TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/14 W197 2212417-1

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Veröffentlicht am 14.01.2019
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Entscheidungsdatum

14.01.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
VwGVG §35

Spruch

W197 2212417-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Elmar Samsinger als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Syrien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.12.2018, Zahl 1146679105-181226311 zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG i.V.m. § 22a Abs. 1 BFA-VG stattgegeben und der Bescheid und die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft für rechtswidrig erklärt.

II. Gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG i.V.m. § 22a Abs. 3 BFA-VG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht vorliegen.

III. Der Bund hat gemäß § 35 Abs. 2 VwGVG iVm § 1 Z. 1 VwG-AufwErsV dem Beschwerdeführer den Verfahrensaufwand in Höhe von € 737,60 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

IV. Der Antrag, den Beschwerdeführer von der Eingabegebühr zu befreien, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang (Feststellungen):

1.1. Der Beschwerdeführer (BF) reiste nach eigenen Angaben 2015 oder 2016 illegal ins Bundesgebiet ein. Er stellte 2017 in Griechenland einen Antrag auf internationalen Schutz. Seine Identität steht mangels Identitätsdokumenten nicht fest. Der BF behauptete im Asylverfahren syrischer StA zu sein, aufgrund eines von der Behörde eingeholten Sprachgutachtens kam hervor, dass der BF irakischer StA ist.

1.2. Der BF wurde am 27.02.2018 vom Landesgericht für Strafsachen XXXX wegen des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls nach den §§ 127, 130 Abs. 1 erster Fall, teils 15 StGB; dem Vergehen der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 erster Fall StGB und dem Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB, in Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB nach § 130 Abs 1 StGB, zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 10 Monaten, verurteilt, wobei 7 Monate unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurden. Erschwerend wurde das Zusammentreffen mehrerer Vergehen, mildernd die teilweise Sicherstellung des Diebsguts, die Unbescholtenheit und der Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, gewertet.

1.3. Der BF stellte am 23.03.2017 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Der BF gab im Verfahren an, dass er Verletzungen am Kopf habe und medizinische Hilfe benötige.

1.4 Mit Bescheid der Behörde vom 16.01.2018. wurde der Antrag des BF auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten beziehungsweise des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen, ihm wurde auch kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt. Weiters wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des BF in den Irak zulässig ist. Dem BF wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt, einer allfälligen Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Festgestellt wurde weiters, dass der BF gemäß § 13 Absatz 2 Ziffer 2 Asylgesetz das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet seit dem 12.09.2007 verloren hat. Gemäß § 15b Absatz 1 Asylgesetz 2005 wurde dem BF aufgetragen ab 12.01.2018 in einem von der Behörde bestimmten Quartier Unterkunft zu nehmen. Diese erstinstanzliche Entscheidung ist am 21.02.2018 in Rechtskraft erwachsen.

1.5. Am 27.04.2018 wurde von der Behörde bei der irakischen Botschaft ein Heimreisezertifikat für den BF beantragt. Einem Vermerk im vorgelegten Verwaltungsakt ist zu entnehmen, dass Abschiebungen in den Irak derzeit nicht möglich sind.

1.6. Mit Bescheid vom 03.05.2018 wurde dem BF aufgetragen bis zu seiner Ausreise durchgängig Unterkunft in einem weiteren von der Behörde bestimmten Quartier zu nehmen. Dieser Verpflichtung hätte der BF binnen 3 Tage nach seiner Entlassung aus der Strafhaft am 06.05.2018 nachkommen müssen. Er kam dieser Verpflichtung in der Folge jedoch nicht nach, tauchte unter, reiste illegal nach Deutschland aus und stellte dort einen Asylantrag. Der BF entzog sich in der Folge in Deutschland zwei Mal der Rücküberstellung nach Österreich.

1.7. Der BF kehrte nach eigenen Angaben am 17.12. 2018 illegal nach Österreich zurück und stellte am 20.12.2018 einen Folgeantrag. Der BF wurde am 21.12.2018 dazu ersteinvernommen und gab an, dass er Medikamente nehme. In der Folge wurde eine Prognoseentscheidung lautend auf Folgeantrag erlassen. Der BF wurde von der Behörde am 21.12.2018 zu seinen Asylgründen einvernommen, wobei er angab, dass er psychisch krank sei, dass er regelmäßig Medikamente nähme und in Deutschland am Schädel operiert worden sei und die Wunde immer noch ein bisschen blute. Zu seinem Folgeantrag gab er an, dass im Falle seiner Rückkehr in die Heimat wieder eingesperrt würde.

1.8. Unmittelbar nach der Einvernahme wurde über den BF mittels Mandatsbescheid vom 21.12.2018 die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet. Die Behörde sah Kriterien im Sinne von § 76 Abs. 3 Z. 1, 3. 5. 8 und 9 FPG als gegeben und begründete die Gefahr die vom BF für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgehe auch mit seinem massiven strafrechtlichen Verhalten und seiner strafrechtlichen Verurteilung.

1.9. Gegen den Mandatsbescheid, die Anhaltung in und Fortsetzung der Schubhaft erhob der Rechtsvertreter Beschwerde und begründete diese im Wesentlichen damit, dass der BF keine schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle, die Haft im Hinblick auf den Gesundheitszustand des BF unzulässig wäre, dass keine Fluchtgefahr bestehe und die Behörde mit der Vorschreibung eines gelinderen Mittels das Auslangen finden hätte können. Weiters wurde beantragt festzustellen, dass die Voraussetzung des BF in Schubhaft nicht vorlägen. Beantragt wurde weiters Aufwand- und Barauslagenersatz.

1.10. Der BF trat am 22.12.2018 um 08.00 Uhr in den Hungerstreik, den er am 29.12.2018 um 12.05 Uhr freiwillig beendete.

1.11. Mit Verfahrensanordnung der Behörde vom 28.12.2018 wurde dem BF mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da die Behörde davon ausgehe, dass entschiedene Sache im Sinne des § 68 AVG vorliege. Weiters wurde ihm mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid aufzuheben (§12a Abs 2 AsylG/§29 Abs 3 Z 6 AsylG). Der BF verfügt über faktischen Abschiebeschutz, die Entscheidung ist nicht durchführbar.

1.12. Auf Grund des vorgelegten Asyl- und des Schubhaftaktes steht fest, dass der BF an einer schweren psychischen Beeinträchtigung leidet welche die Unterbringung in einer besonders dafür geeigneten Einrichtung erforderte. Der BF leidet offenbar an Epilepsie möglicherweise auf Grund einer kriegsbedingten Verletzung, an emotionalen instabilen Persönlichkeitsstörungen und an einem posttraumatischen Belastungssyndrom. Weiters wurde Medikamenten- und Alkoholmissbrauch diagnostiziert. Der BF fügt sich regelmäßig selbst Verletzungen zu, äußerte Selbstmordabsichten und hat sich auch einmal vor eine Lokomotive gelegt. In einer ärztlichen Stellungnahme vom 21.04.2017 kommt die begutachtende Ärztin zur Unterbringungssituation zum Ergebnis, das der BF im Hinblick auf seine Beeinträchtigungen in einer Betreuungsstelle für psychisch erkrankte Patienten aufzunehmen sei.

1.13. Die Behörde legte die Akten vor, erstattete im Sinne des Bescheides eine Stellungnahme und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Der Amtsarzt des PAZ hielt in einem Befund und Gutachten fest, dass die Haftfähigkeit des BF nach einer Untersuchung am 11.01.2019 trotz seiner psychischen Beeinträchtigung gegeben sei. Der BF zeige ein zufriedenstellendes Zustandsbild und habe in den amtsärztlichen Untersuchungen niemals Beschwerden geäußert, die eine Anhaltung derzeit in Frage stellen. Es sind dem Gutachten keine Umstände zu entnehmen, wonach der BF eines Sachwalters bedarf.

1.14. Aufgrund des Akteninhalts und der Beschwerde konnte von der Aufnahme weiterer Beweise und der Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung abgesehen werden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt)

1.1. Die als Feststellungen formulierten Punkte im Sachverhalt werden der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

1.2. Der BF ist gänzlich vertrauensunwürdig, er ist illegal eingereist, hat seine Identität verschleiert, sich dem Asylverfahren in Deutschland und Österreich entzogen, wurde gleich nach seiner illegalen Einreise in Österreich straffällig, hat Anordnungen der Behörde zur Unterkunftnahme nicht befolgt und ist im Bundesgebiet nicht integriert.

1.3. Der BF wurde wegen strafrechtlicher Vergehen zu einer teilbedingten Haftstrafe verurteilt. Erschwerend wurde das Zusammentreffen mehrerer Vergehen, mildernd die teilweise Sicherstellung des Diebsguts, die Unbescholtenheit und der Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, gewertet.

1.4. Der BF leidet an einer erheblichen psychischen Beeinträchtigung ist jedoch haftfähig.

2. Beweiswürdigung

Verfahrensgang, die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde, den Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichts und der erhobenen Beschwerde. Der festgestellte Sachverhalt wurde vom BF auch im Verfahren nicht in Abrede gestellt.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt A.I. - Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft

3.1.1. Gemäß § 76 Abs. 4 FPG ist die Schubhaft mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

3.1.2. Gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG hat der Fremde das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist (Z 1), er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde (Z 2), oder gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde (Z 3).

3.1.3. Gemäß §76 Abs. 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Die Schubhaft darf gem. Abs. 2 nur dann angeordnet werden, wenn 1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendeten Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gem. § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist oder 2. diese zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder die Abschiebung notwendig ist, sofern Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder 3. die Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 und 2. Dublin-Verordnung vorliegen. Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird.

3.1.4. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig. Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann. Die Verhängung der Schubhaft darf stets nur ultima ratio sein.

3.1.5. Die Schubhaft wurde im verfahrensgegenständlichen Fall zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet im Sinne von § 76 Abs. 2 lit. 1 FPG angeordnet. Diese Bestimmung verweist hinsichtlich der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit auf § 67 FPG. Demgemäß muss das persönliche Verhalten des BF nach ständiger Judikatur des EuGH und des VwGH eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Diese Voraussetzung tritt nunmehr neben das Erfordernis der Fluchtgefahr und der Verhältnismäßigkeit. Der Begriff der öffentlichen Sicherheit umfasst sowohl die innere als auch die äußere Sicherheit eines Mitgliedstaats, die durch die Beeinträchtigung des Funktionierens der Einrichtungen des Staates und seiner wichtigen öffentlichen Dienste sowie das Überleben der Bevölkerung ebenso wie durch die Gefahr einer erheblichen Störung der auswärtigen Beziehungen oder des friedlichen Zusammenlebens der Völker oder eine Beeinträchtigung der militärischen Interessen berührt werden können. Dazu zählt auch ein ordnungsgemäßer Vollzug des Asyl- und Fremdengesetzes. Die erhebliche Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft muss in seiner Intensität daher über die soziale Störung hinausgehen, die jedem Gesetzesverstoß innewohnt. Nach der Judikatur erfüllen diese Voraussetzung etwa schwere Verletzungen des Suchtmittelgesetzes. Die Verurteilung des BF im Hinblick auf im Vergleich dazu geringerwertige Straftaten reicht nicht aus.

Unter Berücksichtigung des Gesamtverhaltens des BF konnte die Behörde im gegenständlichen Fall auch unter Berücksichtigung der Verstöße des BF im Asyl- und Fremdenbereich nicht dartun, dass von ihm im eine derart große tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr ausgeht, dass bei einer Abwägung der Interessen des BF auf persönliche Freiheit das öffentliche Interesse überwiegen würde. Bescheid und Anhaltung in Schubhaft war sohin rechtswidrig.

3.1.6. Die Behörde hat die Schubhaft über den BF zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet. Dieser Zweck wurde nach Einvernahme des BF zu seinem Folgeantrag erreicht, eine weitere Anhaltung des BF in Schubhaft war daher nicht erforderlich, sodass die Aufrechterhaltung derselben auch aus diesem Grund nicht zulässig war. Da die Abschiebung des BF in den Irak derzeit nicht möglich ist, wäre die Verhängung der Schubhaft zur Sicherstellung der Abschiebung ebenfalls rechtswidrig.

3.2. Zu Spruchpunkt A.II. - Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft

Auf Grund der getroffenen Feststellung und ihrer rechtlichen Würdigung ergibt sich, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht vorliegen.

3.3. Zu den Spruchpunkten A. III und IV. - Kostenbegehren, Eingabegebühr

Da die beschwerdeführende Partei vollständig obsiegte, waren ihr die begehrten Kosten zuzusprechen. Mangels gesetzlicher Bestimmungen war der Antrag des BF auf Befreiung der Entrichtung von Eingabegebühr bzw. dessen Refundierung zurückzuweisen. Dass die Eingabegebühr das Recht des Beschwerdeführers auf Zugang zu Gericht beschneidet, trifft im Hinblick auf die geringe Höher nicht zu. Dieser Gebührensatz kann keineswegs als prohibitiv hoch angesehen werden.

3.4. Zu Spruchpunkt B - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen. Wie ausgeführt, sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in allen Spruchpunkten nicht zuzulassen.

Schlagworte

Eingabengebühr, Gesundheitszustand, Interessenabwägung,
Kostenersatz, psychische Erkrankung, Rechtswidrigkeit, Schubhaft,
strafrechtliche Verurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W197.2212417.1.00

Zuletzt aktualisiert am

12.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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