TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/7 G307 1230763-2

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Veröffentlicht am 07.01.2019
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Entscheidungsdatum

07.01.2019

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FPG §66

Spruch

G307 1230763-2/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. am XXXX, StA. Kosovo, vertreten durch RA Mag. Dr. Christian JANDA in 4550 Kremsmünster gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.05.2018, Zahl XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1. Mit Schreiben vom 17.04.2018 räumte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich (im Folgenden: BFA, RD OÖ) dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) im Rahmen einer Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme (VEB) Parteiengehör ein, forderte diesen darin auf, zur beabsichtigten Erlassung einer Ausweisung, seinen persönlichen Verhältnissen und Integrationsschritten innerhalb von 14 Tage ab Zustellung dieses Schreibens Stellung zu nehmen.

2. Der BF nahm mit Schriftsatz vom 08.05.2018, beim BFA eingelangt am selben Tag, durch den im Spruch angeführten Rechtsvertreter (im Folgenden: RV) dazu Stellung.

3. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid des BFA, dem BF persönlich zugestellt am 01.06.2018 wurde der BF gemäß § 66 FPG iVm § 55 Abs. 3 NAG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt I.) und diesem gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit dieser Entscheidung eingeräumt (Spruchpunkt II.).

4. Gegen diesen Bescheid erhob die BF durch seine RV Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin wurde beantragt, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass der Stellungnahme des BF gefolgt und gegenständlich von der Ausweisung des BF aus dem österreichischen Bundesgebiet Abstand genommen werde, in eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Erlassung eines Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen sowie eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.

5. Die Beschwerde und der zugehörige Verwaltungsakt wurden vom BFA dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 24.07.2018 vorgelegt und langten dort am 27.07.2018 ein.

6. Zur Beurteilung der in der Stellungahme vom 08.05.2018 getätigten Ausführungen ersuchte das erkennende Gericht das Bezirksgericht XXXX (BG XXXX) mit Schreiben vom 20.11.2018 um Zusendung der Akte XXXX sowie XXXX, welche dem BVwG am 27.12.2018 übermittelt wurden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die BF führt die im Spruch angegebene Identität (Name und Geburtsdatum), ist kosovarischer Staatsbürger und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Er ist geschieden, hat keine Obsorgepflichten und hält sich seit 07.04.2014 durchgehend im Bundesgebiet auf.

1.2. Im Heimatland besuchte der BF von 1987 bis 1995 die Grundschule, genoss danach aber keine berufliche Ausbildung. In Österreich ist er seit 03.04.2014 beim XXXX als Hilfsarbeiter für einen monatlichen Bruttolohn von zuletzt € 2.741,18 tätig. Aktuell ist er saisonal seit XXXX.2018 arbeitslos und bezieht hiefür seitdem Arbeitslosenunterstützung. Davor war er vom XXXX.2014 bis zu heutigen Tage bei in 6 Arbeitsverhältnissen bei insgesamt 3 Arbeitgebern beschäftigt. Von XXXX.2016 bis XXXX.2017 und vom XXXX.2017 bis XXXX.2018 bezog er ebenso Arbeitslosenentgelt.

1.3. Der BF ist gesund, arbeitsfähig und strafrechtlich unbescholten. Es konnte nicht festgestellt werden, dass er über Deutschkenntnisse eines bestimmten Niveaus verfügt.

1.4. Der BF reiste erstmalig am 22.07.1999 unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet ein und stellte am 23.07.1999 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.08.1999 wegen Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland zurück- und der BF dorthin ausgewiesen wurde. Am XXXX.1999 wurde der BF nach Deutschland abgeschoben.

Am 19.03.2002 stellte der BF beim Bundesasylamt Linz einen weiteren Asylantrag, welcher in zweiter Instanz vom Unabhängigen Bundesasylsenat (UBAS) am 19.03.2002 abgewiesen wurde.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft XXXX vom XXXX.2002 wurde gegen den BF ein auf 3 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen und der BF am XXXX.2002 auf dem Luftweg in den Kosovo abgeschoben.

Der BF beantragte am XXXX.2015 die Ausstellung einer Aufenthaltskarte als Angehöriger einer EWR-Bürgerin, welche ihm vom Magistrat der Stadt XXXX am selben Tag ausgestellt wurde und (noch immer) bis zum XXXX.2020 gültig ist.

1.5. In Österreich leben 2 Brüder und vier Cousins des BF, zu welchen er regelmäßigen Kontakt pflegt.

1.6. Der BF ehelichte am XXXX.2014 die slowakische Staatsbürgerin XXXX, geboren am XXXX. Das Scheidungsverfahren wurde am XXXX.2016 durch Klage der Ehegattin eingeleitet und die Ehe einvernehmlich vor dem BG XXXX am XXXX.2017 geschieden.

Noch bei aufrechter Ehe verkehrte die damalige Frau des BF mit einem anderen Mann. Der BF erfuhr von diesem Umstand und wendete sich in der Folge von seiner Frau ab. Diese bekam am XXXX einen Sohn namens XXXX. Das BG XXXX schloss mit Beschluss vom XXXX.2017, Zahl XXXX die Vaterschaft des BF aus. Aufgrund dieses Umstandes war dem BF die weitere Aufrechterhaltung des BF nicht mehr zumutbar.

2. Beweiswürdigung

2.1. Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

2.2. Der oben festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht und auf Grund der vorliegenden Akten und einer mündlichen Verhandlung durchgeführten Ermittlungsverfahrens und wird in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zu Identität, Staatsbürgerschaft, Schulausbildung, Familienstand, Einreise nach Österreich, den bisher geführten Asyl- und fremdenrechtlichen Verfahren und deren Ausgang, Bestand der Aufenthaltsberechtigung nach dem NAG getroffen wurden, ergeben sich diese aus dem Bescheid des Bundesamtes, den Stellungnahmen der RV, dem Inhalt des auf den Namen des BF lautenden Auszuges aus dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Inhalt des Zentralen Fremdenregisters (ZFR) sowie den im Akt einliegenden Aktenstücken zu den vormals geführten Asylverfahren.

Der BF legte einen auf seinen Namen lautenden kosovarischen Reisepass vor, an dessen Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel aufgekommen sind.

Die bisher ausgeübten Beschäftigungen und die aktuelle Arbeitslosigkeit folgendem Inhalt des auf die Person des BF lautenden Sozialversicherungsdatenauszuges (SVD-Auszug). Die Höhe des Bezuges folgt sowohl aus den vorgelegten Lohnzetteln, den im SVD-Auszug wiedergegebenen Beitragsgrundlagen, den Ausführungen des BF in seinen Stellungnahmen und der Beschwerde und decken sich auch mit den dem erkennenden Gericht vorgelegten Lohnzetteln des BF.

Die Ehe mit XXXX und deren Scheidung folgen dem im Akt einliegenden Urteil des BG XXXX und deckt sich dieser Umstand mit den dahingehenden Ausführungen sowohl des BF wie des Bundesamtes.

Der BF legte keinerlei Bescheinigungsmittel vor, welche Deutschkenntnisse eines bestimmten Niveaus nahegelegt hätten. Krankheiten hat der BF keine ins Treffen geführt und in seiner Stellungnahme vor dem Bundesamt vorgebracht, gesund zu sein. Da der BF derzeit eine Beschäftigung ausübt, kann von dessen Arbeitsfähigkeit ausgegangen werden.

Die strafrechtliche Unbescholtenheit des BF ergibt sich aus dem Amtswissen des erkennenden Gerichtes durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.

Der Bestand von Verwandten und deren Aufenthalt im Bundesgebiet folgt den Ausführungen des BF in dessen Stellungnahmen, in der Beschwerde und deckt sich mit den dahingehenden Einträgen im ZMR. Auch die Namensgleichheit zwischen den Verwandten des BF und ihm spricht dafür.

Beginn und Auslöser der Eheprobleme zwischen der Exfrau des BF und ihm selbst, der Ehebruch sowie die Zeugung eines Kindes mit einer ehefremden Person, sind dem im Akt einliegenden Beschlüssen des BG XXXX zu XXXX wie XXXX zu entnehmen. Wie in der Beschwerde richtig festgehalten, ist in einem solchen Fall wohl keinem Ehepartner die weitere Aufrechterhaltung der Ehe zuzumuten, zumal die Exfrau dem BF ein fremdes Kind "unterschieben" wollte.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zur Stattgabe der Beschwerde:

3.1.1. Gemäß § 54 Abs. 1 NAG sind Drittstaatsangehörige, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§ 51) sind und die in § 52 Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen erfüllen, zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt. Ihnen ist auf Antrag eine Aufenthaltskarte für die Dauer von fünf Jahren oder für die geplante kürzere Aufenthaltsdauer auszustellen. Dieser Antrag ist innerhalb von vier Monaten ab Einreise zu stellen. § 1 Abs. 2 Z 1 gilt nicht.

Gemäß § 54 Abs. 5 Z 4 NAG bleibt das Aufenthaltsrecht der Ehegatten oder eingetragenen Partner, die Drittstaatsangehörige sind, bei Scheidung oder Aufhebung der Ehe oder Auflösung der eingetragenen Partnerschaft erhalten, wenn sie nachweisen, dass sie die für EWR-Bürger geltenden Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 oder 2 erfüllen und es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, insbesondere weil dem Ehegatten oder eingetragenem Partner wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Interessen ein Festhalten an der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft nicht zugemutet werden kann.

Gemäß § 51. Abs. 1 NAG sind EWR-Bürger aufgrund der Freizügigkeitsrichtlinie zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie

1. in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;

2. für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder

3. als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG idgF lautet:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, eine der Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG liegt vor, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

3.1.3. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

Wie den Feststellungen entnehmbar ist, war es dem BF nicht (mehr) zumutbar, die Ehe mit seiner Exfrau vor dem Hintergrund ihres Fehlverhaltens, insbesondere des Ehebruches bereits nach kurz dauernder Ehebeziehung, aufrechtzuerhalten. Eine Weiterführung der Ehe hätte dem BF somit nicht mehr abverlangt werden können. Es ist daher davon auszugehen, dass ein ursprüngliches Festhalten an der Ehe eine grobe Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Interessen (hier: ihres des ehelichen Fehlerhaltens) mit sich gebracht hätte.

Dass - wie im Rechtsmittel - folgerichtig ausgeführt, der BF in letzter Konsequenz eine einvernehmliche Scheidung (insbesondere aus Gründen der Kostenersparnis) der Ehe angestrebt hat und diese nicht aus Verschulden der Exfrau geschieden wurde, hindert die Interpretation einer groben Beeinträchtigung der schutzwürdigen Interessen des BF nicht. Im Gegenteil: Im Fall des BF ist wohl keiner Person die Beibehaltung des Ehelebens unter den geschilderten Umständen (Ehebruch, Unterschiebung eines Kindes) zumutbar.

Der BF erfüllt nicht nur die Voraussetzung des § 54 Abs. 5 Z 4 NAG, sondern bis vor kurzem auch jene des § 51 Abs. 1 Z 1 NAG. Er ist aktuell nur saisonal arbeitslos, kann sich selbst erhalten und hat regen Kontakt mit seinen Verwandten. Abgesehen davon befindet er sich seit rund 5 Jahren im Bundesgebiet und war zumeist für kurze Zeit arbeitslos, ging davon abgesehen jedoch immer einer Erwerbstätigkeit nach. Im Hinblick auf diese Integrationsbemühungen ist von einem schützenswerten Privat- und Familienleben auszugehen.

Das Bundesamt hat - wie in der Beschwerde zutreffend ausgeführt - die in der Stellungnahme des BF eingeworfenen Argumente völlig ausgeblendet und ist somit von einer falschen Entscheidungsgrundlage ausgegangen.

Der bekämpfte Bescheid war daher aufzuheben und spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFAVG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014,

Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFAVG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Für eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. So ist die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht hinreichend nachgekommen. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konnte im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, weil der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde samt Ergänzung geklärt war. Was das Vorbringen der BF in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein neues bzw. kein ausreichend konkretes Tatsachenvorbringen, welches die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig gemacht hätte.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Privat- und Familienleben, Rechtsgrundlage, strafrechtliche
Verurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G307.1230763.2.00

Zuletzt aktualisiert am

12.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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