. 166ff).
Mazar-e Sharif:
Mazar-e Sharif ist die Hauptstadt der Provinz Balkh. Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana und Pul-e-Khumri und ist gleichzeitig ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst (LIB 23.11.2018, S. 85).
In Mazar-e Sharif gibt es einen internationalen Flughafen, durch den die Stadt sicher zu erreichen ist (LIB 23.11.2018, S. 86).
Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans, sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan. Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften (LIB 23.11.2018, S. 86).
Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.382.155 geschätzt (LIB 23.11.2018, S. 85f).
Dürre:
Aufgrund der Dürre wird die Getreideernte geringer ausfallen, als in den vergangenen Jahren. Da die Getreideernte in Pakistan und im Iran gut ausfallen wird, kann ein Defizit in Afghanistan ausgeglichen werden. Die Preise für Getreide waren im Mai 2018 verglichen zum Vormonat in den meisten großen Städten unverändert und lagen sowohl in Herat-Stadt als auch in Mazar-e Sharif etwas unter dem Durchschnitt der Jahre 2013-2014 (Beilage ./VII - Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Lage in Herat-Stadt und Mazar-e Sharif aufgrund anhaltender Dürre vom 13.09.2018 - S. 3). Das Angebot an Weizenmehl ist relativ stabil (Beilage ./VIII - Bericht ACCORD, Folgen der Dürre in den Städten Herat und Mazar-e Sharif vom 12.10.2018 - S. 8). Aufgrund der Dürre wurde bisher kein nationaler Notstand ausgerufen (Beilage ./VII, S. 11).
Für die Landflucht spielen die Sicherheitslage und die fehlende Beschäftigung eine Rolle. Durch die Dürre wird die Situation verstärkt, sodass viele Haushalte sich in städtischen Gebieten ansiedeln. Diese Personen - Vertriebene, Rückkehrer und Flüchtlinge - siedeln sich in informellen Siedlungen an (Beilage ./V,III S. 2, S. 5). Dort ist die größte Sorge der Vertriebenen die Verfügbarkeit von Lebensmitteln, diese sind jedoch mit der Menge und der Regelmäßigkeit des Trinkwassers in den informellen Siedlungen und den erhaltenen Hygienesets zufrieden. Viele Familien, die Bargeld für Lebensmittel erhalten, gaben das Geld jedoch für Schulden, für Gesundheitsleistungen und für Material für provisorische Unterkünfte aus. Vielen Familien der Binnenvertriebenen gehen die Nahrungsmittel aus bzw. können sich diese nur Brot und Tee leisten (Beilage ./VIII, S. 6). Arme Haushalte, die von einer wassergespeisten Weizenproduktion abhängig sind, werden bis zur Frühjahrsernte sowie im nächsten Jahr Schwierigkeiten haben, den Konsumbedarf zu decken (Beilage ./VIII, S. 11). Es werden, um die Folgen der Dürre entgegen zu treten, nationale und internationale Hilfsmaßnahmen für die Betroffenen gesetzt (Beilage ./V,III S. 17ff).
Die Abnahme der landwirtschaftlichen Arbeitsmöglichkeiten zusammen mit der steigenden Migration sowie der hohen Anzahl an Rückkehrerin und Binnenvertriebenen führt zu einer Senkung der Löhne für Gelegenheitsarbeit in Afghanistan und zu einer angespannten Wohnraum- und Arbeitsmarktlage in urbanen Gebieten (Beilage ./VIII, S. 15f).
Von Mai bis Mitte August 2018 sind ca. 12.000 Familie aufgrund der Dürre aus den Provinzen Badghis und Ghor geflohen um sich in der Stadt Herat anzusiedeln. Dort leben diese am westlichen Stadtrand von Herat in behelfsmäßigen Zelten, sodass am Rand der Stadt Herat die Auswirkungen der Dürre am deutlichsten sind (Beilage ./VII, S. 5f). Mittlerweile sind 60.000 Personen nach Herat geflohen (Beilage ./VIII, S. 5). Es ist besonders die ländliche Bevölkerung, insbesondere in der Provinz Herat, betroffen (Beilage ./VIII, S. 7). Personen die von der Dürre fliehen, siedeln sich in Herat-Stadt, in Qala-e-Naw sowie in Chaghcharan an, dort wurden unter anderem Zelte, Wasser, Nahrungsmittel sowie Geld verteilt (Beilage ./VII, S. 10; Beilage ./VIII, S. 2).
Während das Lohnniveau in Mazar-e Sharif weiterhin über dem Fünfjahresdurchschnitt liegt, liegt dieses in Herat-Stadt 17% unter dem Fünfjahresdurchschnitt (Beilage ./VII, S. 8). Es gibt keine signifikante dürrebedingte Vertreibung bzw. Zwangsmigration nach Mazar-e Sharif- Stadt (Beilage ./VIII, S. 3; Beilage ./VII, S. 1 und 3). Im Umland der Stadt Mazar-e Sharif kommt es zu Wasserknappheit und unzureichender Wasserversorgung (Beilage ./VII, S. 2).
Die Stadt Mazar-e Sharif ist derzeit weder von einer unzureichenden Wasserversorgung noch von einer unzureichenden Nahrungsmittelversorgung betroffen.
Rekrutierung durch die Taliban:
Menschen schließen sich den Taliban zum einen aus materiellen und wirtschaftlichen Gründen zum anderen aus kulturellen und religiösen Gründen an. Die Rekruten sind durch Armut, fehlende Chancen und die Tatsache, dass die Taliban relativ gute Löhne bieten, motiviert. Es spielt auch die Vorstellung, dass die Behörden und die internationale Gemeinschaft den Islam und die traditionellen Standards nicht respektieren würden, eine zentrale Rolle, wobei sich die Motive überschneiden. Bei Elitetruppen sind beide Parameter stark ausgeprägt. Sympathisanten der Taliban sind Einzelpersonen und Gruppen, vielfach junger Männer, deren Motiv der Wunsch nach Rache, Heldentum gepaart mit religiösen und wirtschaftlichen Gründen sind. Aus Armut, Hoffnungslosigkeit und fehlenden Zukunftsperspektiven schließen sich viele den Taliban an (Beilage ./III - Bericht Landinfo, Rekrutierung durch die Taliban vom 29.06.2017 - S. 12-13). Die Billigung der Taliban in der Bevölkerung ist nicht durch religiöse Radikalisierung bedingt, sondern Ausdruck der Unzufriedenheit über Korruption und Misswirtschaft (Beilage ./III, S. 14).
Die Taliban waren mit ihrer Expansion noch nicht genötigt Zwangsmaßnahmen zur Rekrutierung anzuwenden. Zwangsrekrutierung ist noch kein herausragendes Merkmal für den Konflikt. Die Taliban bedienen sich nur sehr vereinzelt der Zwangsrekrutierung, indem sie männliche Dorfbewohner in von ihnen kontrollierten Gebieten, die mit der Sache nicht sympathisieren, zwingen, als Lastenträger zu dienen (Beilage ./III, S. 18). Die Taliban betreiben eine Zwangsrekrutierung nicht automatisch. Personen die sich gegen die Rekrutierung wehren, werden keine rechtsverletzenden Sanktionen angedroht. Eine auf Zwang beruhende Mobilisierungspraxis steht auch den im Pashtunwali (Rechts- und Ehrenkodex der Paschtunen) enthaltenen fundamentalen Werten von Familie, Freiheit und Gleichheit entgegen. Es kommt nur in Ausnahmefällen und nur in sehr beschränktem Ausmaß zu unmittelbaren Zwangsrekrutierungen durch die Taliban. Die Taliban haben ausreichend Zugriff zu freiwilligen Rekruten. Zudem ist es schwierig einen Afghanen zu zwingen, gegen seinen Willen gegen jemanden oder etwas zu kämpfen (Beilage ./III, S. 19).
Medizinische Versorgung
Es gibt keine staatliche Krankenkasse und die privaten Anbieter sind überschaubar und teuer, somit für die einheimische Bevölkerung nicht erschwinglich. Eine begrenzte Zahl staatlich geförderter öffentlicher Krankenhäuser bieten kostenfreie medizinische Versorgung. Alle Staatsbürger haben Zugang zu medizinischer Versorgung und Medikamenten. Die Kosten für Medikamente in diesen Einrichtungen weichen vom lokalen Marktpreis ab. Privatkrankenhäuser gibt es zumeist in größeren Städten wie Kabul, Jalalabad, Mazar-e-Sharif, Herat und Kandahar. Medikamente sind auf jedem Markt in Afghanistan erwerblich, Preise variieren je nach Marke und Qualität des Produktes (LIB 23.11.2018, S. 359f).
Psychische Erkrankungen sind in öffentlichen und privaten Klinken grundsätzlich behandelbar. In öffentlichen Krankenhäusern müssen die Patienten nichts für ihre Aufnahme bezahlen. In Kabul gibt es zwei psychiatrische Einrichtungen: das Mental Health Hospital und die Universitätsklinik Aliabad (LIB 19.10.2018, S. 334 f). In Mazar-e Sharif gibt es ein privates neuropsychiatrisches Krankenhaus (Alemi Hospital) und ein öffentliches psychiatrisches Krankenhaus. Mental erkrankte Personen können beim Roten Halbmond, in entsprechenden Krankenhäusern und bei anderen Nichtregierungsorganisationen behandelt werden (LIB 23.11.2018, S. 342f).
Wirtschaft
Angesichts des langsamen Wachstums, sicherheitsbedingter Versorgungsunterbrechungen und schwacher landwirtschaftlicher Leistungen, nimmt die Armut weiterhin zu (LIB 23.11.2018, S. 336).
Für ca. ein Drittel der Bevölkerung ist die Landwirtschaft (inklusive Tiernutzung) die Haupteinnahmequelle. Die Arbeitslosigkeit betrifft hauptsächlich gering qualifizierte bildungsferne Personen; diese sind auch am meisten armutsgefährdet. Es müssten jährlich geschätzte 400.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden, um Neueinsteiger in den Arbeitsmarkt integrieren zu können. Mehr als ein Drittel der männlichen Bevölkerung (34,3%) Afghanistans und mehr als die Hälfte der weiblichen Bevölkerung (51,1%) sind nicht in der Lage, eine passende Stelle zu finden (LIB 23.11.2018, S. 336f).
Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist angespannt und die Arbeitslosigkeit ist hoch. Sogar für gut ausgebildete und gut qualifizierte Personen ist es schwierig ohne ein Netzwerk einen Arbeitsplatz zu finden, wenn man nicht empfohlen wird oder dem Arbeitgeber nicht vorgestellt wird. Vetternwirtschaft ist gang und gebe. Arbeitgeber bewerten persönliche Beziehungen und Netzwerke höher als formelle Qualifikationen. Es gibt lokale Webseiten, die offene Stellen im öffentlichen und privaten Sektor annoncieren. Die meisten Afghanen sind unqualifiziert und Teil des informellen, nicht-regulierten Arbeitsmarktes. Der Arbeitsmarkt besteht Großteiles aus manueller Arbeit ohne Anforderungen an eine formelle Ausbildung und spiegelt das niedrige Bildungsniveau wieder. In Kabul gibt es öffentliche Plätze, wo sich Arbeitssuchende und Nachfragende treffen. Viele bewerben sich, nicht jeder wird engagiert. Der Lohn beträgt für Hilfsarbeiter meist USD 4,3 und für angelernte Kräfte bis zu USD 14,5 pro Tag (EASO Afghanistan Netzwerke aus Jänner 2018, Beilage ./IV, S. 29 - 30).
In Kabul und in großen Städten stehen Häuser und Wohnungen zur Verfügung. Es ist auch möglich an Stelle einer Wohnung ein Zimmer zu mieten. Dies ist billiger als eine Wohnung zu mieten. Heimkehrer mit Geld können Grund und Boden erwerben und langfristig ein eigenes Haus bauen. Vertriebene in Kabul, die keine Familienanbindung haben und kein Haus anmieten konnten, landen in Lagern, Zeltsiedlungen und provisorischen Hütten oder besetzen aufgelassene Regierungsgebäude. In Städten gibt es Hotels und Pensionen unterschiedlichster Preiskategorien. Für Tagelöhner, Jugendliche, Fahrer, unverheiratete Männer und andere Personen, ohne permanenten Wohnsitz in der jeweiligen Gegend, gibt es im ganzen Land Angebote geringerer Qualität, sogenannte chai khana (Teehaus). Dabei handelt es sich um einfache große Zimmer in denen Tee und Essen aufgetischt wird. Der Preis für eine Übernachtung beträgt zwischen 0,4 und 1,4 USD. In Kabul und anderen großen Städten gibt es viele solche chai khana und wenn ein derartiges Haus voll ist, lässt sich Kost und Logis leicht anderswo finden. Man muss niemanden kennen um dort eingelassen zu werden (EASO Afghanistan Netzwerke aus Jänner 2018, Beilage ./IV, S. 31).
Rückkehrer:
Im Jahr 2017 kehrten sowohl freiwillig, als auch zwangsweise insgesamt 98.191 Personen aus Pakistan und 462.361 Personen aus Iran zurück. Bis Juli 2017 kehrten aus Europa und der Türkei 41.803 Personen nach Afghanistan zurück (LIB 23.11.2018, S. 349).
Auch wenn scheinbar kein koordinierter Mechanismus existiert, der garantiert, dass alle Rückkehrer die Unterstützung erhalten, die sie benötigen, und dass eine umfassende Überprüfung stattfindet, können Personen, die freiwillig oder zwangsweise nach Afghanistan zurückgekehrt sind, dennoch verschiedene Unterstützungsformen in Anspruch nehmen. Eine Reihe unterschiedlicher Organisationen ist für Rückkehrer und Binnenvertriebene (IDP) in Afghanistan zuständig. Außerdem erhalten Rückkehrer Unterstützung von der afghanischen Regierung, den Ländern, aus denen sie zurückkehren, und internationalen Organisationen (z.B. IOM) sowie lokalen Nichtregierungsorganisationen (NGO) (z. B. IPSO und AMASO). Nichtsdestotrotz scheint das Sozialkapital die wichtigste Ressource zu sein, die Rückkehrer zur Verfügung steht, da keine dezidiert staatlichen Unterbringungen für Rückkehrer existieren und familiäre Unterbringungsmöglichkeiten für Rückkehrer daher als die zuverlässigste und sicherste Möglichkeit erachtet werden. So kehrt der Großteil der (freiwilligen bzw. zwangsweisen) Rückkehrer direkt zu ihren Familien oder in ihre Gemeinschaften zurück. Für jene, die diese Möglichkeit nicht haben sollten, stellen die Regierung und IOM eine temporäre Unterkunft zur Verfügung, wo Rückkehrer für maximal zwei Wochen untergebracht werden können (LIB 23.11.2018, S. 350f).
IOM, IRARA, ACE und AKAH bieten Unterstützung und nachhaltige Begleitung bei der Reintegration einschließlich Unterstützung bei der Suche nach einer Beschäftigung oder Schulungen an. NRC bietet Rückkehrer aus Pakistan, Iran und anderen Ländern Unterkunft sowie Haushaltsgegenstände und Informationen zur Sicherheit an und hilft bei Grundstücksstreitigkeiten. Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (ICRC) unterstützt Rückkehrer/innen dabei, ihre Familien zu finden (LIB 23.11.2018, S. 351f).
Psychologische Unterstützung von Rückkehrer wird über die Organisation IPSO betrieben - alle Leistungen sind kostenfrei. Diejenigen, die es benötigen und in abgelegene Provinzen zurückkehren, erhalten bis zu fünf Skype-Sitzungen von IPSO. Für psychologische Unterstützung könnte auch ein Krankenhaus aufgesucht werden; möglicherweise mangelt es diesen aber an Kapazitäten (LIB 23.11.2018, S. 352f).
Die Großfamilie ist die zentrale soziale Institution in Afghanistan und bildet das wichtigste soziale Sicherheitsnetz der Afghanen. Alle Familienmitglieder sind Teil des familiären Netzes. Die Großfamilie trägt zu Schutz, Betreuung und Versorgung ihrer Mitglieder bei. Sie bildet auch eine wirtschaftliche Einheit; die Männer der Familie sind verpflichtet, die Mitglieder der Großfamilie zu unterstützen und die Familie in der Öffentlichkeit zu repräsentieren. Auslandsafghanen pflegen zumeist enge Kontakte mit ihren Verwandten in Afghanistan. Nur sehr wenige Afghanen in Europa verlieren den Kontakt zu ihrer Familie. Die Qualität des Kontakts mit der Familie hängt möglicherweise auch davon ab, wie lange die betreffende Person im Ausland war bzw. wie lange sie tatsächlich in Afghanistan lebte, bevor sie nach Europa migrierte. Der Faktor geographische Nähe verliert durch technologische Entwicklungen sogar an Wichtigkeit. Der Besitz von Mobiltelefonen ist mittlerweile "universell" geworden und digitale Kommunikation wird eine zunehmende Selbstverständlichkeit, vor allem in den Städten. Ein fehlendes familiäres Netzwerk stellt eine Herausforderung für die Reintegration von Migranten in Afghanistan dar. Dennoch haben alleinstehende afghanische Männer, egal ob sie sich kürzer oder länger außerhalb der Landesgrenzen aufhielten, sehr wahrscheinlich eine Familie in Afghanistan, zu der sie zurückkehren können. Eine Ausnahme stellen möglicherweise jene Fälle dar, deren familiäre Netze in den Nachbarstaaten Iran oder Pakistan liegen (LIB 23.11.2018, S. 353f).
Familien in Afghanistan halten in der Regel Kontakt zu ihrem nach Europa ausgewanderten Familienmitglied und wissen genau Bescheid, wo sich dieses aufhält und wie es ihm in Europa ergeht. Dieser Faktor wird in Asylinterviews meist heruntergespielt und viele Migranten, vor allem Minderjährige, sind instruiert zu behaupten, sie hätten keine lebenden Verwandten mehr oder jeglichen Kontakt zu diesen verloren (LIB 23.11.2018, S. 354).
Ein Netzwerk ist für das Überleben in Afghanistan wichtig. So sind einige Rückkehrer auf soziale Netzwerke angewiesen, wenn es ihnen nicht möglich ist, auf das familiäre Netz zurückzugreifen. Die Rolle sozialer Netzwerke - der Familie, der Freunde und der Bekannten - ist für junge Rückkehrer besonders ausschlaggebend, um sich an das Leben in Afghanistan anzupassen. Sollten diese Netzwerke im Einzelfall schwach ausgeprägt sein, kann die Unterstützung verschiedener Organisationen und Institutionen in Afghanistan in Anspruch genommen werden (LIB 23.11.2018, S. 354).
Ethnische Minderheiten:
In Afghanistan leben mehr als 34.1 Millionen Menschen. Es sind ca. 40% Pashtunen, rund 30% Tadschiken, ca. 10% Hazara und 9% Usbeken. Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt (LIB 23.11.2018, S. 297).
Tadschiken sind allein aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit in Afghanistan weder psychischen noch physischen Bedrohungen ausgesetzt.
Religionen:
Etwa 99,7% der afghanischen Bevölkerung sind Muslime, davon zwischen 84,7 und 89,7% Sunniten. Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Anhänger anderer Religionen sind frei, ihren Glauben im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften auszuüben (LIB 23.11.2018, S. 287).
Es kann nicht festgestellt werden, dass Angehörige der Sunniten in Afghanistan allein aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit psychischer und physischer Gewalt ausgesetzt sind.
Korruption:
Auf dem Korruptionswahrnehmungsindex für 2017 von Transparency International, belegt Afghanistan von 180 Ländern den 177. Platz. Das Gesetz sieht zwar strafrechtliche Sanktionen für amtliche Korruption vor, jedoch setzt die Regierung diese Vorschriften nicht effektiv um. Berichten zufolge gehen Beamte oft ungestraft korrupten Praktiken nach. Bestechung bleibt im öffentlichen Sektor weiterhin verbreitet und Schmiergeldzahlungen können direkt oder indirekt von Beamten gefordert oder auch von den Bürgern und Bürgerinnen selbst angeboten werden. Afghanen zahlen in den folgenden Bereichen Bestechungsgelder: Rechtswesen, Arbeitsmarkt, an administrativen Behörden auf Provinz- und Distriktebene, Sicherheitsbehörden (ANA und ANP) sowie im Bildungs- und Gesundheitswesen (LIB 23.11.2018, S. 267f).
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt sowie in den Gerichtsakt, durch Einvernahme des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung und durch Einsichtnahme in die zum Akt genommenen Urkunden Beilage ./I bis ./IX und Beilage ./A bis ./N (Konvolut ZMR, GVS, Strafregister Beilage ./I;
Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 23.11.2018, Beilage ./II;
Bericht Landinfo, Rekrutierung durch die Taliban vom 29.06.2017, Beilage ./III; Bericht, EASO, Afghanistan Netzwerke, Jänner 2018, Beilage ./IV; Bericht Landinfo, Afghanistan, der Nachrichtendienst der Taliban und die Einschüchterungskampagne, 23.08.2017, Beilage ./V; Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Talibandrohbriefe, Bedrohung militärischer Mitarbeiter vom 28.07.2016, Beilage ./VI; Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Afghanistan, Lage in Herat- Stadt und Mazar-e Sharif aufgrund anhaltender Dürre, vom 13.09.2018, Beilage ./VII; Anfragebeantwortung ACCORD, Folgen von Dürre in den Städten Herat und Mazar-e Sharif vom 12.10.2018, Beilage ./VIII; Übersetzung auf Deutsch der EASO Country Guidance Afghanistan aus Juni 2018 hinsichtlich Punkt III. (Subsidiärer Schutz) und Punkt V. (innerstaatliche Schutzalternative), Beilage ./IX; Drohbrief der Taliban, Beilage ./A; Schreiben des XXXX, Beschäftigung der beiden Brüder, Beilage ./B; Schreiben eines Abgeordneten, Tätigkeitsbeschreibung, Beilage ./C; Empfehlungsschreiben vom Fußballverein vom 07.01.2019, Beilage ./D; Zertifikat Deutsch A1 vom 10.04.2018, Beilage ./E; Zertifikat Alphabetisierung vom 16.01.2018, Beilage ./F; Teilnahmebestätigung vom 14.11.2016, Beilage ./G;
Teilnahmebestätigung vom 06.03.2017, Beilage ./H;
Teilnahmebestätigung Info Modul Zusammenleben vom 21.12.2017, Beilage ./I; Teilnahmebestätigung Info-Modul Sozial vom 20.10.2016, Beilage ./J; Sozialbericht vom 08.01.2019, Beilage ./K;
Verfahrenseinstellung vom 13.04.2018, Beilage ./L; Konvolut Fotos, Beilage ./M; Konvolut Tazkira, Beilage ./N).
Dem Erkenntnis werden die Country Guidance Afghanistan von EASO aus Juni 2018 sowie die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 zugrunde gelegt (OZ 9, S. 22).
Die Feststellungen basieren auf den in den Klammern angeführten Beweismitteln.
2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:
2.1.1. Die Feststellungen zum vom Beschwerdeführer in Österreich angegebenen Namen und Geburtsdatum ergeben sich aus seinen dahingehend übereinstimmenden Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor dem Bundesamt, in der Beschwerde und vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die getroffenen Feststellungen zum Namen und zum Geburtsdatum des Beschwerdeführers gelten ausschließlich zur Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im Asylverfahren. Da das Gericht erhebliche Zweifel an der Echtheit und Richtigkeit der vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen aus Afghanistan (Beilage ./A; Beilage ./B und Beilage ./C) hat (siehe Punkt II.2.1.2. und Punkt II.2.2.) ist auch die vorgelegte Tazkira (Beilage ./M) nicht geeignet die Identität des Beschwerdeführers zu belegen. Dies auch unter dem Aspekt, dass der Korruptionsindex in Afghanistan sehr hoch ist und für die Vorlage im Asylverfahren auch gefälschte Dokumente beschafft werden können (LIB 23.11.2018, S. 267f; Beilage ./VI). Es steht daher die Identität des Beschwerdeführers nicht fest.
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, seiner Muttersprache, seinen Sprachkenntnissen, seinem Lebenslauf (sein Aufwachsen sowie seine familiäre Situation in Afghanistan, seine Schulbildung) sowie zu den Eigentumsverhältnissen seiner Familie gründen sich auf seinen diesbezüglich schlüssigen und stringenten Angaben. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen im gesamten Verfahren gleich gebliebenen Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln.
Dass der Beschwerdeführer mit den afghanischen Gepflogenheiten und der afghanischen Kultur vertraut ist, ergibt sich daraus, dass er in Afghanistan mit seiner afghanischen Familie aufgewachsen ist, er ist dort zur Schule gegangen und hat dort in der Landwirtschaft gearbeitet.
2.1.2. Es kann nicht festgestellt werden, welcher Arbeit die Brüder des Beschwerdeführers in Kabul nachgehen, da die Angaben des Beschwerdeführers zur Tätigkeit der Brüder nicht nachvollziehbar und sehr vage waren.
Der Beschwerdeführer wurde in der Verhandlung mehrfach aufgefordert die berufliche Tätigkeit seiner Brüder genau zu beschreiben (OZ 9, S. 19 und S. 16). Der Beschwerdeführer gab jedoch nur sehr vage und ausweichende Antworten:
"R: Was genau arbeiten ihre Brüder?
BF: Einer meiner Brüder arbeitet bei seinem Chef. Er arbeitet im XXXX in einer Abteilunng des XXXX. Das ist XXXX. Mein Bruder ist der Sicherheitschef XXXX. Er sorgt für die Sicherheit des Mannes. Es gibt auch Fotos meines Bruders." (OZ 9, S. 16)
"R: Seit wann arbeiten ihre Brüder für die Regierung?
BF: Seit 10 Jahren arbeiten sie für die Regierung.
R: Beide?
BF: Ja.
R: Haben ihre Brüder seit 10 Jahren die selbe berufliche Position?
BF: Nein, haben sie nicht.
R: Was genau arbeiten ihre Brüder für die Regierung und seit wann?
BF: Mein ältester Bruder namens XXXX ist ein Sicherheitschef von XXXX. Wenn er herumreist, dann trifft mein Bruder die Sicherheitsmaßnahmen für ihn.
D: Was ist mit dem Anderen?
BF: Er sorgt für die Sicherheit, seines Chefs. Er bestimmt die Reiseroute.
R: Wie lange haben ihre Brüder diesen Job schon?
BF: Seit 10 Jahren. Der eine Bruder koordiniert auch das Treffen seines Chefs mit ausländischen Gästen." (OZ 9, S. 19)
Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer, wenn seine Brüder seit 10 Jahren dieselbe Tätigkeit ausüben würden und diese der Grund für die Flucht aus Afghanistan wäre, nur derart vage Angaben machen konnte.
Während in der Beschwerde angeführt ist, dass beide Brüder als XXXX arbeiten würden (AS 157), gab der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung an, dass der eine Bruder der XXXX sei, auch der andere Bruder würde für Sicherheit sorgen (OZ 9, S. 19). Die Angaben des Beschwerdeführers sind nicht nachvollziehbar.
Der Beschwerdeführer gab in der Verhandlung an, dass beide Brüder seit 10 Jahren für die Regierung arbeiten würden. Während er zuerst verneinte, dass beide Brüder seit 10 Jahren dieselbe berufliche Position hätten, gab er in der Verhandlung auch an, dass die Brüder seit 10 Jahren denselben Job hätten. Bereits beim Bundesamt gab der Beschwerdeführer, der über eine längere Schulbildung verfügt, an, dass seine Brüder seit 10 Jahren - wegen ihrer beruflichen Tätigkeit - nicht mehr nach Loghar haben gehen können. Die Angaben des Beschwerdeführers sind nicht nachvollziehbar.
In diesem Zusammenhang ist auch nicht nachvollziehbar, dass die Brüder bereits seit 10 bzw. 12 Jahren Mitarbeiter des XXXX seien (der Beschwerdeführer gab sowohl bei der Einvernahme beim Bundesamt im November 2106 als auch in der mündlichen Verhandlung im Jänner 2019 an, dass die Brüder seit 10 Jahren im XXXX arbeiten würden bzw. seit 10 Jahren wegen der Arbeit für das XXXX nicht mehr in die Heimatprovinz zurückgehen können). Der jüngere dieser beiden Brüder sei bei der Einvernahme beim Bundesamt im November 2016 18 Jahre alt gewesen, bei der Erstbefragung im November 2015 sei dieser Bruder 16 Jahre alt gewesen (AS 15; AS 51). Ausgehend davon, dass dieser Bruder seit 10 bzw. 12 Jahren für die Sicherheit des XXXX sorgen würde, müsste dieser jüngere Bruder des Beschwerdeführers diesen Beruf zwischen 2006 und 2008 begonnen haben - das bedeutet, dass einem ca. 8-Jährigen bzw. 10-Jährigen die Besorgung von wichtigen Sicherheitsagenden des XXXX übertragen worden wären. Dies ist nicht plausibel.
Aus der vom Beschwerdeführer in der Verhandlung vorgelegten Bestätigung das XXXX (Beilage ./B) ergibt sich, dass der ältere Bruder seit 21.09.1388 (12.12.2009) und der jüngere Bruder des Beschwerdeführers seit 10.03.1393 (31.05.2014) als XXXX tätig wären. Zwischen den Dienstantritten der Brüder müssten somit ca. fünf Jahre liegen. In der Verhandlung gab der Beschwerdeführer jedoch an, dass beide Brüder seit 10 Jahren für das XXXX tätig wären, dies bestätigte er auch auf konkrete Nachfrage. Der Beschwerdeführer gab auch an, dass die Brüder diesen Job für die Regierung seit 10 Jahren ausüben würden (OZ 9, S. 10). Die Angaben des Beschwerdeführers sind nicht glaubhaft und stimmen auch mit den vorgelegten Unterlagen des Beschwerdeführers nicht überein.
Den Länderberichten ist zu entnehmen, dass die Korruption in Afghanistan sehr hoch ist, es können daher Dokumente - unrichtigen Inhalts - auch käuflich erworben werden (LIB 23.11.2018, S. 267f; Beilage ./VI). Das Gericht geht aufgrund der unstimmigen Angaben des Beschwerdeführers davon aus, dass die vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen aus Afghanistan nicht echt sind und diesen kein Glaube zu schenken ist. Auch den vorgelegten Fotos ist keine Arbeitstätigkeit und keine Zugehörigkeit der Brüder zur Regierung zu erkennen. Es ist den Fotos weder zu entnehmen wann diese aufgenommen worden seien, noch zu welcher Gelegenheit. Es sind daher auch die vorgelegten Fotos - in Zusammenhang mit den unglaubhaften Angaben des Beschwerdeführers - nicht geeignet eine Tätigkeit der Brüder für die XXXX zu belegen.
Es wurde daher festgestellt, dass die Brüder des Beschwerdeführers nicht für das XXXX gearbeitet haben. Es ist für das Gericht auch nicht glaubhaft, dass die Brüder des Beschwerdeführers in der XXXX leben würden. Es konnte aufgrund der unglaubhaften Angaben des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden welcher beruflichen Tätigkeit die Brüder des Beschwerdeführers in Kabul nachgehen.
Da der Beschwerdeführer jedoch angab, dass er bei einer Rückkehr von seiner Familie unterstütz werde und er auch angab, dass es seinen Brüdern in Kabul gut gehe, also keine wirtschaftlichen Schwierigkeiten vorliegen, geht das Gericht davon aus, dass der Beschwerdeführer - zumindest vorübergehend - bei einem seiner Brüder wohnen kann, sodass er auch auf eine Unterkunft und ein funktionierendes Netzwerk in Kabul zurückgreifen kann.
2.1.3. Da die Fluchtgründe des Beschwerdeführers nicht glaubhaft sind (siehe Punkt II.2.2.) ist es für das Gericht auch nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer Benzin verkauft haben soll bzw. die Taliban von diesem Benzin entwendet haben.
2.1.4. Die Feststellungen zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich (insbesondere zur Aufenthaltsdauer, seinen Deutschkenntnissen, seinen fehlenden familiären oder engen sozialen Anknüpfungspunkten in Österreich und seiner Integration in Österreich) stützen sich auf die Aktenlage (vgl. insbesondere den Auszug aus dem Grundversorgungs-Informationssystem), auf die Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (OZ 9, S. 12ff) sowie auf die von ihm in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen. Der Beschwerdeführer konnte in Österreich zwar freundschaftliche Kontakte knüpfen, enge soziale Bindungen haben sich jedoch nicht ergeben.
Die Feststellungen zu den Deutschkenntnissen konnten auch vom Gericht getroffen werden, da der Beschwerdeführer in der Verhandlung die auf Deutsch gestellten einfachen Fragen nur teilweise verstanden hat (OZ 9, S. 12-13).
Hinweise auf nachhaltige Integrationsschritte (soziale oder berufliche Integration) des Beschwerdeführers in Österreich sind weder dem Verwaltungs- noch dem Gerichtsakt zu entnehmen und wurden auch im Verlauf der mündlichen Verhandlung nicht vorgebracht.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand gründen auf den diesbezüglich glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers beim Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung und auf dem Umstand, dass im Verfahren nichts Gegenteiliges hervorgekommen ist.
Dass der Beschwerdeführer grundsätzlich anpassungsfähig ist, ergibt sich daraus, dass er sich in Österreich an sich zurechtfindet. Es sind im Verfahren keine Umstände hervorgekommen, die gegen eine grundsätzliche Anpassungsfähigkeit des Beschwerdeführers sprechen.
Dass der Beschwerdeführer grundsätzlich arbeitsfähig ist, ergibt sich daraus, dass er selber angab, einer (ehrenamtlichen) Arbeit nachgehen zu wollen und er eine solche auch suchen würde (OZ 9, S. 14). Im Verfahren sind keine Umstände hervorgekommen, die gegen eine Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers sprechen.
Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister (Beilage ./I).
2.2. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:
2.2.1. Soweit der Beschwerdeführer vorbrachte, ihm drohe Lebensgefahr durch die Taliban, weil er Berzin verkauft habe bzw. weil seine Brüder bei der Regierung gearbeitet hätten, kommt seinem Vorbringen aus nachfolgenden Gründen keine Glaubhaftigkeit zu:
Zunächst ist festzuhalten, dass das Gericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und aufgrund des persönlichen Eindrucks des Beschwerdeführers davon ausgeht, dass ihm hinsichtlich seines Fluchtvorbringens keine Glaubwürdigkeit zukommt. Der Beschwerdeführer wurde zu Beginn der Verhandlung angehalten, sein Vorbringen gleichbleibend, konkret und nachvollziehbar zu gestalten. Diesen Anforderungen ist der Beschwerdeführer jedoch nicht gerecht geworden. Der Beschwerdeführer präsentierte sowohl beim Bundesamt als auch vor Gericht eine bloße Rahmengeschichte, die er selbst auf mehrfaches Nachfragen kaum mit Details ergänzen konnte. Die Angaben des Beschwerdeführers blieben gänzlich detaillos und vage. Der Beschwerdeführer gab auch ausweichende Antworten. Es ergaben sich viele Unplausibilitäten, die seine Angaben unglaubhaft scheinen lassen. Das Gericht verkennt zwar nicht, dass die behaupteten Vorfälle schon einige Zeit zurückliegen und deshalb Erinnerungslücken einer vollkommen detaillierten Erzählung entgegenstehen können. Dass der Beschwerdeführer die Ereignisse jedoch in einer derart oberflächlichen und nicht stringenten Weise wie in der mündlichen Verhandlung schildern würde, wäre allerdings nicht anzunehmen, hätten sich die Ereignisse tatsächlich so zugetragen und wären sie von fluchtauslösender Intensität. Die erzählte Geschichte erweckte für das Gericht daher den Eindruck, dass es sich lediglich um eine auswendig gelernte und konstruierte Geschichte handelt.
Der Beschwerdeführer machte beim Bundesamt zu seinen Fluchtgründen in der freien Erzählung nur sehr vage Angaben:
"Zu meinem Geschäft kamen oft die Taliban um Benzin zu kaufen. Sie haben oft Benzin von mir bezogen aber nicht bezahlt. In der Nacht sind die Taliban zu mir in meine Wohnung gekommen und forderten mich auf, mit ihnen zu kommen und gegen die Amerikaner zu kämpfen. Wenn nicht sollte ich 250.000 Afghani bezahlen. Die Taliban haben mir gesagt, dass ich jetzt Benzin von den Amerikanern beziehe. Ich sollte mit ihnen in den Jihad ziehen, weil die Amerikaner unser Land besetzen. Meine beiden Brüder lebten in Kabul und arbeiteten für die Regierung. Die Taliban haben gesagt, dass ich ein Spion für die Regierung sei." (AS 52)
Den Angaben des Beschwerdeführers sind keine lebensnahen Details zu entnehmen, sodass lediglich eine grobe Rahmengeschichte vorliegt. Der Beschwerdeführer wurde nach der freien Erzählung vom Bundesamt auch zweimal gefragt, ob das alle Fluchtgründe gewesen seien, der Beschwerdeführer gab an, dass dies alles gewesen sei (AS 52).
Der Beschwerdeführer wurde auch aufgefordert eine Bedrohungssituation genau zu beschreiben, auch hier machte der Beschwerdeführer nur vage und ausweichende Angaben: "Als sie ins Geschäft gekommen sind, haben sie immer gesagt, dass ich nicht erlaubte Geschäfte betreibe. Sie haben oft Benzin genommen ohne zu bezahlen und nannten mich Sohn der Amerikaner". (AS 53) Auch hier konnte der Beschwerdeführer keine lebensnahen Details angeben, sodass das Gericht davon ausgeht, dass weder der Beschwerdeführer noch seine Familie jemals von den Taliban bedroht wurden.
Auch in der mündlichen Verhandlung machte der Beschwerdeführer, der mehrfach aufgefordert und ermahnt wurde von sich aus, detaillierte und umfassende Angaben zu machen (OZ 9, S. 5, S.6, S. 10, S. 12, S. 15, 17) nur vage und ausweichende Angaben ohne lebensnahe Details.
Es ist daher weder der Verkauf von Benzin noch eine Bedrohung durch die Taliban für das Gericht glaubhaft.
2.2.2. Der Beschwerdeführer erwähnte weder beim Bundesamt in der freien Erzählung noch auf weitere konkrete Fragen (AS 52-53), dass er dreimal von den Taliban entführt und gefangen gehalten worden sei. Erst auf die konkrete Frage, ob er einmal festgenommen worden sei, gab er beim Bundesamt an, dass er von den Taliban zwei bis dreimal festgenommen worden sei (AS 53-54). Als der Beschwerdeführer gefragt wurde, was genau passiert sei, gab er nur vage an, dass die Leute aus seinem Dorf für die Freilassung bezahlt hätten. Auch hier fehlen gänzlich jegliche lebensnahen Details. Die Gefangennahme durch die Taliban wäre jedoch ein besonders einprägsames Ereignis, dass jedenfalls in Erinnerung bleiben müsste. Es ist daher nicht plausibel, dass der Beschwerdeführer dazu in der Verhandlung nur derart vage Angaben gemacht hat und er eine Gefangenschaft und Festnahme in der freien Erzählung zunächst nicht angegeben hat. Zudem ist nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer beim Bundesamt die Anzahl der Festnahmen nur vage mit zwei bis drei angegeben hat, hätten tatsächlich Festnahmen stattgefunden, so müsste sich der Beschwerdeführer an diese erinnern können und auch eine konkrete Anzahl angeben. Die Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen sind nicht glaubhaft.
2.2.3. Der Beschwerdeführer gab in der Beschwerde an, dass er von schwer bewaffneten Taliban in der Nacht aufgesucht worden wäre, er sei