Entscheidungsdatum
25.01.2019Norm
AlVG §10Spruch
L511 2208715-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Sandra Tatjana JICHA als Vorsitzende und fachkundigen Laienrichterinnen Mag.a Martina LEITNER und Dr.in Gudrun WOISETSCHLÄGER als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom 03.10.2018, XXXX, betreffend die Zurückweisung des Vorlageantrages an das Bundesverwaltungsgericht als verspätet, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 15 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Verfahrensinhalt
1. Verfahren vor dem Arbeitsmarktservice [AMS]
1.1. Mit Bescheid des AMS vom 23.03.2018, XXXX, wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer den Anspruch auf Notstandshilfe gemäß § 38 iVm § 10 AlVG für den Zeitraum von 15.02.2018 bis 28.03.2018 verloren habe. Der Zeitraum verlängere sich um die in ihm liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen wurde. Nachsicht wurde nicht erteilt (AZ 2).
1.2. Mit Schreiben vom 19.04.2018, beim AMS eingelangt am 23.04.2018, erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde gegen den oben bezeichneten Bescheid des AMS (AZ 3).
1.3. Im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung vom 11.07.2018, Zahl XXXX zugestellt mit 14.07.2018 (AZ 12), wurde die mit 19.04.2018 datierte und am 23.04.2018 beim AMS eingelangte Beschwerde des Beschwerdeführers gemäß § 14 VwGVG iVm § 56 AlVG als unbegründet abgewiesen (AZ 11).
1.4. Mit Schreiben vom 26.08.2018, beim AMS eingelangt am 29.08.2018, beantragte der Beschwerdeführer die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (AZ 13).
1.5. Nach Verspätungsvorhalt vom 29.08.2018 wies das AMS mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 03.10.2018, XXXX zugestellt mit 08.10.2018 (AZ 19), den am 26.08.2018 zur Post gegebenen (AZ 14) Vorlageantrag des Beschwerdeführers gemäß § 15 VwGVG wegen verspäteter Einbringung zurück (AZ 18).
1.6. Mit Schreiben vom 22.10.2018, Postaufgabe am 23.10.2018, erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid des AMS vom 03.10.2018 (AZ 20).
2. Die belangte Behörde legte am 02.11.2018 dem Bundesverwaltungsgericht [BVwG] Auszüge aus dem Verwaltungsakt, in elektronischer Form vor (Ordnungszahl des hg Gerichtsaktes [im Folgenden:] OZ 1 [=AZ 1-21]).
2.1. Das BVwG brachte dem Beschwerdeführer unter Beigabe des Zustellnachweises zur Kenntnis, dass die Beschwerde der Aktenlage zu Folge verspätet sei und gewährte eine Frist zur Stellungnahme. Insbesondere wurde der Beschwerdeführer in Bezug auf seine Ausführungen, er habe den Bescheid erst am 17.08.2018 erhalten, aufgefordert das Originalkuvert vorzulegen (OZ 2).
2.2. Der Beschwerdeführer führte zum Verspätungsvorhalt am 19.11.2018 (OZ 3) aus, er habe keinerlei Nachricht über die Zustellung des Briefes erhalten. Zum Beleg dafür, dass er den Bescheid erst am 17.08.2018 erhalten habe, legte er ein Fensterkuvert des AMS XXXX vor, welches am 08.08.2018 von der Post abgestempelt wurde und den handschriftlichen Vermerk "17.8.2018 Brief erhalten!" trägt.
II. Zu A) Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. entscheidungswesentliche Feststellungen
1.1. Die Beschwerdevorentscheidung des AMS vom 11.07.2018 wurde mittels RSb-Kuvert versandt. Ein erster Zustellversuch fand am 13.07.2018 statt. Die Sendung wurde am Postamt 4600 hinterlegt mit Beginn der Abholfrist am 14.07.2018 (AZ 11).
1.2. Mit Schreiben vom 26.08.2018 brachte der Beschwerdeführer den Vorlageantrag ein (AZ 14).
2. Beweisaufnahme und Beweiswürdigung
2.1. Die Beweisaufnahme erfolgte durch Einsicht in die dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Auszüge aus dem Verwaltungsverfahrensakt, aus denen sich auch der unter I. dargelegte Verfahrensgang ergibt (OZ 1).
2.1.1. Zur Entscheidungsfindung wurden vom BVwG insbesondere folgende Unterlagen herangezogen:
* Bescheid und Zustellnachweis zum Bescheid (AZ 11)
* Beschwerde samt Kuvert (AZ 14)
* Stellungnahme samt Fensterkuvert vom 08.08.2018 (OZ 3)
2.2. Beweiswürdigung
2.2.1. Die Zustellung des Bescheides ergibt sich aus dem Zustellnachweis (AZ 11), welcher dem Beschwerdeführer auch zur Kenntnis gebracht wurde (OZ 2). Soweit der Beschwerdeführer angibt die Beschwerdevorentscheidung vom 11.07.2018 in einem Fensterkuvert des AMS Europaplatz 9, 4020 Linz erhalten zu haben, welches am 08.08.2018 von der Post abgestempelt wurde (und den handschriftlichen Vermerk "17.8.2018 Brief erhalten!" trägt) (OZ 3), ist auszuführen, dass es sich dabei nicht um das fragliche Kuvert der Beschwerdevorentscheidung handeln kann. Der Bescheid wurde, wie sich aus dem von der Post abgestempelten Zustellnachweis ergibt (AZ 11), mittels RSb und somit nicht mit einem Fensterkuvert versandt. Das vom Beschwerdeführer vorgelegte Kuvert ist daher nicht geeignet, den ordnungsgemäß ausgefüllten Zustellnachweis zu entkräften.
2.2.2. Die Feststellung zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinbringung ergibt sich aus dem Kuvert der Beschwerde (AZ 14) und ist unstrittig.
3. Entfall der mündlichen Verhandlung
Eine Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (§ 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG). Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, [EMRK] noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 [GRC] entgegenstehen (§ 24 Abs.4 VwGVG).
Die Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung ist am Maßstab des Art. 6 EMRK zu beurteilen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte [EGMR] sieht das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung etwa dann für gerechtfertigt an, wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Stellungnahmen der Parteien angemessen entschieden werden kann (vgl. EGMR 12.11.2002, Döry, Appl 28394/95 Rz 37). Art. 47 Abs. 2 GRC gewährleistet ein Art6 Abs1 EMRK vergleichbares Recht auf eine mündliche Verhandlung (VfGH 29.11.2014, B413/2013; EuGH 22.12.2010, DEB, C-279/09 Rz 31, 35). Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC stehen dem Absehen von einer Verhandlung von Seiten des BVwG somit dann nicht entgegen, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und erkennbar ist, dass die Durchführung einer Verhandlung eine weitere Klärung der Entscheidungsgrundlage nicht erwarten lässt (VfGH 21.02.2014, B1446/2012; 14.03.2012, U466/11; VwGH 26.01.2017, Ra 2016/07/0061 RS2 mwN).
3.1. Im gegenständlichen Fall ergab sich klar aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten war. Der sich aus dem Akteninhalt ergebende Sachverhalt war weder ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig.
4. Rechtliche Beurteilung
4.1.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG (vgl. VwGH vom 07.09.2017, Ra2017/08/0081).
4.1.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF (VwGVG) geregelt (§ 1 VwGVG). Soweit im VwGVG nicht anderes bestimmt ist, ist auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl Nr 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl Nr 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl Nr 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (§ 17 VwGVG), wobei entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des VwGVG bereits kundgemacht wurden, in Kraft bleiben (§ 58 Abs. 2 VwGVG).
4.1.3. Die verfahrensgegenständliche Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig.
4.2. Zurückweisung des Vorlageantrages als verspätet
4.2.1. Die Frist zur Stellung eines Vorlageantrages nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung beträgt gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG zwei Wochen und beginnt mit dem Tag der Zustellung.
4.2.2. Gemäß § 13 Abs. 1 erster Satz Zustellgesetz (ZustG) ist das Dokument dem Empfänger an der Abgabestelle zuzustellen. Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger [oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 leg. cit] regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist gemäß § 17 Abs. 1 ZustG das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, [in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet], zu hinterlegen. Gemäß § 17 Abs. 3 ZustG gilt eine hinterlegte Sendung mit dem ersten Tag der Abholfrist als zugestellt. Die in § 17 Abs. 2 ZustG genannte Verständigung des Empfängers von der Hinterlegung (Hinterlegungsanzeige) ist eine öffentliche Urkunde und macht Beweis über die Zustellung. Als öffentliche Urkunde begründet eine "unbedenkliche" - d.h. die gehörige äußere Form aufweisende - Hinterlegungsanzeige die Vermutung der Echtheit und der inhaltlichen Richtigkeit des bezeugten Vorgangs, doch ist der Einwand der Unechtheit oder der Unrichtigkeit zulässig (VwGH 23.05.2018, Ro2018/22/0003 mwN).
4.2.2.1. Wie dargelegt (siehe dazu die Beweiswürdigung unter Punkt 2.2), kann das vom Beschwerdeführer vorgelegte Fensterkuvert keinesfalls das Kuvert der Beschwerdevorentscheidung sein. Weitere Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Beschwerdeführer auch zur Kenntnis gebrachten Hinterlegungsanzeige liegen nicht vor, so dass kein Gegenbeweis zum Zustellnachweis vorliegt.
4.2.2.2. Die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung war daher gemäß § 17 Abs. 3 ZustG mit dem eingetragenen Beginn der Abholfrist am 14.07.2018 bewirkt.
4.2.3. Bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, wird der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll (§ 32 Abs. 1 AVG). Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats (§ 32 Abs. 2 AVG). Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder den Karfreitag, ist der nächste Werktag der letzte Tag der Frist (§ 33 Abs. 2 AVG). Eine nach Wochen bestimmte Frist beginnt an dem Tag um 24.00 zu laufen, an dem das den Fristenlauf bestimmende Ereignis stattgefunden hat, und endet - abgesehen von den in § 33 Abs. 2 AVG normierten im gegenständlichen Fall nicht zur Anwendung gelangenden Ausnahmen - um Mitternacht (24.00 Uhr) jenes Tages, der durch seine Benennung dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat (vgl. VwGH 18.10.1996, 96/09/0153; 20.09.1990, 90/07/0119 jeweils mwN).
4.2.3.1. Die in § 15 Abs. 1 VwGVG vorgesehene zweiwöchige Beschwerdefrist begann somit am Samstag 14.07.2018, 24:00 Uhr und endete gemäß § 32 Abs. 2 iVm § 33 Abs. 2 AVG am Montag , 24:00 Uhr. Der erst am 26.08.2018 abgefasste und eingebrachte Vorlageantrag wurde demnach erst nach Ablauf der Einbringungsfrist erhoben, was dem Beschwerdeführer der VwGH-Judikatur entsprechend (vgl. VwGH 29.08.2013, 2013/16/0050) auch vorgehalten wurde (OZ 2, 3).
4.2.4. Da der Vorlageantrag verspätet eingebracht wurde ist spruchgemäß zu entscheiden.
III. ad B) Unzulässigkeit der Revision:
Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist zu begründen (§ 25a Abs. 1 VwGG). Die Revision ist (mit einer hier nicht zum Tragen kommenden Ausnahme) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).
Wie sich aus der oben wiedergegebenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt, besteht zur Frage der Berechnung von Fristen gemäß § 32 AVG sowie zur fristwahrenden Einbringung gemäß § 15 VwGVG eine einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, auf die sich die gegenständliche Entscheidung auch stützt. Zur Hinterlegungsanzeige als Urkunde sowie zum Zeitpunkt der Zustellung bei Hinterlegung für viele jüngst VwGH 23.05.2018, Ro2018/22/0003 mwN.
Der Entfall der mündlichen Verhandlung ergibt sich aus dem Gesetz und steht weder mit der Judikatur der Höchstgerichte noch mit der Judikatur des EGMR in Widerspruch und es ergeben sich auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage, so dass insgesamt die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen.
Schlagworte
Frist, Verspätung, Vorlageantrag, ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:L511.2208715.1.00Zuletzt aktualisiert am
14.03.2019