TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/11 G308 2193751-5

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Veröffentlicht am 11.01.2019
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Entscheidungsdatum

11.01.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art.133 Abs4
FPG §76

Spruch

G308 2193751-5/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Angelika PENNITZ als Einzelrichterin in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren zur Überprüfung der Anhaltung in Schubhaft des XXXX alias XXXX, StA. Algerien alias Libyen alias Marokko, zu Recht erkannt:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Forstsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) reiste am 04.09.2016 von Italien nach Österreich unrechtmäßig ein. Er stellte am selbigen Tag einen Antrag auf internationalen Schutz, der am 16.11.2017, rechtskräftig nach Beschwerdeentscheidung durch das BVwG am 20.12.2017, abgewiesen wurde. Der BF wurde während aufrechten Asylverfahrens zweimal wegen Verstoßes gegen das SMG straffällig. Gegen den BF wurde eine Rückkehrentscheidung nach Algerien, sowie ein 10-jähriges Aufenthaltsverbot erlassen. Nach Entlassung aus der Strafhaft am XXXX.2018 wurde der BF zur Schubhaftverhängung niederschriftlich einvernommen, dabei stellte der BF einen Asyl-Folgeantrag.

Während der Anhaltung in Schubhaft erfolgte eine neuerliche Verurteilung des BF aufgrund von Körperverletzung.

Mit Beschluss des BVwG wurde der faktische Abschiebeschutz des BF rechtskräftig am 25.01.2018 aufgehoben.

Mit Erkenntnissen des BVwG vom 03.05.2018, 30.05.2018 und 25.06.2018 stellte das BVwG fest, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorlagen und die Anhaltung in Schubhaft weiterhin verhältnismäßig war.

Am 03.07.2018 wurde der BF mangels weiterer Voraussetzungen aus der Schubhaft entlassen.

Es wurde ihm am 03.07.2018 gem.§ 57 Abs.1 FPG eine Wohnsitzauflage erteilt.

Der BF kam der Auflage nicht nach, sondern tauchte unter.

Am 17.08.2018 wurde der BF im Rahmen einer polizeilichen Kontrolle aufgegriffen, am 18.08.2018 festgenommen und über ihn am XXXX.2018 die Schubhaft verhängt.

1.2. Mit den Staaten Algerien, Marokko, Libyen und Tunesien wurden Heimreisezertifikatsverfahren gestartet. Von Algerien erfolgte am 14.06.2018 eine Ablehnung. Die Heimreisezertifikatsverfahren zu Libyen und Marokko sind noch aufrecht, bis dato erfolgte noch keine Vorführung bei der libyschen Botschaft, auch nicht bei der Botschaft von Marokko.

Am 12.12.2018 erfolgte eine Urgenz durch das BFA und kann mit der Ausstellung eines Heimreisezertifikates gerechnet werden, jedoch dauern die Erhebungen noch an.

1.3. Mit Schreiben des BFA vom 12.12.2018 erfolgte die Aktenvorlage an das BVwG, eingelangt am 14.12.2018, womit gem. § 22a Abs.4 BFA-VG die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden als eingebracht galt. Im Schreiben wurde angeführt, dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft aus den vorgebrachten Gründen weiterhin notwendig sei und die Überprüfung zur Erlangung des Heimreisezertifikates noch andauere. Das BVwG wurde ersucht, festzustellen, dass zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig sei.

1.4. Mit Erkenntnis vom 17.12.2018 wurde vom BVwG zur Gz G313 2193751-4/2E die weitere Anhaltung in Schubhaft als verhältnismäßig erachtet.

1.5.Mit Schreiben des BFA vom 09.01.2019 erfolgte die Aktenvorlage an das BVwG, eingelangt am 10.01.2019. Im einem Begleitschreiben wurde angeführt, dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft aus den vorgebrachten Gründen weiterhin notwendig sei und die Überprüfung zur Erlangung des Heimreisezertifikates noch andauere. Das BVwG wurde ersucht, festzustellen, dass zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF am stellte am 04.09.2016 nach illegaler Einreise nach Österreich einen ersten Asylantrag, welcher am 21.12.2017 rechtskräftig negativ entscheiden wurde. Der BF reiste nicht aus dem Bundesgebiet aus.

Während laufendem Asylverfahren wurde der BF zweimal rechtskräftig wegen Suchtmitteldelikten verurteilt.

Der BF wurde am 10.01.2018 zur Schubhaftprüfung nach seiner Haftentlassung einvernommen, dabei stellte er einen Asylfolgeantrag. Mit Beschluss vom 25.01.2018 wurde seitens des BVwG der faktische Abschiebeschutz rechtskräftig aufgehoben und wurde gegen den BF auch die Schubhaft verhängt. Der BF verwendete im Verfahren zweimal eine falsche Identität. Schon während des Asylverfahrens kam der BF Ladungen nicht nach und wurde wegen unbekannten Aufenthalts von der Grundversorgung abgemeldet. Er trat auch in den Hungerstreik um seine Freilassung aus der Haft zu erzwingen.

Insgesamt ist der BF bereits dreimal vorbestraft.

Gegen den BF wurden bereits mit Erkenntnissen vom 03.05.2018, vom 30.05.2018 und 26.06.2018 rechtskräftig die Forstsetzung der Anhaltung in Schubhaft bestätigt.

Am XXXX.2018 wurde der BF mit Wohnsitzauflage aus der Schubhaft entlassen.

Der BF kam der Auflage nicht nach, sondern ist stattdessen untergetaucht.

1.2. Der BF wurde zuletzt am 18.08.2018 wieder festgenommen und befindet sich seit XXXX.2018 in Schubhaft. Die gesetzliche Viermonatsfrist (§ 22a Abs. 4 BFA-VG) ist am XXXX.2018 abgelaufen und wurde die Rechtmäßigkeit der Schubhaft bestätigt.

1.3. Der der laufenden Haft zugrunde liegende Schubhaftbescheid ist bisher durch den BF nicht in Beschwerde gezogen worden. Eine Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft zu Gunsten des BF hat sich im Verfahren nicht ergeben.

Am 04.01.2018 begann die belangte Behörde mit den Verfahren zur Erlangung von Heimreisezertifikaten für den BF mit den Staaten Algerien, Libyen, Marokko und Tunesien.

1.4. Ein Heimreisezertifikat (im Folgenden: HRZ) für den Beschwerdeführer liegt aktuell noch nicht vor, dessen Erlangung wird jedoch von Seiten der belangten Behörde massiv - zuletzt mit Terminvereinbarung vom 09.01.2019 betrieben.

Die Erlangung von Heimreisezertifikaten dauert noch an, da noch keine Vorführung bei den Botschaften von Libyen und Marokko erfolgt ist, jedoch ist für den 17.01.2019 eine Vorführung bei der libyschen Botschaft anberaumt.

1.5. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 09.01.2019 ersuchte die belangte Behörde das BVwG um Feststellung, dass zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

1.6. Die formalgesetzlichen Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Schubhaft liegen zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung weiterhin vor.

1.7. Die Bemühungen der Behörde um Erlangung eines HRZ bei der libyschen und marokkanischen Botschaft sind aktenkundig, und es ist von einer baldigen Klarheit über die Ausstellung eines solchen im Laufe der nächsten Zeit auszugehen.

1.8. Nach Erlangung eines HRZ ist eine Außerlandesbringung des BF zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung möglich.

1.9. Der BF verfügt in Österreich über keine Familienangehörigen, keinen Wohnsitz und keine sozialen Bindungen. Der BF hat sich mehrfach durch Untertauchen den Verfahren entzogen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Festnahme des BF, zu dessen familiären Verhältnissen, dem abgeführten Asylverfahren, dem Betreiben zur Erlangung eines Heimreisezertifikats, den fehlenden Integrationsschritten, der Identifizierung durch die Botschaften und der laufenden Anhaltung in Schubhaft begründen sich auf dem Inhalt des gegenständlichen Verwaltungsaktes. Die Angabe unterschiedlicher Identitäten ist aus dem Akt ersichtlich. Die Verurteilung des BF folgt dem Amtswissen des BVwG durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.

Die Verpflichtung zur Aktenvorlage zwecks Überprüfung der weiteren Schubhaftvoraussetzungen ergeben sich aus § 22a Abs. 4 BFA-VG, wonach Schubhaften erstmalig 4 Monate nach deren Erlassung einer neuerlichen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit seitens des BVwG zu unterziehen sind, und danach alle 4 Wochen.

Im Rahmen der Aktenüberprüfung hat sich gezeigt, dass der der laufenden Schubhaft zugrundeliegende Schubhaftbescheid vom XXXX.2018 bisher keiner Beschwerde durch den BF unterzogen wurde. Das Gericht geht davon aus, dass in weiterer Folge vom weiteren nachhaltigen Bestehen eines Sicherungsbedarfes auszugehen und Prüfungsgegenstand des Verfahrens lediglich die Verhältnismäßigkeit und die Notwendigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ist. Im gerichtlichen Überprüfungsverfahren sind diesbezüglich keine Hinweise zu Tage getreten, welche an der Aufrechterhaltung der Schubhaft Zweifel ließen.

Aufgrund der aktuellen Information des BFA vom 09.01.2019, steht fest, dass bisher kein Heimreisezertifikat für den BF vorliegt.

Aus einer Überprüfung der formalen Grundlagen für die Aufrechterhaltung der gegenständlichen Schubhaft ergibt sich, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung nach wie vor eine durchsetzbare, rechtliche Grundlage für die Abschiebung des BF vorliegt. Mit rechtskräftigen negativen Asylbescheid vom 21.12.2017 wurde der Asylantrag des BF in allen Spruchpunkten abgewiesen und diese Entscheidung mit der Erlassung eines Einreiseverbotes verbunden.

Aus der dem Gericht vorliegenden Stellungnahme des BFA vom 09.01.2019 ergibt sich, dass die Behörde stets bemüht war, die Erlangung eines HRZ zeitnah zu bewerkstelligen. Die nunmehr seit 21.08.2018 laufende Schubhaft stellt unbestritten eine freiheitsentziehende Maßnahme dar. Berücksichtigt man die Tatsache, dass der BF 2 Asylanträge gestellt hat, sogar im Asylverfahren nicht seinen Ladungen nachgekommen ist, sein Aufenthalt nicht bekannt war, er nicht davor zurückscheut Suchtmitteldelikte und Körperverletzungen zu begehen (was sich aus seinen Verurteilungen ergibt) sogar sich seiner zuletzt erteilten Wohnsitzauflage durch Untertauchen entzogen hat und über kein Reisedokument verfügt, lässt sich sehen, dass die lange Haftdauer in weiterer Folge zu einem guten Teil der fehlenden Mitwirkungspflicht des BF und der nach wie vor aktuellen, erheblichen Fluchtgefahr geschuldet ist. Die belangte Behörde hat sich in der Folge sichtlich bemüht, den Kontakt zur lybischen und marokkanischen Botschaft stets aufrecht zu erhalten. Da noch keine Interviews mit den genannten Botschaften erfolgte kann jedoch danach mit hoher Wahrscheinlichkeit Klarheit über die Ausstellung eines HRZ erlangt werden.

Im Verfahren sind keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, dass nach einer Ausstellung eines HRZ eine alsbaldige Außerlandesbringung des BF nicht möglich wäre. Im Hinblick auf die bisherige Dauer der Schubhaft wird jedoch seitens der Behörde erhöhtes Augenmerk darauf zu legen sein, dass die faktische Abschiebung jedenfalls ohne Verzug in die Wege geleitet und durchgeführt werden muss.

Zu 3.1.: Die Feststellung hinsichtlich jeglichen Fehlens von relevanten, sozialen Kontakten ergibt sich aus den eigenen Angaben des BF in den im Akt befindlichen Einvernahmeprotokollen und den Erkenntnissen des BVwG.

Basierend auf der oberwähnten Verurteilungen des BF war einer Gefährdungseinschätzung erhöhtes Augenmerk zu geben. Dadurch ist klargestellt, dass jedenfalls weiterhin von einem beachtenswerten Gefährdungspotential des BF auszugehen ist Aufgrund der vielfachen Entziehung des BF während Asylverfahren und nicht Einhaltung der Wohnsitzauflage und seines Untertauchens ist von erhöhter Fluchtgefahr auszugehen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt A.:

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen oder Meldeverpflichtungen gemäß

§§ 56 oder 71 FPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder 15a AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und

§ 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

Die Grundlage zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit einer Fortsetzung der Schubhaft über die Viermonatsfrist im BFA-VG iVm. § 80 FPG lautet:

"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."

3.1.1. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auf Art 1 Abs. 3 PersFrSchG 1988 hinzuweisen, aus dem sich das für alle Freiheitsentziehungen geltende Gebot der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit ergibt, deren Prüfung im Einzelfall eine entsprechende Interessenabwägung verlangt. Für die Schubhaft ergibt sich das im Übrigen auch noch aus der Wendung "... wenn dies notwendig ist, um ..." in Art 2 Abs. 1 Z 7 PersFrSchG 1988. Dementsprechend hat der VfGH - nachdem er bereits in seinem Erkenntnis vom 24.06.2006, B 362/06, die Verpflichtung der Behörden betont hatte, von der Anwendung der Schubhaft jedenfalls Abstand zu nehmen, wenn sie im Einzelfall nicht notwendig und verhältnismäßig ist - in seinem Erkenntnis vom 15.06.2007, B 1330/06 und B 1331/06, klargestellt, dass die Behörden in allen Fällen des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 unter Bedachtnahme auf das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit verpflichtet sind, eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen. Der VwGH hat dazu beginnend mit dem Erkenntnis vom 30.08.2007, 2007/21/0043, mehrfach festgehalten, dass die Schubhaft auch dann, wenn sie auf einen der Tatbestände des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 gestützt werden soll, stets nur ultima ratio sein dürfe." (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008)

Eine Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann stets nur dann rechtens sein, wenn eine Abschiebung auch tatsächlich in Frage kommt. Die begründete Annahme, dass eine Aufenthaltsbeendigung erfolgen wird, ist dabei ausreichend. Dass die Effektuierung mit Gewissheit erfolgt, ist nicht erforderlich (vgl. dazu etwa VwGH 07.02.2008, Zl. 2006/21/0389; VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/21/0039). Steht hingegen von vornherein fest, dass diese Maßnahme nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden. Anderenfalls erwiese sich die Schubhaft nämlich als für die Erreichung des Haftzweckes (der Abschiebung) "nutzlos". Umgekehrt schadet es - wie sich aus den Verlängerungstatbeständen des § 80 FPG ergibt - nicht, wenn der ins Auge gefassten Abschiebung zeitlich befristete Hindernisse entgegenstehen. Den erwähnten Verlängerungstatbeständen liegt freilich zu Grunde, dass die in Frage kommenden Hindernisse längstens innerhalb der zulässigen Schubhaftdauer beseitigt werden. Ist hingegen bereits bei Beginn der Schubhaft absehbar, dass das Abschiebehindernis nicht binnen dieser Frist zu beseitigen ist, so soll die Schubhaft nach den Vorstellungen des Gesetzgebers von Anfang an nicht verhängt werden. Dasselbe gilt, wenn während der Anhaltung in Schubhaft Umstände eintreten, aus denen erkennbar ist, dass die Abschiebung nicht in der restlichen noch zur Verfügung stehenden Schubhaftdauer bewerkstelligt werden kann. (vgl. VwGH 11.06.2013, Zl. 2013/21/0024, zum Erfordernis einer Prognosebeurteilung, ob die baldige Ausstellung eines Heimreisezertifikates trotz wiederholter Urgenzen durch das Bundesministerium für Inneres angesichts der Untätigkeit der Vertretungsbehörde des Herkunftsstaates zu erwarten ist; vgl. VwGH 18.12.2008, Zl. 2008/21/0582, zur rechtswidrigen Aufrechterhaltung der Schubhaft trotz eines ärztlichen Gutachtens, wonach ein neuerlicher Versuch einer Abschiebung des Fremden in den nächsten Monaten aus medizinischen Gründen nicht vorstellbar sei).

3.1.2. Aufgrund der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat die Behörde nach § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakten zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung, welche über die Viermonatsfrist gehen solle, vorzulegen.

Es besteht nun die Verpflichtung, gegenständlich durch die Aktenvorlage die Voraussetzungen für die Fortführung der Schubhaft zu prüfen. Dabei hat die Behörde darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft weiter notwendig und verhältnismäßig wäre. Es ist Aufgabe des BVwG, hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich in deren Rahmen auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Gericht ergeben, dass eine weitere Anhaltung weiterhin als verhältnismäßig angesehen werden kann. Betrachtet man die Interessen des BF an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse, so zeigt sich, dass dieser im Inland keinerlei integrative Bezugspunkte vorweisen konnte und keine nennenswerten sozialen Kontakte zu berücksichtigen sind.

Darüber hinaus hat das Ermittlungsverfahren ergeben, dass der BF auch in finanzieller Hinsicht nicht selbsterhaltungsfähig ist. Im Zuge der durchzuführenden Abwägung bleibt daher festzuhalten, dass keine sozialen Bindungen entstanden sind und Selbsterhaltungsfähigkeit nicht gegeben war.

Betrachtet man den Unwillen zur Ausreise nach rechtskräftig abgeschlossen negativen Asylverfahren und das Stellen zweier Asylanträge, stellt sich klar dar, dass es dadurch zu einer maßgeblichen Verschleppung des Abschiebeverfahrens gekommen ist, die sich der BF selbst zuzuschreiben hat. Weiters hat der BF sich den Asylverfahren und der Wohnsitzauflage durch Untertauchen entzogen, was die Vorschreibung eines gelinderen Mittels nicht zulässt.

Bei Anwendung der neuen Schubhaftbestimmung nach § 76 Abs. 2a FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, idF BGBl. 145/2017, wonach im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen sei, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiege, würden die drei strafrechtlichen Verurteilungen des und das rechtskräftige 10 jährige Einreiseverbot gegen den BF , bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung zusätzlich stark zu Ungunsten des BF ins Gewicht fallen.

Die Prüfung in Libyen und Marokko zur Erlangung eines HRZ dauert noch an. Das BFA sicherte dem BVwG in seiner schriftlichen Mitteilung vom 09.01.2019 zu, bei Erhalt einer Entscheidung der genannten Behörden sofort die Abschiebung des BF zu organisieren. Demnach ist somit eine zügige Außerlandesbringung des BF nach Erlangung eines HRZ als höchst wahrscheinlich anzusehen.

Im Zuge der zu erwartenden möglichen Ausstellung eines HRZ geht das Gericht daher im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zum Zeitpunkt der Entscheidungserlassung davon aus, dass eine Außerlandesbringung des BF nach heutigem Wissensstand durchaus möglich und realistisch ist. Aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen ist jedenfalls gewährleistet, dass eine allfällige weitere wesentliche Verlängerung der Schubhaft einer neuerlichen Überprüfung zu unterziehen sein wird. Dabei wird abermals eine Prognoseentscheidung hinsichtlich einer zeitnahen Effektuierung der Außerlandesbringung des BF durchzuführen sein. Das Gericht kommt daher zu dem Schluss, dass eine weitere Fortsetzung der Schubhaft durch Überschreitung der Viermonatsfrist des § 80 FPG weiterhin verhältnismäßig und notwendig ist.

Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt gegenständlicher Entscheidung die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft weiterhin vorliegen.

3.2. Entfall der mündlichen Verhandlung:

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014,

Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) hinsichtlich Art. 47 iVm. Art. 52 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (VfGH 14.03.2012, VfSlg. 19.632/2012) festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Verwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Für eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. So ist die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht hinreichend nachgekommen. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Abschiebung, Einreiseverbot, Fluchtgefahr, Heimreise,
Interessenabwägung, öffentliche Interessen, Schubhaft,
Verhältnismäßigkeit, Zukunftsprognose

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G308.2193751.5.00

Zuletzt aktualisiert am

12.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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