TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/28 G310 2173488-1

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Veröffentlicht am 28.01.2019
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Entscheidungsdatum

28.01.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
BFA-VG §18
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z6
FPG §55 Abs4

Spruch

G310 2173488-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Gaby WALTNER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, serbischer Staatsangehöriger, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung (Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH), gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.10.2017, Zl. XXXX, betreffend die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbots zu Recht:

A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung

zuzuerkennen, wird zurückgewiesen.

B) Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene

Bescheid abgeändert, sodass es in vollständiger Neufassung zu lauten hat:

"I. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wird gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 FPG erlassen.

II. Es wird gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig ist.

III. Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wird gegen Sie ein auf die Dauer von einem Jahr befristetes Einreiseverbot erlassen."

IV. Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wird keine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt."

C) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) beantragte am 05.09.2017 beim Magistrat der Stadt Wien, MA 35, eine Anmeldebescheinigung und wies sich zu diesem Zweck mit einem auf seinen Namen lautenden gefälschten bulgarischen Reisepass aus. In der Folge wurde der BF zunächst polizeilich einvernommen und am 04.10.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), Regionaldirektion Wien, zur beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes vernommen.

Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG [2005] nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 2 AsylG [2005] iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt II.), einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG gegen den BF ein dreijähriges Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.).

Dies wurde zusammengefasst damit begründet, dass der mittellose BF einen gefälschten bulgarischen Reisepass nutzte, um sich in Österreich behördlich anzumelden und hier als EU-Bürger arbeiten zu können. Es bestehe kein schützenswertes Privat- oder Familienleben in Österreich. Sein Aufenthalt sei aufgrund der Begehung einer gerichtlich strafbaren Handlung (Fälschung besonders geschützter Urkunden) nicht rechtmäßig. Seine sofortige Ausreise sei notwendig, weil er die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde, zumal er sich ohne eigenen Wohnsitz und ohne Barmittel in Österreich aufhalte und bei einer illegalen Beschäftigung betreten worden sei. Aufgrund seines Gesamtfehlverhaltens, insbesondere im Hinblick auf die vorgenommene behördliche Anmeldung und Beantragung einer Anmeldebescheinigung, sei die sofortige Ausreise erforderlich. Der BF habe ein gefälschtes EU-Dokument erworben, um dadurch seinen Aufenthalt im Bundesgebiet zu legalisieren. In Hinblick auf die Schwere des Fehlverhaltens und das Gesamtverhalten des BF stelle er eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar.

Dagegen richtet sich die mit 13.10.2017 datierte und am selben Tag bei der belangten Behörde eingelangte Beschwerde mit den Anträgen, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, eine Beschwerdeverhandlung durchzuführen, der Beschwerde stattzugeben und den angefochtenen Bescheid in vollem Umfang zu beheben, in eventu den Bescheid in Hinblick auf Spruchpunkt IV. (Einreiseverbot) ersatzlos zu beheben, in eventu die Dauer des Einreiseverbotes herabzusetzen, in eventu den Bescheid beheben und zur Verfahrensergänzung an die Behörde erster Instanz zurückverweisen. Der BF begründet die Beschwerde zusammengefasst damit, dass die Rückkehrentscheidung mangelhaft begründet sei, da sich in der rechtlichen Beurteilung die Rückkehrentscheidung auf § 52 Abs. 1 Z 2 FPG stütze, im Spruch jedoch § 52 Abs.1 Z 1 FPG genannt werde und habe es das BFA unterlassen den entscheidungserheblichen Sachverhalt vollständig zu erfassen und nachvollziehbar darzulegen, warum der Aufenthalt des BF im Bundesgebiet unrechtmäßig war. Der BF habe über ausreichend finanzielle Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes verfügt und werde durch die Verwendung eines gefälschten Reisepasses ein rechtmäßiger Aufenthalt nicht beendet. Der Aufenthalt des BF war somit nicht rechtswidrig. Da bereits die Rückkehrentscheidung rechtswidrig war, erweise sich auch das Einreiseverbot als rechtswidrig.

Die Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vorgelegt, wo sie am 16.10.2017 einlangten.

Feststellungen:

Der BF ist serbischer Staatsangehöriger, spricht Serbisch und lebt in der serbischen Stadt XXXX. Der BF hat in seinem Herkunftsstaat eine Ausbildung als Bäcker absolviert und als Kellner sowie auf einer Baustelle gearbeitet. Der BF ist verheiratet und lebt in Scheidung. Die Ehefrau des BF lebt in Rumänien.

Der BF reiste mit seinen biometrischen serbischen Reisepass am 30.08.2017 über Rumänien in den Schengen-Raum ein, um in Österreich zu arbeiten. Zu diesem Zweck besorgte er sich in seiner Heimatstadt - auf dem Markt - einen gefälschten bulgarischen Reisepass für den er EUR 1.300,00 bezahlte. Im Bundesgebiet nahm der BF bei seiner Schwester und seinem Schwager in XXXX Unterkunft. Von XXXX.2017 bis XXXX.2018 war der BF unter der Adresse seiner Schwester mit Hauptwohnsitz gemeldet.

Am XXXX.2017 wies sich der BF gegenüber der zuständigen Organwalterin des Magistrates der Stadt Wien, MA 35, mit einem auf seinen Namen lautenden gefälschten bulgarischen Reisepass aus und beantragte eine Anmeldebescheinigung.

Bei seiner Einreise in den Schengenraum am 30.08.2017 verfügte der BF über ca. EUR 300,00. Bei der Einvernahme vor dem BFA am 04.10.2017 verfügte der BF über ca. EUR 150,00 in bar. Er finanzierte seinen Aufenthalt mit Zuwendungen seiner Schwester (Lebensmittel) und verfügt sonst über keine finanziellen Mittel.

Er ist gesund und arbeitsfähig, ging in Österreich aber keiner Erwerbstätigkeit nach. Er verfügt in Österreich über keinen Aufenthaltstitel, keine Niederlassungsbewilligung und kein Visum. In Österreich ist der BF in strafrechtlicher Hinsicht unbescholten.

In Österreich ist der BF weder sprachlich noch beruflich noch gesellschaftlich integriert. In Österreich leben die Geschwister des BF (Bruder und Schwester) und sein Schwager. Die Eltern des BF und seine Großmutter leben in Serbien.

Der BF kehrte freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurück und lebt wieder in seiner Heimatstadt.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und des Gerichtsakts des BVwG.

Die Identität des BF wird anhand seines (dem BVwG in Kopie vorliegenden) serbischen Reisepasses, dessen Echtheit nicht in Zweifel steht, festgestellt, in dem auch der letzte Einreisestempel in den Schengen-Raum vom 30.08.2017 (Rumänien) ersichtlich ist.

Die Feststellungen zu den Lebensverhältnissen des BF in Serbien beruhen auf seinen plausiblen und nachvollziehbaren Angaben gegenüber dem BFA. Seine Serbischkenntnisse stehen im Einklang mit seiner Herkunft. Eine Verständigung mit dem seiner Einvernahme beigezogenen Dolmetscher für diese Sprache war problemlos möglich.

Die Feststellung, dass der BF verheiratet ist bzw. in Scheidung lebt und seine Ehegattin in Bulgarien lebt, beruht auf seinen Angaben vor dem BFA und in der Beschwerde.

Die Feststellung, dass der BF mit der Absicht in Österreich eine Beschäftigung einzugehen ins Bundesgebiet einreiste und sich zu diesem Zweck einen gefälschten bulgarischen Reisepass besorgte, beruht auf seinen Angaben gegenüber der Behörde und dem Umstand, dass der BF am 05.09.2017 tatsächlich versuchte mit diesem Reisepass eine Anmeldebescheinigung zu erlangen, um im Bundesgebiet als EU-Bürger erwerbstätig sein zu können.

Die Feststellung der Mittellosigkeit des BF beruht darauf, dass er bei seiner Einvernahme vor dem BFA am 04.10.2017 angab, über ca. EUR 150,00 zu verfügen und von seiner Schwester unterstützt zu werden. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass er über weitere finanzielle Mittel verfügt, zumal auch in der Beschwerde nichts Substantielles dazu vorgebracht wird. Da der BF gegen seine Schwester keinen Unterhaltsanspruch hat, erübrigt sich ein näheres Eingehen auf deren finanzielle Verhältnisse.

Anhaltspunkte für Gesundheitsbeeinträchtigungen des BF bestehen nicht. Da er im erwerbsfähigen Alter ist, in Serbien erwerbstätig war und nach Österreich reiste, um hier einer Beschäftigung nachzugehen, ist von seiner Arbeitsfähigkeit auszugehen.

Die Unbescholtenheit des BF wird durch das Strafregister, in dem keine Verurteilung aufscheint, belegt. Aus dem Fremdenregister ergibt sich, dass ihm in Österreich nie ein Aufenthaltstitel erteilt wurde.

Weitere wesentliche familiäre, berufliche oder soziale Bindungen des BF in Österreich können nicht festgestellt werden, zumal er seinen Lebensmittelpunkt vor August 2017 in Serbien hatte.

Die Ausreise des BF ergibt sich aus der Mitteilung seiner Rechtsvertretung vom 20.12.2018 (OZ 8).

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Aufgrund der in § 18 Abs. 5 BFA-VG nunmehr auch ausdrücklich angeordneten amtswegigen Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG ist der Antrag des BF, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weder notwendig noch zulässig und daher zurückzuweisen.

Zu Spruchteil B):

Zu Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides:

Zur Rückkehrentscheidung und Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat:

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid eine Rückkehrentscheidung erlassen und diese auf § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gestützt, wobei im Spruch § 52 Abs. 1 Z 2 FPG angeführt ist, sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Herkunftsstaat festgestellt.

Gemäß § 52 Abs. 1 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (Z 1) oder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde (Z 2).

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs. 1 BFA-VG). Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (§ 9 Abs. 2 BFA-VG).

Gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Der Aufenthalt eines Fremden in Österreich ist gemäß § 31 Abs. 1a FPG nicht rechtmäßig, wenn kein Fall des § 31 Abs. 1 FPG vorliegt. Gemäß § 31 Abs. 1 Z 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während ihres Aufenthalts Befristungen und Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthalts oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer eingehalten haben.

Gemäß § 31 Abs. 1 Z 1 FPG halten sich Fremde unter anderem rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthalts oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben.

Gemäß Art. 20 Abs. 1 des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) können sich sichtvermerkfreie Drittausländer im Hoheitsgebiet der Vertragsstaaten frei bewegen, höchstens jedoch drei Monate innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab dem Datum der ersten Einreise an und soweit sie die nunmehr im Schengener Grenzkodex vorgesehenen Einreisevoraussetzungen erfüllen.

Für einen geplanten Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen, wobei der Zeitraum von 180 Tagen, der jedem Tag des Aufenthalts vorangeht, berücksichtigt wird, gelten für einen Drittstaatsangehörigen die in Art. 6 Abs. 1 Schengener Grenzkodex, VO (EU) 2016/399, genannten Einreisevoraussetzungen. So muss der Drittstaatsangehörige im Besitz eines gültigen Reisedokuments und, sofern dies in der sog. Visumpflicht-Verordnung VO (EG) Nr. 539/2001 vorgesehen ist, im Besitz eines gültigen Visums sein. Er muss weiters den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen und über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben; er darf nicht im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sein und keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaates darstellen und insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden sein.

Gemäß Art. 6 Abs 4 Schengener Grenzkodex werden die Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts nach der Dauer und dem Zweck des Aufenthalts und unter Zugrundelegung der Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung in dem betreffenden Mitgliedstaat nach Maßgabe eines mittleren Preisniveaus für preisgünstige Unterkünfte bewertet, die um die Zahl der Aufenthaltstage multipliziert werden. Die Feststellung ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts kann anhand von Bargeld, Reiseschecks und Kreditkarten erfolgen, die sich im Besitz des Drittstaatsangehörigen befinden. Sofern in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen, können auch Verpflichtungserklärungen und - im Falle des Aufenthalts eines Drittstaatsangehörigen bei einem Gastgeber - Bürgschaften von Gastgebern im Sinne des nationalen Rechts Nachweise für das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts darstellen.

Im Zusammenhang mit der Prüfung ausreichender Unterhaltsmittel muss der Unterhalt für die beabsichtigte Dauer des Aufenthalts gesichert sein, wobei diese Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen dürfen (VwGH 29.04.2010, 2007/21/0262). Der Fremde hat initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen (vgl VwGH 13.09.2012, 2011/23/0156 und 22.01.2013, 2012/18/0191 jeweils zu § 60 Abs. 2 Z 7 FPG idF vor Inkrafttreten des FrÄG 2011).

Die Anwendung dieser Rechtslage auf den hier maßgeblichen Sachverhalt ergibt Folgendes:

Der BF ist als Staatsangehöriger von Serbien Fremder iSd § 2 Abs. 4 Z 1 FPG und Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

Vor dem Hintergrund der soeben genannten Bestimmungen erwies sich der Aufenthalt des BF im Bundesgebiet als rechtswidrig, da er nicht über ausreichende finanzielle Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhalts verfügte. Zwar stand die konkret geplante Aufenthaltsdauer des BF im Schengenraum nicht fest, er reiste aber bereits mit der Absicht ins Bundesgebiet ein, in Österreich ohne die erforderlichen Bewilligungen erwerbstätig zu werden und versuchte unter Verwendung eines gefälschten bulgarischen Reisepasses eine Anmeldebescheinigung zu erlangen. Eine Wohnsitzmeldung des BF in Österreich lag von XXXX.2017 bis XXXX.2018 vor, sodass ein beabsichtigter Aufenthalt in zumindest dieser Dauer zugrunde zu legen ist. Ausgehend davon verfügte der BF auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass er bei seiner Schwester wohnte und von dieser mit Lebensmitteln unterstützt wurde, nicht über ausreichende Mittel zur Finanzierung seines Lebensunterhaltes während dieser Zeit und für die Rückreise. Der Anfang Oktober 2017 noch vorhandene Betrag von EUR 150,00 reicht dafür nicht aus, zumal er in knapp einem Monat von dem ursprünglichen Betrag iHv EUR 300,00 bereits die Hälfte verbraucht hat. Da der BF keine Möglichkeit hatte, auf legalem Weg weitere finanzielle Mittel zu erwerben, verfügte er nicht über ausreichende Unterhaltsmittel für seinen Aufenthalt und für die Rückkehr in seinen Herkunftsstaat. Außerdem hat er weder den Zweck noch die voraussichtliche Dauer noch die Umstände seines Aufenthalts belegt. Da der BF die Bedingungen für den visumfreien Aufenthalt gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. c iVm Abs. 4 Schengener Grenzkodex (ausreichende finanzielle Mittel) nicht einhielt, sondern von Anfang an eine Umgehung der fremden- und arbeitsmarktrechtlichen Bestimmungen beabsichtigte, hielt er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf, obwohl er die zulässige Aufenthaltsdauer nicht überschritt.

Das BFA ist somit im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen ist, dass sich der BF zum Zeitpunkt der Erlassung der Rückkehrentscheidung unrechtmäßig in Österreich aufgehalten hat und beruht die Rückkehrentscheidung nicht - wie im Spruch des angefochtenen Bescheids offenbar versehentlich angeführt - auf § 52 Abs. 1. Z 2 FPG, sondern - wie sich auch aus der Begründung des angefochtenen Bescheids (Seite 12 des Bescheides, AS 73) eindeutig ergibt - auf § 52 Abs. 1 Z 1 FPG. Insoweit wäre Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids richtigzustellen.

Mit der vorliegenden Entscheidung ist allerdings der geänderte Umstand zu berücksichtigen, dass sich der BF nicht mehr in Österreich aufhält. Im Fall einer während des Beschwerdeverfahrens erfolgten Ausreise ist der Fall erstmals unter dem Blickwinkel des § 52 Abs. 1 Z 2 FPG zu beurteilen und allenfalls die Beschwerde mit Bezugnahme auf diese Bestimmung abzuweisen, zumal eine Erstreckung der Anordnung des § 21 Abs. 5 BFA-VG auf Entscheidungen über Beschwerden gegen eine Rückkehrentscheidung (jedenfalls nach § 52 Abs. 1 FPG) nicht in Frage kommt (VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0234, Rz 12 und 21).

Seit der erfolgten Ausreise des BF findet die gegenständliche Rückkehrentscheidung daher in § 52 Abs. 1 Z 2 FPG ihre weitere Rechtsgrundlage, zumal das Rückkehrentscheidungs-verfahren ohnehin schon vor der Ausreise und daher jedenfalls vor Ablauf der in § 52 Abs. 1 Z 2 FPG vorgesehenen Frist (binnen sechs Wochen ab Ausreise) eingeleitet wurde. Eine Korrektur des Spruches ist somit nicht erforderlich.

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aus dem Blickwinkel des § 9 BFA-VG iVm. Art. 8 EMRK zulässig ist, ist weiters eine gewichtende Gegenüberstellung des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung mit dem Interesse des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich vorzunehmen.

Der BF verfügt über keine engen familiären Bindungen in Österreich, zumal kein besonderes Abhängigkeitsverhältnis mit seinen in Österreich lebenden Verwandten erkennbar ist. Angesichts dieser Beziehungen bestehen aber Anknüpfungspunkte im Rahmen seines Privatlebens, wozu auch Kontakte zwischen erwachsenen Familienmitgliedern, zwischen den keine besondere Abhängigkeit besteht, zählen. Was die privaten Lebensumstände des BF anbelangt, ist festzuhalten, dass auch schon im Hinblick auf die vergleichsweise kurze Dauer seines Aufenthalts in Österreich keine Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige Integration des BF in Österreich in sprachlicher, beruflicher oder sozialer Hinsicht hervorgekommen sind.

Es konnte auch nicht davon ausgegangen werden, dass der BF auf Grund seines kurzen Aufenthalts außerhalb seines Herkunftsstaates über keinerlei Bindung mehr an seinen Herkunftsstaat verfügen würde. Seine bislang in Österreich bestehenden Kontakte zu seinen Familienmitgliedern können sowohl über diverse Kommunikationsmittel (wie Telefon oder Internet) als auch durch Besuche in Serbien aufrechterhalten werden.

Im Lichte dieser nach § 9 BFA-VG iVm. Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotenen Abwägung hat sich somit insgesamt nicht ergeben, dass vorhandene familiäre oder nachhaltige private Bindungen des BF in Österreich das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts überwiegen würden. Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde somit im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts im Bundesgebiet das persönliche Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, welche im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung (auf Dauer oder vorübergehend) unzulässig erscheinen ließen.

Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 9 iVm. § 50 FPG getroffene amtswegige Feststellung keine konkreten Umstände dahingehend hervorgekommen, dass allenfalls auch unter dem Gesichtspunkt des Privat- und Familienlebens des BF die Abschiebung in den Herkunftsstaat unzulässig wäre (vgl. VwGH 16.12.2015, Zl. Ra 2015/21/0119).

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist die Abschiebung des BF nach Serbien zulässig. Es liegen unter Berücksichtigung der Situation dort und der Lebensumstände des BF, der über Familie dort verfügt ist, keine konkreten Gründe vor, die eine Abschiebung unzulässig machen würden. Dafür spricht nicht zuletzt, dass Serbien als sicherer Herkunftsstaat gemäß § 1 Z 6 HStV gilt, zumal bei der Festlegung sicherer Herkunftsstaaten insbesondere auf das Bestehen oder Fehlen von staatlicher Verfolgung, Schutz vor privater Verfolgung und Rechtsschutz gegen erlittene Menschenrechtsverletzungen Bedacht zu nehmen ist (siehe VwGH 10.08.2017, Ra 2017/20/0153). Konkrete Gründe für die Unzulässigkeit der Abschiebung wird in der Beschwerde nicht einmal ansatzweise behauptet bzw. teilte der BF bereits in der Beschwerde mit, dass er beabsichtige freiwillig nach Serbien zurückzukehren.

Auch Umstände, dass vom BFA allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre, liegen unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhaltes nicht vor.

Ein Ausspruch in Bezug auf § 57 AsylG 2005 hat seine Grundlage in § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005, wonach das BFA die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen hat, wenn sich ein Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des sechsten Hauptstückes des FPG fällt. Im maßgeblichen Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung des BVwG über die gegen den Bescheid des BFA erhobene Beschwerde befand sich der BF allerdings nicht mehr im Bundesgebiet, weshalb die Voraussetzung für die amtswegige Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 weggefallen ist. Die in Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ausgesprochene Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 hat daher zu entfallen (siehe VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0234, Rz 23).

Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides:

Das BFA hat mit dem angefochtenen Bescheid weiters gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung aberkannt. Die Feststellung, dass keine Frist für die Ausreise besteht, wurde vom BFA nicht getroffen.

Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Gemäß § 55 Abs. 4 FPG ist von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend dargelegt hat, erweist sich die sofortige Ausreise des unrechtmäßig in Österreich aufhältigen und mittellosen BF im Interesse der öffentlichen Ordnung (zur Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens) als erforderlich. Die Mittellosigkeit des BF birgt die Gefahr der Beschaffung von Unterhaltsmitteln aus illegalen Quellen und der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft in sich. Der BF hat durch sein bisheriges Verhalten bereits gezeigt, dass er bislang nicht gewillt war, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten, indem er ins Bundesgebiet einreiste, um hier unter Verwendung eines gefälschten bulgarischen Reisepasses als Unionsbürger erwerbstätig zu werden und diesen Plan auch in die Tat umsetzte, indem er bei der zuständigen Behörde versuchte, durch Vorlage des gefälschten Passes eine Anmeldebescheinigung zu erlangen. Es hat sich auch nicht ergeben, dass vor einer Ausreise noch dringliche persönliche Verhältnisse zu regeln wären, die die Einräumung einer Frist für die freiwillige Ausreise erforderlich machen würden.

Vom BVwG wurde nach der Vorlage der Beschwerde kein Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG gefunden, zumal in der Beschwerde keine konkreten Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß § 18 Abs. 5 Satz 1 BFA-VG stützt, angegeben wurden. Ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Privat- und Familienleben des BF durch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung lag angesichts des nicht rechtmäßigen Aufenthalts des BF in Österreich nicht vor, zumal er die Kontakte zu seinen Geschwistern in Österreich auch durch moderne Kommunikationsmittel und bei Besuchen pflegen kann. Eine Gefährdung der Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur EMRK ist weder aktenkundig noch ergibt sie sich aus dem Vorbringen des BF. Es bestehen keine konkreten Anzeichen dafür, dass er in Serbien Folter oder einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein oder dort keine Existenzgrundlage vorfinden würde. Eine so unzureichende Versorgungssituation, die eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen könnte, liegt aktuell auch bei Berücksichtigung der schwierigen wirtschaftlichen Lage dort nicht vor, ebensowenig kriegerische oder sonstige bewaffnete Auseinandersetzungen, die für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würden.

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BFA ist daher nicht zu beanstanden; eine Zuerkennung durch das BVwG kam nicht in Betracht.

Gemäß § 55 FPG ist im Spruch des Bescheides, mit dem eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG erlassen wird, grundsätzlich von Amts wegen eine Frist für die freiwillige Ausreise festzulegen. Davon ist gemäß § 55 Abs. 4 FPG abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

Nach § 55 Abs. 1a FPG besteht eine Frist für die freiwillige Ausreise (unter anderem) dann nicht, wenn eine Entscheidung aufgrund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird. Gemäß § 55 Abs. 4 FPG ist von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde. Da die belangte Behörde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG aberkannte und diese vom Verwaltungsgericht nicht wieder zuerkannt wurde, besteht keine Frist zur freiwilligen Ausreise.

Der Spruch des angefochtenen Bescheids ist um einen entsprechenden Ausspruch zu ergänzen. Ein spruchmäßiger Ausspruch der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist in der Beschwerdeentscheidung dagegen nicht mehr notwendig.

Zu Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides:

Das BFA hat das gegenständliche und auf die Dauer von drei Jahren befristete Einreiseverbot auf § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Z 6 FPG gestützt und im Wesentlichen mit dem Umstand begründet, dass der BF derzeit nicht die Mittel besitze, um sich seinen Lebensunterhalt in Österreich finanzieren zu können.

Gemäß § 53 Abs. 1 und 2 FPG kann das BFA mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot, also die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der EU (außer Irlands und des Vereinigten Königreichs), Islands, Norwegens, der Schweiz und Liechtensteins einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten, erlassen, wenn der Drittstaatsangehörige die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet. Die Dauer des Einreiseverbots ist abhängig von seinem bisherigen Verhalten. Dabei ist zu berücksichtigen, inwieweit sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

§ 53 Abs. 2 FPG enthält eine demonstrative Aufzählung von Tatbeständen, deren Vorliegen eine Gefährdung öffentlicher Interessen indiziert. Dies ist demnach z.B. dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag (§ 53 Abs. 2 Z 6 FPG). In solchen Fällen kann ein Einreiseverbot für die Dauer von höchstens fünf Jahren erlassen werden.

Ein Einreiseverbot ist nicht zwingend mit jeder Rückkehrentscheidung zu verbinden (vgl VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0207). Es ist dann zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen gefährde die öffentliche Ordnung oder Sicherheit. Dabei ist sowohl für die Frage, ob überhaupt ein Einreiseverbot zu verhängen ist, als auch für die Bemessung seiner Dauer eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose vorzunehmen, in die das Gesamtverhalten des Betroffenen einzubeziehen ist. Aufgrund konkreter Feststellungen ist eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick worauf die Annahme einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gerechtfertigt ist. Außerdem ist in Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, ob private oder familiäre Interessen des Betroffenen der Verhängung eines Einreiseverbots in der konkreten Dauer entgegenstehen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10, 12; vgl auch VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289).

Ein Fehlverhalten kann auch dann zur Beurteilung der Gefährdungsprognose herangezogen werden, wenn es nicht zu einer gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Bestrafung geführt hat (VwGH 22.01.2014, 2012/22/0246).

In Anwendung dieser Grundsätze auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Mittellosigkeit des BF gemäß § 53 Abs. 2 Z 6 FPG eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch seinen Aufenthalt indiziert, zumal die Mittellosigkeit des BF die Gefahr der Beschaffung von Unterhaltsmitteln aus illegalen Quellen und der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft mit sich bringt.

Die belangte Behörde hat das Vorliegen der Voraussetzung des § 53 Abs. 2 Z 6 FPG zu Recht bejaht, weil der BF weder über eigene finanzielle Mittel verfügte noch einen Unterhaltsanspruch gegen seine Schwester, die ihn in Österreich unterstützte, hat. Somit sind die Voraussetzungen für die Erlassung eines maximal fünfjährigen Einreiseverbots erfüllt, da keine entgegenstehenden privaten und familiären Interessen des BF vorliegen. Darüber hinaus ist ihm sein unrechtmäßiger Aufenthalt und der Umstand, dass er durch sein Verhalten die aus der Mittellosigkeit resultierende Gefahr der Beschaffung von Unterhaltsmitteln aus illegalen Quellen zu realisieren versuchte, indem er unter Verwendung eines gefälschten Reisepasses vortäuschte, Staatsangehöriger eines EU-Mitgliedstaates zu sein, um so unbehelligt in Österreich Aufenthalt zu nehmen und einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, vorzuhalten. Auch wenn (bislang) keine strafgerichtliche Verurteilung wegen der Verwendung des gefälschten Reisepasses erfolgte, ist dieses Verhalten im Einklang mit der höchstgerichtlichen Judikatur in die Gefährdungsprognose einzubeziehen.

Die belangte Behörde hat, wenn auch nicht sehr umfassend, hinreichend begründet, weshalb in Gesamtbetrachtung aller Umstände (unrechtmäßiger Aufenthalt, Mittellosigkeit, Verwendung eines gefälschten Reisepasses zur Arbeitsaufnahme) jedenfalls nicht von einer nur geringfügigen Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung ausgegangen werden könne, weswegen ein Einreiseverbot zu erlassen ist. Durch dieses Verhalten in der Vergangenheit hat der BF gezeigt, dass er nicht gewillt ist, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Daher ist auch zukünftig eine Einreise des BF ohne Beachtung der fremden- und arbeitsmarktrechtlichen Rechtsvorschriften konkret zu befürchten.

Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung fremden- und arbeitsmarktrechtlicher Bestimmungen kommt zum Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ein hoher Stellenwert zu. Da vom BF jedoch keine gravierende Gefährdung der öffentlichen Ordnung ausgeht, weil er nur einen der Tatbestände des § 53 Abs. 2 FPG erfüllt und sich nicht lange in Österreich aufhielt und freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurückkehrte, ist ein kurzfristiges Einreiseverbot in der Dauer von einem Jahr ausreichend, um der von ihm ausgehenden Gefahr für die öffentliche Ordnung wirksam zu begegnen. Dadurch bleibt eine Steigerung der Sanktion bei einem neuerlichen, allenfalls schwerwiegenderen Fehlverhalten möglich.

Eine weitere Reduktion ist auch bei Berücksichtigung der privaten und familiären Interessen des BF nicht möglich. Die mit dem Einreiseverbot einhergehende zeitweilige Unmöglichkeit Familienmitglieder im Bundesgebiet (Geschwister) bzw. in einem EU-Mietgliedstaat (Ehefrau) zu besuchen oder hier legal beruflich tätig zu sein, ist im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen in Kauf zu nehmen, zumal eine besondere Abhängigkeit des BF von seinen in Österreich lebenden Verwandten oder besonders intensive Bindungen nicht anzunehmen sind und sein Lebensmittelpunkt ohnedies in seinen Herkunftsstaat liegt. Es ist dem BF zumutbar, die Kontakte zu seiner Frau und den übrigen Verwandten durch Besuche im Ausland sowie durch Telefonate, Briefe und elektronische Kommunikation aufrechtzuerhalten.

Das Einreiseverbot laut Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides ist somit in teilweiser Stattgebung der Beschwerde entsprechend herabzusetzen. Diese Dauer ist notwendig, um der vom BF ausgehenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit wirksam zu begegnen und bei ihm einen Gesinnungswandel dahin zu bewirken, sich bei künftigen Aufenthalten in Österreich an die gesetzlichen Vorgaben zu halten und insbesondere für ausreichende eigene Unterhaltsmittel zu sorgen.

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Im gegenständlichen Fall wurde hinsichtlich der Rückkehrentscheidung und Zulässigkeit der Abschiebung der Sachverhalt nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substanziierter Weise behauptet (siehe VwGH 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9).

§ 21 Abs. 7 BFA-VG erlaubt das Unterbleiben einer Verhandlung sogar dann, wenn deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Diese Regelung steht im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC. Bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen kommt der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zwar besondere Bedeutung zu, und zwar sowohl in Bezug auf die Gefährdungsprognose als auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art. 8 EMRK sonst relevanten Umstände. Daraus ist aber noch keine generelle Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Verfahren über aufenthaltsbeendende Maßnahmen abzuleiten. In eindeutigen Fällen, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das BVwG von ihm einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft, kann auch eine beantragte Verhandlung unterbleiben (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233).

Da der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage und des Beschwerdevorbringens geklärt ist und auch bei einem positiven Eindruck vom BF bei einer mündlichen Verhandlung kein Entfall oder eine weitere Herabsetzung des Einreiseverbotes möglich wäre, konnte die beantragte Verhandlung unterbleiben. Von deren Durchführung ist keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten, zumal ohnehin von der Richtigkeit der in der Beschwerde aufgestellten, glaubhaften Behauptungen des BF zu seinen privaten und familiären Lebensumständen in Österreich ausgegangen wird.

Zu Spruchteil B):

Zur Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Die im Zusammenhang mit der Erlassung eines Einreiseverbots anzustellende Gefährdungsprognose und die dabei vorzunehmende Interessenabwägung können jeweils nur im Einzelfall erstellt bzw. vorgenommen werden. Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist teilweise zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Abschiebung, aufschiebende Wirkung - Entfall, Einreiseverbot,
freiwillige Ausreise, Interessenabwägung, öffentliche Interessen,
Privat- und Familienleben, Resozialisierung, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G310.2173488.1.00

Zuletzt aktualisiert am

15.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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