Index
000;Norm
BAO §115 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde des Mag. H in W, vertreten durch Riedl & Ringhofer, Rechtsanwälte in Wien I, Franz-Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 24. Juni 1998, GZ RV/296-15/12/97, betreffend Einkommensteuer 1996, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist an einer Allgemeinbildenden Höheren Schule Lehrer für Mathematik, Informatik und Leibesübungen; weiters ist er als Vertragslehrer für Tennis und Basketball an einer Volkshochschule tätig. Außerdem erzielt er Einkünfte aus der Vermietung zweier Wohnungen. In einer Beilage zur Einkommensteuererklärung für 1996 machte er Aufwendungen in Höhe von S 64.641,23 geltend. Erläuternd wurde dazu ausgeführt, der überwiegende Teil der beruflichen Tätigkeiten werde zu Hause im Arbeitszimmer ausgeübt. Als solche Tätigkeiten wurden die Korrektur von Hausübungsheften, von Schularbeiten, von Schulübungsheften und von schriftlichen Wiederholungen, die Vorbereitung für den Unterricht, die "Nachbereitung" des Unterrichts, Verwaltungstätigkeiten als Klassenvorstand, für die Gesamtorganisation von Sportwochen und der Schulsportanlage, die Tätigkeit als Vorsitzender des gewerkschaftlichen Betriebsausschusses, Vor-, Nachbereitung und Verwaltung als Werkvertragslehrer und Verwaltungstätigkeiten bezüglich der Wohnungsvermietungen angeführt. Die Schule stelle keinen geeigneten Arbeitsplatz zur Verfügung. Der Beschwerdeführer unterrichtete ca. 20 Wochenstunden, die Tätigkeiten daheim beliefen sich auf ca. 30 Wochenstunden.
Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer für 1996 anerkannte das Finanzamt die Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten, da sich der Mittelpunkt der nichtselbständigen Tätigkeit am Dienstort des Beschwerdeführers befinde. Die weiters vom Beschwerdeführer geltend gemachten Aufwendungen für Sportbekleidung wurden ebenfalls nicht berücksichtigt, da derartige Aufwendungen für eine Freizeitbekleidung zu den Aufwendungen für die Lebensführung gehörten.
In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde insbesondere ausgeführt, der Beschwerdeführer übe mehr als die Hälfte seiner Lehrertätigkeit im Arbeitszimmer aus. Bei der Sportbekleidung (Trainingsanzug, Sportschuhe, Sportleibchen, Sportsweater, Sportkappe usw) handle es sich um eine typische Berufskleidung.
Auf Anordnung der belangten Behörde wurde in der Folge eine abgabenbehördliche Erhebung durchgeführt, wobei festgestellt wurde, dass die Einrichtung des Arbeitszimmers aus einem Schreibtisch, einem Computertisch, Regalen und Ablagetischen bestehe. Außerdem befänden sich zwei Personal-Computer mit Terminals und Druckern im Arbeitsraum. In der Garderobe der Schule befänden sich mehrere Sportanzüge, Hosen, Leibchen, Socken und viele Sportschuhe.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab und änderte gleichzeitig den angefochtenen Bescheid zum Nachteil des Beschwerdeführers. In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, die Tätigkeit als AHS-Lehrer und als Werkvertragslehrer werde schwerpunktmäßig außerhalb des Arbeitszimmers ausgeübt. Als Mittelpunkt der Tätigkeit komme nur der Ort in Frage, an dem der Unterricht erteilt werde. Bei einer Sportbekleidung sei eine Trennung zwischen privater und beruflicher Sphäre nicht möglich, sodass die Aufwendungen zur Gänze unter das Aufteilungsverbot im Sinne des § 20 EStG fielen. Von den geltend gemachten Aufwendungen für Computer - die vom Finanzamt anerkannt worden waren - wurde von der belangten Behörde ein Privatanteil von 30 % ausgeschieden, wobei zur Begründung auf "allgemeine Erfahrungen" verwiesen wurde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20. Jänner 1999, 98/13/0132, zu der ab dem Veranlagungsjahr 1996 anzuwendenden Fassung des § 20 Abs 1 Z 1 lit c EStG 1988 ausgesprochen hat, ist der Mittelpunkt einer Lehrtätigkeit nach der Verkehrsauffassung zweifellos jener Ort, an dem die Vermittlung von Wissen und technischem Können selbst erfolgt. Eine solche Lehrtätigkeit kann naturgemäß nicht in einem im häuslichen Wohnungsverband befindlichen Arbeitszimmer des an öffentlichen Einrichtungen unterrichtenden Lehrers vorgenommen werden. Auch wenn für die Lehrtätigkeit eine Vorbereitungszeit sowie eine Zeit für die Beurteilung vorzulegender schriftlicher Arbeiten der Schüler erforderlich ist, so stellt die Ausübung dieser Tätigkeit - wie immer sie auch vorgenommen wird - nicht den Mittelpunkt der Lehrtätigkeit, also die unmittelbare Vermittlung von Wissen und Können an den Schüler, dar. Da somit auch im vorliegenden Beschwerdefall nicht davon ausgegangen werden kann, dass das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen bildet, waren die Voraussetzungen der angeführten Gesetzesstelle für die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für das Arbeitszimmer nicht erfüllt.
Hinsichtlich der vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken ist der Beschwerdeführer ebenfalls auf das Erkenntnis vom 20. Jänner 1999, 98/13/0132, zu verweisen, in dem der Verwaltungsgerichtshof begründet hat, dass die Aufstellung besonderer Voraussetzungen für die Absetzbarkeit von Aufwendungen für ein Arbeitszimmer sachgerecht ist.
Auch hinsichtlich der Absetzbarkeit der Aufwendungen für Sportbekleidung ist der Beschwerdeführer neuerlich auf das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1999, 98/13/0132, zu verweisen, wonach lediglich Aufwendungen für Berufsbekleidung mit allgemein erkennbarem, eine private Nutzung praktisch ausschließendem Charakter als Werbungskosten anerkannt werden können. Eine übliche Sportbekleidung kann dabei keineswegs als eine Bekleidung angesehen werden, bei der eine private Nutzung praktisch ausgeschlossen ist.
Der Beschwerdeführer ist aber insoferne im Recht, als er die Ausscheidung eines Privatanteils an den von der Abgabenbehörde erster Instanz anerkannten Aufwendungen für Computer rügt. Die belangte Behörde hat diese Entscheidung getroffen, ohne dass im Abgabenverfahren - in dem immerhin eine abgabenbehördliche Nachschau vorgenommen worden ist - hiezu irgendwelche Feststellungen getroffen worden sind. Die belangte Behörde hat sich dabei lapidar auf "allgemeine Erfahrungen" gestützt, ohne den Beschwerdeführer zum Ausmaß der beruflichen Nutzung der in Rede stehenden Geräte zu befragen und ihm Gelegenheit zu einer entsprechenden Stellungnahme zu geben. Die belangte Behörde hat damit gegen das auch im Abgabenverfahren zu beachtende Überraschungsverbot verstoßen und den Beschwerdeführer in seinem Recht auf Gehör verletzt. Da nicht ausgeschlossen werden konnte, dass die Behörde bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 26. Mai 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998130138.X00Im RIS seit
21.02.2002