TE OGH 2019/2/27 15Os170/18s

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Veröffentlicht am 27.02.2019
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Februar 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel-Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart der Kontr. Ziegler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Rustambek A***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 3. Oktober 2018, GZ 38 Hv 42/18t-86, ferner über die Beschwerde des Angeklagten gegen den unter einem gefassten Beschluss auf Verlängerung der Probezeit nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Rustambek A***** des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Fall, Abs 2 SMG (I./A./), des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (I./B./), des Vergehens des schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5 StGB (II./) und der Vergehen nach § 50 Abs 1 Z 1 WaffG (III./A./) sowie nach § 50 Abs 1 Z 2 WaffG (III./B./) schuldig erkannt.

Danach hat er

I./A./ ab Dezember 2017 bis 27. März 2018 in W***** vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich 109,8 Gramm „Crystal Meth“ bzw „Piko“ mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von 60 % (66 Gramm reines Methamphetamin), 191,6 Gramm Kokain mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von 76 % (145 Gramm reines Cocain) sowie 900,5 Gramm Cannabiskraut mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von 12 % THCA und 1 % Delta-9-THC (119 Gramm reines THCA sowie 9,1 g Delta-9-THC) mit dem Vorsatz besessen, dass es in Verkehr gesetzt werde, indem er es im Keller seiner Wohnung verwahrte und zum Verkauf bereithielt;

B./ in W***** und anderen Orten vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich insgesamt 981 Gramm „Crystal Meth“ bzw „Piko“ mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von 60 % (588,6 Gramm reines Methamphetamin) sowie zumindest drei Gramm Kokain mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von 76 % (2,28 Gramm reines Cocain) Nachgenannten in wiederholten Angriffen überlassen und zwar

1. zwischen Juli 2017 bis 17. März 2018 George T***** zumindest 560 Gramm „Piko“ um einen Grammpreis von 60 bis 65 Euro sowie zumindest ein Gramm Kokain unentgeltlich;

2. zwischen Dezember 2017 und 19. März 2018 Veysel P***** zumindest 175 Gramm „Piko“ um einen Grammpreis von 60 bis 65 Euro sowie zumindest ein Gramm Kokain unentgeltlich;

3. zwischen Jänner 2018 und 25. März 2018 Lütfi K***** zumindest 46 Gramm „Crystal Meth“ um einen Grammpreis von 65 Euro;

4. zwischen Dezember 2017 und März 2018 Dino I***** und Nadine S***** zumindest 200 Gramm „Piko“ um einen Grammpreis von 65 Euro;

5. Mitte Jänner 2018 Ümit C***** zumindest ein Gramm Kokain;

II./ im Dezember 2017 in W***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit zwei nicht ausgeforschten Mittätern (§ 12 StGB) eine fremde bewegliche Sache, nämlich das unter Punkt I./A./ genannte Suchtgift, einem nicht festzustellenden Opfer mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen, indem er das in einem Sack befindliche Suchtgift an sich nahm und weglief, wobei er den Diebstahl an einer Sache jedenfalls 5.000 Euro, nicht aber 300.000 Euro übersteigenden Werts beging;

III./ bis 27. März 2018 in W*****, wenn auch nur fahrlässig,

A./ für etwa neun Jahre unbefugt Schusswaffen der Kategorie B, nämlich eine Femaru, Mod 37, Kaliber 7,65 mm, ohne waffenrechtliche Urkunde besessen;

B./ für etwas weniger als ein Jahr verbotene Waffen, nämlich einen als Taschenlampe getarnten Schlagstock, „drei Wurfmesser“ und „Munition“ unbefugt besessen.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf Z 3, 5, 9 lit a und 10a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

Die Aussage des Zeugen K***** vor der Polizei (ON 29 S 73 ff) wurde – entgegen der Kritik der Verfahrensrüge (Z 3) – einverständlich in der Hauptverhandlung vorgetragen (ON 85 S 12: „gemäß § 252 Abs 1 Z 4, Abs 2 und 2a StPO wird einverständlich vorgetragen der gesamte Akteninhalt.“).

Zu I./A./, I./B./ und II./ behauptet die Mängelrüge (Z 5 erster Fall) pauschal eine Undeutlichkeit der Feststellungen (RIS-Justiz RS0117995), ohne aber anzugeben, welche – der im Übrigen unmissverständlich konstatierten (US 4 f) – entscheidenden Tatsachen nicht unzweifelhaft erkennbar sein sollten.

Die Feststellungen zur subjektiven Tatseite (US 4 f) wurden deutlich und bestimmt sowie logisch und empirisch mängelfrei (Z 5 erster und vierter Fall) auf das Geständnis des Angeklagten, den äußeren Geschehensablauf und die große Menge des sichergestellten Suchtgifts gegründet (US 7).

Die Angaben der Zeugen T*****, P*****, I***** und C***** in der Hauptverhandlung wurden vom Gericht nicht übergangen (Z 5 zweiter Fall), die Tatrichter billigten deren Aussagen im Ermittlungsverfahren bloß einen größeren Beweiswert zu (US 6). Gleiches gilt für die Aussage der Zeugin S*****, der das Erstgericht wegen der eingestandenen Erinnerungslücken keine besondere Verlässlichkeit zumaß (US 6).

Entgegen der weiteren Mängelrüge (Z 5 dritter Fall) haben die Tatrichter dem Angeklagten nicht „zugebilligt, dass er nur Kleinst- bzw Mindestmengen in den Umlauf gebracht habe“, sondern die behauptete Übergabe (nur) von Kleinstmengen dezidiert abgelehnt (US 5 f). Die den Feststellungen zugrunde gelegten „Mindestmengen“ („zumindest“) wurden zugunsten des Angeklagten herangezogen (§ 14 zweiter Halbsatz StPO). Ein Widerspruch zu der Konstatierung, dass der Vorsatz des Angeklagten zu I./A./ und I./B./ auf die Überschreitung der Grenzmengen (§ 28 Abs 2 SMG, § 28 Abs 4 Z 3 SMG) gerichtet war (US 4 dritter und fünfter Absatz), kann somit nicht vorliegen.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) vermisst Feststellungen zu einem auf die Überschreitung der Grenzmengen gerichteten „Schädigungsvorsatz“ (zu I./A./ und I./B./), übergeht dabei aber – entgegen den Erfordernissen prozessordnungskonformer Darstellung materiell-rechtlicher Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099810) – die entsprechenden Konstatierungen auf US 4 dritter und fünfter Absatz.

Mit dem – eigenständig eine Gewöhnung des Angeklagten an Suchtmittel behauptenden und die Überlegungen des Erstgerichts zur schweren Schuld des Angeklagten (US 9) vernachlässigenden – Vorwurf, das Schöffengericht habe die Diversionsvoraussetzungen „nicht hinreichend geprüft“, argumentiert die Diversionsrüge (Z 10a) nicht auf Basis des Urteilssachverhalts und verfehlt damit den gesetzlichen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0124801). Im Übrigen scheitert ein Vorgehen nach § 37 iVm § 35 Abs 2 SMG schon daran, dass für das Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (I./B./) eine schöffengerichtliche Zuständigkeit gegeben und Diversion damit (auch für die übrigen Taten) ausgeschlossen ist (§ 35 Abs 2 Z 1 SMG; RIS-Justiz RS0113621 [T4, T5]; Schroll, WK-StPO § 198 Rz 47 f; § 203 Rz 34).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die (implizite) Beschwerde ergibt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO). Zu III./B./ bleibt anzumerken, dass Wurfmesser nicht den Tatbestand des § 50 Abs 1 Z 2 WaffenG erfüllen. Ein Nachteil für den Angeklagten ist – mit Blick auf den „als Taschenlampe getarnten Schlagstock“ – durch die fehlerhafte Subsumtion nicht entstanden (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Textnummer

E124293

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0150OS00170.18S.0227.000

Im RIS seit

18.03.2019

Zuletzt aktualisiert am

18.03.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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