TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/5 L519 1432178-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.11.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

05.11.2018

Norm

AsylG 2005 §15
AsylG 2005 §57 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art.133 Abs4
FPG §57
FPG §57 Abs1
FPG §57 Abs2
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

L519 1432178-4/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Isabella ZOPF als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, StA. Bangladesch, vertreten durch RA. Dr. RATHBAUER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.9.2018, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 57 FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF als

unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

I.1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz als "BF" bezeichnet) ist Staatsangehöriger von Bangladesch. Er brachte nach illegaler und schlepperunterstützter Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich am bei der belangten Behörde am 25.9.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

I.2. Dieser Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch nicht zugesprochen und der BF gem. § 10 Abs. 1 Z.2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in seinen Herkunftsstaat Bangladesch ausgewiesen.

I.3. Die gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 9.6.2015, L519 1432178-1, gem. §§ 3 und 8 AsylG als unbegründet abgewiesen. Zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung wurde das Verfahren gem. § 75 Abs. 20 AsylG 2005 an die belangte Behörde zurückverwiesen.

I.4. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 28.8.2015 wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung des BF nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

I.5. Die gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 13.9.2016, W1711432178-2, gem. §§ 10 Abs. 1 Z.3, 55, 57 AsylG § 9 BFA-VG und §§ 52, 55FPG als unbegründet abgewiesen.

I.5.1. Seiner Ausreiseverpflichtung innerhalb der gem. § 55 FPG gesetzten Frist von 14 Tagen zur freiwilligen Ausreise kam der BF bis dato nie nach.

I.6. In weiterer Folge nahm die belangte Behörde mehrfach Kontakt mit der Botschaft von Bangladesch auf, um ein Heimreisezertifikat für den BF zu erwirken.

I.7. Am 15.12.2016 stellte der BF den Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete wegen Vorliegens der Voraussetzungen iSd § 46a Abs. 1 Z.3 FPG.

I.8. Dieser Antrag wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom 10.1.2017abgewiesen.

I.9. Der gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobenen Beschwerde wurde vom BVwG stattgegeben, der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gem. § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides zurückverwiesen. Die neuerliche Entscheidung der belangten Behörde über diesen Antrag steht bislang aus.

I.10. In weiterer Folge wurde dem BF von der belangten Behörde mitgeteilt, dass die Verhängung eines Einreiseverbotes beabsichtigt sei, da sein illegales Verbleiben bzw. sein dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung in Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstelle. Das Verfahren sei bis zur Entscheidung des ATB-Verfahrens ruhend gestellt.

I.10. Da bei der belangten Behörde nach wie vor keine Antwort wegen der Ausstellung eines Einreisezertifikates eingetroffen ist und die Dauer bis zu dessen Ausstellung nicht absehbar sei, wurde von der belangten Behörde von der weiteren Anhaltung in Schubhaft abgesehen und eine Wohnsitzauflage gem. § 57 Abs. 1 FPG erlassen, um den BF zur freiwilligen Ausreise zu bewegen.

I.11. Am 1.9.2015 und am 15.1.2018 nahm der BF an Rückkehrberatungen teil, zeigte sich allerdings nicht rückkehrwillig.

I.12. Mit Mandatsbescheid des BFA vom 13.3.2018 wurde dem BF aufgetragen, bis zu seiner Ausreise durchgängig in der Betreuungseinrichtung XXXX, Unterkunft zu nehmen. Dieser Bescheid wurde dem BF am 16.3.2018 zugestellt.

I.13. der BF fand sich bislang nicht in der Rückkehrberatungseinrichtung ein und ist seit 24.5.2018 XXXX wohnhaft.

I.14. Am 27.3.2018 wurde vom BF gegen den Mandatsbescheid vom 13.3.2018 Vorstellung erhoben und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt.

I.15. Nach Wahrung des Parteiengehörs hat die belangte Behörde dem BF mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gem. § 57 Abs. 1 FPG aufgetragen, bis zu seiner Ausreise durchgängig Unterkunft in der Betreuungseinrichtung XXXX zu nehmen. Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde vom BFA gem. § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF aufgrund seines Gesundheitszustandes nicht mehr der Betreuungsstelle XXXX, sondern der Betreuungsstelle XXXX zugewiesen werde. Bei dieser handle es sich um eine Sonderbetreuungsstelle, in der die medizinische Behandlung der Krankheiten des BF (depressive Anpassungsstörung, Z.n. Hinterwandinfarkt im Februar 2018) gewährleistet werden könne.

Der BF sei illegal in Österreich eingereist und halte sich rechtswidrig im Bundesgebiet auf. Der seit 27.10.2016 durchsetzbaren Ausreiseverpflichtung sei der BF nie nachgekommen. Er habe kein gültiges Reisedokument und könne Österreich aus eigenem Entschluss nicht legal verlassen. Trotz gesetzlicher Verpflichtung habe der BF bislang die Ausreise aus Österreich verweigert. Bereits bei der Rückkehrberatung während des laufenden Asylverfahrens am 7.9.2015 verweigerte der BF die Unterstützung zur freiwilligen Rückkehr, das Gespräch sei mit "nicht rückkehrwillig" protokolliert worden. Der BF sei in Österreich nie einer Erwerbstätigkeit nachgegangen und bestehe auch keine begründete Aussicht, dass er eine Arbeitsstelle findet. Er verfüge nicht über ausreichend Barmittel, um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Er sei auch in keiner Weise integriert und habe keinerlei soziale Bindungen aufgebaut. Derzeit lebe der BF in einer privaten Unterkunft.

Gegen den BF besteht eine seit 13.10.2016 rechtskräftige und seit 27.10.2016 durchführbare Rückkehrentscheidung. Eine aufrechte Duldung gem. § 46a FPG liegt nicht vor. Der BF ist der ihm auferlegten und seit 27.10.2016 bestehenden Ausreiseverpflichtung bis dato nicht nachgekommen und es gibt keine Hinweise, dass er dieser Verpflichtung nachkommen wird.

Der BF habe an den zur Erlangung einer Bewilligung oder eines Reisedokumentes notwendigen Handlungen im Sinne des § 46 Abs.2 und 2a nicht mitgewirkt und mehrfach erklärt, seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen zu wollen.

Aufgrund medizinischer Notwendigkeit sei der BF der im Spruch des angefochtenen Bescheides ersichtlichen Sonderbetreuungsstelle zugewiesen worden. Ein unzulässiger Eingriff in das Privat- und Familienleben des BF liege nicht vor.

I.16. In der gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobenen Beschwerde brachte der BF im Wesentlichen vor, dass es unzureichend und unrichtig sei, dass die nunmehr zugewiesene Betreuungsstelle eine Sonderbetreuungseinrichtung sei, in der die im Fall des BF notwendigen medizinischen Behandlungen gewährleistet sind. Dies sei nicht gesichert. Der BF habe im Februar 2018 einen Hinterwandinfarkt gehabt und sei deshalb mehrfach stationär im Krankenhaus gewesen. Die medizinischen Sonderbedürfnisse könnten nur in Krankenhäusern XXXX gewährleistet werden.

Der BF benötige ständig Therapien und medizinische Reha. Die GKK habe eine ambulante Reha in XXXX bewilligt. Außerdem sei der BF neurologisch beeinträchtigt, weshalb er im August 2018 auch stationär im Krankenhaus gewesen sei. Regelmäßige Kontrollen bei Psychiatern und beim Hausarzt seien erforderlich. Alle 2 bis 3 Tage habe der BF Therapien beim Institut für physikalische Medizin in XXXX. Aufgrund seines Gesundheitszustandes sei dem BF eine Übersiedlung gar nicht möglich. Beantragt würde die Einholung von Facharztgutachten aus den Bereichen Innere Medizin und Neurologie.

Es sei unzutreffend, dass der BF seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen wolle. Vielmehr sei ihm dies aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich.

Es sei auch nicht einzusehen, weshalb der BF auf Staatskosten leben sollte, könne er doch seinen Lebensunterhalt durch den Verkauf der "Kupfermuckn" bestreiten. Begründet sei auch nicht, weshalb der BF nicht an der Erlangung eines HRZ mitgewirkt habe.

Zudem wurde beantragt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

I.17. Hinsichtlich des Verfahrensganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

2. Feststellungen

Der BF ist ein lediger Staatsangehöriger von Bangladesch, gehört zur Volksgruppe der Bengalen und bekennt sich zum sunnitischen Islam.

Die Identität des BF steht nicht fest.

Beim BF besteht Insomnie bei vermutlich depressiver Anpassungsstörung. Er hatte im Februar 2018 einen Hinterwandinfarkt bei koronarer 3-Gefäßerkrankung, Stent-Revaskularisation re.

Koronararterie am 19.2.2018, Stent-Revaskularisation des Ramus diagonalis und Zirkumreflexus am 28.2.2018. Der BF war vom 19.2. bis 1.3.2018 und vom 6.8. bis 24.8.2018 stationär im Krankenhaus. In der Sonderbetreuungsstelle XXXX wird die erforderliche medizinische Behandlung des BF gewährkleistet.

Der BF ist illegal nach Österreich eingereist und hält sich seit dem rechtskräftig negativ abgeschlossenem Asylverfahren illegal im Bundesgebiet auf. Ein gültiges bengalisches Reisedokument wurde vom BF nie vorgelegt. Der seit 27.10.2016 durchsetzbaren Ausreiseverpflichtung ist der BF nie nachgekommen, indem er keinerlei Schritte wie z.B. Anmeldung zur freiwilligen Rückkehr, Besorgung eines Reisedokumentes etc. unternahm. Bei der Rückkehrberatung am 7.9.2015 verweigerte der BF die Unterstützung der freiwilligen Rückkehr und wurde deshalb als "nicht rückkehrwillig" eingestuft.

Der BF ist im österreichischen Bundesgebiet nicht geduldet.

Der BF ist im Bundesgebiet laut Versicherungsdatenauszug vom 19.9.2018 nie einer legalen Beschäftigung nachgegangen und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Der BF ist laut vorgelegten Befunden noch immer auf einen Dolmetscher angewiesen.

Derzeit lebt der BF in einer privaten Unterkunft. Die Kernfamilie des BF lebt nach wie vor in Bangladesch. In Österreich bestehen keine nennenswerten privaten Bindungen des BF.

3. Beweiswürdigung

Das erkennende Gericht hat durch den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde sowie die gerichtlichen Vorakte Beweis erhoben. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

Die personenbezogenen Feststellungen hinsichtlich des BF ergeben sich -vorbehaltlich der Feststellungen zur Identität- aus seinen in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie den Sprach- und Ortskenntnissen sowie aus den vorgelegten medizinischen Unterlagen.

In Bezug auf den weiteren festgestellten Sachverhalt ist anzuführen, dass die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305) im hier dargestellten Rahmen im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze im Wesentlichen von ihrem objektiven Aussagekern her in sich schlüssig und stimmig ist.

Laut vorgelegten Befunden hatte der BF im Februar 2018 einen Hinterwandinfarkt, weshalb ihm mehrere coronare Stents gesetzt wurden. Außerdem hat er Schlafstörungen, welche sich nach seinen Angaben bei der Untersuchung am 25.6.2018 seit der Einnahme von Medikamenten gebessert haben ("Er könne gut schlafen.") und ein depressives Zustandsbild, weshalb ihm ebenfalls Medikamente verordnet wurden. Von 3.5.2018 bis 27.6.2018 hat der BF an einem Rehaprogramm des kardiologischen Rehazentrums teilgenommen. Nachweise für weitere Rehabilitationsmaßnahmen oder den Besuch einer Psychotherapie wurden nicht erbracht, sodass dem entgegenstehende Behauptungen in der Beschwerde völlig ins Leere gehen. Es kann den vorgelegten Unterlagen auch nicht entnommen werden, weshalb der BF nicht in der Lage sein sollte, in die Sonderbetreuungseinrichtung zu übersiedeln, zumal er laut Beschwerde bereits wieder die "Kupfermuckn" verkauft und auch eine Beschwerdeverhandlung beantragt wurde, zu der der BF offenbar sehr wohl erscheinen könnte.

Wenn in der Beschwerde die Rede davon ist, dass der BF sehr wohl erwerbstätig wäre, steht dem der eingeholte Versicherungsdatenauszug entgegen, wonach der BF von seiner Einreise an bis dato in Österreich nie legal gearbeitet hat.

Soweit in der Beschwerde ausgeführt wird, dass der BF wegen stechender Schmerzen im September 2018 die Notfallambulanz des KH der Barmherzigen Brüder aufgesucht hat, liegt dafür kein Nachweis vor.

Aufgrund des aktuellen Gesundheitszustandes ist für das Gericht daher nicht einmal ansatzweise erkennbar, weshalb der BF nicht in die aufgetragene Sonderbetreuungsstelle übersiedeln könnte. Daraus resultierend ergab sich auch keine Notwendigkeit zur Einholung von Facharztgutachten, da der Gesundheitszustand des BF durch die vorgelegten Befunde hinreichend dokumentiert ist.

Im Übrigen ist der belangten Behörde beizupflichten, dass der BF der ihn treffenden Ausreiseverpflichtung seit Oktober 2016 nicht nachkommt, sich auch nicht rückkehrwillig zeigte und an Handlungen zur Ausstellung eines HRZ bzw. Reisedokumentes nicht mitwirkt.

Die belangte Behörde ist auch zu Recht zum Schluss gekommen, dass der BF in Österreich kein schützenswertes Familien- oder Privatleben hat. Der BF hat keine Angehörigen im Bundesgebiet, lebt alleine, geht keiner legalen Beschäftigung nach, hat bestenfalls rudimenäre Deutschkenntnisse und auch sonst keine nennenswerten Bindungen zu Österreich.

4. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF) entscheidet das Bundesverwaltungs-gericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesver-waltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 idgF entscheidet im gegenständlichen Fall der Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft und hat das ho. Gericht im gegenständlichen Fall gem. § 17 leg. cit das AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt. Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Zu A) (Spruchpunkt I)

Gemäß § 57 Abs. 1 FPG kann einem Drittstaatsangehörigen, gegen den eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und dessen Aufenthalt im Bundesgebiet nicht geduldet ist (§ 46a), aufgetragen werden, bis zur Ausreise im vom Bundesamt bestimmten Quartieren des Bundes zu nehmen, wenn

1. keine Frist zur freiwilligen Ausreise gem. § 55 FPG gewährt wurde oder

2. nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise gem. § 55 FPG bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nachkommen wird.

Nach Abs. 2 leg.cit. ist bei der Beurteilung, ob bestimmte Tatsachen iSd Abs. 1 Z.2 vorliegen, insbesondere zu berücksichtigen, ob der Drittstaatsangehörige

1. entgegen einer Anordnung des Bundesamtes oder trotz eines nachweislichen Angebotes der Rückkehrberatungsstelle ein Rückkehrberatungsgespräch (§ 52a Abs. 2 BFA-VG) nicht in Anspruch genommen hat;

2. nach Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise seinen Wohnsitz oder den Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts gewechselt und das Bundesamt davon nicht in Kenntnis gesetzt hat;

3. an den zur Erlangung einer Bewilligung oder eines reisedokumentes notwendigen Handlungen iSd § 46 Abs. 2 und 2a nicht mitwirkt;

4. im Rahmen des Asylverfahrens, des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung oder des Rückkehrberatungsgesprächs erklärt hat, seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen zu wollen;

5. im Asylverfahren oder im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung über seinen Herkunftsstaat oder seine Identität getäuscht oder zu täuschen versucht hat.

Die Gründe, die zu einer Anordnung der Unterkunftnahme führen können, werden demonstrativ in Abs. 2 aufgezählt und spiegeln die rechtlich zulässigen Gründe gemäß der Aufnahme-RL wider. In Abs. 2 handelt es sich um Gründe des öffentlichen Interesses oder der öffentlichen Ordnung, von deren Vorliegen insbesondere dann ausgegangen werden kann, wenn Z 1 - 5 erfüllt sind. Da es sich bei Abs. 2 um eine demonstrative Aufzählung handelt, kommen auch andere Umstände in Betracht, die eine Anordnung der Unterkunftnahme aus Gründen des öffentlichen Interesses oder der öffentlichen Ordnung rechtfertigen oder erfordern können. In Einklang mit der Aufnahme-RL können - neben Gründen des öffentlichen Interesses oder der öffentlichen Ordnung - auch Gründe der Verfahrensökonomie die Erlassung einer Anordnung nach Abs. 1 rechtfertigen. In diesem Fall erfolgt die Anordnung der Unterkunftnahme - angelehnt an den Wortlaut des Art. 7 Abs. 2 Aufnahme-RL - zum Zweck einer zügigen Bearbeitung und wirksamen Überwachung der Effektuierung der Außerlandesbringung.

Gemäß Art. 31 Abs. 2 der Richtlinie 2013/32/EU zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes

(Neufassung), ABl. L 180 vom 29.06.2013 S. 60 (im Folgenden: "Verfahrens-RL"), sollen die

Mitgliedstaaten sicherstellen, dass das Verfahren - unbeschadet einer angemessenen und vollständigen Prüfung - so rasch als möglich zum Abschluss gebracht wird. In diesem Sinne muss es der Behörde gerade im Falle verfahrensverzögernder Handlungen seitens des BF möglich sein, durch entsprechende Maßnahmen eine wirksamere Überwachung und somit zügige Bearbeitung des Antrages gewährleisten zu können. Da vor allem dann, wenn der Asylwerber seinen Mitwirkungsverpflichtungen nach § 15 AsylG 2005 nicht nachkommt, vielfach eine Verfahrensverzögerung eintritt und das Verfahren daher aus Gründen, die dem Asylwerber zuzurechnen sind, nicht mit der von der Verfahrens-RL geforderten Raschheit abgeschlossen werden kann, soll in diesen Fällen eine Anordnung der Unterkunftnahme möglich sein. Für eine "zügige Bearbeitung und wirksame Überwachung des Antrags" soll eine Anordnung der Unterkunftnahme somit insbesondere dann erlassen werden können, wenn sie aus Gründen der Verfahrensökonomie und zur Beschleunigung des Verfahrens zweckmäßig bzw. erforderlich erscheint. Dadurch soll erreicht werden, dass der Asylwerber dem Bundesamt bzw. dem BVwG regelmäßig für die jeweiligen Verfahrensschritte zur Verfügung steht und keine weiteren Verzögerungen eintreten.

Die belangte Behörde hat die Entscheidung betreffend Anordnung der Unterkunftnahme auf den Umstand gestützt, dass eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung existiert, der BF im Bundesgebiet nicht geduldet ist und die Frist für die freiwillige Ausreise längst abgelaufen ist. Dazu kommen als bestimmte Tatsache iSd. § 57 Abs. 2 FPG, dass der BF an den zur Erlangung einer Bewilligung oder eines Reisedokumentes notwendigen Handlungen im Sinne des § 46 Abs.2 und 2a nicht mitgewirkt habe und im Rahmen des Asylverfahrens, des Verfahrens zur Erlassung der Rückkehrentscheidung oder des Rückkehrgespräches erklärt hat, seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachzukommen.

Hinsichtlich der Anordnung der Unterkunftnahme ist festzuhalten, dass sich der BF seit nunmehr über 2 Jahren beharrlich weigert, das Bundesgebiet zu verlassen und zudem seine Mitwirkungspflichten im Verfahren gröblich verletzt hat, indem er bis dato kein bengalisches Originallichtdokument vorgelegt hat, das seine Identität beweisen könnte. Zusätzlich zum öffentlichen Interesse, Asylverfahren kurz zu halten und Personen, welche einen unbegründeten Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, gegen die eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung vorliegt und die im Bundesgebiet nicht geduldet sind, möglichst rasch wieder in ihre Herkunftsländer zu verbringen, ist auch das Interesse an einer zügigen Bearbeitung und wirksamen Überwachung des Antrages tangiert, da der BF im Rahmen der Rückkehrberatung - wie bereits zuvor im Beschwerdeverfahren gegenüber der erkennenden Richterin - angab, nicht in seinen Herkunftsstaat zurückkehren zu wollen.

Bereits daraus lässt sich ableiten, dass der BF nicht beabsichtigt, im Rahmen des Verfahrens zur Rückkehr mitzuwirken, sondern vielmehr seinen Aufenthalt, welcher lediglich aufgrund eines unbegründeten Antrages auf internationalen Schutz vorübergehend rechtmäßig war, weiterhin unrechtmäßig zu verlängern. Es muss davon ausgegangen werden, dass der BF weiter versucht, die Effektuierung der Rückkehrentscheidung zu verzögern oder gar zu blockieren. Die zitierte Aussage des BF zeigt, dass er trotz des rechtskräftig negativ abgeschlossenen Asylverfahrens und der durchsetzbaren Rückkehrentscheidung keinerlei Einsicht zeigt. Zudem hat der BF bis dato keinerlei nationale identitätsbezeugende Originaldokumente vorgelegt, was ihm angesichts der Tatsache, dass seine gesamte Familie in Bangladesch lebt, möglich und zumutbar gewesen wäre. Das BFA ist daher auch zu Recht davon ausgegangen, dass der BF neben dem Tatbestand des § 57 Abs. 2 Z.4 auch jenen der Z. 3 FPG erfüllt hat.

Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung

§ 24 VwGVG lautet:

"(1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

----------

1.-der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2.-die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, BGBl I Nr. 68/2013 idgF kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn

-

der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint

oder

-

sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Im gegenständlichen Fall ließen die die Akten erkennen, dass Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH sind für das Absehen einer mündlichen Verhandlung gem. § 21 Abs. 7 BFA-VG wegen geklärten Sachverhalts folgende Kriterien beachtlich vgl. Erk. d. VwGH vom 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, Beschluss des VwGH vom 25.4.2017, Ra 2016/18/0261-10):

-

Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde von der belangten Behörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben und weist dieser bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung durch das ho. Gericht noch immer die gebotene Aktualität und Vollständigkeiten auf.

-

Die bP musste die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das ho. Gericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen-

-

In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des Behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalts ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, welches gegen das Neuerungsverbot gem. § 20 BFA-VG verstößt.

-

Auf verfahrensrechtliche Besonderheiten ist Bedacht zu nehmen.

Da die oa. Kriterien im gegenständlichen Fall erfüllt sind, konnte eine Beschwerdeverhandlung unterbleiben. Abrundungen zu den als tragfähig erachteten Ausführungen durch das ho. Gericht sind im hier durchgeführten Umfang zulässig, zumal das ho. Gericht die Ausführungen der belangten Behörde für sich alleine als tragfähig erachtete (Beschluss des VwGH vom 25.4.2017, Ra 2016/18/0261-10).

Soweit nochmals die persönliche Einvernahme beantragt wird, ist festzustellen, dass in der Beschwerde nicht angeführt wird, was bei einer solchen konkret an entscheidungsrelevantem und zu berücksichtigendem Sachverhalt noch hervorkommen hätte können. So argumentiert auch der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass schon in der Beschwerde darzulegen ist, welche wesentlichen Umstände (Relevanzdarstellung) dadurch hervorgekommen wären (zB. VwGH 4.7.1994, 94/19/0337). Wird dies -so wie im gegenständlichen Fall- unterlassen, so besteht keine Verpflichtung zur neuerlichen Einvernahme iSe hier weiteren Beschwerdeverhandlung.

Aufgrund der oa. Ausführungen konnte die Durchführung einer Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH abgeht.

Schlagworte

Asylverfahren, Aufenthalt im Bundesgebiet, Außerlandesbringung,
Ausreiseverpflichtung, Ausreisewilligkeit, freiwillige Ausreise,
Fristablauf, gesundheitliche Beeinträchtigung, illegaler Aufenthalt,
medizinische Versorgung, Mitwirkungspflicht, öffentliche Ordnung,
öffentliches Interesse, Privat- und Familienleben, Rechtskraft der
Entscheidung, Rückkehrentscheidung, Verfahrensökonomie,
Wohnsitzauflage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L519.1432178.4.00

Zuletzt aktualisiert am

14.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten