Index
L65000 Jagd Wild;Norm
AVG §68 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde der Jagdgenossenschaft Kaunerberg in Kaunerberg, vertreten durch Dr. Klemens Stefan Zelger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Müllerstraße 16, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 7. Oktober 1996, Zl. 2474/12, betreffend Widerruf einer Angliederung nach dem Tiroler Jagdgesetz (mitbeteiligte Partei:
Österreichische Bundesforste AG in Wien, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei ist schuldig, dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Landeck-Tirol vom 19. September 1949 wurde - unter anderem - die der mitbeteiligten Partei gehörende Grundfläche "Staatsjagd Kaunerberg", bestehend aus der Grundparzelle der KG Kaunerberg Nr. 1600 mit einer Gesamtfläche von 296.0951 ha, gemäß § 8 Abs. 1 des Tiroler Jagdgesetzes, LGBl. Nr. 8/1948, als Eigenjagdgebiet anerkannt und gleichzeitig ausgesprochen, dass gemäß § 8 Abs. 2 let. cit. dieses Eigenjagdgebiet dem Genossenschaftsjagdgebiet Kaunerberg angegliedert wird. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen. Mit Schriftsatz vom 25. November 1991 stellte die mitbeteiligte Partei den Antrag auf Aufhebung der bestehenden Angliederung.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 9. Jänner 1996 wurde gemäß § 8 Abs. 5 Tiroler Jagdgesetz 1983, in der Fassung LGBl. Nr. 68/1993, die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 19. September 1949 verfügte Angliederung der Eigenjagd Kaunerberg, bestehend aus dem Grundstück 1600 Grundbuch Kaunerberg, an das Genossenschaftsjagdgebiet Kaunerberg widerrufen.
Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 7. Oktober 1996 wurde der von der beschwerdeführenden Partei dagegen erhobenen Berufung keine Folge gegeben.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die beschwerdeführende Partei die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Desgleichen beantragt die mitbeteiligte Partei in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde ging in der Begründung des angefochtenen Bescheides im Wesentlichen davon aus, dass nach der zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 19. September 1949 geltenden Rechtslage die gegenständliche als Eigenjagdgebiet anerkannte Grundfläche mit dem Genossenschaftsjagdgebiet der beschwerdeführenden Partei zusammengelegt worden sei, weil das Eigenjagdgebiet eine geordnete Jagdwirtschaft wegen des Fehlens einer abschussplanmäßigen nutzbaren Wildart nicht zugelassen habe, wobei aber der Charakter als Eigenjagdgebiet für die Eigenjagd Kaunerberg der mitbeteiligten Partei durch diese Zusammenlegung nicht verloren gegangen sei. Mit dem Inkrafttreten des Tiroler Jagdgesetzes LGBl. Nr. 10/1959 sei das Tiroler Jagdgesetz aus dem Jahr 1948 aufgehoben worden, in den Übergangsbestimmungen des § 65 Abs. 2 sei aber festgelegt worden, dass die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes (TJG 1959) festgestellten Jagdgebiete als nach diesem Gesetz festgestellt gelten, soweit die Behörde nach den Bestimmungen der §§ 4 bis 8 keine neue Feststellung zu treffen hat. Daraus folge zwingend, dass die nach dem TJG 1948 mit Bescheid vom 19. September 1949 festgestellte Eigenjagd der mitbeteiligten Partei - da eine neue Feststellung der Behörde nach den Bestimmungen der §§ 4 bis 8 des TJG 1959 nicht zu treffen gewesen sei - auch als nach dem TJG 1959 festgestellte Eigenjagd zu gelten habe. Die Übergangsregelungen seien in den Wiederverlautbarungen des TJG der Jahre 1969 und 1983 unverändert beibehalten worden und somit für das gegenständliche Verfahren anzuwenden. Nunmehr habe die belangte Behörde das - zum Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides - geltende TJG 1983, LGBl. Nr. 60, idF des Gesetzes LGBl. Nr. 68/1993 anzuwenden. Nach dieser Rechtslage sei es jedoch ausgeschlossen, dass rechtskräftig festgestellte Eigenjagdgebiete in ihrer Gesamtheit an ein anderes Jagdgebiet gleich welcher Art immer angegliedert werden könnten. Eine derartige Angliederung widerspreche daher dem Gesetz und sei zu widerrufen.
Die beschwerdeführende Partei führt gegen den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen ins Treffen, dass die Angliederung mit rechtskräftigem Bescheid festgestellt worden sei und mangels Änderung des Sachverhaltes nicht aufgehoben werden könne. Dagegen sei - wie die belangte Behörde selbst in einem früheren Bescheid festgehalten habe - der Sachverhalt ergänzungsbedürftig und die belangte Behörde hätte prüfen müssen, ob und inwieweit die Eigenjagd Kaunerberg jagdlich selbständig nutzbar sei. Diese Nutzbarkeit werde von der beschwerdeführenden Partei bestritten, es handle sich um ein Kahlgebirge in Form eines Schlauchs, von mehreren Kilometern Länge, jedoch nur ca. 400 m Breite; sollte der Widerruf der Angliederung mit Ablauf des Jagdpachtvertrages rechtswirksam werden, müsste durch das Genossenschaftsjagdgebiet Kaunerberg eine Reihe von Jägernotwegen beantragt und geführt werden, was zu einer erheblichen Beunruhigung des Genossenschaftsjagdgebietes führen würde. Auch sei auf Grund der Steilheit des Geländes zu befürchten, dass nahezu jedes in der Eigenjagd erlegte Wildstück in das Genossenschaftsjagdgebiet abstürzen würde. Die Auffassung der belangten Behörde, dass die Voraussetzungen für den Widerruf nach dem Tiroler Jagdgesetz in der derzeit geltenden Fassung zu überprüfen seien, sei unrichtig, im Übrigen sei der Bescheid aus dem Jahr 1949 nach wie vor mit dem TJG 1983 in Einklang zu bringen.
Mit diesem Vorbringen ist die beschwerdeführende Partei aber nicht im Recht:
Der Bescheid der Erstbehörde vom 19. September 1949 beruhte auf der Rechtslage des Tiroler Jagdgesetzes (TJG) 1948, nach dessen § 8 Abs. 2 bestimmt war, dass die Bezirksjagdbehörde ein Eigenjagdgebiet mit einem benachbarten Jagdgebiet zusammenlegen könne, wenn das Eigenjagdgebiet eine geordnete Jagdwirtschaft nicht zulässt. Der Charakter als Eigenjagdgebiet ging dadurch nicht verloren. § 8 Abs. 6 TJG 1948 sah vor, dass der Nachweis der erforderlichen Mindestgröße (nach § 8 Abs. 1: 115 ha) durch den Eigentümer zu erbringen sei. Ob die Voraussetzungen für den Bestand eines Eigenjagdgebietes vorlägen, entscheide im Zweifel die Bezirksjagdbehörde.
Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, die belangte Behörde habe gegen den Grundsatz "ne bis in idem" verstoßen, ist ihr zu entgegnen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine neuerliche Entscheidung grundsätzlich auch zulässig ist, wenn sich nach Erlassung des vorausgegangenen Bescheides die Rechtslage maßgeblich geändert hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1988, Zl. 88/03/0092). Von dieser Rechtsprechung abzugehen, bietet das Beschwerdevorbringen keinen Anlass.
Eine derartige Änderung ist hier eingetreten:
Gemäß § 5 Abs. 1 TJG 1983, Anlage zur Wiederverlautbarungskundmachung der Tiroler Landesregierung LGBl. Nr. 60, idF der Novelle LGBl. Nr. 68/1993 ist ein Eigenjagdgebiet eine im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes dem selben Eigentümer (physische oder juristische Person oder Mehrheit von Personen) gehörige zusammenhängende land- oder forstwirtschaftlich nutzbare Grundfläche von mindestens 200 Hektar, gleichgültig, ob sie in der gleichen Ortsgemeinde liegt oder nicht. Gemäß § 6 Abs. 1 leg. cit. bilden alle in einer Ortsgemeinde liegenden Grundflächen, die nicht als Eigenjagdgebiete festgestellt sind, das Genossenschaftsjagdgebiet, wenn sie zusammenhängen und mindestens 500 Hektar umfassen.
§ 8 Abs. 1 leg. cit. normiert, dass die zusammenhängenden, nicht zu einem Eigenjagdgebiet gehörigen Grundflächen einer Gemeinde, wenn sie nicht das Ausmaß von 5 Hektar umfassen, unter Bedachtnahme auf eine ordnungsgemäße Jagdausübung benachbarten Jagdgebieten anzugliedern sind. Gemäß § 8 Abs. 2 leg. cit. sind Grundflächen, die von einem Eigenjagd- oder Genossenschaftsjagdgebiet wenigstens zu drei Vierteln ihres Umfanges umschlossen werden, auf Antrag des Eigentümers der Eigenjagd bzw. auf Antrag der Jagdgenossenschaft diesem Jagdgebiet anzugliedern, wenn es die ordnungsgemäße Jagdausübung erfordert und wenn dadurch die Mindestgröße eines Jagdgebietes nicht verloren geht.
In den auf die Regelungen des TJG 1959 zurückgehenden Übergangsbestimmungen des § 69 TJG 1983 (Paragraphenbezeichnung nach der Fassung der Wiederverlautbarung) wurde festgelegt, dass nach § 8 Abs. 2 des Tiroler Jagdgesetzes LGBl. Nr. 8/1948 zusammengelegte Eigenjagdgebiete ab Inkrafttreten dieses Gesetzes auf die Dauer laufender Pachtverträge als angegliedert gelten. Nach Ablauf der Pachtverträge sind sie, wenn sie nicht gemäß § 5 Eigenjagdgebiete oder gemäß § 6 Bestandteil eines Genossenschaftsjagdgebietes sind, benachbarten Jagdgebieten anzugliedern (Abs. 1). Die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes festgestellten Jagdgebiete gelten, soweit die Bezirksverwaltungsbehörde nach den Bestimmungen der §§ 4 bis 6 sowie 8 und 9 keine neue Feststellung zu treffen hat, als nach diesem Gesetz festgestellt (Abs. 2).
Nach dem Inhalt dieser Übergangsbestimmung kam es daher darauf an, ob zum Zeitpunkt des Inkraftretens des TJG 1959 (nach dessen § 67 somit am 1. April 1959) und bejahendenfalls auf welche Dauer ein Pachtvertrag bestand. Durch die Übergangsregelung des vorzitierten Abs. 1 wurde nämlich sichergestellt, dass die im Geltungsbereich des TJG 1948 zusammengelegten Eigenjagdgebiete (nach § 8 Abs. 2 TJG 1948) ab Inkrafttreten des TJG 1959 auf die Dauer des in diesem Zeitpunkt laufenden Pachtvertrages als Angliederungen im Sinne des TJG 1959 bestehen geblieben sind (vgl. Abart/Lang/Obholzer, Tiroler Jagdrecht2, Anm 2 zu § 69 TJG 1983, S 198). Aus dem Inhalt der Verwaltungsakten folgt, dass betreffend das Genossenschaftsjagdgebiet Kaunerberg (-Faggen) ein Jagdpachtvertrag am 10. März 1949 mit einer Pachtdauer vom 1. April 1949 auf 12 Jahre abgeschlossen worden war. Mit Ablauf dieses Pachtvertrages war die bis dahin im Sinne der Übergangsbestimmung des § 65 Abs. 1 TJG 1959 - nunmehr § 69 Abs. 1 TJG 1983 - bestehende Angliederung beendet. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde lediglich ausgesprochen, was aufgrund der Bestimmung des § 65 Abs. 1 TJG 1959 bereits mit Ablauf des Pachtvertrages - somit ex lege - eingetreten war. An dieser Rechtslage konnte daher der bescheidmäßige Widerruf der Angliederung nichts verändern. Daraus folgt, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt wurde.
Schließlich ist auch dem Einwand der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde habe in einem vorangegangenen Berufungsverfahren anlässlich der Aufhebung eines erstinstanzlichen Bescheides die Auffassung vertreten, es müsse dargelegt werden, ob und inwieweit die Eigenjagd Kaunerberg jagdlich selbständig nutzbar sei, woran die Behörde gebunden sei, zu entgegnen, dass sich die Ausführungen der belangten Behörde im Bescheid vom 21. September 1992 darin erschöpft haben, ein im erstinstanzlichen Verfahren eingeholtes Gutachten als unschlüssig zu erachten. Eine Rechtsauffassung, an die die Behörde - und auch der Verwaltungsgerichtshof - gebunden wäre, wurde darin nicht geäußert.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 26. Mai 1999
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Jagdrecht und Jagdrechtsausübung Bildung von Jagdgebieten Genossenschaftsjagdgebiet Gemeindejagdgebiet Gemeinschaftsjagdgebiet Vereinigung und Zerlegung Jagdrecht und Jagdrechtsausübung Eigenjagd Ausübung und Nutzung Verpachtung Zurückweisung wegen entschiedener SacheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997030004.X00Im RIS seit
11.07.2001