Entscheidungsdatum
03.01.2019Norm
AsylG 2005 §57Spruch
G306 2109947-2/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX, geb. am XXXX, StA.: Kosovo, rechtlich vertreten durch den Verein "Zeige" Dr. KLODNER, gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX; gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, vom 03.04.2018, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.12.2018, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin (BF) wurde am 15.01.2015 in Österreich geboren und stellte am 23.01.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005.
Der Antrag wurde erstinstanzlich rechtskräftig negativ entschieden.
Die BF stellte am 04.10.2017 einen Erstantrag auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung aus Gründen des Artikel 8 EMRD "Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens".
Mit im Spruch angeführten Bescheid, wies das BFA den Antrag ab und erließ gegen die BF eine Rückkehrentscheidung. Es stellte fest, dass die Abschiebung in den Kosovo zulässig ist und wurde für die freiwillige Ausreise eine Frist von 2 Wochen, ab Rechtskraft, eingeräumt.
Mit Eingabe vom 08.05.2018 durch Unterstützung der ARGE Rechtsberatung, erhoben die Eltern der BF Beschwerde gegen den genannten Bescheid an das BVwG.
Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom BFA am 17.05.2018 dem BVwG vorgelegt.
Am 29.11.2018 langte beim BVwG die Vollmachtsbekanntgabe für den "Verein Zeige" ein.
Am 17.12.2018 langte die Vollmachtsauflösung für die Diakonie Flüchtlingsdienst - ARGE Rechtsberatung ein.
Am 18.12.2018 fand beim BVwG - Außenstelle Graz - eine mündliche Verhandlung statt an der die Eltern der BF persönlich sowie die RV teilnahm. Die belangte Behörde nahm an der Verhandlung nicht teil.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Feststellungen:
Die BF führt die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum), ist Staatsangehöriger der Republik Kosovo. Die BF gehört zur Volksgruppe der Albaner und zum muslimischen Glauben. Die Muttersprache ist albanisch. Die BF ist die Tochter des XXXX und XXXX und Schwester der Geschwister XXXX und XXXX welche in einem gemeinsamen Haushalt leben. Mit Erkenntnisse des heutigen Tages, werden auch die Beschwerden der leiblichen Mutter, Vater sowie der zwei Geschwister mit gleichlautendem Spruch abgewiesen (G306 1421039, G306 1433139, G306 2195605, G306 2195607).
Im Kosovo leben nach wie vor nahe Verwandte der BF.
Die BF besucht im Bundesgebiet den Kindergarten.
Es konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte festgestellt werden welche die Annahme rechtfertigen würden, dass die BF in Österreich in sprachlicher und gesellschaftlicher Hinsicht hinreichend integriert ist.
Die BF ist nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels.
Es konnte nicht festgestellt werden, dass die BF an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidet.
Es konnten keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer tiefgreifenden Integration in Österreich festgestellt werden.
Die BF hält sich seit mittlerweile 3 1/2 Jahren nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Die leiblichen Eltern der BF haben es bisher unterlassen bzw. sich strikt dagegen Ausgesprochen, freiwillig in den Kosovo zurückzukehren.
Es konnten keine Anhaltspunkte für das Vorliegen von Rückkehr- oder Abschiebehindernisse festgestellt werden.
Der Kosovo gilt als sicherer Herkunftsstaat.
Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens sowie aus den Angaben der Eltern in der mündlichen Verhandlung und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:
Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Namen und Geburtsdatum), zur Staatsangehörigkeit, dessen Aufenthalt im Bundesgebiet, zur Wohnsitzmeldung, zum Nichtbesitz eines Aufenthaltstitels getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen sowie aus den eigenen Angaben der Eltern der BF in der mündlichen Verhandlung.
Zudem wurde die Feststellung zum Nichtbesitz eines zum längeren Aufenthalt berechtigenden Rechtstitels, durch den Datenbestand des Zentralen Fremdenregisters gestützt.
Dass die BF bereits ein Asylverfahren samt Rückkehrentscheidung durchlaufen hat sowie deren rechtskräftige Abweisungen beruht auf dem Datenbestand des Zentralen Fremdenregisters sowie aus dem vorliegenden Verwaltungsakt.
Das die BF gegenwärtig einen Kindergarten besucht ergibt sich aus den Angaben der Eltern in der mündlichen Verhandlung.
Dass die BF über Familienangehörige im Herkunftsstaat verfügt, beruht auf dem Vorbringen der Eltern der BF vor der belangten Behörde sowie in der mündlichen Verhandlung.
Die Nichtfeststellbarkeit einer lebensbedrohlichen Erkrankung der BF beruht auf dem Nichtvorbringen eines diesbezüglichen Sachverhaltes seitens der Eltern der BF.
Die Nichtfeststellbarkeit von Anhaltspunkten welche für eine tiefgreifende Integration der BF im Bundesgebiet sprechen können, beruht auf dem Nichtvorbringen eines solchen nahelegenden Sachverhaltes.
Zudem steht dem Vorbringen der Eltern der BF im Falle ihrer Rückkehr in den Kosovo nichts vorzufinden, die Arbeitsfähigkeit und Berufserfahrung der Eltern sowie die Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid entgegen. Diesen kann entnommen werden, dass der kosovarische Staat ihren Staatsbürger Sozialhilfeleistungen gewährt welche im Falle der Rückkehr in den Kosovo auch Wohnraum beinhaltet. Darüber hinaus ist im Kosovo eine hinreichende medizinische, die Behandlung und Therapierung von psychischen Erkrankungen beinhaltende, medizinische Versorgungslandschaft etabliert. In Ermangelung der Vorlage gegenteiliger Länderberichte und nicht näher dargelegter Sachverhalte seitens der Eltern der BF, weshalb gerade sie keinen Zugang zu herkunftsstaatlichen (medizinischen und allgemeinen) Hilfsleistungen hätte oder trotz Berufserfahrung am kosovarischen Arbeitsmarkt (Ausbildung zum Elektrotechniker) nicht Fuß fassen wird können, um seinen Unterhalt aus eigenem zu besorgen, vermögen die Eltern der BF keine Rückkehr- und oder Abschiebehindernisse zu substantiieren.
Zur Lage im Herkunftsstaat:
Die von der belangten Behörde im gegenständlich angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den von ihr in das Verfahren eingebrachten und im Bescheid angeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen. Die belangte Behörde hat dabei Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt. Diese Quellen liegen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vor und decken sich im Wesentlichen mit dem Amtswissen des BVwG, das sich aus der ständigen Beachtung der aktuellen Quellenlage (Einsicht in aktuelle Berichte zur Lage im Herkunftsstaat) ergibt.
Insoweit die belangte Behörde ihren Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde gelegt hat, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem BVwG von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.
Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
Die Feststellung, dass der Kosovo als sicherer Herkunftsstaat gilt, beruht auf § 1 Z 6 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV). Im Kosovo herrschen keine kriegerischen oder sonstigen bewaffneten Auseinandersetzungen.
Die Eltern der BF sind den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat, die auf den in das Verfahren eingeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen beruhen, nicht substantiiert entgegengetreten.
Insofern die Eltern der BF in der gegenständlichen Beschwerde vermeinen, die getroffenen Länderfeststellungen seien zu allgemein gehalten und gingen nicht auf die konkrete Situation der Eltern der BF ein, vermögen diese keine Zweifel an der hinreichenden Umfänglichkeit dieser aufzubringen. Die besagten Länderfeststellungen erweisen sich als hinreichend detailliert auf die konkrete Situation der Familie eingehend. Weder sparen diese die medizinische Situation im Hinblick auf die psychischen Erkrankungen sowie Behinderungen der Eltern noch die wirtschaftliche und Wohlfahrtssituation im Herkunftsstaat aus. Letztlich sind die Eltern der BF den besagten Länderfeststellungen auch nicht substantiiert, vermittels der Vorlage von Länderberichten oder den gelichkommenden Unterlagen, entgegengetreten.
Es wurden somit im gesamten Verfahren keinerlei Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit und hinreichenden Detailliertheit der Informationen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Zweifel aufkommen ließen.
Rechtliche Beurteilung:
Die BF ist als Staatsangehörige vom Kosovo und somit Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG.
Gemäß § 55 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine Aufenthaltsberechtigung zu erteilen, wenn dies gemäß
§ 9 Abs 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des
Art 8 EMRK geboten ist.
§ 58 AsylG regelt das Verfahren zur Erteilung von Aufenthaltstiteln gemäß §§ 55 ff AsylG. Gemäß § 58 Abs 5 AsylG sind Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG persönlich beim BFA zu stellen. Gemäß § 58 Abs 8 AsylG hat das BFA im verfahrensabschließenden Bescheid über die Zurück- oder Abweisung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG abzusprechen.
Gemäß § 10 Abs 3 AsylG und § 52 Abs 3 FPG ist die Abweisung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG grundsätzlich mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden. Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das BFA gleichzeitig mit einer Rückkehrentscheidung festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art 8 Abs 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, durch die in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration
(Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen. Gemäß § 9 Abs 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.
Bei der Beurteilung, ob die Erteilung eines Aufenthaltstitels zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens der BF geboten ist, ist eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen, die auf alle Umstände des Einzelfalls Bedacht nimmt. Maßgeblich sind dabei etwa die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität sowie die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, weiters der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, sowie die Bindungen zum Heimatstaat (vgl VwGH 15.03.2016, Ra 2016/19/0031). Dabei muss ein Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits gefunden werden. In die gebotene Gesamtbeurteilung sind alle gemäß Art 8 EMRK relevanten Umstände seit der Einreise des Fremden einzubeziehen.
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihres Briefverkehrs.
Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit ein Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sind die Staaten im Hinblick auf das internationale Recht und ihre vertraglichen Verpflichtungen befugt, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu überwachen (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80 ua, EuGRZ 1985, 567; 21.10.1997, Boujlifa, Zl. 25404/94; 18.10.2006, Üner, Zl. 46410/99; 23.06.2008 [GK], Maslov, 1638/03; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07). Die EMRK garantiert Ausländern kein Recht auf Einreise, Aufenthalt und Einbürgerung in einem bestimmten Staat (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09).
In Ergänzung dazu verleiht weder die EMRK noch ihre Protokolle das Recht auf politisches Asyl (EGMR 30.10.1991, Vilvarajah ua., Zl. 13163/87 ua.; 17.12.1996, Ahmed, Zl. 25964/94; 28.02.2008 [GK] Saadi, Zl. 37201/06).
Hinsichtlich der Rechtfertigung eines Eingriffs in die nach Art. 8 EMRK garantierten Rechte muss der Staat ein Gleichgewicht zwischen den Interessen des Einzelnen und jenen der Gesellschaft schaffen, wobei er in beiden Fällen einen gewissen Ermessensspielraum hat. Art. 8 EMRK begründet keine generelle Verpflichtung für den Staat, Einwanderer in seinem Territorium zu akzeptieren und Familienzusammenführungen zuzulassen. Jedoch hängt in Fällen, die sowohl Familienleben als auch Einwanderung betreffen, die staatliche Verpflichtung, Familienangehörigen von ihm Staat Ansässigen Aufenthalt zu gewähren, von der jeweiligen Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse ab. Von Bedeutung sind dabei das Ausmaß des Eingriffs in das Familienleben, der Umfang der Beziehungen zum Konventionsstaat, weiters ob im Ursprungsstaat unüberwindbare Hindernisse für das Familienleben bestehen, sowie ob Gründe der Einwanderungskontrolle oder Erwägungen zum Schutz der öffentlichen Ordnung für eine Ausweisung sprechen. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine Ausweisung nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten (EGMR 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07, mwN; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09; 03.11.2011, Arvelo Aponte, Zl. 28770/05; 14.02.2012, Antwi u. a., Zl. 26940/10).
Die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gegen einen Fremden, dessen Aufenthalt lediglich auf Grund der Stellung von einem oder mehreren Asylanträgen oder Anträgen aus humanitären Gründen besteht, und der weder ein niedergelassener Migrant noch sonst zum Aufenthalt im Aufenthaltsstaat berechtigt ist, stellt in Abwägung zum berechtigten öffentlichen Interesse einer wirksamen Einwanderungskontrolle keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das Privatleben dieses Fremden dar, wenn dessen diesbezüglichen Anträge abgelehnt werden, zumal der Aufenthaltsstatus eines solchen Fremden während der ganzen Zeit des Verfahrens als unsicher gilt (EGMR 08.04.2008, Nnyanzi, Zl. 21878/06).
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:
Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt zeigt, dass sich die BF seit 4 Jahren im Bundesgebiet aufhält. Der Aufenthalt war jedoch anfänglich nur aufgrund eines unbegründeten Antrag auf internationalen Schutz rechtmäßig und ist der ist der Aufenthalt seit rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens als rechtswidrig zu werten. Mit den Eltern der BF wurde bereits im Dezember 2015 ein Kontaktgespräch bezüglich der bevorstehenden Abschiebung besprochen. Auch wenn dies im Nachhinein dementiert wurde bzw. die Eltern vermeinten falsch verstanden worden zu sein, verhinderten diese die Außerlandesbringung dadurch, dass der Vater mit der Ermordung seiner Kinder drohte und er in Folge in eine Psychiatrie eingewiesen wurde. Die Eltern der BF gaben in der mündlichen Verhandlung an, dass sie Österreich nicht verlassen können, weil sie im Kosovo nichts mehr haben und es hier in Österreich besser sei.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nehmen die persönlichen Interessen des Fremden an seinem Verbleib in Österreich grundsätzlich mit der Dauer seines bisherigen Aufenthalts zu. Die bloße Aufenthaltsdauer ist jedoch nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalls zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit dazu genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren (vgl. VwGH 10.11.2015, Ro 2015/19/0001).
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertritt, ist bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die im Inland verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, werden Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach einem so langen Inlandsaufenthalt noch als verhältnismäßig angesehen (vgl. VwGH 14.4.2016, Ra 2016/21/0029; 17.10.2016, Ro 2016/22/0005). Diese Rechtsprechung wurde vom Verwaltungsgerichtshof wiederholt auch auf Fälle übertragen, in denen die Aufenthaltsdauer knapp unter zehn Jahren lag (vgl. zu einem ungefähr neuneinhalbjährigen Aufenthalt VwGH 30.7.2014, 2013/22/0226; 9.9.2014, 2013/22/0247; 16.12.2014, 2012/22/0169).
Vorliegend hielt sich die BF aufgrund eines unbegründete Antrag auf internationalen Schutz bis zur Abweisung des Antrags auf internationalen Schutzes rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Daran schloss, bis zum nunmehr angefochtenen Bescheid, ein unrechtmäßiger Aufenthalt an. Demzufolge war die BF - im maßgeblichen Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung - jedenfalls bereits 4 Jahre lang - davon jedoch mehr als die Hälfte Zeit, unrechtmäßig - im Bundesgebiet aufhältig.
Bei einem derartig - im Verhältnis zum gesamten Aufenthalt - unrechtmäßigen - Aufenthalt im Bundesgebiet ist regelmäßig von keinem Überwiegen der persönlichen Interessen auszugehen.
Der gegenständliche Antrag nach Art. 8 EMRK kann nicht dafür benutzt werden um die dafür vorgesehen gesetzlichen Bestimmungen zur Erlangung eines Aufenthaltstitels nach den NAG zu umgehen.
Die Eltern der BF konnten keinerlei Gründe darbringen welche für die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels, von ausschlaggebender Bedeutung wäre. Sogar der Rechtsvertreter vermeinte in der mündlichen Verhandlung - abschließend - ob es nicht eine andere Möglichkeit zur Erlangung eines Bleiberechtes gäbe. Nach höchstgerichtlicher Judikatur ist bei einer derartigen, von Anfang an beabsichtigten Umgehung der Regelungen über eine geordnete Zuwanderung und den "Familiennachzug" dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme insgesamt ein sehr großes Gewicht beizumessen. In einem solchen Fall ist sogar die Trennung von einem österreichischen Ehepartner gerechtfertigt (VwGH 15.03.2018, Ra 2017/21/0191; siehe auch 20.10.2016, Ra 2016/21/0271).
Da dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zukommt, insbesondere der Verhinderung der Umgehung der Regelungen über eine geordnete Zuwanderung, ist das BFA trotz des mehrjährigen Aufenthalts der BF (die Hälfte illegal) im Bundesgebiet, ihres Familienlebens in Österreich (gesamte Familie wurde negativ beschieden) zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass sein persönliches Interessen an einem Verbleib in Österreich weniger schwer wiegen als die gegenläufigen öffentlichen Interessen. Die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels ist nicht zur Aufrechterhaltung seines Privat- und Familienlebens geboten.
In einem Verfahren nach § 55 AsylG ist eine amtswegige Prüfung gemäß § 57 AsylG nicht vorgesehen (VwGH 27.07.2017, Ra 2017/22/0007), sodass die Behörde zu Recht keine solche Prüfung vornahm.
Die Voraussetzungen für die Erteilung der beantragten Aufenthaltsberechtigung aus Gründen des Art 8 EMRK gemäß § 55 AsylG liegen nicht vor, sodass gemäß § 10 Abs 3 AsylG iVm § 52 Abs 3 FPG eine Rückkehrentscheidung zu erlassen ist. Die Gründe, warum die Rückkehrentscheidung nicht auf Dauer unzulässig ist, decken sich mit den Überlegungen zur Abweisung des Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG.
Gemäß § 50 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art 2 EMRK oder Art 3 EMRK oder die Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK verletzt würden oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre (Abs 1), wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Abs 2) oder solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht (Abs 3).
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist die Abschiebung der BF in den Kosovo und angesichts der festgestellten Situation dort mangels konkreter Anhaltspunkte für deren Unzulässigkeit zulässig. Die BF wird gemeinsam mit seiner gesamten Familie, dessen Verfahren allesamt negativ beschieden wurden, in den Kosovo zurückkehren. Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen könnte, liegt aktuell im Kosovo - auch bei Berücksichtigung der schwierigen wirtschaftlichen Lage dort - nicht vor. Darüber hinaus wurden in der mündlichen Verhandlung die aktuellsten Länderberichte zum Kosovo in Vorlage gebracht und den Eltern als auch dem RV die Möglichkeit einer Stellungnahem eingeräumt. Es erfolgte keine Stellungnahme und wurde auch keine Frist zur Abgabe einer etwaigen Stellungnahme beantragt.
Selbst wenn der VwGH vermeint, dass im Rahmen eines Rückkehrentscheidungsverfahrens, dennoch unter der Schwelle des Art 2 und 3 EMRK gelegene Sachverhalte bei der Beurteilung des Privatlebens iSd. Art 8 EMRK Bedeutung zukomme, sodass etwa "Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder bei Sozialleistungen" in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG 2014 miteinzubeziehen seien (vgl. VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0119), vermochte gegenständlich angesichts der Arbeitsfähigkeit sowie der im Herkunftsstaat gelegenen sozialen Anknüpfungspunkte und der Ausbildung zum Elektrotechniker des BF, sowie der im Kosovo gegebenen medizinischen und allgemeinen herkunftsstaatlichen Hilfsleistungsmöglichkeiten, eine Verletzung von Art 8 EMRK nicht aufgezeigt werden.
In diesem Kontext ist hinsichtlich der Erkrankung des BF, uunbeschadet des bisher Ausgeführten, ergänzend auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH vom 06.03.2008, Zl: B 2400/07-9) zu verweisen, welches die aktuelle Rechtsprechung des EGMR zur Frage der Vereinbarkeit der Abschiebung Kranker in einen anderen Staat mit Art. 3 EMRK festhält (D. v. the United Kingdom, EGMR 02.05.1997, Appl. 30.240/96, newsletter 1997,93; Bensaid, EGMR 06.02.2001, Appl. 44.599/98, newsletter 2001,26; Ndangoya, EGMR 22.06.2004, Appl. 17.868/03; Salkic and others, EGMR 29.06.2004, Appl. 7702/04; Ovdienko, EGMR 31.05.2005, Appl. 1383/04; Hukic, EGMR 29.09.2005, Appl. 17.416/05; EGMR Ayegh, 07.11.2006; Appl. 4701/05; EGMR Goncharova & Alekseytsev, 03.05.2007, Appl. 31.246/06).
Zusammenfassend führt der VfGH aus, das sich aus den erwähnten Entscheidungen des EGMR ergibt, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung in Art. 3 EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (Fall D. v. the United Kingdom).
Vor dem Hintergrund dieser strengen Judikatur des EGMR kann jedenfalls nicht erkannt werden, dass eine Überstellung der Eltern so auch des BF in den Kosovo eine Verletzung seiner Rechte gem. Art. 3 EMRK darstellen würde, da aktuell bei ihm offensichtlich nicht das Endstadium einer tödlichen Krankheit gegeben und die Gesundheitsversorgung im Kosovo stabil ist. Ausgehend von den Länderfeststellungen liegen letztlich auch keine Hinweise dafür vor, dass der BF keinen Zugang zu herkunftsstaatlichen Gesundheitsleitungen hätte.
Sohin ist die Beschwerde, mangels vorgebrachter und von Amts wegen nicht feststellbarer besonderer Gründe, als unbegründet abzuweisen.
Gemäß § 55 FPG wird zugleich mit einer Rückkehrentscheidung eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Diese beträgt - abgesehen von Fällen, in denen besondere Umstände vorliegen, die hier aber nicht behauptet wurden, 14 Tage. Die Einräumung von einer 2-wöchigen Frist ist daher nicht zu beanstanden.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
freiwillige Ausreise, individuelle Verhältnisse, Interessenabwägung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G306.2109947.2.00Zuletzt aktualisiert am
12.03.2019