Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 5. März 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart des Schriftführers Bodinger in der Strafsache gegen Ramazan Ö***** wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 27. September 2018, GZ 50 Hv 50/18m-90, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ramazan Ö***** des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am 14. August 2017 in L***** im einverständlichen Zusammenwirken mit einem unbekannten Mittäter dem Ahmet Y***** eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) absichtlich zugefügt, indem beide mit einer Eisenstange auf den Körper des Genannten einschlugen und ihm mit einer „Waffe“ einen Schlag gegen die Schläfe versetzten, wodurch das Opfer einen Serienbruch der Rippen 7 bis 9 an der linken Brustkorbhälfte, einen offenen Bruch der rechten Elle, Quetsch-Riss-Verletzungen am Kopf und mehrere kratzerartige Hautläsionen erlitt.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 10 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.
Die Feststellungen zur Täterschaft des Angeklagten und zu den Umständen der Identifizierung durch das Tatopfer Y***** hat das Erstgericht – wie die Beschwerde an anderer Stelle einräumt – im Wesentlichen auf die für glaubwürdig erachteten Angaben des genannten Zeugen gestützt und sich dabei sowohl mit (nicht das eigentliche Tatgeschehen betreffenden) Divergenzen innerhalb dessen Aussagen als auch damit befasst, dass der Beschwerdeführer einen (eineiigen) Zwillingsbruder hat (US 5 ff [US 7], US 11 f).
Dass diese Erwägungen den Kriterien logischen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widersprechen (RIS-Justiz RS0108609), vermag die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) nicht darzulegen, indem sie auf die Dunkelheit zur Tatzeit (vgl aber ON 80 S 8), auf eine Verwechslungsmöglichkeit mit anderen Bartträgern oder dem Zwillingsbruder des Beschwerdeführers und auf dessen – von den Tatrichtern für unglaubwürdig angesehene (US 4 f) – Behauptung, sich zum Tatzeitpunkt in der Türkei aufgehalten zu haben, verweist und eigene Plausibilitätserwägungen zum konstatierten Täterverhalten (insbesondere zum Anheben der Gesichtsmaske während der Tat) anstellt.
Mit der Berufung auf den Zweifelsgrundsatz („in dubio pro reo“) wird kein Begründungsmangel im Sinn der Z 5 behauptet (RIS-Justiz RS0117445).
Insgesamt erschöpft sich das Vorbringen in unzulässiger Beweiswürdigungskritik nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.
Gleiches gilt für die Tatsachenrüge (Z 5a), die zunächst die unsubstantiierte Behauptung aufstellt, die Aussage des Zeugen Y***** sei entgegen der Ansicht der Tatrichter „in keinster Weise anschaulich bzw glaubwürdig, sondern vielmehr äußerst widersprüchlich“ (vgl dazu RIS-Justiz RS0099419, RS0100555), und sich dazu auf – im Urteil erörterte und als widerlegt angesehene – Aussagen der Zeugen Erkan Ö***** und Suat Öz***** (US 10 f) beruft. Mit dem Hinweis auf einzelne – aus dem Zusammenhang gerissen zitierte – Passagen aus den Depositionen des Zeugen Y***** (nach denen er „damals psychisch nicht in Ordnung war ...“ [vgl US 7] und „sein Gefühl“ ihm sage bzw er „vom Herz her sicher“ sei, dass der Beschwerdeführer einer der Angreifer war, ON 80 S 10 f; vgl aber ON 80 S 8) und dem – im Urteil berücksichtigten (erneut US 7) – Umstand, dass Özkan C*****, zu dessen „Gruppierung“ der Angeklagte gehöre, ein „Feind“ des Tatopfers sei, weckt sie keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen.
Die Subsumtionsrüge (Z 10) strebt die rechtliche Beurteilung des Täterverhaltens als „schwere Körperverletzung nach § 84 StGB“ an, rekurriert dabei aber bloß auf eine einzelne Urteilspassage zum objektiven Tatgeschehen (US 2) und vernachlässigt die weitere Konstatierung, nach der es dem Angeklagten darauf ankam, Y***** durch die Schläge mit einer Eisenstange und einer „Waffe“ eine schwere Körperverletzung zuzufügen (US 3). Damit verfehlt sie den (auf der Sachverhaltsebene) in der Gesamtheit des im Urteil festgestellten Sachverhalts
gelegenen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099810).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Textnummer
E124280European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2019:0140OS00010.19F.0305.000Im RIS seit
18.03.2019Zuletzt aktualisiert am
18.03.2019