TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/16 W248 2200324-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.01.2019
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Entscheidungsdatum

16.01.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W248 2200324-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. NEUBAUER über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, vertreten durch den XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.06.2018, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1 Verfahrensgang:

XXXX, geb. XXXX (im Folgenden Beschwerdeführer) reiste spätestens am 13.01.2016 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 13.01.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Der Beschwerdeführer wurde am 13.01.2016 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu seinem Antrag befragt. Er brachte zu seinen Fluchtgründen vor, dass er in Afghanistan als Security gearbeitet habe und eines Abends bei einem Geschäft, welches er bewacht habe, eine weinende Frau vorgefunden habe, die ihm gesagt habe, dass ihr Bruder sie töten wolle. Die Frau sei dann über Nacht bei ihm geblieben. Es sei dem Beschwerdeführer sodann unterstellt worden, ein Verhältnis mit dieser Frau gehabt zu haben und "die Familienschande befleckt" zu haben, sodass der Bruder der Frau den Beschwerdeführer mit dem Umbringen bedroht habe. Deshalb sei er geflüchtet. Im Fall einer Rückkehr fürchte er, in Afghanistan getötet zu werden. Es gebe allerdings keine konkreten Hinweise darauf, dass ihm bei Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohen würden oder er im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen hätte. Das Protokoll der Erstbefragung wurde rückübersetzt. Der Beschwerdeführer bestätigte, alles verstanden zu haben und keine Ergänzungen/Korrekturen machen zu wollen.

Am 03.05.2018 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden BFA) einvernommen. Dort gab er im Wesentlichen an, er habe in Afghanistan gearbeitet. Dann sei die Arbeit in Afghanistan weniger geworden. Sein Cousin habe ihm daraufhin eine Arbeit im Sicherheitsdienst vorgeschlagen, die der Beschwerdeführer dann auch 6 bis 7 Monate gemacht habe; er habe auf Geschäfte aufgepasst. Er habe immer um 19:00 Uhr angefangen und bis 06:00 Uhr in der Früh gearbeitet. Eines Tages habe er eine weinende Frau vorgefunden, die ihm erklärt habe, dass sie von zu Hause weggelaufen sei. Sie hätte Angst vor ihrem Mann, und sie hätte vorgehabt sich umzubringen. Daraufhin habe er sie mit zu sich nach Hause genommen, um ihr zu helfen. Einen Tag später habe er seinen Cousin angerufen, dieser habe wiederum einen seiner Bekannten angerufen. Daraufhin seien die Taliban mit 3 Autos zu ihm nach Hause gekommen. Einer von den Taliban habe behauptet, dass er die Frau kenne, und habe die Frau geschlagen. Die Taliban hätten die Frau dann mitgenommen. Sie hätten sich auch die Telefonnummer des Beschwerdeführers geben lassen. Einen Tag später hätten sie ihn dann angerufen und hätten ihn treffen wollen. Zu diesem Treffpunkt sei der Beschwerdeführer aus Angst nicht gegangen, weil sie ihn beschuldigt hätten, ein Verhältnis zu dieser Frau zu haben. Zwei Tage später habe er einen Drohbrief von einem Herrn XXXX (dem Ehemann der Frau) bekommen. Dieser habe sich wieder mit dem Beschwerdeführer treffen wollen, der Beschwerdeführer sei aber wieder nicht zu dem Treffpunkt gegangen. Zwei Tage später habe er einen weiteren Drohbrief des Inhalts bekommen, dass sie seine Familie töten würden, wenn er zu dem nächsten Treffpunkt nicht komme. Deshalb habe er das Land alleine verlassen. Das Protokoll der Einvernahme wurde wortwörtlich rückübersetzt, der Beschwerdeführer bestätigte die richtige und vollständige Protokollierung.

Mit Bescheid vom 20.06.2018, Zl. XXXX, wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I.) und erkannte ihm den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 nicht zu (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Weiters wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Abschließend wurde festgestellt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VI.).

In der Begründung des Bescheides gab das BFA die entscheidungsrelevanten Angaben des Beschwerdeführers wieder und traf Feststellungen zur Lage in Afghanistan. Begründend wurde zu Spruchpunkt I. ausgeführt, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen sei, eine Verfolgung aus asylrelevanten Gründen glaubhaft zu machen. Zu Spruchpunkt II. führte die Behörde aus, dem Beschwerdeführer als gesundem und arbeitsfähigem Mann sei es - insbesondere unter Berücksichtigung seiner bereits in Afghanistan gesammelten Berufserfahrung und seiner Vertrautheit mit den dortigen Gepflogenheiten und Sitten - ein Leichtes, wieder nach Afghanistan zurückzukehren. Anzumerken sei auch, dass in Afghanistan kein Meldewesen bestehe und der Beschwerdeführer jederzeit die Möglichkeit der innerstaatlichen Fluchtalternative ergreifen könne, um den von ihm behaupteten Problemen aus dem Weg zu gehen.

Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 22.06.2018 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG der XXXX amtswegig als Rechtsberatung zur Seite gegeben.

Mit Schreiben vom 28.06.2018 erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch den XXXX, Beschwerde gegen den Bescheid des BFA in vollem Umfang wegen behaupteter Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften, insbesondere wegen Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens, in Folge mangelhafter Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Darin führte er im Wesentlichen aus, er habe vor dem BFA ein substantiiertes Vorbringen erstattet, das mit den Länderfeststellungen übereinstimme. Er habe sich nicht in wesentlichen Aussagen widersprochen, sondern die zentralen Punkte ohne wesentliche Abweichungen geschildert. Wie weit man bei einzelnen Fragen oder bei freier Erzählung ins Detail gehen müsse, könne der Beschwerdeführer nicht wissen, da er deren asylrechtliche Relevanz nicht kennen könne. Die ihm seiner Ansicht nach drohenden Schwierigkeiten bei einer Rückkehr nach Afghanistan versuchte er durch verschiedene Zitate aus länderbezogenen Quellen zu untermauern.

Am 14.01.2019 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit der Vertretung des Beschwerdeführers statt. Das BFA als belangte Behörde nahm an der Verhandlung nicht teil. Der Beschwerdeführer wurde u.a. zu seinen Fluchtgründen und zu verschiedenen Unstimmigkeiten in seinem bis dahin erstatteten Vorbringen befragt. In der mündlichen Verhandlung erklärte der Beschwerdeführer zusätzlich zu seinem bis dahin erstatteten Vorbringen, er sei in Afghanistan auch aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara und zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam von Verfolgung betroffen.

Der Beschwerdeführer legte in der mündlichen Verhandlung verschiedene Integrationsunterlagen vor.

2 Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

2.1 Beweisaufnahme:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:

* Einsicht in den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakt des BFA

* Einvernahme des Beschwerdeführers im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 14.01.2019 sowie Einsichtnahme in die in der Verhandlung vorgelegten Dokumente

* Einsichtnahme in folgende vom Bundesverwaltungsgericht in das Verfahren eingebrachte Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:

o Österreichisches Rotes Kreuz/ACCORD: Afghanistan: Entwicklung der wirtschaftlichen Situation, der Versorgungs- und Sicherheitslage in Herat, Mazar-e Sharif (Provinz Balkh) und Kabul 2010-2018, 7. Dezember 2018

o Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Gesamtaktualisierung vom 29.06.2018, letzte Kurzinformation vom 23.11.2018

o Dossier der Staatendokumentation zur Stammes- und Clanstruktur (2016)

o UNHCR-Richtlinien Afghanistan vom 30.08.2018

o EASO Country Guidance Afghanistan: Guidance note and common analysis (June 2018)

o Mag. Zerka Malyar: Gutachten zu Blutrache und Ehrenmord in Afghanistan (27.07.2009)

o Landinfo report Afghanistan vom 23.08.2017: Der Nachrichtendienst der Taliban und die Einschüchterungskampagne

* Einsichtnahme in die vom BF in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Integrationsunterlagen

o Teilnahmebescheinigung des BFI Oberösterreich vom 07.11.2018 betreffend Deutschkurs A1, Modul A

o Teilnahmebescheinigung des BFI Oberösterreich vom 11.12.2018 betreffend Deutschkurs A1, Modul B

o Kursbestätigung der Deutschgruppe für Asylwerber Ried in der Riedmark vom 23.04.2018

o Kursbestätigung der VHS Oberösterreich vom 26.09.2017 betreffend Deutschkurs A1, Teil 2 für AsylwerberInnen

o Kursbestätigung der VHS Oberösterreich vom 05.07.2017 betreffend Deutschkurs A1, Teil 1 für AsylwerberInnen

o Bestätigung der Marktgemeinde Ried in der Riedmark vom Oktober 2017 betreffend Remunerationstätigkeiten für den öffentlichen Raum

o Empfehlungsschreiben von Rudolf Aistleitner vom 10.03.2018

2.2 Feststellungen:

2.2.1 Zur Person des Beschwerdeführers und zu den von ihm geltend gemachten Fluchtgründen:

Die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Afghanistans und gehört der Volksgruppe der Hazara sowie der schiitischen Glaubensrichtung des Islam an. Er stammt aus der Provinz Ghazni, wo er bis zu seiner Ausreise mit seiner Familie gelebt hat.

Der Beschwerdeführer ist traditionell verheiratet und hat zwei Kinder. Seine Ehefrau und seine Kinder halten sich in Pakistan auf. Im Heimatdorf hat er nach wie vor Angehörige, mit denen er bis vor kurzem in regelmäßigem Kontakt stand und zu denen er ein gutes Verhältnis hat. Die wirtschaftliche Situation seiner Familie ist gut.

Im Heimatdorf hat der Beschwerdeführer Vermögen (ein Haus und zwei Geschäftslokale), das er von seinem Vater geerbt hat. Die Geschäftslokale werden vermietet.

Der Beschwerdeführer verfügt über eine mehrjährige Schulbildung und hat in Afghanistan in verschiedenen Berufen gearbeitet. Er ist gesund und arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer hat keine Familienangehörigen in Österreich. Der Beschwerdeführer spricht kaum Deutsch und geht keiner Arbeit nach. Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine Kurse bzw. keine Schule oder Universität besucht und ist auch nicht Mitglied in einem Verein. Der Beschwerdeführer verfügt kaum über soziale Kontakte in Österreich. Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan einer konkreten Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung ausgesetzt ist oder eine solche im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan zu befürchten hätte.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde.

Die Sicherheitslage in der Heimatprovinz des Beschwerdeführers ist vergleichsweise volatil; gleichwohl war es seinen Verwandten bis vor kurzem möglich, dort in relativem Wohlstand ungestört zu leben. Auch dem Beschwerdeführer war dort ein Leben bis zu seiner Ausreise durchaus möglich.

Für den Fall, dass der Beschwerdeführer aufgrund der dort vorherrschenden allgemeinen Sicherheitslage nicht in seine Heimatprovinz zurückkehren möchte, stehen ihm innerstaatliche Fluchtalternativen in anderen Landesteilen, insbesondere in den Städten Herat und Mazar-e Sharif und eventuell sogar in der Hauptstadt Kabul zur Verfügung. Diese Städte sind (etwa auf dem Luftweg) gut und sicher erreichbar.

2.2.2 Feststellungen zum Herkunftsstaat:

2.2.2.1 Auszug aus Österreichisches Rotes Kreuz/ACCORD-Bericht Afghanistan vom 7. Dezember 2018: Entwicklung der wirtschaftlichen Situation, der Versorgungs- und Sicherheitslage in Herat, Mazar-e Sharif (Provinz Balkh) und Kabul 2010-2018:

"[...]

3 Entwicklung der Sicherheitslage

3.1 Sicherheitsrelevante Vorfälle, Anschläge und Opferzahlen

In den im August 2018 veröffentlichten Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs von Asylsuchenden aus Afghanistan hält das Flüchtlingshochkommissariat (UN High Commissioner for Refugees, UNHCR) unter Berufung auf verschiedene Quellen fest, dass die Sicherheitslage in Afghanistan nach wie vor volatil sei, wobei Zivilisten weiterhin die Hauptlast des Konfliktes zu tragen hätten. UNHCR führt weiter aus, dass in den Jahren nach dem Rückzug der internationalen Truppen im Jahr 2014 eine anhaltende Verschlechterung der Sicherheitslage sowie eine Intensivierung des bewaffneten Konfliktes in Afghanistan zu beobachten gewesen sei, und beruft sich dabei auf die von der Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UN Assistance Mission in Afghanistan, UNAMA) angegeben Opferzahlen für die Jahre 2009 bis 2017 (siehe Grafik weiter unten), sowie auf die folgende Stellungnahme des Afghanistanexperten Thomas Ruttig. (UNHCR, 30. August 2018, S. 17-18)

Ruttig schreibt in einem im Februar 2018 veröffentlichten Artikel des Afghanistan Analyst Network (AAN), einer unabhängigen, gemeinnützigen Forschungsorganisation mit Hauptsitz in Kabul, dass alle Parteien des Konfliktes in Afghanistan ihre Offensiven verstärkt hätten. Die Taliban hätten dies bereits mehrere Male getan, so beispielsweise während der US-Offensive in den Jahren 2009 bis 2012, sowie auch nach dem Rückzug des Großteils der westlichen Truppen im Jahr 2014. Obwohl die Taliban im Jahr 2017 etwas mehr Territorium dazugewonnen hätten, sei aus Sicht der Taliban ein spektakulärer Erfolg, etwa die Eroberung eines Provinzzentrums, wie es ihnen im Jahr 2015 mit Kunduz gelungen sei, ausgeblieben. Die afghanischen Regierungstruppen würden ihre eigenen gegen die Aufständischen gerichteten Militäroperationen durchführen, doch sei es ihnen bislang nicht gelungen, die Initiative an sich zu reißen. Sie hätten Schwierigkeiten, Gebiete zu halten, aus denen die Aufständischen vertrieben worden seien. Die USA würden zusätzliche Truppen entsenden und die Zahl der Luftangriffe erhöhen, um die von den Taliban eroberten Gebiete zurückzugewinnen und eine Trendumkehr einzuleiten:

"All parties to the conflict have been stepping up their campaigns. The Taleban have done so various times, during the US surge from 2009 to 2012, and again since 2014, when most of Western combat troops withdrew. Although the Taleban gained some more territory in 2017 [...], they lacked the spectacular success of catching a provincial centre, such as Kunduz in 2015. Afghan government troops are carrying out its own anti-insurgent operations [...], but were unable to gain the initiative so far. They have had difficulties in holding the territory from which insurgents were expelled. The US are sending in more troops and are increasing airstrikes to roll back Taleban gains and turn the general trend." (AAN, 5. Februar 2018, Frage 2)

Laut einer im Oktober 2018 erschienenen Analyse von BBC Monitoring, der für Medienbeobachtung zuständigen Abteilung der BBC, sei die Gruppe Islamischer Staat in der Provinz Khorasan (Islamic State Khorasan Province, ISKP) seit ihrer Gründung im Jahr 2015 zur weltweit stärksten aller Zweige des IS (Gruppe Islamischer Staat) geworden und habe die Mehrzahl der spektakuläreren in Afghanistan verübten Anschläge für sich beansprucht (BBC Monitoring, 17. Oktober 2018). Die UNAMA hält in ihrem Quartalsbericht vom Oktober 2018 fest, dass mehr als die Hälfte der zivilen Opfer des Jahres 2018 (Beobachtungszeitraum Jänner bis September 2018), die bei Selbstmordanschlägen oder "komplexen Anschlägen" getötet oder verletzt worden seien, auf das Konto der Gruppe ISKP gehen würde (UNAMA, 10. Oktober 2018, S. 2). Im selben Bericht führt die UNAMA für denselben Beobachtungszeitraum an, dass regierungsfeindliche Elemente insgesamt für 65 Prozent der zivilen Opfer in Afghanistan verantwortlich seien (Taliban: 35 Prozent; ISKP: 25 Prozent; andere:

fünf Prozent). Kräfte, die mit der Regierung verbündet seien, seien für 22 Prozent aller zivilen Opfer verantwortlich, davon zu 16 Prozent die Afghanischen Nationalen Sicherheitskräfte, zu fünf Prozent internationale Truppen und zu einem Prozent mit der Regierung verbündete bewaffnete Gruppen:

"From 1 January to 30 September 2018, Anti-Government Elements caused 5,243 civilian casualties (1,743 deaths and 3,500 injured), accounting for 65 per cent of all civilian casualties, approximately the same as in the first nine months of 2017. Of the 65 per cent of civilian casualties attributed to Anti-Government Elements, 35 per cent were attributed to Taliban, 25 per cent to Daesh/ISKP [Islamic State Khorasan Province], and five per cent to unidentified Anti-Government Elements (including less than one per cent to self-proclaimed Daesh/ISKP). [...] Pro-Government Forces caused 22 per cent of all civilian casualties in the first nine months of 2018 (16 per cent by Afghan national security forces, five per cent by international military forces, and one per cent by pro-Government armed groups)." (UNAMA, 10. Oktober 2018, S. 2-3)

Die UNAMA dokumentiert in ihren Berichten ausschließlich zivile Opfer, wobei Zivilisten nach Angaben der UNAMA als Personen definiert würden, die nicht Mitglied der Streitkräfte oder einer organisierten bewaffneten Gruppe seien. Für die Verifizierung jedes einzelnen sicherheitsrelevanten Vorfalls, von dem behauptet werde, dass zivile Opfer betroffen seien, seien nach der UNAMA-Methodologie mindestens drei unterschiedliche und unabhängige Quellentypen nötig. Falls die Unterstützungsmission mit der Quantität oder Qualität der Informationen über ein bestimmtes Ereignis nicht zufrieden sei, würde sie dieses nicht als verifiziert betrachten und nicht in die Statistik aufnehmen. (UNAMA, 15. Februar 2018, S. i)

Im Jahresbericht der UNAMA für das Jahr 2017 findet sich die folgende Grafik, die die zivilen Opferzahlen innerhalb des Zeitraums 2009 bis 2017 darstellt:

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Zahlen zur weiteren Entwicklung im Jahr 2018 finden sich im Quartalsbericht der UNAMA vom Oktober 2018, in dem die Unterstützungsmission angibt, dass 2.798 Zivilisten im Zeitraum 1. Jänner bis 30. September des Jahres 2018 getötet und 5.252 weitere verwundet worden seien (UNAMA, 10. Oktober 2018, S. 1). Die folgende Grafik der UNAMA stellt diese Zahlen gemeinsam mit den jeweiligen Vergleichsperioden der Jahre 2009 bis 2018 dar:

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Im selben UNAMA-Bericht findet sich eine weitere Darstellung, aus der hervorgeht, welche Arten von Vorfällen im Zeitraum Jänner bis September 2018 zu den oben angeführten zivilen Opfern geführt haben:

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Die UNAMA hält fest, dass im Berichtszeitraum Jänner bis September 2018 die Hauptursache für zivile Todesfälle und Verletzungen durch den bewaffneten Konflikt weiterhin der kombinierte Einsatz von Selbstmord- und Nicht-Selbstmord-USBVs (USBV: Unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtung) durch regierungsfeindliche Elemente geblieben sei. Diese hätten in den ersten drei Quartalen des Jahres 2018 ein Rekordniveau erreicht. Die regierungsfeindlichen Elemente hätten solche Angriffe zunehmend gegen die Zivilbevölkerung gerichtet, darunter die Minderheit der schiitischen Muslime, von denen der Großteil ethnische Hazara seien. Für den Berichtszeitraum dokumentiert UNAMA 3.634 zivile Opfer, die durch den Einsatz von Selbstmord- und Nicht-Selbstmord-USBVs getötet (1.065 Zivilisten) oder verletzt (2.569 Zivilisten) worden seien. Im Laufe des Jahres 2018 hätten die regierungsfeindlichen Elemente ihre Anschläge auf zivile Gebiete bzw. auf die Zivilbevölkerung intensiviert, wobei sie zunehmend USBVs mit großen Sprengstoffmengen sowie multiple USBVs eingesetzt hätten, was zu einem Anstieg der Zahl an zivilen Opfern geführt habe:

"The leading cause of civilian deaths and injuries from the armed conflict remained the combined use of suicide and non-suicide IEDs [improvised explosive device] by Anti-Government Elements, reaching record high levels in the first three quarter s of 2018, with Anti-Government Elements increasingly directing such attacks against the civilian population, including minority Shi'a Muslims, the majority of whom are ethnic Hazara. Between 1 January and 30 September 2018, UNAMA documented 3,634 civilian casualties (1,065 deaths and 2,569 injured) from suicide and non-suicide IED attacks. Throughout 2018, Anti-Government Elements intensified their attacks in civilian areas and against the civilian population, increasingly using IEDs containing large amounts of explosives as well as using multiple devices, resulting in rising levels of civilian casualties." (UNAMA, 10. Oktober 2018, S. 4)

Die folgende Darstellung der UNAMA aus demselben Bericht zeigt die Zahlen der in den Jahren 2009 bis 2018 (jeweils im Vergleichszeitraum 1. Jänner bis 30. September) durch USBVs getöteten bzw. verletzten Zivilisten:

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Im Folgenden werden zwei weitere Quellen angeführt, die Opferzahlen in verschiedenen Ländern, darunter Afghanistan, dokumentieren. Darüber hinaus werden deren methodologische Unterschiede erläutert. Die Daten der beiden Quellen zu sicherheitsrelevanten Vorfällen und den damit verbundenen Opferzahlen werden anschließend grafisch dargestellt.

Das Uppsala Conflict Data Program (UCDP) der Uppsala Universität in Schweden dokumentiert und veröffentlicht sicherheitsrelevante Vorfälle u.a. in Afghanistan und gibt dazu jeweils auch die Zahlen der getöteten Personen (Zivilisten und Nicht-Zivilisten) an. Laut UCDP-Methodologie seien in die Zahlen drei Arten von organisierter Gewalt inkludiert: Gewalt zwischen zwei "organisierten Akteuren", von denen zumindest einer die Regierung des Staates ist; Gewalt zwischen Akteuren, von denen keiner die Regierung des Staates ist; sowie von organisierten nicht-staatlichen Gruppen oder der Regierung verübte Gewalt gegen unbewaffnete Zivilisten. UCDP gibt für jeden Vorfall drei verschiedene Opferzahlen an, einen niedrigeren Schätzwert, einen höheren, sowie einen von UCDP als den "besten Schätzwert" bezeichneten Wert. Dieser letztgenannte Wert sei nach Angaben von UCDP als Untergrenze zu verstehen und es sei durchaus wahrscheinlich, dass die tatsächlichen Opferzahlen höher seien, dagegen sei es sehr unwahrscheinlich, dass die tatsächlichen Zahlen niedriger als die von UCDP dokumentierten Angaben seien (UCDP, ohne Datum). ACCORD hat für die Erstellung der in diesem Dokument angeführten Grafiken jeweils den "besten Schätzwert" herangezogen. Weiterführende Informationen zur Methodologie der Quelle finden sich im folgenden Dokument:

* UCDP - Uppsala Conflict Data Program: Methodology, ohne Datum

https://www.pcr.uu.se/research/ucdp/methodology/

Die zweite erwähnte Quelle ist die Global Terrorism Database (GTD), die vom National Consortium for the Study of Terrorism and Responses to Terrorism (START), einem Forschungs- und Ausbildungszentrum an der US-amerikanischen University of Maryland, betrieben wird. In dieser Datenbank finden sich ebenfalls Zahlen zu sicherheitsrelevanten Vorfällen sowie Opferzahlen zu Afghanistan. Laut GTD-Methodologie seien darin jedoch ausschließlich terroristische Anschläge oder Angriffe vonseiten nicht-staatlicher Akteure dokumentiert (GTD, Juli 2018, S. 10). Die Opferzahlen (Zivilisten und Nicht-Zivilisten) würden sowohl die Zahlen der bei den terroristischen Vorfällen getöteten Opfer als auch die Zahlen der dabei getöteten Täter bzw. Angreifer umfassen (GTD, Juli 2018, S. 49). Darüber hinaus weist GTD darauf hin, dass ab dem Jahr 2012 in den GTD-Daten ein deutlicher Anstieg der weltweiten Terroranschlagszahlen zu verzeichnen sei, der zum Teil auf eine Verbesserung des Datengewinnungsprozesses zurückzuführen sei. Weiters wird vermerkt, dass es durch Knappheit an verfügbaren hochqualitativen Quellen in bestimmten geografischen Gebieten zu einer "konservativen Dokumentation" der Anschläge in den jeweiligen Gebieten kommen könne (GTD, Juli 2018, S. 9). Weiterführende Informationen zur Quelle finden sich in der Methodologie, abrufbar auf der GTD-Webseite:

* GTD - Global Terrorism Database: Codebook - Inclusion Criteria and Variables, Juli 2018

https://www.start.umd.edu/gtd/downloads/Codebook.pdf

Die Zahlen der von den beiden Quellen UCDP und GTD für die Jahre 2010 bis 2017 dokumentierten Vorfälle werden zwecks Übersichtlichkeit und Vergleichbarkeit im Folgenden in einer gemeinsamen Grafik dargestellt. Es wird nochmals darauf hingewiesen, dass hier unterschiedliche Kategorien von Vorfällen einander gegenübergestellt wurden (siehe Legende). (Zu den vergleichsweise niedrigen Zahlen der Quelle GTD in den Jahren 2010 und 2011 siehe oben):

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Die nächste Darstellung veranschaulicht die von den beiden Quellen UCDP und GTD dokumentierten Opferzahlen. Diese werden den oben bereits angeführten Zahlen der UNAMA 195

zu zivilen Opfern gegenübergestellt (siehe Legende). Auch hier sei darauf hingewiesen, dass hier unterschiedliche Kategorien einander gegenübergestellt wurden. (Zu den vergleichsweise niedrigen Zahlen der Quelle GTD in den Jahren 2010 und 2011 siehe oben):

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Deutlich höhere Opferzahlen finden sich in einer weiteren Quelle, nämlich der Datenbank des Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED) der University of Sussex, das seit Beginn des Jahres 2017 politische Gewalt und Proteste in Afghanistan dokumentiert. Die ACLED-Zahlen werden im Folgenden quartalsmäßig für den Zeitraum Jänner 2017 bis September 2018 dargestellt:

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Im ACLED-"Codebook" vom Dezember 2017 findet sich die Information, dass ACLED beim Dokumentieren der Vorfälle auf eine Reihe von gewalttätigen und gewaltfreien Aktionen politischer Akteure fokussiere, nämlich auf Aktionen vonseiten der Regierung, von Rebellen, Milizen, kommunalen Gruppen, politischen Parteien, externen Akteuren, Randalierern, Demonstranten und Zivilisten (ACLED, 28. Dezember 2017a, S. 2). Laut einer im November 2018 von ACLED übermittelten Email-Auskunft würden Gefechte, die über mehrere Tage andauern würden, von ACLED als mehrere Vorfälle gewertet werden. ACLED würde darüber hinaus im Vergleich zu anderen Anbietern ähnlicher Produkte für seine Zahlen eine größere Bandbreite an internationalen und lokalen Quellen heranziehen (ACLED, 19. November 2018). Laut Codebook würde ACLED für Vorfälle, für die keine exakten Opferzahlen berichtet würden, Schätzungen vornehmen: "10" würden für "mehrere" Todesopfer veranschlagt,"100" für "hunderte"; wird in Berichten der Begriff "Massaker" verwendet, werde die Zahl ebenfalls auf "100" geschätzt; werden keine Toten erwähnt, so werde die Zahl auf "0" geschätzt (ACLED, 28. Dezember 2017a, S. 29). Bei der Einarbeitung der Opferzahlen in die Statistik werde laut eigenen Angaben "konservativ" vorgegangen, d.h. es werde die niedrigste der zuverlässigen Zahl herangezogen. (ACLED, 28. Dezember 2017a, S. 29). In einem Arbeitspapier von ACLED aus dem Jahr 2015 findet sich der Hinweis, dass in Fällen, in denen ACLED besonders stark von einer bestimmten Quellentype abhängig sei, die für bestimmte Arten von Vorfällen oder für Vorfälle in bestimmten Gebieten stark befangen seien, ACLED Gefahr laufe, die Zahl der Vorfälle zu niedrig anzusetzen (ACLED, April 2015, S. 3). ACLED weist in einem anderen Papier darauf hin, dass bei der Verwendung von Opferzahlen aufgrund der Befangenheit von Quellen und der Ungenauigkeit der Informationen grundsätzlich Vorsicht geboten sei (ACLED, 28. Dezember 2017b). Die in diesem Dokument angeführten oder grafisch dargestellten ACLED-Daten basieren auf dem am 12. November 2018 von der ACLED-Website heruntergeladenen Datensatz. Es ist daher möglich, dass diese Daten in künftigen Aktualisierungen des ACLED-Datensatzes korrigiert oder ergänzt werden. Unter anderem für Afghanistan hat ACLED in einer Email-Auskunft an ACCORD noch weitere Ergänzungen oder Änderungen, auch für das Jahr 2017, angekündigt (ACLED, 28. November 2018).

Das Amt des Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (SIGAR), eine US-Behörde, die sich mit der Aufsicht über den Wiederaufbau in Afghanistan befasst, veröffentlicht in seinen Berichten jeweils Grafiken, die die durchschnittlichen Zahlen an sicherheitsrelevanten Vorfällen pro Tag darstellt.

Sicherheitsrelevante Vorfälle würden laut SIGAR bewaffnete Zusammenstöße, USBV-Anschläge, gezielte Tötungen, Entführungen, Selbstmordanschläge, kriminelle Handlungen und Bedrohungen miteinschließen. Die auf den Berichten des UN-Generalsekretärs basierenden Zahlen seien nicht durchgehend konsistent und würden einige Lücken aufweisen (SIGAR, 30. Oktober 2018, S. 76). Im Folgenden wird zunächst ein aus dem SIGAR-Quartalsbericht vom Jänner 2016 entnommenes Diagramm angeführt, das den Zeitraum 16. November 2012 bis 31. Oktober 2015 zeigt. Danach findet sich ein Diagramm für den Zeitraum 1. Mai 2015 bis 15. August 2018, das aus dem SIGAR-Quartalsbericht vom 30. Oktober 2018 entnommen wurde:

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SIGAR dokumentiert für den Zeitraum Jänner bis August 2018 unter Verweis auf Angaben der von der NATO geführten Beratungs- und Unterstützungsmission Resolute Support Mission die folgenden Zahlen an zivilen Opfern (Getötete und Verletzte) je Provinz. Zusätzlich wird jeweils die Zahl der zivilen Opfer pro tausend Einwohner angegeben:

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Das Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, UN OCHA) veröffentlicht in seiner im Dezember 2017 erschienenen Übersicht zur humanitären Situation in Afghanistan eine Karte, die den Schweregrad des Konfliktes in den unterschiedlichen Regionen Afghanistans darstellt. Der Schweregrad sei laut dem Bericht durch die drei Indikatoren sicherheitsrelevante Vorfälle, Höhe der Anzahl ziviler Opfer, sowie das Ausmaß der durch den Konflikt verursachten Vertreibung innerhalb des Jahres 2017 bestimmt:

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[...]"

2.2.2.2 Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - Afghanistan (Gesamtaktualisierung 29.06.2018, letzte Kurzinformation vom 23.11.2018):

"[...]

KI vom 23.11.2018, Anschläge in Kabul (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 20.11.2018 ca. 55 Menschen ums Leben und ca. 94 weitere wurden verletzt (AJ 21.11.2018; vgl. NYT 20.11.2018, TS 21.11.2018, LE 21.11.2018). Der Anschlag fand in der Hochzeitshalle "Uranus" statt, wo sich Islamgelehrte aus ganz Afghanistan anlässlich des Nationalfeiertages zu Maulid an-Nabi, dem Geburtstag des Propheten Mohammed, versammelt hatten (AJ 21.11.2018; vgl. TS 21.11.2018, TNAE 21.11.2018, IFQ 20.11.2018, Tolonews 20.11.2018). Quellen zufolge befanden sich zum Zeitpunkt der Explosion zwischen 1.000 und 2.000 Personen, darunter hauptsächlich Islamgelehrte und Mitglieder des Ulemarates, aber auch Mitglieder der afghanischen Sufi-Gemeinschaft und andere Zivilisten, in der Hochzeitshalle (AJ 21.11.2018; vgl. LE 21.11.2018, NYT 20.11.2018, DZ 20.11.2018, IFQ 20.11.2018). Gemäß einer Quelle fand die Detonation im ersten Stock der Hochzeitshalle statt, wo sich zahlreiche Geistliche der afghanischen Sufi-Gemeinschaft versammelt hatten. Es ist nicht klar, ob das Ziel des Anschlags das Treffen der sufistischen Gemeinschaft oder das im Erdgeschoss stattfindende Treffen der Ulema und anderer Islamgelehrten war (LE 21.11.2018; vgl. TNAE 21.11.2018). Weder die Taliban noch der Islamische Staat (IS) bekannten sich zum Angriff, der dennoch von den Taliban offiziell verurteilt wurde (LE 21.11.2018; vgl. AJ 21.11.2018, IFQ 20.11.2018).

Am 12.11.2018 kamen bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt ca. sechs Personen ums Leben und 20 weitere wurden verletzt (Tolonews 12.11.2018; vgl. DZ 12.11.2018, ANSA 12.11.2018). Anlass dafür war eine Demonstration in der Nähe des "Pashtunistan Square" im Stadtzentrum, an der hunderte von Besuchern, darunter hauptsächlich Mitglieder und Unterstützer der Hazara-Gemeinschaft, teilnahmen, um gegen die während des Berichtszeitraums anhaltenden Kämpfe in den Provinzen Ghazni und Uruzgan zu demonstrieren (Tolonews 12.11.2018; vgl. DZ 12.11.2018, KP 12.11.2018). Der IS bekannte sich zum Anschlag (DZ 12.11.2018; vgl. AJ 12.11.2018).

Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 31.10.2018 ca. sieben Personen ums Leben und weitere acht wurden verletzt (Dawn 1.11.20181; vgl. 1TV 31.10.2018, Pajhwok 31.10.2018). Unter den Opfern befanden sich auch Zivilisten (Pajhwok 31.10.2018; vgl. 1TV 31.10.2018). Die Explosion fand in der Nähe des Kabuler Gefägnisses Pul-i-Charkhi statt und hatte dessen Mitarbeiter zum Ziel (Dawn 1.11.2018; vgl. 1TV 31.10.2018, Pajhwok 31.10.2018). Der IS bekannte sich zum Anschlag (Dawn 1.11.2018, vgl. 1TV 31.10.2018).

KI vom 29.10.2018, Parlamentswahlen und UNAMA-Update zu zivilen Opfern (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage und Abschnitt 2/Politische Lage)

Am 20. und am 21.10.2018 fand in Afghanistan die Wahl für das Unterhaus (Wolesi Jirga, Anm.) in 32 der 34 Provinzen statt (AAN 21.10.2018b; vgl. LS 21.10.2018). In der Provinz Ghazni wurde die Parlamentswahl verschoben, voraussichtlich auf den 20.4.2019, wenn u. a. auch die Präsidentschafts- und Distriktwahlen stattfinden sollen (siehe hierzu KI der Staatendokumentation vom 19.10.2018). In der Provinz Kandahar fand die Wahl am 27.10.2018 mit Ausnahme der Distrikte Nesh und Maruf statt (AAN 26.10.2018; vgl. CNN 27.10.2018). Grund für die Verzögerung war die Ermordung u.a. des lokalen Polizeichefs General Abdul Raziq am 18.10.2018 (AJ 19.10.2018; vgl. LS 21.10.2018). Während der Wahl in der Provinz Kandahar wurden keine sicherheitsrelevanten Vorfälle gemeldet (CNN 27.10.2018). Die Wahl, die für den 20.10.2018 geplant war, wurde um einen Tag verlängert, weil die Wähler aus sicherheits- und technischen Gründen in zahlreichen Provinzen nicht wählen konnten:

Lange Wartezeiten vor den Wahllokalen sowie verspätete Öffnungszeiten, Mangel an Wahlunterlagen, Probleme bei der biometrischen Verifizierung der Wähler, sicherheitsrelevante Vorfälle usw. waren die Hauptprobleme während der beiden Wahltage (AAN 20.10.2018; vgl. AAN 21.10.2018a). Von den ca. neun Milionen Afghanen und Afghaninnen, die sich für die Wahl registriert hatten, wählten laut Schätzungen der Independent Election Commission (IEC) zwischen drei und vier Milionen (CNN 27.10.2018; vgl. RN 21.10.2018, AAN 21.10.2018b). In den Städten und Gebieten, die als sicherer gelten, war der Wahlandrang höher als in den ländlichen Gegenden, in denen die Taliban Einfluss ausüben (AAN 20.10.2018; vgl. RN 21.10.2018, AAN 21.10.2018a).

Während der beiden Wahltage fanden Quellen zufolge landesweit ca. 200 sicherheitsrelevante Vorfälle statt und ca. 170 Zivilsten kamen während des ersten Wahltages ums Leben bzw. wurden verwundet: In Kabul wurden 15 Tote, in Baghlan 12, in Nangarhar 11 und in Kunduz 3 Tote verzeichnet. Auch Mitglieder der afghanischen Sicherheitskräfte befanden sich unter den Opfern (vgl. AAN 21.10.2018a, RN 21.10.2018, AFP 20.10.2018).

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte zwischen 1.1.2018 und 30.9.2018 im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen insgesamt 366 zivile Opfer (126 Tote und 240 Verletzte) (UNAMA 10.10.2018).

Anmerkung: Weiterführende Informationen über den Wahlprozess in Afghanistan können der KI der Staatendokumentation vom 19.10.2018 entnommen werden.

Zivile Opfer

Insgesamt wurden im selben Berichtszeitraum 8.050 zivile Opfer (2.798 Tote und 5.252 Verletzte) verzeichnet. Die meisten zivilen Opfer wurden durch Selbstmord- und Nicht-Selbstmord-IED .[Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen, Anm.] regierungsfeindlicher Gruppierungen verursacht. Zusammenstöße am Boden, gezielte Tötungen, Luftangriffe und explosive Kampfmittelrückstände waren weitere Ursachen für zivile Opfer (UNAMA 10.10.2018).

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(UNAMA 10.10.2018)

Zivilisten in den Provinzen Nangarhar, Kabul, Helmand, Ghazni und Faryab waren am stärksten betroffen. In Nangarhar wurde bis 30.9.2018 die höchste Zahl an zivilen Opfern (1.494) registriert:

davon 554 Tote und 940 Verletzte (UNAMA 10.10.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen verursachten 65% der zivilen Opfer (5.243): davon 1.743 Tote und 3.500 Verletze. 35% der Opfer wurden den Taliban, 25% dem Islamic State Khorasan Province (ISKP) und 5% unidentifizierten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben (darunter 1% selbsternannten Mitgliedern des ISKP) (UNAMA 10.10.2018).

Regierungfreundliche Gruppierungen waren für 1.753 (761 Tote und 992 Verletzte) zivile Opfer verantwortlich: 16% wurden durch die afghanischen, 5% durch die internationalen Sicherheitskräfte und 1% durch regierungfreundliche bewaffnete Gruppierungen verursacht (UNAMA 10.10.2018).

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(UNAMA 10.10.2018)

KI vom 19.10.2018, Aktualisierung: Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2018 (relevant für Abschnitt 3 / Sicherheitslage)

Allgemeine Sicherheitslage und sicherheitsrelevante Vorfälle

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt volatil (UNGASC 10.9.2018). Am 19.8.2018 kündigte der afghanische Präsident Ashraf Ghani einen dreimonatigen Waffenstillstand mit den Taliban vom 20.8.2018 bis 19.11.2018 an, der von diesen jedoch nicht angenommen wurde (UNGASC 10.9.2018; vgl. Tolonews 19.8.2018, TG 19.8.2018, AJ 19.8.2018). Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum (15.5.2018 - 15.8.2018) 5.800 sicherheitsrelevante Vorfälle, was einen Rückgang von 10% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres bedeutet. Bewaffnete Zusammenstöße gingen um 14% zurück, machten aber weiterhin den Großteil der sicherheitsrelevanten Vorfälle (61%) aus. Selbstmordanschläge nahmen um 38% zu, Luftangriffe durch die afghanische Luftwaffe (AAF) sowie internationale Kräfte stiegen um 46%. Die am stärksten betroffenen Regionen waren der Süden, der Osten und der Süd-Osten, wo insgesamt 67% der Vorfälle stattfanden. Es gibt weiterhin Bedenken bezüglich sich verschlechternder Sicherheitsbedingungen im Norden des Landes:

Eine große Zahl von Kampfhandlungen am Boden wurde in den Provinzen Balkh, Faryab und Jawzjan registriert, und Vorfälle entlang der Ring Road beeinträchtigten die Bewegungsfreiheit zwischen den Hauptstädten der drei Provinzen (UNGASC 10.9.2018).

Zum ersten Mal seit 2016 wurden wieder Provinzhauptädte von den Taliban angegriffen: Farah- Stadt im Mai, Ghazni-Stadt im August und Sar-e Pul im September (UNGASC 10.9.2018; vgl. Kapitel 1., KI 11.9.2018, SIGAR 30.7.2018, UNGASC 6.6.2018). Bei den Angriffen kam es zu heftigen Kämpfen, aber die afghanischen Sicherheitskräfte konnten u.a. durch Unterstützung der internationalen Kräfte die Oberhand gewinnen (UNGASC 10.9.2018; vgl. UNGASC 6.6.2018, GT 12.9.2018). Auch verübten die Taliban Angriffe in den Provinzen Baghlan, Logar und Zabul (UNGASC 10.9.2018). Im Laufe verschiedener Kampfoperationen wurden sowohl Taliban- als auch ISKP-Kämpfer (ISKP, Islamic State Khorasan Province, Anm.) getötet (SIGAR 30.7.2018).

Sowohl die Aufständischen als auch die afghanischen Sicherheitskräfte verzeichneten hohe Verluste, wobei die Zahl der Opfer auf Seite der ANDSF im August und September 2018 deutlich gestiegen ist (Tolonews 23.9.2018; vgl. NYT 21.9.2018, ANSA 13.8.2018, CBS 14.8.2018).

Trotzdem gab es bei der Kontrolle des Territoriums durch Regierung oder Taliban keine signifikante Veränderung (UNGASC 10.9.2018; vgl. UNGASC 6.6.2018). Die Regierung kontrollierte - laut Angaben der Resolute Support (RS) Mission - mit Stand 15.5.2018 56,3% der Distrikte, was einen leichten Rückgang gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 (57%) bedeutet.

30% der Distrikte waren umkämpft und 14% befanden sich unter Einfluss oder Kontrolle von Aufständischen. Ca. 67% der Bevölkerung lebten in Gebieten, die sich unter Regierungskontrolle oder -einfluss befanden, 12% in Gegenden unter Einfluss bzw. Kontrolle der Aufständischen und 23% lebten in umkämpften Gebieten (SIGAR 30.7.2018).

Der Islamische Staat - Provinz Khorasan (ISKP) ist weiterhin in den Provinzen Nangarhar, Kunar und Jawzjan aktiv (USGASC 6.6.2018; vgl. UNGASC 10.9.2018). Auch war die terroristische Gruppierung im August und im September für öffentlichkeitswirksame Angriffe auf die schiitische Glaubensgemeinschaft in Kabul und Paktia verantwortlich (UNGASC 10.9.2018; vgl. KI vom 11.9.2018, KI vom 22.8.2018). Anfang August besiegten die Taliban den in den Distrikten Qush Tepa und Darzab (Provinz Jawzjan) aktiven "selbsternannten" ISKP (dessen Verbindung mit dem ISKP in Nangarhar nicht bewiesen sein soll) und wurden zur dominanten Macht in diesen beiden Distrikten (AAN 4.8.2018; vgl. UNGASC 10.9.2018).

Global Incident Map zufolge wurden im Berichtszeitraum (1.5.2018 - 30.9.2018) 1.969 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Durch die folgende kartografische Darstellung der Staatendokumentation soll die Verteilung des Konflikts landesweit veranschaulicht werden.

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(BFA Staatendokumentation 15.10.2018a)

Im Folgenden wird das Verhältnis zwischen den diversen sicherheitsrelevanten Vorfällen für den Zeitraum 1.4.2018 - 30.9.2018 durch eine Grafik der Staatendokumentation veranschaulicht.

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(BFA Staatendokumentation 15.10.2018b)

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Zivile Opfer

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 30.6.2018) 5.122 zivile Opfer (1.692 Tote und 3.430 Verletzte), ein Rückgang von 3% gegenüber dem Vorjahreswert. 45% der zivilen Opfer wurden durch IED [Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen, aber auch Selbstmordanschläge, Anm.] regierungsfeindlicher Gruppierungen verursacht. Zusammenstöße am Boden, gezielte Tötungen, Luftangriffe und explosive Kampfmittelrückstände waren weitere Ursachen für zivile Opfer. Zivilisten in den Provinzen Kabul, Nangarhar, Faryab, Helmand und Kandahar waren am stärksten betroffen.

Wobei die Zahl der durch Zusammenstöße am Boden verursachten zivilen Opfer um 18% und die Zahl der gezielten Tötungen deutlich zurückging. Jedoch ist die Opferzahl bei komplexen und Selbstmordangriffen durch regierungsfeindliche Gruppierungen gestiegen (um 22% verglichen mit 2017), wobei 52% der Opfer dem ISKP, 40% den Taliban und der Rest anderen regierungsfeindlichen Gruppierungen zuzuschreiben ist (UNAMA 15.7.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen waren im UNAMA-Berichtszeitraum (1.1.2018 - 30.6.2018) für 3.413 (1.127 Tote und 2.286 Verletzte) zivile Opfer verantwortlich (67%): 42% der Opfer wurden den Taliban, 18% dem IS und 7% undefinierten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben. Im Vergleich mit dem ersten Halbjahr 2017 stieg die Anzahl ziviler Opfer von gezielten Angriffen auf Zivilisten um 28%, was hauptsächlich auf Angriffe auf die öffentliche Verwaltung und Vorfälle mit Bezug auf die Wahlen zurückzuführen ist (UNAMA 15.7.2018).

Ungefähr 1.047 (20%) der verzeichneten zivilen Opfer wurden regierungsfreundlichen Gruppierungen zugeschrieben: 17% wurden von den afghanischen Sicherheitskräften, 2% durch die internationalen Streitkräfte und 1% von regierungsfreundlichen bewaffneten Gruppierungen verursacht. Gegenüber 2017 sank die den regierungstreuen Gruppen zugerechnete Zahl ziviler Opfer von Zusammenstößen am Boden um 21%. Gleichzeitig kam es jedoch zu einem Anstieg der Opfer von Luftangriffen um 52% (Kunduz, Kapisa und Maidan Wardak) (UNAMA 15.7.2018; vgl. UNAMA 25.9.2018a, UNAMA 25.9.2018b).

Auch wurden von UNAMA zivile Opfer durch Fahndungsaktionen, hauptsächlich durch die Spezialkräfte des National Directorate of Security (NDS) und regierungsfreundliche bewaffnete Gruppierungen wie die Khost Protection Force (KPF) verzeichnet (UNAMA 15.7.2018).

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(UNAMA 15.7.2018)

Dennoch unternahm die afghanische Regierung weiterhin Anstrengungen zur Reduzierung der Zahl ziviler Opfer, was hauptsächlich während Bodenoperationen einen diesbezüglichen Rückgang zur Folge hatte. Die Regierung verfolgt eine "nationale Politik für zivile Schadensminimierung und -prävention" und das Protokol V der "Konvention über bestimmte konventionelle Waffen in Bezug auf explosive Kriegsmunitionsrückstände", welche am 9.2.2018 in Kraft getreten ist. Bei Bodenoperationen regierungfeindlicher Gruppierungen (hauptsächlich Taliban) wurde ein Rückgang der zivilen Opfer um 23% im Vergleich zu 2017 verzeichnet. So sank etwa die Zahl der zivilen Opfer der hauptsächlich von den Taliban eingesetzten Druckplatten-IEDs um 43% (UNAMA 15.7.2018).

Wahlen

Zwischen 14.04.2018 und 27.7.2018 fand die Wählerregistrierung für die Parlaments- sowie Distriktwahlen statt. Offiziellen Angaben zufolge haben sich im genannten Zeitraum 9,5 Millionen Wähler registriert, davon 34% Frauen (UNGASC 10.9.2018). Die Registrierung der Kandidaten für die Parlaments- sowie Distriktwahlen endete am 12.6.2018 bzw. 14.6.2018 und die Kandidatenliste für die Parlamentswahlen wurde am 2.7.2018 veröffentlicht (UNGASC 10.9.2018). Am 25.9.2018 wurde vom Sprecher der Independent Electoral Commission (IEC) verkündet, dass die landesweiten Distriktwahlen sowie die Parlamentswahlen in der Provinz Ghazni am 20.10.2018 nicht stattfinden werden (im Rest des Landes hingegen schon). Begründet wurde dies mit der niedrigen Anzahl registrierter Kandidaten für die Distriktwahlen (nur in 40 von 387 Distrikten wurden Kandidaten gestellt) sowie mit der "ernst zu nehmenden Sicherheitslage und anderen Problematiken". Damit wurden beide Wahlen (Distriktwahlen landesweit und Parlamentswahlen in Ghazni) de facto für 2018 abgesagt. Obwohl noch nicht feststeht, wann diese nachgeholt werden sollen, ist der 20.4.2019, an dem u.a. die Präsidentschafts- sowie Provinzwahlen stattfinden sollen, als neuer Termin wahrscheinlich (AAN 26.9.2018). Die Registrierung der Kandidaten für die Präsidentschaftswahl ist für den Zeitraum 11.11.2018 - 25.11.2018 vorgesehen; die vorläufige Kandidatenliste soll am 10.12.2018 bereitstehen, während die endgültige Aufstellung am 16.1.2019 veröffentlicht werden soll (AAN 9.10.2018). Ohne die Provinz Ghazni sank die Zahl der registrierten Wähler mit Stand Oktober 2018 auf ungefähr 8.8 Milionen (AAN 9.10.2018; vgl. IEC o. D.). Die Verkündung der ersten Wahlergebnisse für die Parlamentswahlen (ohne Provinz Ghazni) ist für den 10.11.2018 vorgesehen, während das Endergebnis voraussichtlich am 20.12.2018 veröffentlicht werden soll (AAN 9.10.2018).

Im April und Oktober 2018 erklärten die Taliban in zwei Stellungnahmen, dass sie die Wahl boykottieren würden (AAN 9.10.2018). Angriffe auf mit der Ausstellung von Tazkiras sowie mit der Wahlregistrierung betraute Behörden wurden berichtet. Sowohl am Wahlprozess beteiligtes Personal als auch Kandidaten und deren Unterstützer wurden von regierungsfeindlichen Gruppierungen angegriffen. Zwischen 1.1.2018 und 30.6.2018 wurden 341 zivile Opfer (117 Tote und 224 Verletzte) mit Bezug auf die Wahlen verzeichet, wobei mehr als 250 dieser Opfer den Anschlägen Ende April und Anfang Mai in Kabul und Khost zuzuschreiben sind. Auch wurden während des Wahlregistrierungsprozesses vermehrt Schulen, in denen Zentren zur Wahlregistrierung eingerichtet worden waren, angegriffen (39 Angriffe zwischen April und Juni 2018), was negative Auswirkungen auf die Bildungsmöglichkeiten von Kindern hatte (UNAMA 15.7.2018). Seit dem Beginn der Wählerregistrierung Mitte April 2018 wurden neun Kandidaten ermordet (AAN 9.10.2018).

Von den insgesamt 7.366 Wahllokalen werden aus Sicherheitsgründen letztendlich am Tag der Wahl 5.100 geöffnet sein (AAN 9.10.2018; vgl. UNAMA 17.9.2018, Tolonews 29.9.2018). Diese sollen während der fünf Tage vor der Wahl von 54.776 Mitgliedern der Afghan National Security Forces (ANSF) bewacht werden; 9.540 weitere stehen als Reserven zur Verfügung (Tolonews 29.9.2018; vgl. AAN 9.10.2018).

KI vom 11.9.2018, Angriffe des Islamischen Staates (IS/ISKP) in Kabul, Anschläge in Nangarhar und Aktivitäten der Taliban in den Provinzen Sar-i Pul und Jawzjan (relevant für Abschnitt 3 / Sicherheitslage)

Anschläge in Nangarhar 11.9.2018

Am 11.9.2018 kamen nach einem Selbstmordanschlag während einer Demostration im Distrikt Mohamad Dara der Provinz Nangarhar mindestens acht Menschen ums Leben und weitere 35 wurden verletzt (Tolonews 11.9.2018; vgl. TWP 11.9.2018, RFE/RL 11.9.2018). Kurz zuvor wurde am Vormittag des 11.9.2018 ein Anschlag mit zwei Bomben vor der Mädchenschule "Malika Omaira" in Jalalabad verübt, bei dem ein Schüler einer nahegelegenen Jungenschule ums Leben kam und weitere vier Schüler verletzt wurden, statt (RFE/RL 11.9.2018; AFP 11.9.2018). Davor gab es vor der Mädchenschule "Biba Hawa" im naheligenden Distrikt Behsud eine weitere Explosion, die keine Opfer forderte, weil die Schülerinnen noch nicht zum Unterricht erschienen waren (AFP 11.9.2018).

Weder die Taliban noch der IS/ISKP bekannten sich zu den Anschlägen, obwohl beide Gruppierungen in der Provinz Nangarhar aktiv sind (AFP 11.9.2018; vgl. RFE/RL 11.9.2018, TWP 11.9.2018).

Kämpfe in den Provinzen Sar-e Pul und Jawzjan 11.9.2018

Am Montag, dem 10.9.2018, eroberten die Taliban die Hauptstadt des Kham Aab Distrikts in der Provinz Jawzjan nachdem es zu schweren Zusammenstößen zwischen den Taliban und den afghanischen Sicherheitskräften gekommen war (Tolonews 10.9.2018a; Tolonews 10.9.2018b).

Sowohl die afghanischen Streitkräfte als auch die Taliban erlitten Verluste (Khaama Press 10.9.2018a).

Am Sonntag, dem 9.9.2018, starteten die Taliban eine Offensive zur Eroberung der Hauptstadt der Provinz Sar-i Pul, wo nach wie vor u.a. mit Einsatz der Luftwaffe gekämpft wird (Tolonews 10.9.2018b; vgl. FAZ 10.9.2018). Quellen zufolge haben die Taliban das Gebiet Balghali im Zentrum der Provinzhauptstadt eingenommen und unter ihre Kontrolle gebracht (FAZ 10.9.2018).

Sar-i-Pul-Stadt gehört zu den zehn Provinzhauptstädten, die Quellen zufolge das höchste Risiko tragen, von den Taliban eingenommen zu werden. Dazu zählen auch Farah-Stadt, Faizabad in Badakhshan, Ghazni-Stadt, Tarinkot in Uruzgan, Kunduz-Stadt, Maimana in Faryab und Pul-i-Khumri in Baghlan (LWJ 10.9.2018; vgl. LWJ 30.8.2018). Weiteren Quellen zufolge sind auch die Städte Lashkar Gar in Helmand und Gardez in Paktia von einer Kontrollübernahme durch die Taliban bedroht (LWJ 10.9.2018).

IS-Angriff während Massoud-Festzug in Kabul 9.9.2018

Bei einem Selbstmordanschlag im Kabuler Stadtteil Taimani kamen am 9.9.2018 mindestens sieben Menschen ums Leben und ungefähr 24 weitere wurden verletzt. Der Anschlag, zu dem sich der Islamische Staat (IS/ISKP) bekannte, fand während eines Festzugs zu Ehren des verstorbenen Mudschahedin-Kämpfers Ahmad Shah Massoud statt (AJ 10.9.2018; vgl. Khaama Press 10.9.2018b).

IS-Angriff auf Sportverein in Kabul 5.9.2018

Am Mittwoch, dem 5.9.2018, kamen bei einem Doppelanschlag auf einen Wrestling-Klub im Kabuler Distrikt Dasht-e Barchi mindestens 20 Personen ums Leben und ungefähr 70 weitere wurden verletzt (AJ 6.9.2018; vgl. CNN 6.9.2018, TG 5.9.2018). Zuerst sprengte sich innerhalb des Sportvereins ein Attentäter in die Luft, kurz darauf explodierte eine Autobombe in der sich vor dem Klub versammelnden Menge (SO 5.9.2018) Der Islamische Staat (IS/ISKP) bekannte sich zum Anschlag (RFE/RL 5.9.2018).

KI vom 22.08.2018, Angriffe des Islamischen Staates (IS/ISKP) in Kabul und Paktia und Aktivitäten der Taliban in Ghazni, Baghlan, Faryab und Kunduz zwischen 22.7.2018 und 20.8.2018; (relevant für Abschnitt 3 / Sicherheitslage)

Entführung auf der Takhar-Kunduz-Autobahn 20.8.2018

Am 20.8.2018 entführten die Taliban 170 Passagiere dreier Busse, die über die Takhar-Kunduz- Autobahn auf der Reise nach Kabul waren (Tolonews 20.8.2018; vgl. IFQ 20.8.2018). Quellen zufolge wurden die Entführten in das Dorf Nikpe der Provinz Kunduz gebracht, wo es zu Kämpfen zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Aufständischen kam. Es wurden insgesamt 149 Personen freigelassen, während sich die restlichen 21 weiterhin in der Gewalt der Taliban befinden (IFQ 20.8.2018). Grund für die Entführung war die Suche nach Mitgliedern der afghanischen Sicherheitskräfte bzw. Beamten (IFQ 20.8.2018; vgl. BBC 20.8.2018). Die Entführung erfolgte nach dem von Präsident Ashraf Ghani angekündigten Waffenstillstand, der vom 20.8.2018 bis 19.11.2018 gehen sollte und jedoch von den Taliban zurückgewiesen wurde (Reuters 20.8.2018; vgl. Tolonews 19.8.2018).

IS-Angriff auf die Mawoud Akademie in Kabul 15.8.2018

Ein Selbstmordattentäter sprengte sich am Nachmittag des 15.8.2018 in einem privaten Bildungszentrum im Kabuler Distrikt Dasht-e Barchi, dessen Bewohner mehrheitlich Schiiten sind, in die Luft (NZZ 16.8.2018; vgl. BBC 15.8.2018, Repubblica 15.8.2018). Die Detonation hatte 34 Tote und 56 Verletzte zur Folge (Reuters 16.8.2018a; vgl. NZZ 16.8.2018, Repubblica 15.8.2018).

Die Mehrheit der Opfer waren Studentinnen und Studenten, die sich an der Mawoud Akademie für die Universitätsaufn

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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