Entscheidungsdatum
02.11.2018Norm
ASVG §410Spruch
G302 2152400-1/15E
Schriftliche Ausfertigung des am 05.09.2018 mündlich verkündeten Erkenntnisses:
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Manfred ENZI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, vertreten durch: Rechtsanwalt XXXX, in XXXX, gegen den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle XXXX, vom 07.03.2017, SVNR. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.09.2018 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Mit Bescheid der Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle Steiermark, vom 07.03.2017, SVNR. XXXX (im Folgenden: belangten Behörde bzw. PVA) wurde das Verfahren über den Anspruch auf Ausgleichszulage des Herrn XXXX, geb. XXXX (in der Folge: Beschwerdeführer oder kurz BF) gemäß § 69 AVG wieder aufgenommen und der Bescheid vom 11.11.2013 hinsichtlich des Anspruches auf Ausgleichszulage ab 01.09.2013 aufgehoben. Begründend führt die belangte Behörde an, dass dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben sei, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig und der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden sei. Unter den gleichen Voraussetzungen könne die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen erfolgen. Diese Voraussetzungen seien gegeben, weil sowohl der BF als auch seine Gattin bei der Antragstellung bereits eine Leistung aus der Türkei bezogen hätten, diese aber weder im Pensionsantrag vom 14.08.2013, noch im Fragebogen Ausgleichszulage vom 04.11.2013 angeführt hätten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die gegenständliche Beschwerde.
Die Beschwerde und die maßgeblichen Verwaltungsakten wurden von der belangten Behörde am 10.04.2017 dem BVwG vorgelegt und am selbigen Tag der Gerichtsabteilung G302 zugewiesen.
Das BVwG führte in der gegenständlichen Rechtssache am 05.09.2018 in der Außenstelle Graz eine öffentliche mündliche Verhandlung durch (OZ 13), an der der BF, sein rechtsfreundlicher Vertreter und ein Vertreter der belangten Behörde teilnahmen. Nach Schluss der Verhandlung wurde das gegenständliche Erkenntnis mündlich verkündet. Der rechtsfreundliche Vertreter beantragte die schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Gegenstand des Verfahrens ist die Rechtmäßigkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 AVG (Spruchpunkt I.) mittels Bescheid vom 07.03.2017. Hinsichtlich des Bestehens und der Höhe eines Anspruches auf Ausgleichszulage (Spruchpunkt II.) für den strittigen Zeitraum vom 01.09.2013 bis 31.01.2017 sowie für die Feststellung der Höhe des entstandenen Überbezuges und des Rückforderungstatbestandes ist ein gesondertes Verfahren beim Landesgericht Graz zu GZ XXXX anhängig, welches bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Wiederaufnahme unterbrochen wurde.
Der BF bezieht seit 01.09.2013 eine Invaliditätspension. Mit Bescheid vom 11.11.2013 wurde dem BF die Ausgleichszulage gewährt. Im Ausgleichzulagenfragebogen vom 05.11.2013 gab der Beschwerdeführer an, keine ausländische Rente zu beziehen. Gemäß § 298 Abs. 2 ASVG wurde dem Beschwerdeführer 3 Jahre nach der Gewährung der Ausgleichszulage der "Überprüfungsbogen Ausgleichszulage" übermittelt. In diesem gab er nunmehr den Bezug einer ausländischen Rente an. Daraufhin wurde er von der belangten Behörde vorgeladen. Dieser Aufforderung folgte er am 16.01.2017. Im Zuge dieser Vorladung räumte der Beschwerdeführer ein, dass er bereits seit 2002 und seine Gattin seit 2009 eine türkische Rente bezieht. Die von Seiten der belangten Behörde durchgeführten weiteren Erhebungen bestätigten den Bezug einer türkischen Rente in erheblicher Höhe.
2. Beweiswürdigung:
Der oben angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten, des nunmehr dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Gerichtsakts, sowie aus der am 05.09.2018 stattgefundenen öffentlichen mündlichen Verhandlungen. Im Zuge dessen wurden der BF zum Sachverhalt vernommen sowie die Beweismittel und der vorliegende Akteninhalt erörtert.
Auf Grund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung kommt der erkennende Richter zum Schluss, dass der Beschwerdeführer die Fragen im Antrag auf Ausgleichszulage weder wahrheitsgemäß bzw. vollständig beantwortet hat, noch seiner Meldeverpflichtung nachgekommen ist, obwohl er auf diese im Antrag und später auch im Gewährungsbescheid hingewiesen wurde.
Den Angaben des Beschwerdeführers wird kein Glauben geschenkt, vielmehr geht der erkennende Richter davon aus, dass der BF den Sachverhalt in ein für ihn besseres Licht stellen wollte.
Das BVwG erachtet das bisherige Ermittlungsverfahren als hinreichend, um den maßgeblichen Sachverhalt festzustellen. Aus den angeführten Gründen konnte der dem BVwG vorliegende Akteninhalt dem gegenständlichen Erkenntnis im Rahmen der freien Beweiswürdigung zugrunde gelegt werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
Die maßbegebenden Bestimmungen des Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG lauten:
"...
§ 69 (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:
1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder
2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder
3. der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde;
4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.
(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.
(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.
(4) Die Entscheidung über die Wiederaufnahme steht der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat.
..."
Der BF hat bei der Behörde objektiv unrichtige Angaben von wesentlicher Bedeutung mit Irreführungsabsicht gemacht. Diese Angaben wurden dann dem Bescheid zugrunde gelegt. Das Verschweigen wesentlicher Umstände ist dem Vorbringen unrichtiger Angaben gleichzusetzen.
Die im Fragebogen der belangten Behörde enthaltenen Fragen sind für einen Rechtsunkundigen nicht schwer zu beantworten und fordern keine schwierige rechtliche Beurteilung eines Sachverhaltes. Vielmehr reduzierte sich die Frage auf den Bezug einer ausländischen Pension. Somit kann allein aus dem unrichtigen Ausfüllen eines Fragebogens darauf geschlossen werden, dass Irreführungsabsicht vorliegt, weil keine Begleitumstände, wie die Schwierigkeit der zu beantwortenden Frage, ihre rechtliche Kompliziertheit oder die Uninformiertheit oder Hilflosigkeit der Partei die Vermutung nahelegen, dass der BF die falschen oder lückenhaften Angaben nicht wider besseres Wissen gemacht hat.
Zusammengefasst wird festgehalten, dass der BF objektiv unrichtige Angaben von wesentlicher Bedeutung gemacht hat, es besteht ein Kausalzusammenhang zwischen den unrichtigen Angaben der Partei und dem Entscheidungswillen der Behörde und es liegt Irreführungsabsicht der Partei vor. Somit hat die belangte Behörde das Verfahren zu Recht gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 AVG wiederaufgenommen.
Darüber hinausgehende Beschwerdegründe wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich. Die Beschwerde erweist sich aus den genannten Gründen als unbegründet und war daher abzuweisen.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH vertritt eine eindeutige und einheitliche Rechtsprechung, weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.
Schlagworte
amtswegige Wiederaufnahme, Irreführung, WiederaufnahmeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:G302.2152400.1.00Zuletzt aktualisiert am
13.03.2019