TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/21 W196 2194971-1

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Veröffentlicht am 21.12.2018
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Entscheidungsdatum

21.12.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §11
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W196 2194971-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Ursula SAHLING als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, StA. Ukraine, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.04.2018, Zl. 1097214608-151899519, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3 und 57 AsylG, § 9 BFA-VG, §§ 46, 52 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Ukraine, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. Im Zuge der Erstbefragung vor Organen des Öffentlichen Sicherheitsdienstes am 30.11.2015 führte sie an, dass sie ihre Heimat wegen des Krieges verlassen habe. Man wolle sie dort töten. Auf Nachfrage wer sie töten wolle, gab sie an, es wäre ein ukrainischer Soldat gewesen, weil sie russisch sprechend sei. Dieser Soldat habe sie auch vergewaltigt. Dies sei in Donezk geschehen. Der Soldat habe sie in einen Hauseingang gezogen, wobei sie den Straßennamen nicht angeben könne. Dort habe er sie vergewaltigt, sie auf den Kopf geschlagen und habe ihr den Mund verschlossen, weshalb sie nicht um Hilfe habe rufen können. Zuvor habe er zu ihr gesagt, dass er sie umbringen werde. Der Vorfall habe sich Anfang Oktober 2015, an einem Montag am Abend, vielleicht am 05.10.2015, gegen 20:00 oder 21:00 Uhr, zugetragen und habe ca. eine halbe Stunde gedauert. Sie habe keine Anzeige erstattet, da es sinnlos gewesen wäre. Ansonsten habe sie keine weiteren Gründe vorzubringen. Das seien ihre einzigen Fluchtgründe. Sie wolle ein neues Leben beginnen. Im Falle einer Rückkehr fürchte sie getötet zu werden.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 04.04.2018 gab die Beschwerdeführerin zu ihren persönlichen Verhältnissen an, dass sie in Polen, Krakau, geboren und dort bis zu ihrem sechsten Lebensjahr gelebt habe. Im Alter von sieben Jahren sei sie in der Ukraine, Donezk, in die Schule gegangen. Sie habe zehn Jahre lang die Grundschule und ein Jahr ein pädagogisches Institut, das sie abgerochen habe, besucht. Sie habe folglich als Verkäuferin gearbeitet. Sie habe einen Mann, der gut verdient habe, kennengelernt und habe daher als Hausfrau zu Hause bleiben können. Befragt, ob sie im Herkunftsland Probleme aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit oder Religion gehabt habe, gab sie an, dass sie, bis der Krieg ausgebrochen sei, keine Probleme gehabt habe. Danach sei es ihr verboten worden alle russischen Sendungen anzuschauen. Dort, wo sie zuhause sei, gebe es viele Russen, wobei ihnen verboten worden sei Russisch zu sprechen. Viele Menschen seien zu Meetings gegangen, damit sie sich dieses Recht, dass sie wieder russischsprechen dürfen, zurück erkämpfen. Aber sie hätten gesagt, wenn sie Russisch sprechen möchten, dann könnten sie nach Russland ausreisen. Wenn sie etwas von der Behörde brauche, dann müssten die Beamten Ukrainisch mit ihnen sprechen. Sie hätten immer auf Ukrainisch geantwortet. Es sei schwierig für sie, weil sie die ukrainische Sprache nicht verstehe. Ihre Nachbarn hätten mit den Behörden Probleme. Sie sei dann weggefahren und habe nicht warten wollen bis die Probleme anfangen würden. Des Weiteren gab sie an, Meetings besucht zu haben. Sie hätten geglaubt, dass es ihnen helfen würde, jedoch seien die Menschen verfolgt und ohne Gerichtsverfahren abgeholt worden. Ihre Nachbarn seien nach Russland gereist, sie hätten dort Verwandte. Auf die Frage, ob sie einer Partei anhängig sei, meinte sie: "vielleicht" und fügte hinzu, dass sie sich nur erinnern könne, dass sie etwas unterschrieben hätte. Sie glaube, das sei eine regionale Partei. Sie habe niemals einen Reisepass besessen, da kein Bedarf bestanden habe. Über Nachfrage, ob sie Dokumente, die ihre Identität nachweisen würde, vorlegen könne, verneinte sie und gab an, dass sie einen Inlandpass gehabt habe, der jedoch von jemanden zerrissen worden sei und die Pässe gewechselt wurden. In ihrem Herkunftsland habe sie keine Verwandten. Ihre Eltern seien verstorben. Sie habe keine Onkel und Tanten und sei ein Einzelkind. Ihr Lebensgefährte habe sie versorgt. Sie hätten sich ein Jahr vor ihrer Ausreise getrennt und wisse sie nicht, wo er sei. In Österreich lebe sie von der Grundversorgung. Sie sei arbeitsfähig und habe in ihrer Heimat geputzt und mit Kindern zu tun gehabt. Sie sei in Österreich weder Mitglied in einem Verein oder Organisation. In Österreich verfüge die Beschwerdeführerin weder über Familienangehörige oder sonstige Verwandte. Sie lebe in keiner Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft noch bestehe ein finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis. Konkret zu ihren Fluchtgründen befragt, gab sie an, dass sie die Ukraine verlassen habe, weil es in Donezk 2014 zu militärischen Ausschreitungen gekommen sei. Sie hätten geglaubt, dass es in ein paar Monaten aus sei, weshalb sie alle dortgeblieben seien. Danach sei die Situation immer prekärer und gefährlicher geworden dort zu bleiben. Die Menschen seien überfallen und vergewaltigt worden. Dann hätten sie verstanden, dass sie fliehen müssten. Viele Menschen hätten mangels Geld nicht fliehen können. Die Beschwerdeführerin habe etwas Geld gehabt und die Möglichkeit genutzt, um auszureisen. Es sei schrecklich dort zu bleiben und nicht zu wissen, was einem in der nächsten Minute passieren werde. Es sei genauso, wie mit der Vergewaltigung. Sie sei zusammengeschlagen worden und würde man ihr Kiefer wahrscheinlich nicht mehr wiederherstellen können. Es sei ihnen gesagt worden, dass in Deutschland und in der Europäischen Union Hilfe gewährt würde. Ihr Land würde ihnen, der Bevölkerung, nicht wirklich helfen. Weder Russland noch die Ukraine wollten sie haben. In Österreich habe sie gesehen, dass ihnen geholfen werde. Als sie vergewaltigt und zusammengeschlagen worden sei, habe sie auch eine Gehirnerschütterung erlitten. Sie habe keine Zeit zum Arzt zu gehen. Die Leute seien voll bewaffnet auf der Straße gegangen. Sie hätten irgendwelche Substanzen zu sich genommen, damit sie weniger Angst hätten. Da sei man sich nie sicher, was denen einfalle, ob sie einen nicht in diesem Zustand erschießen würden. Sie hätten nicht gewusst, was auf der Straße auf sie zukomme. Das sei diese Anarchie. Die Bomben seien herumgeflogen und die Leute einfach getroffen worden. Sie habe ihr Schicksal nicht mehr herausfordern wollen, weil sie weiterleben habe wollen. Die Menschen seien gezwungen worden Blumen zu pflanzen, um den Schein zu wahren, dass alles in Ordnung sei. Die Leute vom Militär hätten einfach anläuten und in die Wohnung reinkommen können. Dann hätten sie einfach das gemacht, was ihnen eingefallen sei. Es gebe keine Rechtsordnung, keine Gesetze. Leute seien dann verschwunden. Wenn der Mensch frisch verstorben war, hätten sie einfach die Organe rausgeschnitten, um diese zu verkaufen. Über Nachfrage, gab sie an, dass sie am 05.10.2015 an einem Montagabend vergewaltigt worden sei. Sie habe telefoniert und Leute vom Militär hätten gehört, dass sie Russisch spreche. Sie glaube es wäre ein ukrainischer Soldat. Russische würden nicht so auf die Sprache reagieren. Den Vorfall habe sie nicht gemeldet. Sie sei nicht die einzige, der das wiederfahren sei. Es hätte keinen Sinn gehabt. Es wäre Chaos. Die Behörde hätte andere Sorgen gehabt, als sich um das zu kümmern. Außerdem sei die Polizei nicht wie in Österreich, sondern korrupt. Sie sei auch nicht zum Arzt gegangen. Nach dem Vorfall sei sie weggelaufen. Sie habe nicht warten wollen bis noch etwas passiere. Sie habe dann verstanden, dass es eine Chance für sie sei nach Österreich oder nach Deutschland zu gehen und um Hilfe zu bitten. Sie habe verstanden, dass Russland und die Ukraine sie nicht haben wollen würden, sie würden alleine gelassen. Es gebe Menschen, die in andere Städte gereist seien. Innerhalb der Ukraine hätte man aufgrund ihrer Herkunft keine Wohnung vermieten wollen oder sie hätten sie angelogen, das Geld genommen und sie wieder ausgesiedelt. Sie hätten versucht, sich in der Ukraine zu integrieren, aber es wäre keine gute Idee. Diese Informationen habe sie von Bekannten in der Ukraine, die sie gefragt habe, ob sie zu ihnen kommen könne. Diese hätten "nein" gesagt, da sie aus Donezk komme und sie keine Probleme mit den Nachbarn wollten. Die Frage, ob sie versucht habe, in einem anderen Teil in der Ukraine zu leben, beantwortete die Beschwerdeführerin mit Gegenfragen und stellte fraglich in der Raum, wohin sie hätte sollen. Sie habe kein Geld und wenn sie da ankomme, solle sie auf der Straße bleiben? Befragt, wo ihre Eltern vor deren Ableben gelebt hätten, gab sie an, dass der Vater nicht mit ihnen gelebt habe. Als sie schon erwachsen gewesen sei, habe sie nicht mehr mit ihrer Mutter gelebt. Sie hätten kein gutes Verhältnis und wisse sie nicht, wo ihre Mutter vor ihrem Tod gelebt habe. Im Falle einer Rückkehr fürchte sie, dass Leute wie sie; sie sei Russin, wie ihre Mutter, dort nicht erwartet würden. Ihre Mutter sei in Russland geboren, habe allerdings die ukrainische Staatsangehörigkeit. Ihr Vater sei aus Polen. Sie selbst spreche Russisch und seien 80 Prozent Russen dort. Sie habe Angst vor der Rache der Menschen, die ihre eigenen Leute in diesem Krieg verloren hätten. Außerdem würden sie die Behörde für Separatisten halten, weil sie an diesem Meeting teilgenommen habe. Sie könnten sie befragen und dann verschwinden lassen. Es sei angsteinflößend. Sie habe niemanden dort. Es gebe niemanden dort, der ihr helfen könne. Die Frage, ob die Meetings gegen das Gesetz verstoßen hätten, verneinte sie und gab an, dass die Behörde aber gesagt habe, dass das schon gegen das Gesetz sei und sie automatisch gegen die Ukrainer seien. Es wären sehr viele. Zum vorgehaltenen Länderinformationsblatt gab sie an, dass es mittlerweile neue Gesetze gebe. Das Militär habe sehr viel Macht bekommen. Sie dürften selbst richten. Das Militär wolle diese Bezirke von der prorussischen Besetzung befreien. Es würden bald die ukrainische Präsidentschaftswahl kommen. In diesem Jahr würden wahrscheinlich noch schlimmere Kriege in der Ukraine stattfinden, als sie sie bis jetzt gesehen hätten. Alle Techniken würden zusammengezogen. Es zeige in diese Richtung. Die Gesetzlosigkeit mache sich breit. Die Leute würden gefoltert einfach ohne irgendeine Gerichtbarkeit. Nur weil jemand gesagt habe, dass er ein Feind sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde ihr Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde der Antrag der Beschwerdeführerin bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Ukraine gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Ferner wurde der Beschwerdeführerin unter Spruchpunkt III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung in die Ukraine gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Unter Spruchpunkt VI. wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 und 4 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Gemäß § 55 Abs. 1a FPG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VII.).

In seiner Begründung stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen fest, dass die Identität der Beschwerdeführerin nicht geklärt werden habe können. Sie sei ukrainische Staatsangehörige, ledig sowie gesund und arbeitsfähig. Sie sei illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist. Ferner sei sie strafrechtlich unbescholten. Zu ihren Fluchtgründen habe sie vorgebracht, dass sie die Ukraine aufgrund des Krieges verlassen habe. Ein ukrainischer Soldat habe sie vergewaltigt und auch töten wollen. Deshalb sei sie geflohen und ausgereist. Dazu folgerte die Behörde, dass ihre Angaben keine asylrelevante Verfolgung darstellen würden. Eine konkrete, gegen ihre Person gerichtete Verfolgung durch staatliche Stellen, heimatliche Behörden, Militär oder private Dritte habe sie nicht behauptet. Sie sei im arbeitsfähigen Alter und habe in der Ukraine die Schule besucht und abgeschlossen. Sie beherrsche die Sprache und habe bis zu Ihrer Ausreise ihr bisheriges Leben in der Ukraine verbracht. Deshalb sei davon auszugehen, dass sie mit der dortigen Kultur- und Lebensweise bestens vertraut sei. Es sei ihr zuzumuten, sich mit Hilfe der eigenen Arbeitsleistung den Lebensunterhalt zu sichern. Nicht festgestellt werden könne, dass sie an schweren körperlichen Erkrankungen oder Verletzungen bzw. psychischen Störungen oder Krankheiten leide. Aufgrund der genannten Umstände sei in einer Gesamtschau davon auszugehen, dass sie bei ihrer Rückkehr in die Ukraine nicht in eine Notlage entsprechend Art. 2 bzw. Art 3 EMRK gelange. Sie sei erstmalig im Oktober 2015 illegal in Österreich eingereist, habe keine verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte in Österreich. In Österreich sei sie geringfügig berufstätig, wohne in einer vom österreichischen Staat zur Verfügung gestellten Unterkunft für Asylwerber und befinde sich in der Grundversorgung. Sie habe in Österreich einen Deutschkurs besucht bzw. besuche derzeit einen weiteren und verfüge über beginnende Deutschkenntnisse. Sie sei weder Mitglied in einem Verein noch einer Organisation im Bundesgebiet. Beweiswürdigend führte die Behörde aus, dass die Identität der Beschwerdeführerin in Ermangelung geeigneter, heimatstaatlicher, identitätsbezeugender Dokumente nicht festgestellt werden habe können. Soweit sie im Verfahren namentlich genannt werde, diene dies lediglich der Individualisierung ihrer Person als Verfahrenspartei, jedoch nicht als Feststellung ihrer Identität. Die Feststellungen zu ihren familiären Umständen sowie zu ihrem Gesundheitszustand seien aufgrund ihrer Angaben in diesem Zusammenhang getroffen worden. Die Feststellung, dass sie illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist sei, ergebe sich insbesondere aus ihren eigenen Angaben bei der Erstbefragung in Österreich. Darüber hinaus habe die Beschwerdeführerin den österreichischen Behörden kein gültiges Reisedokument vorweisen können. Es sei somit glaubhaft, dass sie illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist sei. Hinsichtlich die Feststellungen zu den Gründen für das Verlassen ihres Herkunftsstaates und zu ihrer Situation im Fall ihrer Rückkehr folgerte die Behörde, dass im Asylverfahren unzweifelhaft die niederschriftliche Aussage eines Asylwerbers die zentrale Erkenntnisquelle sei. Deshalb obliege es dem Asylwerber alles Zweckdienliche für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung darzulegen und müssten diese Angaben von der Behörde auf ihre Glaubwürdigkeit überprüft werden. Im Hinblick auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin führte die Behörde aus, dass sie eine Gefährdung aufgrund ihrer ethnischen, nationalen oder religiösen Zugehörigkeit, ihrer politischen Überzeugung oder ihrer Zugehörigkeit zu einer besonderen sozialen Gruppe nicht glaubhaft machen habe können. Aus ihrem gesamten Vorbringen ergebe sich nicht der geringste Anhaltspunkt auf das Vorliegen einer Gefährdung ihrer Person durch den ukrainischen Staat bzw. einer Gefährdung, vor der sie zu schützen der ukrainische Staat nicht fähig oder willens gewesen wäre. Seitens der Behörde werde nicht verkannt, dass es zum Zeitpunkt der Ausreise im Osten der Ukraine zu einem Ausnahmezustand bzw. militärischen Ausschreitungen gekommen sei und sich die Lage nicht zu Gunsten der Beschwerdeführerin geändert habe, jedoch sei ihr durch die Verfassung und Gesetze der ukrainischen Regierung die Freiheit, sich innerhalb des Staates frei zu bewegen, garantiert. In den Konfliktzonen der Ostukraine gebe es zwar Einschränkungen, jedoch sei es möglich die Grenzen zwischen den Kontaktlinien (Ukraine - selbsternannte Republik Donezk und Lugansk) in beiden Richtungen zu überqueren, was den Länderinformationsblättern zur Ukraine zu entnehmen sei. Im Fall der Beschwerdeführerin sei insbesondere darauf hinzuweisen, dass sich auch im Verfahren nicht ergeben habe, dass ihr, aus welchen Gründen auch immer, ein dauernder Aufenthalt nicht möglich oder zumutbar wäre. Zudem gebe es auch für Binnenflüchtlinge die Möglichkeit sich zu registrieren, um auch offizielle Unterstützung sowie das Recht auf medizinische und psychologische Behandlung, zu erhalten. Zu der von der Beschwerdeführerin geschilderten Vergewaltigung werde ausgeführt, dass in der Ukraine Vergewaltigung gesetzlich verboten sei. Sollte es tatsächlich zu den von ihr behaupteten Misshandlungen gekommen sein, so stelle diese ein Fehlverhalten von Einzelpersonen dar, das dem Staat nicht zuzurechnen sei, und somit auch nicht geeignet sei, die Flüchtlingseigenschaft zu indizieren. Sie habe auch nicht behauptete wegen dem geschilderten Vorfall eine Anzeige erstattet oder versucht zu haben, diese Vorfälle zur Anzeige bei den staatlichen Behörden zu bringen. Zudem sei im Fall der Beschwerdeführerin zu berücksichtigen, dass sie im Sinne des Asylgesetzes aus einem sicheren Herkunftsstaat stamme. Ein solcher zeichne sich insbesondere dadurch aus, dass Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit des Staates, wie bereits erwähnt, gegeben sei. Sie habe jedenfalls die Möglichkeit, sich an die entsprechenden staatlichen Stellen (Polizei, Gerichte, etc.) zu wenden. Ihrem gesamten Vorbringen sei nicht zu entnehmen, dass der ukrainische Staat -sofern tatsächlich rechtswidrige Handlungen vorliegen sollten- seiner Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit der Beschwerdeführerin gegenüber nicht nachkommen würde. Im gesamten Verfahren habe sie nicht angeführt, dass sie sich aufgrund der Vergewaltigung an die ukrainischen Behörden gewendet habe. Eine individuelle, von staatlichen Stellen initiierte Verfolgung oder Bedrohung ihrer Person im Herkunftsland Ukraine habe die Beschwerdeführerin im Verlauf des Verfahrens nicht angegeben und könne dies auch durch die Behörde nicht festgestellt werden. Zusammenfassend gelange die erkennende Behörde zu dem Schluss, dass im Fall der Beschwerdeführerin keine asylrelevante Verfolgung bestehe und dies nach einer Rückkehr nach menschlichem Ermessen auch nicht zu erwarten sei. Beweismittel, die einen gegenteiligen Schluss zuließen, habe sie nicht in Vorlage gebracht. Zudem würden sich die Feststellungen zu ihrem Privat- und Familienleben aus den eigenen Angaben und Behauptungen der Beschwerdeführerin ergeben, die nachvollziehbar und glaubhaft seien.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.04.2018, Zl. 1097214609/151899519, wurde der Bescheid vom 10.04.2018 gemäß § 62 Abs. 4 AVG von Amts wegen dahingehend berichtigt, indem die Länderinformationen zur Ukraine beigefügt wurden.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin im Wege ihrer rechtsfreundlichen Vertretung fristgerecht Beschwerde. Darin wurde zusammengefasst vorgebracht, dass die Beschwerdeführerin in der Ukraine wegen ihrer Zugehörigkeit zur russischsprachigen Volksgruppe verfolgt werde. Es sei ihr Gewalt wiederfahren und sei eine Rückkehr in ein ausreichend sicheres Leben nicht möglich, da sie Russisch spreche und daher in keinem Teil der Ukraine willkommen sei. Als Frau sei sie besonders schutzlos und sei es überaus wahrscheinlich, dass sie im Falle der Rückkehr wieder in die Hände skrupelloser Männer geraten könnte. Die Beschwerdeführerin sei in der Ostukraine ansässig, wo ein Kriegszustand vorherrsche. Eine taugliche innerstaatliche Fluchtalternative existiere nicht. Zudem habe sie sich in der Zwischenzeit hervorragend integriert. Zudem habe die Beschwerdeführerin glaubhaft dargelegt, dass sie aufgrund individueller Gründe persönlich verfolgt werde. Die Behörde habe es unterlassen fallbezogene Recherchen durchzuführen. Mit Beschwerdeergänzung wurde beantragt der gegenständlichen Beschwerde gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen in eventu den Bescheid ersatzlos zu beheben und zur neuerlichen Durchführung eines Verfahrens und Erlassung eines neuen Bescheides an die I. Instanz zurückzuverweisen.

Im Zuge des bisherigen Verfahrens wurden folgende Unterlagen in Vorlage gebracht:

* Deutschkurs-Teilnahmebestätigung vom 12.09.2016;

* Bestätigung über besondere Integrationsbemühungen vom 13.06.2017;

* Aufnahmebestätigung vom 25.08.2017;

* Bestätigung der Praxiserfahrung vom 28.02.2018;

* Bestätigung über die Tätigkeit als Reinigungskraft und den monatlichen Verdienst der

Beschwerdeführerin in der Höhe von € 200; ausgestellt am28.02.2018;

* Empfehlungsschreiben vom 02.03.2018;

* Empfehlungsschreiben vom 05.03.2018;

* Bestätigung über die Tätigkeit als Reinigungskraft und den monatlichen Verdienst der Beschwerdeführerin in der Höhe von € 70;

ausgestellt am 09.03.2018;

* Lehrgang zur Vorbereitung auf den Pflichtschulabschluss vom 21.03.2018;

* Empfehlungsschreiben vom 26.03.2018;

* bedingte Einstellungszusage vom 03.04.2018;

* Befundbericht vom 03.04.2018;

* bedingte Unterkunftszusage vom 04.04.2018;

* Deutschkurs-Bestätigung der Diakonie für den Zweitraum von 12.03.2018 bis 18.05.2018

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehöriger der Ukraine und somit Drittstaatsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Sie führt den im Spruch genannten Namen und bekennt sich zum christlich-orthodoxen Glauben. Die Beschwerdeführerin ist in Polen geboren und im Alter von sechs Jahren in die Ukraine verzogen, wo sie zehn Jahre lang die Grundschule und ein pädagogisches Institut (Universität Donezk) besucht hat, das sie abgerochen und folglich als Verkäuferin gearbeitet hat bis sie ihren Lebensgefährten kennengelernt hat, der sie versorgte. Ein Jahr vor ihrer Ausreise hat sie sich von ihrem Lebensgefährten getrennt. Sie verfügt über keine familiären Anknüpfungspunkte in ihrem Herkunftsland. Die Beschwerdeführerin verfügt über Bekannte in der Ukraine. Vor ihrer Ausreise und Einreise nach Österreich lebte die Beschwerdeführerin in Donezk. Im Oktober hat die Beschwerdeführerin ihr Herkunftsland verlassen, reiste schlepperunterstützt ein und stellte am 30.11.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Nicht als Sachverhalt zugrunde gelegt werden sämtliche Angaben der Beschwerdeführerin zur behaupteten Bedrohungssituation in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine. Insbesondere wird nicht festgestellt, dass die Beschwerdeführerin eine asylrelevante Gefährdung, die von Seiten der ukrainischen Behörden/Regierung ausgeht, ausgesetzt ist. Die Beschwerdeführerin hat mit ihrem Vorbringen keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft gemacht.

Nicht festgestellt wird, dass die Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr in die Ukraine aus Gründen ihrer Volksgruppenzugehörigkeit, ihres Glaubens einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt wäre. Ebenso wenig wird festgestellt, dass die Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr in die Ukraine aus sonstigen, in deren Person gelegenen Gründen (etwa wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Gesinnung) einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt wäre. Auch eine drohende asylrelevante Verfolgung aus anderen Gründen ist nicht hervorgekommen und zwar weder aufgrund des Vorbringens der Beschwerdeführerin noch aus amtswegiger Wahrnehmung.

Festgestellt wird, dass die Beschwerdeführerin an keiner lebensbedrohlichen oder sonstigen schwerwiegenden psychischen oder physischen Krankheit leidet.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin im Falle ihrer Rückkehr in die Ukraine in eine existenzgefährdende Notlage geraten würde und ihr die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre. Die Beschwerdeführerin ist ledig, hat keine Obsorgeverpflichtungen. In der Ukraine besuchte sie zehn Jahre lang die Grundschule und studierte ein Jahr an der Pädagogischen Fakultät an der Universität in Donezk. Danach arbeitet sie als Verkäuferin. Die Beschwerdeführerin spricht Russisch, Englisch und etwas Deutsch.

Nicht festgestellt wird, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung der Beschwerdeführerin in die Ukraine eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde oder für die Beschwerdeführerin als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde. Die Ukraine ist ein sicherer Herkunftsstaat.

Die Beschwerdeführerin ist in Österreich strafrechtlich unbescholten. Nicht festgestellt werden kann, dass eine ausgeprägte und verfestigte Integration der Beschwerdeführerin in Österreich vorliegt. Die Beschwerdeführerin ist erwerbsfähig und lebt seit Antragstellung am 30.11.2015 auf der Grundlage einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz in Österreich. Ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht ist nicht ersichtlich. Die Beschwerdeführerin ist in Österreich nicht erwerbstätig. Sie arbeitet als Reinigungskraft, wofür sie eine geringfügige finanzielle Zuwendung erhält, was jedoch bei Weitem nicht gleichbedeutend mit einer Integration am Arbeitsmarkt im Sinne einer legalen Beschäftigung ist, sodass festzustellen ist, dass die Beschwerdeführerin nicht selbsterhaltungsfähig ist, zumal sie nicht über eigene, für ihren Lebensunterhalt ausreichende Mittel verfügt. Die Beschwerdeführerin bezieht Leistungen aus der Grundversorgung. Die Beschwerdeführerin hat zwei Deutschkurse besucht und eine Vormerkung für den Lehrgang zur Vorbereitung auf den Pflichtschulabschluss vorgelegt. Weitere Aus- bzw. Weiterbildungen in Österreich hat sie nicht absolviert. Die Beschwerdeführerin ist weder Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Organisation. Weitere (ehrenamtliche) Tätigkeiten konnten ebenfalls nicht festgestellt werden. Die Beschwerdeführer verfügt über keine verwandtschaftlichen Bezugspunkte im Bundesgebiet. Sie verfügt über einen Freundes- und Bekanntenkreis und hat Empfehlungsschreiben vorgelegt. Darüber hinaus liegen keine sonstigen Hinweise auf eine besonders ausgeprägte und verfestigte Integration hinsichtlich des Privat- und Familienlebens der Beschwerdeführerin in Österreich vor. Es können keine nennenswerten Anknüpfungspunkte sozialer oder wirtschaftlicher Natur zu Österreich festgestellt werden.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor. Es konnten keine Umstände festgestellt werden, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin in die Ukraine gemäß § 46 FPG unzulässig wäre.

Länderfeststellungen zum Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin:

Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 19.12.2017, Antikorruption (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage, Abschnitt 4/Rechtsschutz/Justizwesen und Abschnitt 7/Korruption)

Die Ukraine hat seit 2014 durchaus Maßnahmen gesetzt, um die Korruption zu bekämpfen, wie die Offenlegung der Beamtenvermögen und die Gründung des Nationalen Antikorruptionsbüros (NABU). Gemeinsam mit dem ebenfalls neu geschaffenen Antikorruptionsstaatsanwalt kann das NABU viele Fälle untersuchen und hat einige aufsehenerregende Anklagen vorbereitet, u.a. wurde der Sohn des ukrainischen Innenministers festgenommen. Doch ohne ein spezialisiertes Antikorruptionsgericht läuft die Arbeit der Ermittler ins Leere, so die Annahme der Kritiker, da an normalen Gerichten die Prozesse erfahrungsgemäß eher verschleppt werden können. Das Antikorruptionsgericht sollte eigentlich bis Ende 2017 seine Arbeit aufnehmen, wurde aber noch immer nicht formell geschaffen. Präsident Poroschenko äußerte unlängst die Idee, eine auf Korruption spezialisierte Kammer am Obersten Gerichtshof sei ausreichend und schneller einzurichten. Diesen Vorschlag lehnte jedoch der Internationale Währungsfonds (IWF) ab. Daher bot Poroschenko eine Doppellösung an: Zuerst solle die Kammer eingerichtet werden, später das unabhängige Gericht. Der Zeitplan dafür ist jedoch offen (NZZ 9.11.2017).

Kritiker sehen darin ein Indiz für eine Einflussnahme auf die Justiz durch den ukrainischen Präsident Poroschenko. Mit Juri Luzenko ist außerdem Poroschenkos Trauzeuge Chef der Generalstaatsanwaltschaft, welche von Transparency International als Behörde für politische Einflussnahme bezeichnet wird. Tatsächlich berichtet die ukrainische Korruptionsstaatsanwaltschaft von Druck und Einflussnahme auf ihre Ermittler (DS 30.10.2017).

Ende November 2017 brachten Abgeordnete der Regierungskoalition zudem einen Gesetzentwurf ein, der eine "parlamentarische Kontrolle" über das NABU vorsah und heftige Kritik der westlichen Partner und der ukrainischen Zivilgesellschaft auslöste (UA 13.12.2017). Daraufhin wurde der Gesetzesentwurf wieder von der Tagesordnung genommen (DS 7.12.2017), dafür aber der Vorsitzende des Komitees der Werchowna Rada zur Korruptionsbekämpfung entlassen, welcher die Ernennung des von der Regierung bevorzugten Kandidaten für das Amt des Auditors im NABU blockiert hatte (UA 13.12.2017).

Im Zentrum der ukrainischen Hauptstadt Kiew haben zuletzt mehrere Tausend Menschen für eine Amtsenthebung von Präsident Petro Poroschenko demonstriert. Die Kundgebung wurde von Micheil Saakaschwili angeführt - Ex-Staatschef Georgiens und Ex-Gouverneur des ukrainischen Odessa, der ursprünglich von Präsident Poroschenko geholt worden war, um gegen die Korruption vorzugehen. Saakaschwili wirft Poroschenko mangelndes Engagement im Kampf gegen die Korruption vor und steht seit einigen Wochen an der Spitze einer Protestbewegung gegen den ukrainischen Präsidenten. Mit seinen Protesten will er vorgezogene Neuwahlen erzwingen. Saakaschwili war Anfang Dezember, nach einer vorläufigen Festnahme, von einem Gericht freigelassen worden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen Organisation eines Staatsstreiches (DS 17.12.2017).

Die EU hat jüngst die Auszahlung eines Hilfskredits über 600 Mio. €

an die Ukraine gestoppt, und der Internationale Währungsfonds (IWF) ist ebenfalls nicht zur Gewährung von weiteren Hilfskrediten bereit, solange der Kampf gegen die grassierende Korruption nicht vorankommt (NZZ 18.12.2017). Der IWF hat die Ukraine aufgefordert, die Unabhängigkeit von NABU und Korruptionsstaatsanwaltschaft zu gewährleisten und rasch einen gesetzeskonformen Antikorruptionsgerichtshof im Einklang mit den Empfehlungen der Venediger Kommission des Europarats zu schaffen (UA 13.12.2017).

Quellen:

* DS - Der Standard (17.12.2017): Tausende fordern in Kiew Amtsenthebung von Poroschenko,

http://derstandard.at/2000070553927/Tausende-fordern-in-Kiew-Amtsenthebung-von-Poroschenko?ref=rec, Zugriff 19.12.2017

* DS - Der Standard (7.12.2017): Interventionen verhindern Gesetz gegen ukrainisches Antikorruptionsbüro, http://derstandard.at/2000069775196/Ukrainischer-Antikorruptionsbehoerde-droht-Verlust-an-Unabhaengigkeit, Zugriff 19.12.2017

* DS - Der Standard (30.10.2017): Die ukrainische Justizfassade bröckelt noch immer,

http://derstandard.at/2000066853489/Die-ukrainische-Justizfassade-broeckelt-noch-immer?ref=rec, Zugriff 19.12.2017

* NZZ - Neue Zürcher Zeitung (18.12.2017): Das politische Risiko in der Ukraine ist zurück,

https://www.nzz.ch/finanzen/das-politische-risiko-in-der-ukraine-ist-zurueck-ld.1340458, Zugriff 19.12.2017

* NZZ - Neue Zürcher Zeitung (9.11.2017): Der ukrainische Präsident verschleppt längst überfällige Reformen, https://www.nzz.ch/meinung/ukraine-revolution-im-rueckwaertsgang-ld.1327374, Zugriff 19.12.2017

* UA - Ukraine Analysen (13.12.2017): Ukraine Analysen Nr. 193, http://www.laender-analysen.de/ukraine/pdf/UkraineAnalysen193.pdf?utm_source=newsletter&utm_medium=email&utm_campaign=Ukraine-Analysen+193&newsletter=Ukraine-Analysen+193, Zugriff 19.12.2017

KI vom 30.11.2017, Zeugen Jehovahs (relevant für Abschnitt 15/Religionsfreiheit)

In verschiedenen Regionen der Ukraine beklagen religiöse Minderheiten Diskriminierung durch lokale Behörden. Die ukrainischen Gesetze verbieten jedenfalls Diskriminierung aufgrund des Glaubens, und religiöse Gruppen haben auch Möglichkeiten im Gesetzgebungsprozess gehört zu werden. Ukrainische Gerichte haben an mehreren Orten Polizeistrafen aufgehoben, welche gegen Zeugen Jehovahs wegen der Verteilung ihrer Schriften an öffentlichen Orten verhängt worden waren. Es gibt Berichte von physischen Angriffen auf Zeugen Jehovahs und von Vandalenakten gegen ihre Einrichtungen. Für 2016 werden 21 Fälle von Vandalismus (davon drei Brandstiftungen) gegen Königreichhallen gezählt, während es 2015 noch 56 Fälle von Vandalismus (davon fünf Brandstiftungen) waren. Es gibt aber auch Berichte über behördliche Gegenmaßnahmen, etwa die Verurteilung von Tätern bei Körperverletzungen. 2015 hatte der Gemeinderat eines ukrainischen Dorfes im Oblast Kirovohrad alle Religionsgemeinschaften außer der lokalen orthodoxen Gemeinde verboten, darunter auch die Zeugen Jehovahs. Dieses Verbot wurde auf Intervention des Büros des Ombudsmanns zurückgenommen, was die Zeugen Jehovahs sehr begrüßten. (USDOS 15.8.2017a).

In früheren Jahren zählten die Zeugen Jehovahs 64 Körperverletzungen (2008-2014) und 190 Vandalenakte (2008-2013) bei, nach eigenen Angaben, 150.000 Mitgliedern. Sie beklagten die Passivität von Polizei und Gerichten bei der Verfolgung der Delikte (JW 28.7.2014). 2014-2016 zählten die Zeugen Jehovahs 115 Übergriffe; acht Täter wurden in diesem Zeitraum gerichtlich verurteilt. Auch beklagten sie Einmischung der Behörden bei der Errichtung von Königreichsälen (UNHRC 31.8.2017). Andererseits sehen die Zeugen Jehovahs in der Ukraine ihre Position im Land durch ein ukrainisches Gerichtsurteil gestärkt, das der Religionsgemeinschaft die Anmietung von Gebäuden erleichtert (JW 24.3.2017). Laut Bericht wurde der Tag der offenen Tür der Zeugen Jehovahs in Lemberg auch von Behördenvertretern besucht (JW 25.7.2017).

Die Zeugen Jehovas sind eine jener Religionsgemeinschaften, deren Angehörige in der Ukraine ausdrücklich für einen Wehrersatzdienst aus Gewissensgründen infrage kommen, was auch für den Mobilisierungsfall gilt, wie eindeutig gerichtlich bestätigt wurde (USDOS 10.8.2016) (siehe dazu Kap. 9.1. Wehrersatzdienst, Anm.).

Die Separatisten in den selbsternannten Volksrepubliken Donetsk (DPR) und Lugansk (LNR) sperrten unter anderem eine Reihe von Zeugen Jehovahs ein. Nachdem in der DPR ein Gesetz zum Verbot von Sekten erlassen wurde, wurden einige Königreichhallen der Zeugen Jehovas besetzt, zwei davon aber auch wieder zurückgegeben (USDOS 15.8.2017a). Auf der Krimhalbinsel wird faktisch russisches Recht umgesetzt (USDOS 15.8.2017b). Die Zeugen Jehovahs wurden auf der Krimhalbinsel im April 2017 durch Entscheidung des russischen Verfassungsgerichts für illegal erklärt, weil sie eine extremistische Organisation seien. Am 1. Juni 2017 wurden alle 22 Gemeinden dieser Religionsgemeinschaft auf der Krim (geschätzte 8.000 Mitglieder) amtlich abgemeldet. Am 9. Juni 2017 wurde einem Zeugen Jehovahs auf der Krim erklärt, er habe als solcher in der Russischen Föderation kein Recht auf einen Wehrersatzdienst aus Glaubengründen. Am 27. Juni 2017 wurde das Oberhaupt einer Gemeinde der Zeugen Jehovahs wegen unerlaubter Missionierungstätigkeit vor Gericht geladen und starb später am Tag an einer Herzattacke (OHCHR 25.9.2017).

Quellen:

? JW - Jehovahs Witnesses (24.3.2017): Oberstes Gericht der Ukraine stärkt Versammlungsfreiheit,

https://www.jw.org/de/aktuelle-meldungen/rechtliche-entwicklungen/nach-region/ukraine/high-gericht-st%C3%A4rkt-versammlungsfreiheit/, Zugriff 29.11.2017

? JW - Jehovahs Witnesses (25.7.2017): Behörden­vertreter besuchen Zweigbüro von Jehovas Zeugen in der Ukraine am Tag der offenen Tür, https://www.jw.org/de/aktuelle-meldungen/pressemitteilungen/nach-region/ukraine/behoerdenvertreter-besuchen-zweigbuero-jehovas-zeugen-tag-der-offenen-tuer/, Zugriff 29.11.2017

? JW - Jehovahs Witnesses (28.7.2014): Passivität der Strafverfolgungsbehörden in der Ukraine leistet weiteren Straftaten Vorschub,

https://www.jw.org/de/aktuelle-meldungen/rechtliche-entwicklungen/nach-region/ukraine/religioes-motivierte-gewalt-bleibt-ungestraft/, Zugriff 29.11.2017

? OHCHR - UN Office of the High Commissioner for Human Rights (25.9.2017): Situation of human rights in the temporarily occupied Autonomous Republic of Crimea and the city of Sevastopol, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1506587856_crimea2014-2017-en.pdf, Zugriff 29.11.2017

? UNHRC - UN Human Rights Council (31.8.2017): Summary of Stakeholders' submissions on Ukraine; Report of the Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights, http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1510062028_g1725515.pdf, Zugriff 29.11.2017

? USDOS - US Department of State (15.8.2017a): 2016 Report on International Religious Freedom - Ukraine, http://www.ecoi.net/local_link/345317/489112_de.html, Zugriff 29.11.2017

? USDOS - US Department of State (15.8.2017b): 2016 Report on International Religious Freedom - Ukraine (Crimea), https://www.ecoi.net/local_link/345319/489113_de.html, Zugriff 29.11.2017

? USDOS - US Department of State (10.8.2016): 2015 Report on International Religious Freedom - Ukraine, http://www.ecoi.net/local_link/328420/455696_en.html, Zugriff 29.11.2017

Politische Lage

Die Ukraine ist eine parlamentarisch-präsidiale Republik. Ihr Staatsoberhaupt ist seit 7.6.2014 Präsident Petro Poroschenko. Regierungschef ist seit 14.4.2016 Ministerpräsident Wolodymyr Hroisman. Das Parlament (Verkhovna Rada) der Ukraine besteht aus einer Kammer; 225 Sitze werden über ein Verhältniswahlsystem mit Listen vergeben, 225 weitere Sitze werden in Mehrheitswahl an Direktkandidaten in den Wahlkreisen vergeben. 27 Mandate bleiben aufgrund der Krim-Besetzung und des Konflikts in der Ost-Ukraine derzeit unbesetzt. Im Parlament sind folgende Fraktionen und Gruppen vertreten (mit Angabe der Zahl der Sitze):

Block von Petro Poroschenko (Blok Petra Poroschenka)

142

Volksfront (Narodny Front)

81

Oppositionsblock (Oposyzijny Blok)

43

Selbsthilfe (Samopomitsch)

26

Radikale Partei von Oleh Ljaschko (Radykalna Partija Oleha Ljaschka)

20

Vaterlandspartei (Batkiwschtschyna)

20

Gruppe Wolja Narodu

19

Gruppe Widrodshennja

24

Fraktionslose Abgeordnete

48

(AA 2.2017a)

Der nach der "Revolution der Würde" auf dem Kiewer Maidan im Winter 2013/2014 und der Flucht von Wiktor Janukowytsch mit großer Mehrheit bereits im ersten Wahldurchgang zum Präsidenten gewählte Petro Poroschenko verfolgt seither mit unterschiedlichen Koalitionen eine europafreundliche Reformpolitik. Zu den Schwerpunkten des Regierungsprogramms gehören die Bekämpfung der Korruption sowie eine Verfassung- und Justizreform. Die Parteienlandschaft ist pluralistisch und reflektiert alle denkbaren Strömungen von national-konservativ bis links-sozialistisch. Die kommunistische Partei ist verboten. Die Regierung Hrojsman, die seit April 2016 im Amt ist, setzt den euroatlantischen Integrationskurs der Vorgängerregierung unter Arseni Jazenjuk fort und hat trotz zahlreicher koalitionsinterner Querelen und zum Teil großer Widerstände wichtige Reformen erfolgreich durchführen können. Gleichwohl sind die Erwartungen der Öffentlichkeit zu Umfang und Tempo der Reformen bei weitem nicht befriedigt (AA 7.2.2017).

Die Präsidentenwahlen des Jahres 2014 werden von internationalen und nationalen Beobachtern als frei und fair eingestuft (USDOS 3.3.2017a).

Ukrainische Bürger können seit 11. Juni 2017 ohne Visum bis zu 90 Tage in die Europäische Union reisen, wenn sie einen biometrischen Pass mit gespeichertem Fingerabdruck besitzen. Eine Arbeitserlaubnis ist damit nicht verbunden. Die Visabefreiung gilt für alle EU-Staaten mit Ausnahme Großbritanniens und Irlands (DS 11.6.2017).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (7.2.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine, https://www.ecoi.net/file_upload/4598_1488455088_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-ukraine-stand-januar-2017-07-02-2017.pdf, Zugriff 31.5.2017

* AA - Auswärtiges Amt (2.2017a): Ukraine, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/01-Nodes_Uebersichtsseiten/Ukraine_node.html, Zugriff 31.5.2017

* DS - Der Standard (11.6.2017): Ukrainer feierten Aufhebung der Visapflicht für die EU,

http://derstandard.at/2000059097595/Ukrainer-feierten-Aufhebung-der-Visapflicht-fuer-die-EU, Zugriff 19.6.2017

* USDOS - US Department of State (3.3.2017a): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Ukraine, https://www.ecoi.net/local_link/337222/480033_de.html, Zugriff 31.5.2017

0. Sicherheitslage

Der nach der "Revolution der Würde" auf dem Kiewer Maidan im Winter 2013/2014 und der Flucht von Wiktor Janukowytsch vom mit großer Mehrheit bereits im ersten Wahlgang am 07.06.2014 direkt zum Präsidenten gewählte Petro Poroschenko verfolgt eine europafreundliche Reformpolitik, die von der internationalen Gemeinschaft maßgeblich unterstützt wird. Diese Politik hat zu einer Stabilisierung der Verhältnisse im Inneren geführt, obwohl Russland im März 2014 die Krim annektierte und seit Frühjahr 2014 separatistische "Volksrepubliken" im Osten der Ukraine unterstützt (AA 7.2.2017).

Die ukrainische Regierung steht für einen klaren Europa-Kurs der Ukraine und ein enges Verhältnis zu den USA. Das 2014 von der Ukraine unterzeichnete und ratifizierte Assoziierungsabkommen mit der EU ist zum Jahresbeginn 2016 in Kraft getreten und bildet die Grundlage der Beziehungen der Ukraine zur EU. Es sieht neben der gegenseitigen Marktöffnung die Übernahme rechtlicher und wirtschaftlicher EU-Standards durch die Ukraine vor. Das Verhältnis zu Russland ist für die Ukraine von zentraler Bedeutung. Im Vorfeld der ursprünglich für November 2013 geplanten Unterzeichnung des EU-Assoziierungsabkommens übte Russland erheblichen Druck auf die damalige ukrainische Regierung aus, um sie von der EU-Assoziierung abzubringen und stattdessen einen Beitritt der Ukraine zur Zollunion/Eurasischen Wirtschaftsgemeinschaft herbeizuführen. Nach dem Scheitern dieses Versuchs und dem Sturz von Präsident Janukowytsch verschlechterte sich das russisch-ukrainische Verhältnis dramatisch. In Verletzung völkerrechtlicher Verpflichtungen und bilateraler Verträge annektierte Russland im März 2014 die Krim und unterstützt bis heute die bewaffneten Separatisten im Osten der Ukraine (AA 2.2017c).

Die sogenannten "Freiwilligen-Bataillone" nehmen offiziell an der "Anti-Terror-Operation" der ukrainischen Streitkräfte teil. Sie sind nunmehr alle in die Nationalgarde eingegliedert und damit dem ukrainischen Innenministerium unterstellt. Offiziell werden sie nicht mehr an der Kontaktlinie eingesetzt, sondern ausschließlich zur Sicherung rückwärtiger Gebiete. Die nicht immer klare hierarchische Einbindung dieser Einheiten hatte zur Folge, dass es auch in den von ihnen kontrollierten Gebieten zu Menschenrechtsverletzungen gekommen ist, namentlich zu Freiheitsberaubung, Erpressung, Diebstahl und Raub, eventuell auch zu extralegalen Tötungen. Diese Menschenrechtsverletzungen sind Gegenstand von allerdings teilweise schleppend verlaufenden Strafverfahren. Der ukrainische Sicherheitsdienst SBU bestreitet, trotz anderslautender Erkenntnisse von UNHCHR, Personen in der Konfliktregion unbekannten Orts festzuhalten und verweist auf seine gesetzlichen Ermittlungszuständigkeiten. In mindestens einem Fall haben die Strafverfolgungsbehörden bisher Ermittlung wegen illegaler Haft gegen Mitarbeiter der Sicherheitsbehörden aufgenommen (AA 7.2.2017).

Seit Ausbruch des Konflikts im Osten der Ukraine in den Regionen Lugansk und Donezk im April 2014 zählte das Büro des Hochkommissars für Menschenrechte der UN (OHCHR) 33.146 Opfer des Konflikts, davon

9.900 getötete und 23.246 verwundete Personen (inkl. Militär, Zivilbevölkerung und bewaffnete Gruppen). Der Konflikt wird von ausländischen Kämpfern und Waffen, die nach verschiedenen Angaben aus der Russischen Föderation in die nicht von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebiete (NGCA) gebracht werden, angeheizt. Zudem gibt es eine massive Zerstörung von zivilem Eigentum und Infrastruktur in den Konfliktgebieten. Auch Schulen und medizinische Einrichtungen sind betroffen. Zuweilen ist vielerorts die Strom- und Wasserversorgung unterbrochen, ohne die im Winter auch nicht geheizt werden kann. Der bewaffnete Konflikt stellt einen Bruch des Internationalen Humanitären Rechts und der Menschenrechte dar. Der Konflikt wirkt sich auf die ganze Ukraine aus, da es viele Kriegsrückkehrern (vor allem Männer) gibt und die Zahl der Binnenflüchtlinge (IDPs) hoch ist. Viele Menschen haben Angehörige, die getötet oder entführt wurden oder weiterhin verschwunden sind. Laut der Special Monitoring Mission der OSZE sind täglich eine hohe Anzahl an Brüchen der Waffenruhe, die in den Minsker Abkommen vereinbart wurde, zu verzeichnen (ÖB 4.2017).

Russland kontrolliert das Gewaltniveau in der Ostukraine und intensiviert den Konflikt, wenn es russischen Interessen dient (USDOS 3.3.2017a).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (7.2.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine, https://www.ecoi.net/file_upload/4598_1488455088_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-ukraine-stand-januar-2017-07-02-2017.pdf, Zugriff 31.5.2017

* AA - Auswärtiges Amt (2.2017b): Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Ukraine/Innenpolitik_node.html, Zugriff 31.5.2017

* AA - Auswärtiges Amt (2.2017c): Außenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Ukraine/Aussenpolitik_node.html, Zugriff 31.5.2017

* ÖB - Österreichische Botschaft Kiew (4.2017): Asylländerbericht Ukraine

* USDOS - US Department of State (3.3.2017a): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Ukraine, https://www.ecoi.net/local_link/337222/480033_de.html, Zugriff 12.7.2017

0.1. Halbinsel Krim

Die Halbinsel Krim wurde 2014 von der Russischen Föderation besetzt. Das "Referendum" über den Anschluss an Russland, welches auf der Krim durchgeführt wurde, wurde von der Generalversammlung der Vereinten Nationen für ungültig erklärt. Die Resolution 71/205 der Generalversammlung der UN bezeichnet die Russische Föderation als Okkupationsmacht auf der Krim. Seit 2014 sind konstant Menschenrechtsverletzungen seitens der Machthaber zu beobachten:

Gefangene legen Geständnisse ab, die durch Misshandlung und Folter erreicht wurden. Individuen bestimmter Gruppen werden in psychiatrische geschlossene Anstalten zwangseingewiesen. Anwälte können nicht uneingeschränkt ihrer Arbeit nachgehen. Menschen, die keinen russischen Pass haben, wird der Zugang zu staatlichen Dienstleistungen verwehrt. Weiters bestehen Diskriminierungen aufgrund von sexueller Orientierung und Genderidentität. Menschen mit anderer politischer Meinung werden verhaftet und unter Bezugnahme auf russische "Anti-Terror"-Gesetze zu Haftstrafen verurteilt. Auch werden Individuen entführt oder verschwinden plötzlich. Wenige bis keine dieser Fälle werden ausreichend investigativ und juristisch verfolgt. Besonders die ethnische Gruppe der Krimtataren, aber auch Ukrainer anderer ethnischer oder religiöser Gruppen, sind von Menschenrechtsverletzungen betroffen. Der Mejlis, die krimtatarische gewählte Versammlung zur Repräsentation der Krimtataren, wurde am 18. April 2016 durch die lokalen Behörden suspendiert und am 26. April vom Russischen Obersten Gerichtshof als "extremistisch" eingestuft und verboten. Menschenrechtsorganisationen sowie Journalisten haben keinen uneingeschränkten Zugang zur Krim. Bestimmte Webseiten werden blockiert und unabhängige Medien mussten auf das ukrainische Festland übersiedeln. Die Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit wird massiv eingeschränkt. Am 7. März 2016 wurden in Simferopol alle öffentlichen Versammlungen verboten, die nicht von den Machthabern organisiert wurden (ÖB 4.2017).

Auf der Krim haben ukrainische Behörden und Amtsträger zurzeit keine Möglichkeit, ihre Befugnisse wahrzunehmen und staatliche Kontrolle auszuüben. Auf der Krim werden seit der völkerrechtswidrigen Annexion durch Russland im März 2014 staatliche Aufgaben von russischen Behörden ausgeübt. Die Einwohner wurden pauschal eingebürgert, es wurde begonnen, sie mit russischen Inlandspässen, seit September 2014 auch mit russischen Reisepässen, auszustatten. Einwohner der Krim, die ihr Widerspruchsrecht nutzten haben damit u.

a. den Anspruch auf kostenlose medizinische Versorgung verloren. Die Minderheit der Krimtataren unterliegt erheblichen Restriktionen. Besorgniserregend sind weiterhin Meldungen, wonach exponierte Vertreter der tatarischen Minderheit verschwinden, nicht mehr auf die Krim reisen dürfen bzw. vielfältigen Diskriminierungen ausgesetzt sind. Außerdem werden tatarische Vereine in ihrer Handlungsfähigkeit beschnitten und unter Druck gesetzt, teilweise auch kriminalisiert oder zur Auflösung gezwungen. Die gewählte Versammlung der Krimtataren, das Selbstverwaltungsorgan Medschlis, wird von den de-facto-Behörden als terroristische Vereinigung eingestuft, seine Mitglieder werden verfolgt. Versuche, die tatarische Minderheit in eine den de-facto-Behörden willfährige Parallelstruktur einzubinden, blieben bisher ohne nennenswerten Erfolg. Medien stehen unter Druck, eine offene Zivilgesellschaft gibt es nicht mehr. Dem unabhängigen Fernsehsender der Tataren ATR wurde die Lizenz entzogen; er hat seinen Sitz nach Kiew verlegt. Seine Sendungen können auf der Krim nur noch im Internet und dort sehr eingeschränkt verfolgt werden. Auch jüngste Berichte von UNHCR sowie Amnesty International listen eine Reihe von Verletzungen der Menschenrechte und Grundfreiheiten auf der Krim auf, die von einer Einschränkung des Versammlungsrechts über willkürliche Verhaftungen bis hin zu Entführungen, Folter und Ermordung reicht. Versuche der Vereinten Nationen, der OSZE oder des Europarats eine kontinuierliche Beobachtung der Menschenrechtssituation auf der Krim vorzunehmen, sind bisher gescheitert (AA 7.2.2017).

Auf der Halbinsel Krim sind Dissidenten das Ziel systematischen Missbrauchs und der Verfolgung durch die russischen Behörden. Es gibt Berichte über Fälle von Verschwindenlassen. Internationalen und nationalen Menschenrechtsbeobachtern wird die Einreise auf die Krim verweigert. Wenn Gruppen versuchen dort tätig zu werden, werden sie zum Ziel erheblicher Drangsale und Einschüchterung (USDOS 3.3.2017a).

Im Feber 2014 besetzten russische Truppen die Halbinsel Krim militärisch. Im März wurde die Krim nach einem Scheinreferendum schließlich annektiert und zum Teil der Russischen Föderation erklärt. Die Vereinten Nationen verurteilten diesen Schritt und riefen Staaten und internationale Organisation auf, dies nicht anzuerkennen. Auf der Krim gilt seither de facto russisches Recht, es wurde eine russische Regierung installiert. Die russischen Sicherheitsbehörden konsolidieren ihre Kontrolle der Halbinsel weiterhin und beschränken die Menschenrechte durch unverhältnismäßige Anwendung repressiver russischer Gesetze. Abweichende und Meinungen und Opposition zur Annexion der Krim werden von den russischen Behörden durch Einschüchterung unterdrückt. Dazu gehören Entführungen, Verschwindenlassen, Misshandlung, politische Prozesse, wiederholte grundlose Vorladungen durch die Sicherheitsbehörden, gegenstandslose Festnahmen, usw. Bestimmte Gruppen, vor allem ethnische Ukrainer und Krimtataren werden systematisch diskriminiert und ihre Menschenrechte eingeschränkt. Der Selbstverwaltungskörper der krimtatarischen Minderheit, der demokratisch gewählte Mejlis, wurde als extremistische Organisation verboten. Personen, welche die Annahme der russischen Staatsbürgerschaft verweigern, werden beim Zugang zu Bildung, medizinischer Versorgung und Arbeitsmarkt diskriminiert. Es gibt auch Eingriffe in die Meinungsfreiheit und die Versammlungsfreiheit, speziell durch Behinderung bei der Pflege des kulturellen Erbes und durch Einschränkung des Zugangs zu Unterricht in ukrainischer und krimtatarischer Sprache. Die Medienfreiheit auf der Krim wird ebenfalls eingeschränkt, unabhängige Medien gibt es nicht mehr. Die wenigen verbleibenden unabhängigen bzw. kritischen Journalisten wurden eingesperrt und wegen Extremismus angeklagt. Es kommt zu politischer Einmischung in gerichtliche Verfahren, Einschränkung der Bewegungsfreiheit und Diskriminierung ethnischer und sexueller Minderheiten. Tausende Personen flüchteten als Binnenvertriebene in die Ukraine. Bei den russischen Behörden auf der Krim herrscht betreffend Menschenrechtsverletzungen ein Klima der Straflosigkeit. Fälle von Entführung oder Tötung von Einwohnern der Krim in den Jahren 2014 und 2015 werden nicht angemessen untersucht (USDOS 3.3.2017b).

Die Rechte der Bevölkerung der Krim, besonders der Krimtataren, werden weitgehend verletzt. Der krimtatarische Mejlis wurde verboten und krimtatarische Führungspersönlichkeiten dürfen die Krim nicht betreten oder sind inhaftiert (FH 29.3.2017).

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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