TE Vwgh Erkenntnis 1999/5/26 97/09/0151

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Veröffentlicht am 26.05.1999
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §28 Abs1;
AVG §37;
MRK Art6;
VStG §51e;
VStG §51i;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger, in der Beschwerdesache des C S in P, vertreten durch Dr. Manfred Moser, Rechtsanwalt in 7033 Pöttsching, Wr. Neustädter Straße 57, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom 9. April 1997, Zl. K-19/05/97.010/5 (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales), wegen Übertretung des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer wegen neun Verwaltungsübertretungen gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz für schuldig erkannt, und es wurden über ihn neun Geldstrafen in der Höhe von je S 10.000,-- (im Nichteinbringungsfall je 4 Tage Freiheitsstrafe) verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der STABA Gesellschaft m. b.H. mit Sitz in Pöttsching zu verantworten habe, dass diese Gesellschaft neun namentlich genannte ungarische Staatsangehörige am 15. April 1994 beschäftigt habe, ohne dass die hierfür erforderlichen arbeitsmarktbehördlichen Papiere vorgelegen seien.

Der Beschwerdeführer wendet sich - wie schon im Verwaltungsverfahren - gegen die rechtliche Beurteilung der Behörde, ihn treffe als handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit vertretungsbefugtes Organ der STRABA GesmbH gemäß § 9 VStG an der Beschäftigung der neun Ausländer die strafrechtliche Verantwortung, auch ohne dass er von deren Einstellung Kenntnis gehabt habe. Sein Arbeitnehmer T S habe diese vielmehr eigenmächtig beschäftigt, obwohl er gegenteilige Weisungen erteilt habe und die Befolgung dieser Weisungen auch durch regelmässige Baustellenkontrollen überprüft habe. Er habe ein mangelndes Verschulden im Sinne des § 5 Abs.2 VStG nicht bescheinigen können. Auch in der Beschwerde wiederholt er, er habe Weisung erteilt, keine ausländischen Arbeitskräfte ohne die notwendigen Papiere zu beschäftigen, und habe dies auch durch Baustellenkontrollen regelmäßig überprüft. Er habe keine Möglichkeit gehabt, das eigenmächtige und weisungswidrige Vorgehen des T S hintanzuhalten.

Die belangte Behörde gab der Berufung - ohne Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung im Sinne des § 51e Abs.3 Z.1 VStG - keine Folge. Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, ein Arbeitgeber sei nicht schon dadurch von seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG betreffend die Einhaltung der Vorschriften des Ausländerbeschäftigungsgesetzes entbunden, dass er seinen Dienstnehmern die Weisung erteile, diese Vorschriften seien bei der Beschäftigung von ausländischen Arbeitskräften zu beachten. Vielmehr bedürfe es eines wirksamen Kontrollsystems, mit Hilfe dessen der Arbeitgeber eine effektive Kontrolle über die tatsächliche Einhaltung seiner Weisung ausübe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 51e Abs. 1 VStG (in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 620/1995) ist, wenn die Berufung nicht zurückzuweisen ist oder nicht bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen. Zu dieser sind die Parteien und die anderen zu hörenden Personen, insbesondere Zeugen und Sachverständige zu laden. Wenn in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid oder nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder wenn im bekämpften Bescheid eine 3.000 Schilling nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, dann kann nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle eine Verhandlung unterbleiben, es sei denn, daß eine Partei die Durchführung einer Verhandlung ausdrücklich verlangt.

Gemäß § 51i leg. cit. ist, wenn eine Verhandlung durchgeführt wurde, bei der Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in dieser Verhandlung vorgekommen ist. Auf Aktenstücke ist nur insoweit Rücksicht zu nehmen, als sie bei der Verhandlung verlesen wurden, es sei denn, der Beschuldigte hätte darauf verzichtet, oder als es sich um Beweiserhebungen handelt, deren Erörterung infolge des Verzichts auf eine fortgesetzte Verhandlung gemäß § 51e Abs. 3 dritter Satz entfallen ist.

Die vom Beschwerdeführer erhobene Berufung enthält keine Beschränkung auf die Beurteilung der Rechtsfrage. Im Gegenteil, es wurde bereits dort ausdrücklich Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtige Beweiswürdigung und damit auch unrichtige Tatsachenfeststellung geltend gemacht.

Daher durfte die belangte Behörde nicht davon ausgehen, es lägen keine ungelösten Tatfragen vor, die der Klärung in einer öffentlichen mündlichen Verhandlung bedurft hätten. Dabei hätte sie die in einem Verwaltungsstrafverfahren nach dem AuslBG dem Beschuldigten durch Art. 6 EMRK gewährleisteten Verfahrensgarantien zu wahren gehabt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 12. Dezember 1995, Zl. 95/09/0057, und vom 19. Dezember 1996, Zl. 95/09/0231).

Im Fall gesetzmäßigen Vorgehens hätte die belangte Behörde überdies gemäß § 51i VStG (Unmittelbarkeit des Verfahrens) bei ihrer Entscheidung nur auf das Rücksicht nehmen dürfen, was in der Verhandlung vorgekommen ist. Daher ist der von der belangten Behörde ihrer Entscheidung ausschließlich aufgrund der Ermittlungen der Erstbehörde zugrunde gelegte Sachverhalt nicht in einem gesetzmäßigen (mängelfreien) Verfahren zustande gekommen. Denn die belangte Behörde hätte auf alle sachverhaltsbezogenen Einwendungen Bedacht zu nehmen gehabt, die sich im Zuge einer Verhandlung durch die persönliche Einvernahme der Betroffenen ergeben hätten. Sie durfte sich nicht darauf beschränken, eine vor der Erstbehörde abgelegte Aussage als umfassend anzusehen und rechtlich zu beurteilen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 6. März 1997, Zl. 95/09/0207, und vom 18. Juni 1996, Zl. 95/04/0193). Diese Verletzung von Verfahrensvorschriften erscheint auch wesentlich, und es läßt sich daher nicht ausschließen, daß die belangte Behörde bei Beachtung der Bestimmungen der §§ 51e und 51i VStG und unter Wahrung der dem Beschwerdeführer in der Verhandlung zukommenden Mitwirkungsbefugnisse zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr.416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil Ersatz für Stempelmarken nur im gesetzlich erforderlichen Ausmass zuerkannt werden können.

Wien, am 26. Mai 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997090151.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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