TE Vwgh Erkenntnis 1999/5/26 99/03/0099

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Veröffentlicht am 26.05.1999
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E3R E07204030;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;
99/02 Personentransport Gütertransport auf der Straße;

Norm

31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1 lita;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art2 Abs1;
ABGB §2;
EURallg;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z7;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z8 idF 1998/I/017;
TransitVwVereinbarung Ökopunktesystem 1992 Art3 Z1 Abs1;
VStG §44a Z2;
VStG §5 Abs1;
VStG §5 Abs2;
VStG §6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des BL in G, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Mag. Gernot Götz, Rechtsanwalt in 9800 Spittal/Drau, Kirchgasse 4a, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 28. Jänner 1999, Zl. 1-0979/98/K1, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Vorarlberg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 2. November 1998 um 7.00 Uhr mit einem nach den Kennzeichen bestimmten Sattelkraftfahrzeug aus Deutschland kommend über das ehemalige Autobahnzollamt Lindau-Hörbranz einreisend eine Transitfahrt durch österreichisches Hoheitsgebiet im Rahmen der gewerbsmäßigen Güterbeförderung durchgeführt, ohne ein vollständig ausgefülltes Formular oder eine österreichische Bestätigung über die Entrichtung der Ökopunkte für die betreffende Fahrt gemäß Anhang A der Verwaltungsvereinbarung zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Republik Österreich, BGBl. Nr. 879/1992, mitzuführen, was um

7.45 Uhr auf der B 202 in Höchst, Höhe Zollamt, festgestellt worden sei. Die Fahrtroute habe aus Richtung Deutschland kommend durch Vorarlberg in die Schweiz geführt. Dadurch habe er § 23 Abs. 1 Z. 7 Güterbeförderungsgesetz (1995) in Verbindung mit Art. 3 Z. 1 Abs. 1 der Verwaltungsvereinbarung BGBl. Nr. 879/1992 verletzt. Er wurde hiefür mit einer Geldstrafe von S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 96 Stunden) bestraft.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Der vom Beschwerdeführer erhobene Einwand, die belangte Behörde habe nicht festgestellt, wo der Ausgangs- und Zielort der Fahrt gelegen sei und ob ihm zum Zeitpunkt der Einreise nach Österreich bekannt gewesen sei, dass es sich um eine Transitfahrt handle, oder ob er habe annehmen können, dass es sich nur um einen bilateralen Verkehr handle, ist nicht berechtigt. In der Begründung des angefochtenen Bescheides wurde vielmehr ausgeführt, es sei aufgrund der im Akt erliegenden Frachtpapiere von vornherein festgestanden, dass die Ware von Offingen (Deutschland) nach St. Margarethen (Schweiz) zu transportieren sei. Der Beschwerdeführer könne sich somit nicht mit Erfolg darauf berufen, dass es ihm zum Zeitpunkt der Einreise nach Österreich nicht bekannt gewesen sei, dass es sich bei der gegenständlichen Fahrt um eine Transitfahrt gehandelt habe. Dies begegnet keinen Bedenken, ergibt sich doch auch aus der im Verwaltungsstrafverfahren erstatteten eigenen Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 14. November 1998, dass es sich um eine "Fahrt durch Österreich in die Schweiz" gehandelt habe.

Unter Zugrundelegung dieses Sachverhaltes ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde vom Transit eines LKWs durch Österreich ausging.

Soweit sich der Beschwerdeführer hinsichtlich seines mangelnden Verschuldens auf eine "Auskunft" bzw. "Anweisungen" seines Dienstgebers beruft, wonach für die gegenständliche Fahrt keine Ökopunkte zu entrichten seien, ist er darauf zu verweisen, dass der Auftrag eines Vorgesetzten (Dienstgebers) allein für den Täter einer strafbaren Handlung, die er als solche zu erkennen vermag, keinen Schuldausschließungsgrund im Sinne des § 6 VStG darstellt. Dass der Beschwerdeführer bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit die strafbare Handlung als solche zu erkennen vermocht hätte, ist nicht zweifelhaft, muss doch von einem eine Transitfahrt mit einem Lastkraftwagen durchführenden Lenker verlangt werden, sich mit den einschlägigen Rechtsnormen vertraut zu machen. Hiezu genügt es aber nicht, sich bloß auf Auskünfte seines Arbeitgebers zu verlassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 99/03/0128).

Einer Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG stand entgegen, dass nicht zu erkennen ist, dass im Beschwerdefall das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückblieb (vgl. abermals das schon angeführte hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 99/03/0128).

Dennoch ist die Beschwerde im Ergebnis berechtigt. Die belangte Behörde hat nämlich übersehen, dass im Tatzeitpunkt bereits die durch BGBl. I Nr. 17/1998 (ausgegeben am 9. Jänner 1998) erfolgte Änderung des Güterbeförderungsgesetzes 1995 in Geltung gestanden ist. Damit wurde - unter anderem - in § 23 Abs. 1 folgende Z. 8 eingefügt:

"8. unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist;"

Diese Änderung der Rechtslage entzieht den für die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes, dass mit dem Nichtmitführen einer Ökokarte mit gültigen Ökopunkten für eine Transitfahrt gegen Art. 3 Z. 1 Abs. 1 der Verwaltungsvereinbarung BGBl. Nr. 879/1992 verstossen werde, maßgebenden Überlegungen (vgl. das Erkenntnis vom 8. September 1998, Zlen. 98/03/0036, 0212) insofern die Grundlage, als ein Verstoss gegen die Verordnung (EG) Nr. 3298/94 als eine unmittelbar anwendbare Vorschrift der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße nunmehr nach § 23 Abs. 1 Z. 8 Güterbeförderungsgesetz 1995 geahndet werden kann. Überdies ist die Übergangsfrist von drei Jahren, für welche Art. 3 Z. 1 Abs. 1 der Verwaltungsvereinbarung durch das Protokoll Nr. 9 zu den EU-Beitrittsakten rezipiert wurde, mit 31. Dezember 1997 abgelaufen. Daraus folgt, dass anstelle der genannten Bestimmung der Verwaltungsvereinbarung nunmehr Art. 1 Abs. 1 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission (in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission) anzuwenden ist; ihre Anführung in Verbindung mit § 23 Abs. 1 Z. 7 Güterbeförderungsgesetz 1995 als durch die Tat verletzte Vorschriften im Sinne des § 44a Z. 2 VStG ist daher rechtlich verfehlt (vgl. das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 99/03/0016).

Aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 26. Mai 1999

Schlagworte

Verwaltungsvorschrift Mängel im Spruch falsche Subsumtion der Tat

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999030099.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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