TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/5 G305 2188875-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.11.2018
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Entscheidungsdatum

05.11.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9

Spruch

G305 2188875-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. am XXXX, StA. Irak, vertreten durch RA XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, RD Wien, vom 05.02.2018, Zl. XXXX, nach einer am 20.08.2018 durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: so oder kurz: BF) ist Staatsangehöriger der Republik Irak und stellte am 13.10.2015 um 17:45 Uhr einen Antrag auf internationalen Schutz.

Am 05.11.2015 (ab 14:00 Uhr) fand eine Erstbefragung des BF vor Organen der LPD Wien statt. Anlässlich dieser Erstbefragung sagte er zu seiner Reiseroute befragt, im Wesentlichen zusammengefasst aus, dass er den Herkunftsstaat am 08.06.2015 illegal verlassen hätte und über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien, Kroatien und Ungarn nach Österreich gereist sei, wo er am 11.10.2015 angekommen sei [BF in Niederschrift über die Erstbefragung vom 05.11.2015, S. 4].

Seine Fluchtgründe stützte er auf "Nachteile", die er als Sunnit erlebt haben wollte und die Besetzung seiner Heimatstadt durch den IS und die Verhaftung eines Bruders, was ihn aus Angst um sein Leben zur Ausreise bewogen haben soll [BF in Erstbefragungsprotokoll vom 05.11.2015, S. 5].

2. Anlässlich einer am 19.06.2017 von einem Organ des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: belangte Behörde oder kurz: BFA) durchgeführten niederschriftlichen Einvernahme gab er im Wesentlichen kurz zusammengefasst an, dass er auf Grund eines Konflikts zwischen Schiiten und Sunniten zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt des Jahres 2006 mit seiner Familie von seinem Heimatort XXXX nach XXXX umgezogen sei. Dort sei er nach einer Explosion am 27.05.2014 von schiitischen Milizangehörigen festgenommen worden, bis zum 10.06.2014 festgehalten und von ihnen in Haft geschlagen, beschimpft und erniedrigt worden, bevor ihm acht Monate später - am 08.06.2015 - die Flucht aus dem Irak gelungen sei [BF in Niederschrift des BFA vom 05.11.2015, S. 6ff].

3. Mit Bescheid vom 02.02.2018, Zl. XXXX, wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des BF auf Gewährung von internationalem Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG (Spruchpunkt I.) und der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ab (Spruchpunkt II.) und sprach aus, dass ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt werde (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG gegen ihn erlassen werde (Spruchpunkt IV.), und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt werde, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig sei (Spruchpunkt V.) und die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

4. Die gegen diesen Bescheid (fristgerecht) erhobene Beschwerde wurde im Wesentlichen mit den Anträgen verbunden, dass der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Verfahrensergänzung an die belangte Behörde zurückverwiesen werden möge, bzw. dass eine mündliche Verhandlung durchgeführt und dem BF der Status des Asylberechtigten, in eventu des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und die wider ihn erlassene Rückkehrentscheidung behoben werden mögen.

5. Am 12.03.2018 legte die belangte Behörde die gegen den vorbezeichneten Bescheid gerichtete Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) vor und wurde die Beschwerdesache hier der Gerichtsabteilung G305 zur Erledigung zugeteilt.

6. Am 17.08.2018 langten beim BVwG mit einem Schreiben der Rechtsvertreterin des BF vom 13.08.2018 Nachweise darüber ein, dass der Bruder des BF, als sich dieser in XXXX aufgehalten hatte, um dort als Arzt in einem Spital zu arbeiten, am 13.03.2018 vom irakischen Militär aufgesucht und nach dem BF befragt worden sei. Infolge eines Streitgesprächs am 15.03.2018 sei der Bruder des BF festgenommen und bis zum 02.05.2018 in Haft gehalten worden. Währenddessen sei er mehrmals einvernommen und gefoltert worden.

7. Am 20.08.2018 wurde vor dem erkennenden Verwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durchgeführt, anlässlich welcher der BF (in Anwesenheit seiner Rechtsvertretung und einer Dolmetscherin für seine Muttersprache) einvernommen wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Der im Spruch genannte, am XXXX geborene BF ist Staatsangehöriger der Republik Irak. Er lebte zunächst in XXXX, einer Stadt im Südirak, und in der Folge in XXXX.

Er gehört der arabischen Volksgruppe an und bekennt sich zum muslimisch-sunnitischen Glauben. Seine Muttersprache ist arabisch.

1.2. Zur Reiseroute und Einreise des BF in das Bundesgebiet und zu seiner persönlichen Situation im Irak:

Der BF ist Anfang Juni 2015 aus seinem Herkunftsstaat ausgereist und über die Türkei und die sogenannte Balkanroute nach Österreich gereist.

Nachdem er am 11.10.2015 ohne Mitnahme eines Reisedokuments (sohin illegal) und schlepperunterstützt ins österreichische Bundesgebiet eingereist war, stellte er am 13.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Seine Eltern, seine drei Brüder und seine Schwester leben nach wie vor im Irak, und leben abgesehen von einem Bruder, der sich in Kirkuk niedergelassen hat, in XXXX in einem Miethaus. Die drei im Irak lebenden Brüder des Beschwerdeführers sind verheiratet und haben Kinder. Ein weiterer Bruder des BF befindet sich in der Türkei. Zu seinen im Irak befindlichen Familienangehörigen hat er nach eigenen Angaben regelmäßig Telefonkontakt.

Im Herkunftsstaat besuchte er die Schule, erlernte jedoch keinen Beruf und ging im Herkunftsstaat keiner regelmäßigen Erwerbstätigkeit nach. Er half jedoch seinem Cousin bei dessen Arbeit. Der BF ist gesund und grundsätzlich arbeitsfähig.

1.3. Zur persönlichen Situation des BF in Österreich:

Er ist nicht verheiratet, hat weder leibliche, noch adoptierte Kinder und weist in Österreich weder ein Familienleben, noch ein nennenswertes Privatleben auf.

In Österreich besuchte er an der Volkshochschule und einer humanitären Hilfsorganisation in den Jahren 2016, 2017 und 2018 Deutschkurse und erwarb im April 2016 ein ÖSD-Zertifikat Deutsch A1 und Mitte Juni 2016 ein ÖSD-Zertifikat Deutsch A2. Dass er danach weitere Deutschkurse besucht hätte, konnte nicht festgestellt werden.

Seit Jänner 2016 betätigt er sich ehrenamtlich bei einer XXXX und stellte er am XXXX.2017 einen Antrag auf Mitgliedschaft bei einer XXXX Organisation.

Er verfügt über ein zum XXXX.2018 datiertes Empfehlungsschreiben XXXX und ein weiteres, zum XXXX.2018 datiertes XXXXschreiben des XXXX einer XXXX.

1.4. Zu den Fluchtgründen des BF:

1.4.1. Anlassbezogen konnte festgestellt werden, dass sich am 27.05.2014 in XXXX eine Explosion ereignete.

Es konnte jedoch nicht festgestellt werden, dass der hinter dieser Explosion mutmaßlich gesteckt habende Anschlag direkt dem BF gegolten hätte.

Auch konnte nicht festgestellt werden, dass der BF im Gefolge dieser Explosion am 27.05.2014 in XXXX festgenommen, bis zum 10.06.2014 in Haft gehalten und nach seiner Freilassung vom Militär bedroht oder verfolgt worden wäre [BF in Niederschrift des BFA vom 19.06.2017, S. 7] [BF in Niederschrift des BFA vom 19.06.2017, S. 6f; BF in Niederschrift der mündlichen Verhandlung, S. 9].

Da ein Haftbefehl gegen den BF weder nachgewiesen, noch glaubhaft gemacht wurde [BF in Niederschrift des BFA vom 19.06.2017, S. 7], kann auch nicht festgestellt werden, dass ihm bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat Inhaftierung drohen würde.

Dass einer seiner Brüder wegen der Ausreise des BF im Jahr 2015 vom IS festgenommen worden wäre [BF in Niederschrift des BFA vom 19.06.2017, S.7], konnte ebenfalls nicht festgestellt werden.

Auch dass ein weiterer (nunmehr in XXXX niedergelassener) Bruder des BF, der wegen seiner Zuteilung als Arzt zu einem Krankenhaus in XXXX dorthin zurückgekehrt sein soll, wegen der Ausreise des BF am 13.03.2018 bzw. am 15.03.2018 von den irakischen Sicherheitskräften belangt und festgenommen worden wäre [BF in Verhandlungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 20.08.2018, S. 16], konnte ebenfalls nicht festgestellt werden.

Vielmehr steht fest, dass die im Herkunftsstaat aufhältigen Familienangehörigen mit deren Familien unbehelligt im Herkunftsstaat leben. Dass auch nur einer von ihnen von den Organen der irakischen Sicherheitsbehörde bzw. sonstigen Dritten betreten, bedroht oder gar festgenommen worden wäre, konnte nicht festgestellt werden.

1.4.2. Dass der Beschwerdeführer mit den Behörden, den Gerichten, der Polizei oder den Milizen seines Herkunftsstaates Probleme gehabt hätte, konnte nicht festgestellt werden.

1.4.3. Ebenso wenig konnte festgestellt werden, dass er im Herkunftsstaat aus Gründen seiner ethnischen Zugehörigkeit zur Mehrheitsbevölkerung der Araber, aus Gründen seiner Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft der Muslime sunnitischer Glaubensrichtung, oder aus politischen Gründen verfolgt worden wäre.

Im Herkunftsstaat war er nach eigenen Angaben weder politisch, noch militärisch aktiv [BF in Niederschrift des BFA vom 05.05.2017, S. 4].

1.5. Zur allgemeinen Situation des BF im Herkunftsstaat:

1.5.1. Zur allgemeinen Sicherheitslage im Herkunftsstaat:

Die allgemeine Sicherheitslage im Irak war seit Oktober 2016 von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, im Genaueren nichtstaatlichen bewaffneten Milizen, den Peshmerga der kurdischen Regionalregierung sowie ausländischen Militärkräften, auf der einen Seite und den bewaffneten Milizen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) auf der anderen Seite um die Kontrolle der - im Zentrum des seit Sommer 2014 bestehenden Machtbereichs des IS gelegenen - Hauptstadt XXXX der Provinz XXXX gekennzeichnet. Diesen Kämpfen ging die sukzessive Zurückdrängung des IS aus den zuvor ebenfalls von ihm kontrollierten Gebieten innerhalb der Provinzen XXXX, XXXX und XXXX im Zentral- und Südirak voraus. Die seit dem Jahr 2014 währenden kriegerischen Ereignisse im Irak brachten umfangreiche Flüchtlingsbewegungen aus den umkämpften Gebieten in andere Landesteile, sowie umgekehrt Rückkehrbewegungen in befreite Landesteile mit sich. Zahlreiche nationale und internationale Hilfsorganisationen unter der Ägide des XXXX versorgen diese Binnenvertriebenen in Lagern und Durchgangszentren, mit Schwerpunkten in den drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, in sowie um XXXX sowie im Umkreis von XXXX, im Hinblick auf ihre elementaren Lebensbedürfnisse sowie deren Dokumentation und Relokation, ein erheblicher Anteil der Vertriebenen sorgt für sich selbst in gemieteten Unterkünften und bei Verwandten und Bekannten. Seit dem Jahr 2014 wurden über drei Millionen Binnenvertriebene und über eine Million Binnenrückkehrer innerhalb des Irak registriert.

Nachdem es den irakischen Sicherheitskräften (ISF) gemeinsam mit schiitischen Milizen, den sogenannten Popular Mobilisation Forces (PMF), mit Unterstützung durch die alliierten ausländischen Militärkräfte im Laufe des Jahres 2016 gelungen war, die Einheiten der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) sowohl aus den von ihr besetzten Teilen der südwestlichen Provinz XXXX bzw. deren Metropolen XXXX und XXXX als auch aus den nördlich an XXXX anschließenden Provinzen XXXX und XXXX zu verdrängen, beschränkte sich dessen Herrschaftsgebiet in der Folge auf den Sitz seiner irakischen Kommandozentrale bzw. seines "Kalifats" in der Stadt XXXX, Provinz XXXX, sowie deren Umgebung bis hin zur irakisch-syrischen Grenze. Ab November 2016 wurden die Umgebung von XXXX sowie der Ostteil der Stadt bis zum Ufer des XXXX sukzessive wieder unter die Kontrolle staatlicher Sicherheitskräfte gebracht, im Westteil wurde der IS von den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, die aus dem Süden, Norden und Westen in das Zentrum der Stadt vordrangen, in der Altstadt von XXXX eingekesselt. Der sunnitische IS wiederum versuchte parallel zu diesen Geschehnissen durch vereinzelte Selbstmordanschläge in XXXX und anderen Städten im Süd- sowie Zentralirak seine, wenn auch mittlerweile stark eingeschränkte Fähigkeit, die allgemeine Sicherheitslage zu destabilisieren, zu demonstrieren. Anfang Juli 2017 erklärte der irakische Premier XXXX für vom IS befreit. In der Folge wurden auch frühere Bastionen des IS westlich von XXXX in Richtung der irakisch-syrischen Grenze wie die Stadt XXXX durch die Militärallianz vom IS zurückerobert. Zuletzt richteten sich die Operationen der Militärallianz gegen den IS auf letzte Überreste seines früheren Herrschaftsgebiets im äußersten Westen der Provinz XXXX sowie eine Enklave um XXXX südwestlich von XXXX.

Die Sicherheitslage innerhalb der drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordirak, nämlich XXXX, XXXX und XXXX, ist angesichts der Maßnahmen der regionalen Sicherheitskräfte wie Grenzkontrollen und innerregionale Aufenthaltsbestimmungen als stabil anzusehen. Seit Oktober 2017 befindet sich die kurdische Regionalregierung in Konflikt mit der irakischen Zentralregierung in der Frage der Kontrolle über die von kurdischen Sicherheitskräften bislang besetzt gehaltenen Grenzregionen südlich der Binnengrenze der Autonomieregion zum übrigen irakischen Staatsgebiet, insbesondere die Region um die Stadt XXXX betreffend. Zuletzt kam es zu einer Besetzung dieser Region sowie weiterer Landstriche entlang der Binnengrenze durch die irakische Armee und der Zentralregierung nahestehende Volksmobilisierungseinheiten, während sich die kurdischen Sicherheitskräfte aus diesen Bereichen zurückzogen. Eine Einreise in die drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion ist angesichts eines Luftraumembargos der Nachbarstaaten Türkei und Iran gegen die kurdische Regionalregierung auf direkte Weise aktuell nur auf dem Landweg möglich.

Die Sicherheitslage in den südirakischen Provinzen, insbesondere in der Provinz XXXX, war als Folge einer Sicherheitsoffensive staatlicher Militärkräfte im Gefolge interkonfessioneller Gewalt im Jahr 2007, ab 2008 stark verbessert und bis 2014 insgesamt stabil. Auch war die Region nicht unmittelbar von der Invasion der Truppen des IS im Irak in 2013 und 2014 betroffen. Die Gegenoffensive staatlicher Sicherheitskräfte und deren Verbündeter gegen den IS in XXXX und den nördlicher gelegenen Provinzen bedingte zuletzt eine Verlagerung von Militär- und Polizeikräften in den Norden, die wiederum eine größere Instabilität im Süden verbunden vor allem mit einem Anstieg an krimineller Gewalt mit sich brachte.

Die Sicherheitslage im Großraum XXXX war durch die genannten Ereignisse ebenfalls nicht unmittelbar beeinträchtigt. Es waren jedoch vereinzelte Anschläge bzw. Selbstmordattentate auf öffentliche Einrichtungen oder Plätze mit einer teils erheblichen Zahl an zivilen Opfern zu verzeichnen, die, ausgehend vom Bekenntnis des - als sunnitisch zu bezeichnenden - IS dazu, sich gegen staatliche Sicherheitsorgane oder gegen schiitische Wohnviertel und Städte richteten, um dort ein Klima der Angst sowie religiöse Ressentiments zu erzeugen und staatliche Sicherheitskräfte vor Ort zu binden. Hinweise auf eine etwaig religiös motivierte Bürgerkriegssituation finden sich in den Länderberichten nicht, ebenso auch nicht in Bezug auf die Säuberung von ethnischen oder religiösen Gruppierungen bewohnte Gebiete.

Quellen:

BFA Staatendokumentation: Länderinformationsblatt zu Irak, 25.10.2017,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1416409/5818_1508929404_irak-lib-2017-08-24-ke.doc mwN (Letzter Zugriff am 17.10.2018)

Musings on Iraq, 2017 Security in Iraq in Review Defeat of the Islamic State on the Battlefield, 03.01.2018, http://musingsoniraq.blogspot.co.at/2018/01/2017-security-in-iraq-in-review-defeat_3.html (Letzter Zugriff am 17.10.2018)

Schwedische Einwanderungsbehörde, The Security Situation in Iraq:

July 2016 - November 2017, 18.12.2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1420556/1226_1514470370_17121801.pdf (Letzter Zugriff am 17.10.2018).

1.5.2. Zum Gewaltmonopol des Staates

Den staatlichen Stellen ist es derzeit nicht möglich, das Gewaltmonopol des Staates sicherzustellen. Insbesondere schiitische Milizen, aber auch sunnitische Stammesmilizen [sowie der IS] handeln eigenmächtig. Dadurch sind die irakischen Sicherheitskräfte nicht in der Lage, den Schutz der Bürger sicherzustellen (AA 7.2.2017). Insbesondere über den Nordwesten des Irak kann die Regierung nicht die Kontrolle behalten und muss sich auf die [vorwiegend] schiitischen Milizen der PMF verlassen. Die zwei wichtigsten davon sind Asaïb Ahl al-Haq (AAH) und die Badr-Brigaden, die beide [effektiv] unter dem Kommando des Iran stehen (Stansfield 26.4.2017). Durch die staatliche Legitimierung der Milizen verschwimmt die Unterscheidung zwischen staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren. Staatliche Ordnungskräfte können sich teilweise nicht mehr gegen die mächtigen Milizen durchsetzen (AA 7.2.2017).

Quelle:

BFA Staatendokumentation: Länderinformationsblatt zu Irak, 18.05.2018:

AA - Auswärtiges Amt (7.2.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1488455296_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2016-07-02-2017.pdf, Zugriff 6.8.2017

Stansfield, Gareth - Professor of Middle East Politics and the Al-Qasimi Chair of Arab Gulf Studies at the University of Exeter (26.4.2017): EASO COI Meeting Report Iraq, Practical Cooperation Meeting 25.- 26. April, Brussels, https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/PLib/IRQ_Meeting_Report.pdf, Zugriff 24.7.2017

1.5.3. Zur Lage Angehöriger der sunnitischen Glaubensgemeinschaft im Irak:

Es gibt keine Berichte dazu, dass der irakische Staat Muslime sunnitischer Glaubensrichtung systematisch verfolgen und/oder misshandeln würde. Dennoch ist es mitunter vorgekommen, dass Angehörige der sunnitischen Glaubensgemeinschaft zu Zielen von Angriffen von schiitischen Milizen geworden sind.

Der Bürgerkrieg im Irak in den Jahren 2006 und 2007 hat die vormals friedliche Koexistenz zwischen den Sunniten und den Schiiten im Irak nochmals schwer erschüttert. Angehörige der sunnitischen Glaubensgemeinschaft sind mitunter zu Zielen von Angriffen von schiitischen Milizen geworden. Bezüglich des irakischen Staates ergeben sich aus den Länderinformationen zum Herkunftsstaat keine Anhaltspunkte in Hinblick auf eine systematische Verfolgung und Misshandlung von Angehörigen der sunnitischen Glaubensgemeinschaft. Mit einem Anteil von ca. 35 % - 40 % der Gesamtbevölkerung bilden die Angehörigen der sunnitischen Glaubensgemeinschaft die größte Gruppe der Minderheiten des Irak und sind in Gesellschaft und in der Politik vertreten und treten auch zu den Parlamentswahlen im Mai 2018 auch sunnitische Parteien an.

Die Sicherheitslage im Irak hat sich gegen Ende des Jahres 2017 und Anfang des Jahres 2018 stabilisiert, doch gibt ist es diesbezügliche große Unterschiede zwischen den Regionen. So sind z.B. in XXXX sehr wenige sicherheitsrelevante Zwischenfälle zu verzeichnen, wohingegen sich die Situation in XXXX verschärft darstellt. Die Provinzen XXXX und XXXX befinden sich in sicherheitsrelevanter Hinsicht in der Mitte dieser Skala und die Zahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle steigt und sinkt von Monat zu Monat. Erst im Februar 2018 sind Berichten zufolge die tragischen Nachwirkungen des Bürgerkrieges in Form von Massengräben zu Tage getreten, die meisten Toten waren in der Region XXXX zu verzeichnen. Auch darüber hinaus waren nach XXXX eine Reihe von Opfern zu verzeichnet, so hat es insgesamt um die 245 relevante Vorfälle gegeben (in etwa je einen in XXXX, einen in XXXX und in XXXX, zwei in XXXX, 12 in XXXX, 28 in XXXX und 42 in XXXX). Die sicherheitspolitische Situation im Irak ist Schwankungen unterworfen und lässt sich für alle Provinzen nicht einheitlich beurteilen. XXXX ist weiterhin eine der instabilsten Provinzen des Irak. Im Gegensatz dazu stellt sich die Lage in XXXX entsprechend stabiler dar, die Gewalt ist vor allem im Zusammenhang mit der Vertreibung des IS gegen Ende des Jahre 2017 erheblich abgeebbt.

Quellen:

Al-Araby, 'Don't enter Baghdad': Wave of murder-kidnappings grips Iraq capital,

https://www.alaraby.co.uk/english/news/2017/5/17/dont-enter-baghdad-wave-of-murder-kidnappings-grips-iraq-capital, 17.05.2017 (Zugriff am 16.10.2018)

BFA Staatendokumentation: Länderinformationsblatt zu Irak, 25.10.2017,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1416409/5818_1508929404_irak-lib-2017-08-24-ke.doc mwN (Zugriff am 16.10.2018)

Institute of war, Final 2014 Iraqi National Elections Results by Major Political Groups (19.05.2014), http://iswiraq.blogspot.co.at/2014/05/final-2014-iraqi-national-elections.html#!/2014/05/final-2014-iraqi-national-elections.html (Zugriff am 16.10.2018)

Rudaw, Kurdish, Sunni MPs boycott Iraqi parliament session over budget dispute, 01.03.2018,

http://www.rudaw.net/english/middleeast/iraq/03012018 (Zugriff am 17.10.2018)

UK Home Office: Country Policy and Information Note Iraq: Sunni (Arab) Muslims, 06/2017

https://www.ecoi.net/en/file/local/1403272/1226_1499246656_iraq-sunni-arabs-cpin-v2-0-june-2017.pdf (Zugriff am 17.10.2018)

WING, Joel, Musings on Iraq, 649 Deaths, 275 Wounded Feb 2018 In Iraq (UPDATED), 03.03.2018 http://musingsoniraq.blogspot.co.at/ mwN (letzter Zugriff am 17.10.2018)

Eine landesweite und systematische Verfolgung für Angehörige der sunnitischen Glaubensgemeinschaft besteht nicht. Es gibt nach wie vor Regionen, die mehrheitlich sunnitisch geprägt sind. Darüber gibt es auch in dem von Schiiten dominierten und weitestgehend stabilen Süden des Irak sunnitische Enklaven und ein weitestgehend beständiges und friedliches Nebeneinander von Angehörigen der sunnitischen und Angehörigen der schiitischen Glaubensgemeinschaft.

1.5.4. Zur innerstaatlichen Fluchtalternative für arabische Sunniten im Irak:

Laut XXXX wurden in fast allen Teilen des Landes verschärfte Zugangs- und Aufenthaltsbeschränkungen für Binnenflüchtlinge implementiert. Zu den verschärften Maßnahmen gehören die Notwendigkeit einer Bürgschaft, die Registrierung bei lokalen Behörden, sowie das Durchlaufen von Sicherheitsüberprüfungen durch die Sicherheitsbehörden. Dies beruht auf der Befürchtung der Regionen fürchten, dass sich unter den Schutzsuchenden IS-Kämpfer befinden könnten.

Zugangs- und Aufenthaltsbedingungen variieren von Provinz zu Provinz und beinhalten nicht nur Sicherheits-Screenings, sondern hängen Berichten zufolge auch vom persönlichen Profil der flüchtenden Personen und Familien ab, wie z.B. vom ethnisch-konfessionellen Hintergrund, dem Herkunftsort oder der Zusammensetzung der Familie der jeweiligen Person. Eine ID-Karte ist in fast allen Regionen erforderlich, doch besteht nicht in jeder Region die Notwendigkeit eines Bürgen.

Quellen:

Australian Government, DFAT COUNTRY INFORMATION REPORT IRAQ, 26.06.2017,

http://dfat.gov.au/about-us/publications/Documents/country-information-report-iraq.pdf (letzter Zugriff am 18.10.2018).

BFA Staatendokumentation: Länderinformationsblatt zu Irak, 25.10.2017,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1416409/5818_1508929404_irak-lib-2017-08-24-ke.doc mwN (letzter Zugriff am 18.10.2018)

IOM - International Organization for Migration, Iraq Mission, 17.05.2017,

http://iraqdtm.iom.int/LastDTMRound/Round86_Report_English_2017_December_31_IOM_DTM.pdf, (letzter Zugriff am 18.10.2018)

UK Home Office: Country Policy and Information Note Iraq: Sunni (Arab) Muslims, Juni 2017

https://www.ecoi.net/en/file/local/1403272/1226_1499246656_iraq-sunni-arabs-cpin-v2-0-june-2017.pdf (letzter Zugriff am 18.10.2018)

Es ist möglich, ohne Bürgschaft in die XXXX einzureisen. Eine Einreise ist über den Internationalen Flughafen XXXX als auch auf dem Landweg möglich. Laut Bericht der International Organisation for Immigration (IOM) würden irakische Bürger bei der Ankunft an einem Checkpoint einer Landgrenze zu XXXX oder am Flughafen eine einwöchige Aufenthaltserlaubnis erhalten. Irakische Staatsbürger können sich z.B. in XXXX frei bewegen und von dort aus in alle Provinzen einzureisen. Binnenflüchtlinge müssen sich bei der Einreise registrieren und können dann eine dauerhafte Aufenthaltsberechtigung beantragen. Ob eine Person ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht bzw. eine verlängerbare Aufenthaltsgenehmigung in der XXXX bekommt, hängt dabei oft vom ethischen, religiösen und persönlichen Profil ab. Die Notwendigkeit eines Bürgen zur Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung differiert von Provinz zu Provinz und wird zuweilen auch willkürlich gehandhabt. In manchen Provinzen kann ein Bürge notwendig werden, um sich dort niederzulassen oder dort zu arbeiten.

Arabische Binnenflüchtlinge können in der Region XXXX zunächst eine temporäre Aufenthaltsgenehmigung erhalten und sodann den Daueraufenthalt beantragen. In XXXX ist nach Berichten der XXXX kein Bürge notwendig, um sich niederzulassen oder eine Arbeitsbewilligung zu erhalten. Berichten der IOM zufolge leben 90 % aller Binnengeflüchteten in XXXX in stabilen sanitären Verhältnissen und haben 83 % Zugang zum staatlichen Gesundheitssystem. Im Regelfall können binnengeflüchtete Menschen in XXXX am Bildungssystem teilhaben. Binnengeflüchtete haben dort die Möglichkeit, in den verschiedensten Berufsfeldern zu denselben Löhnen wie ortsansässige Personen zu arbeiten.

In XXXX gibt es mehrere sunnitisch mehrheitlich bewohnte Stadtviertel. Zur Einreise von sunnitischen Arabern in das Stadtgebiet XXXX müssen sich diese einem Sicherheitscheck unterziehen, vor allem, wenn sie aus vom IS dominierten Gebieten kommen. Darüber hinaus kann ein Bürge notwendig sein. Auch um XXXX herum gibt es Flüchtlingslager und Aufnahmestationen.

Quellen:

IOM - International Organization for Migration, Iraq Mission, 17.05.2017,

http://iraqdtm.iom.int/LastDTMRound/Round86_Report_English_2017_December_31_IOM_DTM.pdf (letzter Zugriff am 18.10.2018)

UNHCR - UN High Commissioner for Refugees: Iraq: Relevant COI for Assessments on the Availability of an Internal Flight or Relocation Alternative (IFA/IRA); Ability of Persons Originating from (Previously or Currently) ISIS-Held or Conflict Areas to Legally Access and Remain in Proposed Areas of Relocation, 12. 4. 2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1397131/1930_1492501398_58ee2f5d4.pdf (letzter Zugriff am 18.10.2018)

1.5.5. Behandlung nach der Rückkehr

Aus Österreich kehrten in der ersten Jahreshälfte 2017 in etwa XXXX Iraker freiwillig in den Irak zurück - von diesen fast alle im Zuge einer sogenannten unterstützten Rückkehr (BFA 11.8.2017). Die Sicherheit von Rückkehrern ist von einer Vielzahl von Faktoren abhängig - u.a. von ihrer ethnischen und religiösen Zugehörigkeit, ihrer politischen Orientierung und den Verhältnissen vor Ort (AA 7.2.2017).

Quelle:

AA - Auswärtiges Amt (7.2.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, http://www.ecoi.net/file_upöoad/4598_1488455296_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irakk-stand-dezember-2016-07-02-2017.pdf, (letzter Zugriff am 18.10.2018)

BFA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (11.8.2017): IRAK Ausreise Quartalsweise, per E-Mail

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Verwaltungsgerichtsaktes und aus der am 20.08.2018 vor dem BVwG durchgeführten mündlichen Verhandlung.

2.2. Zur Person und zu den Reisebewegungen des BF:

2.2.1. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Name und Geburtsdatum), Staats- und Religionszugehörigkeit und zur Muttersprache des BF getroffen wurden, beruhen diese auf seinen diesbezüglichen Angaben in der Erstbefragung und der Einvernahme vor der belangten Behörde, sowie auf seiner Kenntnis und Verwendung der Sprache Arabisch im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA und in der vom erkennenden Gericht am 20.08.2018 durchgeführten mündlichen Verhandlung.

2.2.2. Die Konstatierungen zur Reiseroute und zum Zeitpunkt seiner Einreise in das österreichische Bundesgebiet gründen auf den diesbezüglich glaubhaften Angaben des BF in seiner Erstbefragung, welche auch in seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 19.06.2017 als mit seinen Angaben in der Erstbefragung übereinstimmend befunden wurden [BF in Niederschrift über die Erstbefragung vom 05.11.2015, S. 4; Anmerkung in Niederschrift über Einvernahme des BF am 19.06.2017, S. 5].

2.3. Zur persönlichen Situation des BF im Herkunftsstaat:

Dass der BF im Herkunftsstaat die Schule besucht hat, konnte als glaubwürdig eingestuft werden, zumal seine vor den Organen der öffentlichen Sicherheitsbehörde im Rahmen seiner Erstbefragung diesbezüglich gemachten Angaben mit seinen Angaben vor der belangten Behörde im Wesentlichen übereinstimmen und die belangte Behörde diesen nicht entgegengetreten ist. Allerdings konnten auf Grund der Angaben des BF keine Feststellungen zur Dauer des Schulbesuchs im Herkunftsstaat getroffen werden [BF in Niederschrift über die Erstbefragung vom 05.11.2015, S. 1, und in Niederschrift des BFA vom 19.06.2017, S. 4].

Dass er im Irak studiert hätte, wie er glaubhaft zu machen suchte, konnte auf Grund seiner widersprüchlichen Angaben zu den von ihm belegten Studienrichtungen nicht festgestellt werden. So gab er in der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA an, dass er zwei Jahre lang Pädagogik studiert hätte [BF in Niederschrift des BFA vom 19.06.2017, S. 4]; in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht verwies er dagegen auf ein einsemestriges Biologiestudium [BF in der Verhandlungsniederschrift vom 20.08.2018, S. 5]. Durch diese widersprüchlichen Angaben erweist sich die diesbezügliche Behauptung des BF als unglaubwürdig.

Die Feststellungen zu seinen familiären Verhältnissen im Irak beruhen auf seinen diesbezüglich glaubwürdigen Angaben in der mündlichen Verhandlung. Auf seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung beruhen auch die Konstatierungen, wo die Angehörigen seiner Kernfamilie leben und dass die im Herkunftsstaat lebenden (in den Feststellungen dieses Erkenntnisses näher bezeichneten) Angehörigen seiner Kernfamilie dort unbehelligt leben [BF in Verhandlungsniederschrift vom 20.08.2018, S. 6f und 10].

2.4. Zur persönlichen Situation des BF im Bundesgebiet:

Die Feststellungen, dass der BF im Bundesgebiet keine Familienangehörigen hat, nicht verheiratet ist und keine Kinder hat, beruhen auf seinen diesbezüglich gemachten Angaben in der vor dem BVwG stattgehabten mündlichen Verhandlung, denen die belangte Behörde nicht entgegentrat und die daher als glaubhaft angesehen werden können [BF in Verhandlungsniederschrift vom 20.08.2018, S. 4 und 7].

Die zu seinen Integrationsschritten in Österreich getroffenen Konstatierungen beruhen auf den im Verfahren vorgelegten Nachweise zu den abgelegten Prüfungen der deutschen Sprache (Bestätigungen über den Besuch von Deutschkursen A2 der VHS vom XXXX.2016, XXXX.2018 und einer humanitären Hilfsorganisation vom XXXX.2017; ÖSD-Zertifikat Deutsch A1 vom XXXX.2016, ÖSD-Zertifikat Deutsch A2 vom XXXX.2016; einem vorgelegten Antrag auf Mitgliedschaft bei einer XXXX Organisation vom XXXX.2017 und XXXX seiner XXXX vom XXXX.2018 und des XXXX einer XXXX vom XXXX.2018)

Die dazu getroffenen Konstatierungen, dass er im Bundesgebiet nie erwerbstätig war, beruht auf einem AJ WEB - Auskunftsverfahrensauszug.

Die zu seiner (strafrechtlichen) Unbescholtenheit (in Österreich) getroffenen Konstatierungen beruhen auf dem amtswegig eingeholten (aktuellen) Strafregisterauszug.

2.5. Zum Fluchtvorbringen des BF:

Vor der belangten Behörde brachte er im Wesentlichen kurz zusammengefasst vor, dass er einer sunnitischen Familie angehöre und er seine Heimatstadt XXXX auf Grund eines sunnitisch-schiitischen Konfliktes im Jahr 2006 verlassen habe und nach XXXX gezogen sei, wo er zusammen mit anderen Leuten nach einer Explosion am XXXX.2014 vom Militär festgenommen und bis 10.06.2014 in Haft gehalten worden sei, bevor ihm nach vergeblichen Versuchen am 08.06.2015 die Flucht aus dem Irak gelungen sei.

Nach der Explosion sei er (seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG zufolge) in ein nahegelegenes Restaurant geflohen und dort zusammen mit vier Freunden und ca. 10 weiteren Personen festgenommen worden [BF in Verhandlungsniederschrift des BVwG vom 20.08.2018, S. 13]. Nach seinen Angaben vor dem BFA hingegen sei die Festnahme des BF draußen zusammen mit anderen Passanten, die bei diesem Vorfall zufällig anwesend gewesen sein sollen [BF in Niederschrift des BFA vom 19.06.2017, S. 6], erfolgt.

Vor der belangten Behörde sprach der BF davon, im Herkunftsstaat "grundlos verfolgt" worden zu sein, komme es doch im Irak oft "zu generellen Festnahmen und die Leute sitzen ohne gerichtliches Verfahren unschuldig im Gefängnis". Befragt danach, ob er im Irak persönlich namentlich gesucht worden sei, gab er an, dass er "aufgrund der generellen Festnahme" gesucht worden sei. Dazu befragt, wer nach ihm gesucht hätte, gab er an: "Das Militär hat mich gesucht. Mein Freund wurde vor Bagdad festgenommen und mein Name ist im Computer gespeichert. Gefragt gebe ich an zu wissen, dass mein Name im Computer gespeichert ist, weil ich am 27.05.2014 verhaftet wurde. Es gibt keinen Haftbefehl gegen mich." Dazu befragt, was das Militär von ihm gewollt hätte, gab er an: "Sie wollten herausfinden, wer von uns der Verbrecher ist, aber es war keiner von uns." [BF in Niederschrift des BFA vom 19.06.2017, S. 7].

Sein Vorbringen in der mündlichen Verhandlung, dass er zur Explosion befragt bzw. einvernommen wurde und nach einem erzwungenen Schuldeingeständnis inhaftiert worden sei [BF in Verhandlungsniederschrift des BVwG vom 20.08.2018, S. 10f], spricht (bei Wahrunterstellung) gegen den Wahrheitsgehalt seiner vor dem BFA gemachten Angaben, dass sein Name im Computer gespeichert worden wäre [BF in Niederschrift des BFA vom 19.06.2017, S. 7].

Mit seinen Angaben vor dem BFA, dass das Militär habe herausfinden wollen, wer von den Festgenommen "der Verbrecher" sei und wer an der Explosion Schuld trage [BF in Niederschrift des BFA vom 19.06.2017, S. 7], setzte er sich mit seinen vor der belangten Behörde gemachten (weiteren) Angaben, dass er den Grund seiner Festnahme nicht gekannt hätte, in Widerspruch. Seine Angaben dazu, dass er den Grund für seine Festnahme angeblich nicht gekannt hätte, steht auch in Widerspruch zu seinen in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG gemachten Angaben, er habe in Haft (unschuldig) seine Schuld an der Explosion gestehen müssen [BF in Verhandlungsniederschrift des BFA vom 20.08.2018, S. 11]; schon anhand dieses Vorbringens wird deutlich, dass er sich über den Grund seiner Inhaftierung bewusst gewesen sein musste. Auf Grund der Unschlüssigkeit erweisen sich seine Angaben insgesamt als unglaubwürdig.

Da er eine allfällige Inhaftierung nicht glaubhaft machen konnte und auch eine Haftbestätigung nicht zur Vorlage brachte [BF in Niederschrift des BFA vom 19.06.2017, S. 10], konnten auch keine Konstatierungen in Hinblick auf eine etwaige Inhaftierung des Beschwerdeführers getroffen werden. Selbst bei Wahrunterstellung einer allfälligen Inhaftierung des BF im Herkunftsstaat konnte er seinen Angaben zufolge nur durch Freilassung freigekommen sein, was wiederum seine Unschuld bezeugen würde. Dagegen vermochte er die von ihm behauptete Befreiung seiner Person durch den IS nicht glaubhaft zu machen.

Aus den angeführten Gründen ist daher nicht ersichtlich und wohl auch nicht glaubhaft, dass er bei seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat der Gefahr einer (neuerlichen) Inhaftierung aus diesem oder aus einem anderen (bisher nicht behaupteten) Grund ausgesetzt sein könnte.

Da ein gegen ihn erlassener Haftbefehl weder nachgewiesen, noch glaubhaft gemacht wurde [BF in Niederschrift des BFA vom 19.06.2017, S. 7], ist auch aus diesem Grund eine neuerliche Inhaftierung des BF bei seiner Rückkehr in den Herkunftstaat auszuschließen.

Aufgrund seiner gleichbleibenden Angaben zum Faktum einer sich am 27.05.2014 in XXXX ereignet habenden Explosion konnte zwar eine solche konstatiert werden; wegen seiner widersprüchlichen Angaben zu einer etwaigen Festnahme und Inhaftierung und weil es ihm überdies nicht gelang, eine solche glaubhaft zu machen, konnte eine Festnahme bzw. eine Inhaftierung des BF im Zusammenhang mit der Explosion nicht festgestellt werden.

Dass der BF ab dem 10.06.2014 tatsächlich vom Militär gesucht worden wäre, konnte nicht glaubhaft gemacht werden, dies schon deshalb, da er sich nach diesem Zeitpunkt (seinen eigenen Angaben zufolge) noch ein Jahr lang in XXXX aufgehalten haben will, ohne dass es zu konkreten Verfolgungshandlungen gekommen wäre. Dies widerspricht auch seinen Angaben, vom Militär verhaftet worden zu sein, da notorisch jeder, der zu Unrecht einer Tat verdächtigt und in der Folge festgenommen wird, das Weite suchen würde, was beim Beschwerdeführer unterblieb. Selbst bei Wahrunterstellung der von ihm behaupteten Fahndung nach seiner Person durch das Militär wäre es für dieses ein Leichtes gewesen, ihn noch während seines Aufenthaltes im Herkunftsstaat über seine (selbst im Entscheidungszeitpunkt noch immer) im Herkunftsstaat aufhältigen Familienangehörigen zu finden; dies umso eher, wenn seine Daten vom Militär tatsächlich in die EDV eingepflegt worden sein sollte. Dass sich der BF nach dem behaupteten Vorfall mit dem Militär noch immer fast ein Jahr lang (unbehelligt) im Herkunftsstaat aufgehalten hatte, macht seine diesbezüglichen Angaben unglaubwürdig. Über Versuche, ihn über seine Familienangehörigen zu finden, konnte den Angaben des BF nichts entnommen werden [BF in Niederschrift des BFA vom 19.06.2017, S. 7]; auch nicht, als die Angehörigen seiner im Herkunftsstaat aufhältigen Kernfamilie im Jahr 2017 von XXXX nach XXXX übersiedelten [BF in Verhandlungsniederschrift des BVwG vom 20.08.2018, S. 10].

In der mündlichen Verhandlung brachte der BF vor, dass einer seiner Brüder nach seiner Übersiedelung nach XXXX wieder nach XXXX gereist sein soll, um dort als Arzt in einem Spital Dienst zu versehen, und sei dieser dort am 13.08.2018 von Sicherheitskräften aufgesucht, nach dem BF befragt und am 15.08.2018 infolge einer gewaltsamen verbalen Auseinandersetzung festgenommen worden [BF in Verhandlungsniederschrift des BVwG vom 20.08.2018, S. 16]. Im weiteren Verlauf der mündlichen Verhandlung gab der BF an, dass sein Bruder am 02.05.2018 wieder freigelassen worden sei. Schon ein Blick auf die Zeitenfolge zeigt, dass die diesbezüglichen Angaben des BF nicht stimmen können.

Unter Bezugnahme auf die mit dem Schreiben der Rechtsvertreterin des BF vom 13.08.2018 dem BVwG vorgelegten Urkunden, konkret eines vorgelegten Schreibens des irakischen Innenministeriums, brachte der BF vor, dass dieses Schreiben "eine Anwesenheitsbestätigung des Innenministeriums" sei und seinem Bruder als Vorlage in jenem Krankenhaus, in dem dieser als Arzt gearbeitet habe, dienen sollte [BF in Verhandlungsniederschrift des BVwG vom 20.08.2018, S. 20]. Dass dieses Schreiben des Innenministeriums jedoch auch, wie im Schreiben der Rechtsvertreterin des BF vom 13.08.2018 angeführt, eine Inhaftierung des Bruders des BF bestätigen würde, lässt sich diesem nicht entnehmen.

Abgesehen davon, dass aufgefallen ist, dass auf diesem nachgereichten Schreiben unter "Date:" nur das Jahr 2018 aufscheint, wirkt sich dieses Schreiben (unabhängig von einer etwaigen Beurteilung seiner Echtheit) auf die getroffene Entscheidung nicht aus, geht doch aus diesem weder der Grund für die Einvernahme des Bruders durch das irakische Innenministerium, noch die vom BF behauptete (angebliche) Verhaftung seines Bruders hervor [BF in Verhandlungsniederschrift des BVwG vom 20.08.2018, S. 20].

Hinsichtlich der nachgereichten Lichtbilder mit den angeblich von einer Folterung herrührenden Verletzungen seines Bruders wurde in der mündlichen Verhandlung die Behauptung erhoben, dass diese von der Ehefrau des Bruders seines BF direkt nach der Haftentlassung seines Bruders angefertigt worden wären. Sein Bruder sei wegen dieser Verletzungen auch im Krankenhaus behandelt worden, einen Arztbrief könne jedoch nicht vorgelegt werden. Dies entspricht auch nicht der Lebenserfahrung, zumal selbst im Irak den in einem Krankenhaus Behandelten Arztbriefe mitgegeben werden. Der Umstand, dass nichts dazu vorgebracht wurde, warum dem Bruder des BF ein Arztbrief nicht ausgehändigt wurde, zieht in Zweifel, dass die auf den Lichtbildern ersichtlichen Verletzungen von einer Folterung herrühren könnten und dass der Bruder des BF tatsächlich in einem Krankenhaus behandelt wurde. Da es dem BF mit den nachgereichten Urkunden überdies nicht gelang, einen konkreten Zusammenhang mit der behaupteten Fahndung nach dem BF herzustellen, konnten die vorgelegten Urkunden wie Verletzungsfotos, Staatsbürgerschaftsnachweis und Ausweise seines Bruders nicht zu einer für den BF positiven Entscheidung gereichen, da es ihm insgesamt nicht gelang, seine Fluchtgründe glaubhaft zu machen.

Vor dem BFA hatte er noch darauf hingewiesen, er habe nach seiner Freilassung von der Familie eines Freundes, der sich mit ihm gemeinsam in Haft befunden haben soll, erfahren, dass dieser auf dem Weg nach Bagdad kontrolliert und nach Feststellung, dass nach ihm gesucht werde, mitgenommen worden sei. Der BF gab dann an: "Als ich das erfahren habe, dass ich in keine andere Provinz reisen kann, weil ich gesucht werde, habe ich beschlossen, auszureisen. Ich habe acht Monate versucht, den Irak zu verlassen. Es hat aber nicht geklappt wegen dem Schlepper. Erst am 08.06.2015 konnte ich in die Türkei fliehen." [BF in Niederschrift des BFA vom 19.06.2017, S. 7].

Dieses Vorbringen steht auch im Widerspruch zum Verhalten des BF, demzufolge er sich nach eigenen Angaben nach dem 10.06.2014, zu welchem Zeitpunkt er aus der Haft freigekommen sein soll, zunächst noch (völlig furchtlos) im Nordirak aufgehalten und erst wenige Monate vor seiner Ausreise beschlossen haben soll, den Irak zu verlassen, was ihm nach einigen vergeblichen Versuchen, jedoch ohne eine konkrete Bedrohung während dieser Zeit, am 08.06.2015 schlepperunterstützt gelungen sei.

Während er vor dem BFA betonte, noch immer Kontakt zur Familie seines Freundes, der zusammen mit dem BF in Haft gewesen sein soll, zu haben und deshalb zu wissen, dass sein Freund noch immer (in der Nähe von Bagdad) in Haft sei [BF in Niederschrift des BFA vom 19.06.2017, S. 7], gab er in der vor dem BVwG stattgehabten mündlichen Verhandlung an, dass ihm vor seiner Ausreise die andauernde Inhaftierung seines Freundes bekannt gewesen sein soll, doch habe er danach nichts mehr über ihn erfahren [BF in Verhandlungsniederschrift des BVwG vom 20.08.2018, S. 19]. Dies spricht gegen den vom BF behaupteten Kontakt zur Familie seines Freundes und macht seine diesbezüglichen Angaben gänzlich unglaubwürdig.

Aufgrund seines von Widersprüchen durchgezogenen Vorbringens und der Tatsache, dass er sich vor seiner Ausreise jedenfalls ein Jahr lang unbehelligt in XXXX aufhalten konnte, war nicht glaubhaft, dass er den Herkunftsstaat aus Furcht vor dem irakischen Militär verließ.

Auch seine vor dem BFA gemachten Angaben, seine Angehörigen seien "nicht so sehr bedroht" wie er selbst, würden "zurzeit nicht bedroht" und seien zuletzt in XXXX bedroht worden [BF in Niederschrift des BFA vom 19.06.2017, S. 7], könnte (bei Wahrunterstellung) zunächst für eine allgemeine Bedrohungslage in der Heimatstadt, die - im Jahr 2006 - den BF zusammen mit seiner Familie zum Umzug in den Nordirak bewogen habe, und dafür sprechen, dass er nach der Übersiedelung in den Nordirak genauso wie seine Familie von keiner persönlichen Bedrohung, sondern mehr oder weniger wie die übrige Bevölkerung vor Ort von der unsicheren Sicherheitslage dort betroffen war.

Auch wenn es dem Amtswissen nach seit Anfang Juli 2018 im Süden des Irak zu teilweise gewaltsamen Protesten, die sich von XXXX aus auf andere Städte ausgeweitet haben, kam und demnach die Lage in der Heimatstadt des BF als unsicher anzusehen war, gibt es im gegenständlichen Fall für den BF jedenfalls die Möglichkeit, sich im Nordirak niederzulassen, war es ihm bereits vor seiner Ausreise möglich, sich im langen Zeitraum von 2006 bis zu seiner im Juni 2015 erfolgten Ausreise aus dem Herkunftsstaat in XXXX aufzuhalten, und ist es seinen Familienangehörigen auch nunmehr möglich, seit dem Jahr 2017 im Nordirak in der Provinz XXXX in XXXX (unbehelligt) zu leben [BF in Verhandlungsniederschrift des BVwG vom 20.08.2018, S. 10]

Dass es auch dem BF möglich gewesen wäre, sich in XXXX aufzuhalten, räumte er in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG mit seinem Vorbringen, dass die meisten aus dem Südirak nach XXXX, XXXX (in welcher Provinz sich der Großteil seiner Familie in XXXX aufhalte), oder XXXX ausgewandert seien, ein. Dagegen gehen seine vor dem BFA gemachten Angaben, dass er deshalb nicht in XXXX leben könne, weil, dort auch das Militär sei und dass "wenn sie meinen Namen lesen, werden Sie mich festnehmen wie meinen Freund" ins Leere, weil er auch nach dem 10.06.2014, zu welchem Zeitpunkt er aus der behaupteten Haft freigekommen sein soll, vom irakischen Militär unbehelligt bis zu seiner Ausreise im Juni 2015 verweilen konnte. Die Angaben, in XXXX nicht leben zu können, weil er vom Militär verfolgt werde, ist als Schutzbehauptung zu werten, um einer drohenden Abschiebung in den Herkunftsstaat zu entgehen.

Es konnten somit weder die vom BF vorgebrachten Fluchtgründe glaubhaft gemacht werden, noch war vor dem Hintergrund der individuellen Rückkehrsituation und der familiären Verhältnisse und der allgemeinen Sicherheitslage ein Abschiebungshindernis erkennbar.

2.6. Hinweise auf eine psychische Beeinträchtigung und eine demzufolge eingeschränkte Fähigkeit zur Einvernahme des BF waren nicht erkennbar, im Gegenteil, gab der BF sowohl in seiner Erstbefragung, als auch in seiner Einvernahme vor der belangten Behörde und in der vor dem BVwG stattgehabten mündlichen Verhandlung (stets gleichlautend) an, dass er gesund und in seiner Einvernehmungsfähigkeit nicht beeinträchtigt sei.

2.7. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Die länderkundlichen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Irak gründen auf dem Amtswissen des erkennenden Gerichtes und auf den als notorisch zu qualifizierenden aktuellen Ereignissen im Herkunftsstaat des BF in Verbindung mit den dazu ergänzend eingesehenen länderkundlichen Informationsquellen. Diesen war auch kein über die oben erörterten, vom BF selbst dargebotenen Verfolgungsgründe hinausgehender Sachverhalt zu entnehmen, der allenfalls Anhaltspunkte für eine aus sonstigen Gründen dem BF drohende individuelle Gefährdung beinhaltet hätte.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 in der geltenden Fassung, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) das Bundesverwaltungsgericht.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt die Entscheidung in der gegenständlichen Rechtssache dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte, mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 in der geltenden Fassung, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl Nr. 51/1991 in der geltenden Fassung) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu Spruchpunkt I.) des angefochtenen Bescheides:

3.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 in der geltenden Fassung, ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht.

Als Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (und Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nach der GFK) ist somit, dass dem Asylwerber im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, also aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, droht. Fehlt einer kausaler Zusammenhang mit einem oder mehreren dieser Konventionsgründe, kommt die Asylgewährung nicht in Betracht (VwGH vom 27.06.2016, Zl. Ra 2016/18/0098 mwN; und vom 16.11.2016, Zl. Ra 2016/18/0094).

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung". Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (VwGH vom 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; vom 17.03.2009, Zl. 2007/19/0459 und vom 28.05.2009, Zl. 2008/19/1031). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH vom 21.09.2000, Zl. 2000/20/0286; vom 10.11.2015, Zl. Ra 2015/19/0185 und vom 05.09.2016, Zl. Ra 2016/19/0074).

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (VwGH vom 24.11.1999, Zl. 99/01/0280; vom 05.09.2016, Zl. Ra 2016/19/0074 und vom 10.11.12015, Zl. Ra 2015/19/0185).

§ 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005 umschreibt "Verfolgung" als jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art. 9 Statusrichtlinie, worunter - unter an

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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