Entscheidungsdatum
16.01.2019Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
G303 2163278-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Simone KALBITZER als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Eva WENDLER und den fachkundigen Laienrichter Herbert WINTERLEITNER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark, vom 12.05.2017, OB: XXXX, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung", zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß §§ 1 Abs. 2, 42 Abs. 1 und 45 des Bundesbehindertengesetzes (BBG), idgF, sowie § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, idgF als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) brachte am 07.12.2016 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960 (Parkausweis) ein. Dem Antrag war ein Arztbrief von Dr. XXXX, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin, vom 05.12.2016, angeschlossen.
Da der BF nicht im Besitz eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" war, wurde dieser Antrag gemäß dem Antragsformular der belangten Behörde auch als Antrag auf Vornahme dieser Zusatzeintragung gewertet.
In weiterer Folge brachte der BF am 13.02.2017 weitere medizinische Befunde und Röntgenbilder in Vorlage.
2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.
In dem eingeholten Gutachten von Dr. XXXX, Facharzt für Psychiatrie, vom 02.05.2017, wurden, unter Einbeziehung des Vorgutachtens von Dr. XXXX, Facharzt für Innere Medizin und Arzt für Allgemeinmedizin vom 16.01.2012, und nach erfolgter persönlicher Untersuchung des BF am 27.04.2017, zusammengefasst folgende Funktionseinschränkungen festgehalten:
* Posttraumatische Belastungsstörung
* Aortenklappenersatz 2011
* Koronare Herzkrankheit I
* Herzrhythmusstörung
Hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Zusatzeintragung wurde zusammengefasst ausgeführt, dass sich beim BF keine Hinweise auf das Vorliegen einer isolierten sozialen Phobie zeigen würden. Es bestünden auch keine agoraphobischen Anteile. Beim BF bestünden wiederholt auftretende Stimmungsschwankungen, diese seien im Rahmen der affektiven Begleitkomponente der posttraumatischen Belastungsstörung zu werten. Es bestehe kein sozialer Rückzug. Ein aufrechtes Dienstverhältnis sowie Arbeitsfähigkeit liegen vor. Vor diesem Hintergrund sei die Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.
Des Weiteren wurde ausgeführt, dass keine Einschränkungen ableitbar wären, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zulassen würden. Es wurde auch das Bestehen einer schweren Erkrankung des Immunsystems verneint.
3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 12.05.2017 wurde der Antrag des BF auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen. Gestützt wurde die Entscheidung der belangten Behörde auf das Ergebnis des ärztlichen Begutachtungsverfahrens. Danach würden die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung nicht vorliegen. Das oben angeführte ärztliche Sachverständigengutachten von Dr. XXXX wurde dem angefochtenen Bescheid als Beilage angeschlossen und zum Bestandteil der Begründung des Bescheides erklärt. In der rechtlichen Begründung des angefochtenen Bescheides wurden die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes und der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013, zitiert.
4. Gegen diesen Bescheid erhob der BF mit Schreiben vom 30.05.2017 bei der belangten Behörde fristgerecht die als "Einspruch" bezeichnete Beschwerde. Darin brachte er neben allgemeinen Beanstandungen zur Art und Weise der Durchführung der ärztlichen Untersuchung (Terminvergabe, Dauer der Befragung) durch den Sachverständigen Dr. XXXX im Wesentlichen vor, dass die posttraumatische Belastungsstörung aus seinem Beruf als Unteroffizier beim ÖBH resultiere, da er seit 2000 für internationale Einsätze in Krisengebieten im Ausland tätig gewesen sei. Im Rahmen eines Einsatzes sei der BF in der Gewalt einer militanten Gruppe gewesen und habe seitdem Schlafprobleme und versuche "andersfarbigen Menschen" auf der Straße auszuweichen. Er sei meist zu Fuß unterwegs, da er sich nicht mit "andersfarbigen Menschen" in einem Raum aufhalten könne, dasselbe gelte auch für öffentliche Verkehrsmittel. Er leide unter richtigen Panikattacken, wenn er solche Menschen sehe bzw. treffe.
Der BF habe seit Ende 2008 Flashbacks und stehe seit August 2008 in Behandlung. Nach seiner Herz-OP habe sich alles verschlechtert und auch Depressionen seien hinzugekommen. Der BF befinde sich derzeit in psychologischer Betreuung bei Dr. XXXX.
Zu seinen derzeitigen Beschwerden gab der BF weiters an, dass er im September 2012 eine Herz-Operation (mechanische Herzklappe) und im Dezember 2012 einen Herzschrittmacher bekommen habe. Im Juli und Oktober 2015 habe der BF noch 3 Stents eingesetzt bekommen und im November 2016 habe er eine OP am Handgelenk, welches versteift werden musste. Seit der Herz-OP habe der BF mit größeren Menschenansammlungen, egal welcher Hautfarbe, immer größere Probleme. In Einkaufzentren und/oder in größeren Märkten oder Gasthäusern und in öffentlichen Verkehrsmitteln komme es zu Schweißausbrüchen, Beklemmungen und Panikattacken, so dass der BF den Raum bzw. das Fahrzeug sofort verlassen müsse.
Des Weiteren führte der BF in seiner Beschwerde die von ihm einzunehmenden Medikamente an. Der BF ersuchte um neuerliche Beurteilung und um Eintragung der verfahrensgegenständlichen Zusatzeintragung in den Behindertenpass.
5. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden von der belangten Behörde mit Schreiben vom 04.07.2017 vorgelegt und sind am 05.07.2017 beim Bundesverwaltungsgericht in der zuständigen Gerichtsabteilung eingegangen.
6. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde seitens des erkennenden Gerichtes ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.
6.1. Im medizinischen Sachverständigengutachten von Dr. XXXX, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin, vom 10.10.2018, wurden basierend auf der am 10.01.2018 durchgeführten persönlichen Untersuchung des BF, folgende Funktionseinschränkungen festgehalten:
* Posttraumatische Belastungsstörung
* Aortenklappenersatz 2011
* Koronare Herzkrankheit I
* Herzrhythmusstörung
Hinsichtlich der Verplattung des linken Handgelenkes wurde ausgeführt, dass der Faustschluss weiterhin möglich sei und eine blande Narbe bestehe. Die grobe Kraft und die Sensibilität sei unauffällig.
6.2. Hinsichtlich der beantragten Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" wurde ausgeführt, dass beim BF eine posttraumatische Belastungsstörung mit sozialphobischen Elementen vorliege. Diese beziehen sich im Fall des BF in erster Linie auf schwarze Menschen. Dies bedinge aber nicht die Diagnose einer isolierten Sozialphobie. Der beschriebene soziale Rückzug sei im Rahmen der posttraumatischen Ängste sowie der körperlichen Ängste - ausgelöst durch die Herzerkrankung - zu beurteilen. Mittlerweile bestehe ein Ruhestandsverfahren. Dies ergebe sich jedoch aus der Gesamtheit und nicht aus einer Sozialphobie.
Bei dem BF würden keine psychische Funktionsbeeinträchtigung vorliegen, welche den Aufenthalt unter Menschen in geschlossenen Räumen (bzw. öffentlichen Verkehrsmitteln) bei gleichzeitig fehlender Kontrolle über die Situation verunmöglichen würde.
Die festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen würden die Mobilität des BF nicht einschränken. Durch die festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen komme es auch nicht zu einer erheblichen Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit. Es bestehe auch keine dauerhafte erhebliche Einschränkung des Immunsystems. Auch keine Harn- und Stuhlinkontinenz. Aufgrund der bestehenden Funktionseinschränkungen komme es nicht zu Verhaltensauffälligkeiten, welche von fremdem Personen im öffentlichen Raum üblicherweise als große Belastung oder Belästigung empfunden werden würde. Es würden auch keine sonstigen, sich aus dem Gesundheitszustand des BF ergebene Umstände vorliegen, welche aus medizinischer Sicht der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel entgegenstehen würden.
7. Das Ergebnis der Beweisaufnahme wurde den Verfahrensparteien im Rahmen eines schriftlichen Parteiengehörs gemäß § 45 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 17 VwGVG seitens des erkennenden Gerichtes mit Schreiben vom 22.10.2018 zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern.
8. Im Zuge des Parteiengehörs erstattete der BF mit Schreiben vom 30.10.2018 eine Stellungnahme zur Beweisaufnahme. Zusammengefasst wurde darin ausgeführt, dass er um einen weiteren Eintrag unter der Lfd. Nr. 5 "MRT Konditionale Herzschrittmacherimplantat 2011" in den Behindertenpass ersuche und dass der Grad der Behinderung aufgrund der Summe der Herzerkrankungen größer als 50 % betrage.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF ist am XXXX geboren und ist im Besitz eines Behindertenpasses mit einem eingetragenen Grad der Behinderung in Höhe von 50 von Hundert.
Der BF leidet an folgenden Gesundheitsschädigungen:
* Posttraumatische Belastungsstörung
* Zustand nach Aortenklappenersatz im Jahr 2011
* Koronare Herzkrankheit
* Herzrhythmusstörungen mit der Notwendigkeit einer Schrittmacherimplantation
* Zustand nach Verplattung des linken Handgelenkes
Beim BF liegt keine dauerhafte und hochgradige Mobilitätseinschränkung vor. Die Funktionen der unteren Extremitäten des BF sind nicht höhergradig eingeschränkt. Der BF leidet an keinen erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit.
Er ist in der Lage eine kurze Wegstrecke (ca. 300 - 400 m) selbstständig zurückzulegen. Das Ein- und Aussteigen in beziehungsweise aus öffentlichen Verkehrsmitteln kann bei einem üblichen Niveauunterschied seitens des BF aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe geleistet werden. Der sichere Transport des BF in öffentlichen Verkehrsmitteln ist unter den üblichen Transportbedingungen gewährleistet.
Auch konnten keine erheblichen Einschränkungen der neurologischen oder intellektuellen Fähigkeiten und Funktionen oder eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems beim BF festgestellt werden.
Es besteht keine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit.
Durch die posttraumatische Belastungsstörung mit sozialphobischen Elementen, die sich primär auf schwarze Menschen beziehen, besteht eine psychische Funktionsbeeinträchtigung. Eine isolierte Sozialphobie liegt jedoch nicht vor, welche den Aufenthalt unter Menschen in einem öffentlichen Verkehrsmittel verunmöglicht.
Im Verfahren konnte auch keine Klaustrophobie und sonstige phobische Angststörung festgestellt werden.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang sowie die Feststellungen zum Geburtsdatum und zum Besitz des Behindertenpasses ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten, der Beschwerde und dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.
Die festgestellten Gesundheitsschädigungen des BF ergeben sich aus den vorliegenden Sachverständigengutachten von Dr. XXXX, das seitens des erkennenden Gerichtes eingeholt wurde. Zusätzlich wurden das Sachverständigengutachten von Dr. XXXX, vom 02.05.2017, welches dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegt, und das fachärztliche Vorgutachten von Dr. XXXX, vom 16.01.2012, mitberücksichtigt, welche für das erkennende Gericht schlüssig, widerspruchsfrei und nachvollziehbar sind. Auch die im Rahmen der Stellungnahme des BF zum schriftlichen Parteiengehör vorgebrachte Herzschrittmacherimplantation wurde festgestellt, jedoch ist diese nicht als eigenständiges Leiden zu berücksichtigen, sondern im Rahmen der Herzrhythmusstörungen, welche die Schrittmacherimplantation erst notwendig gemacht haben.
Aufgrund der vorliegenden Sachverständigengutachten konnte eindeutig festgestellt werden, dass beim BF keine hochgradige Mobilitätseinschränkung vorliegt, und dass der BF in der Lage ist, eine kurze Wegstecke zurückzulegen und in ein öffentliches Verkehrsmittel ein- und auszusteigen. Ein gegenteiliges Vorbringen wurde auch seitens des BF nicht erstattet.
Es konnten auch seitens des erkennenden Gerichtes keine Anhaltspunkte festgestellt werden, dass ein sicherer Transport des BF in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht möglich wäre. Auch durch die Verplattung des linken Handgelenkes ist ein Anhalten im öffentliches Verkehrsmittel möglich, da sich aus den Sachverständigengutachten von Dr. XXXX eindeutig ergibt, dass der Faustschluss weiterhin durchführbar ist und es dadurch auch zu keinen Auffälligkeiten im Bereich der groben Kraft und der Sensibilität kommt.
Das Hauptvorbringen des BF hinsichtlich dessen, dass für ihn die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar sei, bezieht sich auf seine posttraumatische Belastungsstörung, welche im Rahmen der medizinischen Begutachtung von Dr. XXXXausführlich beurteilt wurde, insbesondere wie sich dieses psychische Leiden auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt.
Dadurch konnte festgestellt werden, dass der BF an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet mit sozialphobischen Elementen, welche sich vorrangig auf schwarze Menschen beziehen.
Seitens der Sachverständigen wurde jedoch keine Sozialphobie an sich, noch eine Klaustrophobie oder sonstige phobische Angststörung diagnostiziert.
Derartige Diagnosen wurden auch nicht im seitens des BF bei der belangten Behörde vorlegten Arztbrief von Dr. XXXX vom 05.12.2016 attestiert.
Aus gutachterlicher Sicht beruhen die vom BF beschriebenen psychischen Beschwerden auch auf den körperlichen Ängsten, die durch die Herzerkrankung hervorgerufen wurden. Dies ergibt sich auch aus den eigenen Angaben des BF in der Beschwerde, wonach er seit der Herz-OP mit größeren Menschenansammlungen Probleme habe.
Auch weitere Einschränkungen und Erkrankungen, welche in der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen genannt sind, konnten im gegenständlichen Beschwerdeverfahren aufgrund des medizinischen Beweisverfahrens nicht festgestellt werden. Ein diesbezügliches Vorbringen wurde auch nicht erstattet.
Im Ergebnis wurde somit das Sachverständigengutachten von Dr. XXXX, welches von der belangten Behörde eingeholt wurde und dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegt, bestätigt.
Der Inhalt des ärztlichen Sachverständigengutachtens von Dr. XXXX wurde den Verfahrensparteien seitens des erkennenden Gerichts im Rahmen eines schriftlichen Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht und zur Möglichkeit einer Stellungnahme übermittelt.
Das in der Stellungnahme des BF vom 30.10.2018 erstattete Vorbringen bezieht sich ausschließlich auf die Berücksichtigung des "MRT-Konditionales Herzschrittmacherimplantat 2011". Ein Vorbringen zur verfahrensgegenständlichen Zusatzeintragung beziehungsweise zu den gutachterlichen Ausführungen der Sachverständigen Dr. XXXXwurde nicht erstattet. Diese blieben somit unbestritten, da auch die belangte Behörde keine Einwendungen erhoben hat.
Das oben angeführte Sachverständigengutachten von Dr. XXXX wird der gegenständlichen Entscheidung daher in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter gemäß § 45 Abs. 4 BBG mitzuwirken.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteienantrags, von einer Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) noch Art 47 GRC (Charta der Grundrechte) entgegenstehen.
Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde größtenteils auf gutachterlicher Basis ermittelt. Die ärztliche Begutachtung im Beschwerdeverfahren basierte auch auf einer persönlichen Untersuchung des BF. Der Inhalt des vorliegenden Sachverständigengutachtens von Dr. XXXXwurde zudem von den Verfahrensparteien im Rahmen ihres schriftlichen Parteiengehörs nicht substantiiert beeinsprucht.
Da der Sachverhalt auch aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren des BF geklärt erscheint und unstrittig ist, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen.
Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt.
3.2. Zu Spruchteil A):
Unter Behinderung im Sinne des Bundesbehindertengesetzes ist gemäß § 1 Abs. 2 BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Der Behindertenpass hat gemäß § 42 Abs. 1 BBG den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs. 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Gemäß § 1 Abs. 4 Z 3 der am 01. Jänner 2014 in Kraft getretenen Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen idgF ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen, die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
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erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
-
erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
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erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
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eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
-
eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d vorliegen.
Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, bildet Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
Entscheidend für die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist, wie sich eine bestehende Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH vom 20.10.2011, Zl. 2009/11/0032).
Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden (vgl. etwa VwGH 18.12.2006, Zl. 2006/11/0211; VwGH 20.04.2004, Zl. 2003/11/0078).
Dabei kommt es entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Allgemeinen an, nicht aber auf andere Umstände, wie etwa die Entfernung zwischen der Wohnung des BF und der nächstgelegenen Haltestelle öffentlicher Verkehrsmittel (vgl. VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0258; VwGH 27.05.2014, Zl. 2014/11/0030).
Es war aus folgenden Gründen spruchgemäß zu entscheiden:
Es konnten beim BF keine Einschränkungen und Erkrankungen, welche im § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen für die beantragte Zusatzeintragung genannt sind, im geforderten Ausmaße, nämlich in erheblichem beziehungsweise hochgradigem Ausmaß, festgestellt werden.
Den Erläuterungen zur Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist zu entnehmen, dass erhebliche Einschränkungen psychischer Funktionen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel die Krankheitsbilder der Klaustrophobie, der Soziophobie und der phobischen Angststörungen als Hauptdiagnose (nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens einem Jahr) umfassen.
Beim BF wurde eine posttraumatische Belastungsstörung mit sozialphobischen Elementen festgestellt. Sein Vermeidungsverhalten bezieht sich in erster Linie auf schwarze Menschen. Das Krankheitsbild der Soziophobie im Sinne der Erläuterungen zur Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist gegenständlich nicht gegeben.
Der BF besitzt auch die konkrete Fähigkeit ein öffentliches Verkehrsmittel zu benützen. Insbesondere konnte festgestellt werden, dass die Bewältigung einer kurzen Wegstrecke für den BF selbstständig möglich ist. Das Ein- und Aussteigen in beziehungsweise aus öffentlichen Verkehrsmitteln kann bei einem üblichen Niveauunterschied ohne fremde Hilfe seitens des BF geleistet werden. Der sichere Transport im Fahrzeug ist unter den üblichen Transportbedingungen gewährleistet.
Bei der Beurteilung der Rechtsfrage, wann die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel besteht, kommt es entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Allgemeinen an, nicht aber auf andere Umstände. Das Beschwerdevorbringen, wonach der BF sich in einem Raum mit "andersfarbigen Menschen" nicht aufhalten könne, losgelöst von seiner psychischen Erkrankung, kann daher gegenständlich mangels rechtlicher Relevanz nicht berücksichtig werden. Ebenso ist aus denselben Grund nicht entscheidungsmaßgeblich zu berücksichtigen, dass der BF bei der Erledigung der Einkäufe und beim Autofahren auf seine Frau angewiesen sei.
Was schließlich den Antrag des BF betrifft, ihm einen Parkausweis nach § 29b StVO auszustellen, so ist diesbezüglich festzuhalten, dass die belangte Behörde über diesen Antrag ausdrücklich bescheidmäßig nicht abgesprochen hat.
Der äußerste Rahmen für die Prüfbefugnis des Bundesverwaltungsgerichtes ist die "Sache" des bekämpften Bescheides (VwGH 09.09.2015, Ra 2015/04/0012; 26.03.2015, Ra 2014/07/0077). Daher ist der Antrag des BF auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO mangels Vorliegens eines bekämpfbaren Bescheides nicht verfahrensgegenständlich. Vollständigkeit halber ist jedoch anzumerken, dass gegenständlich die grundsätzliche Voraussetzung dafür, nämlich der Besitz eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz, der über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügt, fehlt.
Die Voraussetzungen für die verfahrensgegenständliche Zusatzeintragung in den Behindertenpass liegen zum Entscheidungszeitpunkt nicht vor.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.
3.3. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlicher Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung.
Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Behindertenpass, Sachverständigengutachten, ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G303.2163278.1.00Zuletzt aktualisiert am
13.03.2019