TE Bvwg Beschluss 2019/1/9 W104 2182995-2

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Veröffentlicht am 09.01.2019
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Entscheidungsdatum

09.01.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W104 2182995-2/4Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Dr. Christian Baumgartner über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch die Noah Sozialbetriebe GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 21.11.2018, Zl. XXXX:

A) Der Beschwerde wird insoweit stattgegeben, als Spruchpunkt V des

angefochtenen Bescheides aufgehoben und der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt wird.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer gelangte im Mai 2015 ins österreichische Bundesgebiet und stellte am 25.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dabei gab er an, afghanischer Staatsangehöriger zu sein. Er sei aus Angst vor den Taliban geflüchtet.

2. Mit Bescheid vom 08.12.2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 68/2017, (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 leg.cit. (Spruchpunkt II.) ab, erkannte dem Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 leg.cit. nicht zu (Spruchpunkt III), erließ im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 3 leg.cit. iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 25/2016, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 84/2017 (Spruchpunkt IV.). Es stellte gemäß § 52 Abs. 9 leg.cit. fest, dass seine Abschiebung gemäß § 46 leg.cit. nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.) und setzte eine Frist für die freiwillige Ausreise von 2 Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 25/2016, erkannte das Bundesamt einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VI.) und erklärte, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VII.). Gemäß § 13 AsylG habe der Beschwerdeführer sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet verloren (Spruchpunkt VIII.) Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

3. Mit Urteil des LG Wels vom 10.07.2018 wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 Fall 5 SMG und der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift nach § 27 Abs. 1 Z 1, 1. Und 2. Fall SMG, zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten, bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren, verurteilt. Mit Urteil des LG Wels vom 03.09.2018 wurde er wegen Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1, 1., 2., 3. und 7. Fall SMG verurteilt und dabei von einer Zusatzstrafe abgesehen. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 21.11.2018 erließ das erließ das Bundesamt neuerlich eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (Spruchpunkt I.), stellte neuerlich gemäß § 52 Abs. 9 leg.cit. fest, dass seine Abschiebung gemäß § 46 leg.cit. nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt II.) und stellte weiters fest, dass der Beschwerdeführer sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 13 Abs. 1 Z 1 AsylG ab dem 10.07.2018 verloren habe (Spruchpunkt III.) Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 leg.cit. FPG wurde ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.) und einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gem. § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Schließlich wurde festgestellt, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI.).

Begründend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer am 20.5.2015 einen Asylantrag gestellt habe, am selben Tag in Grundversorgung aufgenommen worden sei, ihm eine Krankenversicherung, Unterbringung, Verpflegung und Taschengeld zur Verfügung gestellt worden seien. Dies habe ihn jedoch nicht davon abgehalten, sich ein Jahr später dem Suchtgifthandel und -verbrauch zu unterziehen. Aufgrund seines bisher gezeigten Verhaltens stehe eindeutig fest, dass er nicht dazu bereit sei, die österreichischen Rechtsvorschriften und die körperliche Unversehrtheit anderer zu beachten. Er habe versucht aus der Sucht und dem Leid anderer Personen einen Vermögensvorteil zu ziehen und sich unrechtmäßig zu bereichern. Da es feststehe, dass die strafbaren Handlungen gegen das Suchtgiftgesetz nicht zur Finanzierung des eigenen Drogenkonsums dienten - es habe sich hierbei um eine Menge von über 1500 g gehandelt -, sei dieses Verhalten als besonders verwerflich anzusehen. Sein Verhalten stelle somit eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar. Für die Behörde stehe es zweifelsfrei fest, dass er versucht habe, unter dem Schutz des laufenden Asylverfahrens strafbare Handlungen zu begehen. Es stehe für die Behörde auch fest, dass er bereits eine Lehre angefangen und diese auch aus eigenem beendet habe und zwar in der Zeit, als die Verstöße gegen das SMG aktuell waren. Aufgrund dieses Verhaltens sei für die Behörde keine positive Zukunftsprognose zu erkennen.

3. Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid vollinhaltlich das Rechtsmittel der Beschwerde. Darin wird geltend gemacht, die beiden Verurteilungen des Landesgerichtes Wels hätten sich allesamt auf den selben Tatzeitraum bezogen. Die zweite Verurteilung sei lediglich gesondert erfolgt, weil die polizeiliche Ermittlungsarbeit zum Zeitpunkt der Erstverurteilung noch nicht alle Fakten ermitteln habe können. Die Feststellung, dass sich der Beschwerdeführer bereits ein Jahr nach seiner Einreise strafrechtswidrig verhalten habe, sei unrichtig, vielmehr habe er sich fast drei Jahre lang völlig korrekt verhalten. Die Begehung von Straftaten sei nach Erhalt der Information des Todes eines Familienangehörigen durch ein anderes Familienmitglied und damit einer Re-traumatisierung erfolgt, welche zu Eigenmedikation mit Marihuana und dies wiederum zu Beschaffungskriminalität geführt habe. Auch die Feststellung, dass der Verkauf von Drogen nicht der Finanzierbarkeit des eigenen Konsums gedient habe, sei unrichtig. Der Beschwerdeführer leide an einer posttraumatischen Belastungsstörung und sei im Tatzeitraum seiner Straffälligkeit re-traumatisiert worden. Seither unterziehe er sich adäquater Behandlung, es bestünden soziale Kontakte, die ihn an Österreich binden. Die Erfolge, die sich gerade in der Zeit nach seiner Verurteilung als Minderjähriger hingestellt hätten, seien nicht festgestellt worden. Das Vorliegen einer verwerflichen charakterlichen Neigung sei anlässlich eines unvollständigen Sachverhalts konstruiert und somit als Willkür zu werten. Unberücksichtigt geblieben seien die diesbezüglichen Angaben in der Stellungnahme, welche durch den Akt des Landesgerichts Linz bestätigt werden, dass nämlich die gegenständlichen Botendienste nicht entgeltlich belohnt worden sein. Lediglich der Eigenbedarf sei auf diese Weise lukriert worden. Der Unrechtsgehalt sei daher wesentlich geringer. Er habe ein wenig Marihuana gratis sowie eine Whiskyflasche und Gläser bekommen. Geld oder nennenswerte Güter habe er nicht erhalten. Seine labile Verfassung sei ausgenützt worden, um das Risiko, erwischt zu werden, auf ihn abzuwälzen. Zu Unrecht außer Acht geblieben seien die Stellungnahmen seiner sozialen Kontakte, die ins Verfahren eingebracht worden seien. Insbesondere für den kurzen Zeitraum bis zur Anhörung beim Bundesverwaltungsgericht sei eine erneute Straffälligkeit daher höchst unwahrscheinlich. Weiters enthält die Beschwerde Ausführungen zur Zumutbarkeit einer Abschiebung nach Afghanistan und zur Prognose der zukünftigen Entwicklung des Beschwerdeführers im Fall einer solchen.

4. Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte Verfügung, die den Ausgang des Verfahrens nicht vorwegnimmt. Es ist lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben der BF als vertretbare Behauptungen zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.

Die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers ist nicht im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich, zumal nur geringe Strafen verhängt wurden (mit dem Hinweis auf ein umfassendes, reumütiges und zur Wahrheitsfindung besonders beitragendes Geständnis), gemäß den Vorbringen und Beweisanboten in der Beschwerde die Straftaten auf eine besonders belastende Situation zurückzuführen waren und seither umfangreiche Maßnahmen der psychosozialen Betreuung ergriffen wurden, um weitere Straftaten zu verhindern. Ohne nähere Prüfung des Sachverhalts ist nicht auszuschließen, dass seine Ausreise nach Afghanistan eine reale Gefahr einer Verletzung (zumindest) seiner Rechte gemäß Art. 3 EMRK bedeuten würde. Die mündliche Beschwerdeverhandlung wurde für 11.03.2019 anberaumt, sodass jedenfalls mit einer zeitnahen Entscheidung im Beschwerdeverfahren über den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz zu rechnen ist.

Der Beschwerde ist daher vom Amts wegen die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG zuzuerkennen.

6. Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG.

7. Die Entscheidung über die Beschwerde in Bezug auf die restlichen Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides erfolgt gemeinsam mit der Entscheidung über die Beschwerde gegen den (ursprünglichen) Bescheid vom 08.12.2017.

8. Die Revision war wegen der Einzelfallbezogenheit dieser Entscheidung, die keine grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs. 4 B-VG aufwirft, nicht zuzulassen.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W104.2182995.2.00

Zuletzt aktualisiert am

12.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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