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L24007 Gemeindebedienstete Tirol;Norm
AVG §59 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Julcher, über die Beschwerde des E in B, vertreten durch DDr. Jörg Christian Horwath, Rechtsanwalt in Innsbruck, Anichstraße 6, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 24. Juni 1998, Zl. I-537/1998/PA, betreffend Abweisung eines Antrages auf Ruhestandsversetzung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Stadt Innsbruck hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der 1941 geborene Beschwerdeführer steht als städtischer Fachoberinspektor im Bereich der Berufsfeuerwehr in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Landeshauptstadt Innsbruck.
Nach einem mehrmonatigen "Krankenstand" beantragte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 27. April 1997 seine Versetzung in den dauernden Ruhestand.
Darüber entschied die belangte Behörde mit Spruchpunkt 4. des Bescheides vom 9. November 1997 gemäß § 45 Abs. 1 lit. a und Abs. 3 lit. a des Innsbrucker Gemeindebeamtengesetzes 1970 (IGBG) abweisend.
Gegen diesen rechtskräftigen Abspruch erhob der Beschwerdeführer Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof, der mit Erkenntnis vom 24. März 1999, Zl. 97/12/0422, den Spruchpunkt 4. gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufhob. Zur Vermeidung entbehrlicher Wiederholungen wird auf dieses Erkenntnis verwiesen.
Bereits am 26. Jänner 1998, also etwa zwei Monate nach der Abweisung seines Begehrens auf Ruhestandsversetzung, brachte der Beschwerdeführer einen neuerlichen Antrag auf Ruhestandsversetzung gemäß § 45 Abs. 1 lit. a und Abs. 3 lit. a IGBG bei der belangten Behörde ein. So wie in dem mit Bescheidabspruch vom 9. November 1997 erledigten Verfahren verweist der Beschwerdeführer darin auf sein durch verschiedene (Dienst-)Unfälle ausgelöstes Halswirbelsäulen-Schleudertrauma, insbesondere auf den Dienstunfall vom 29. April 1997 (Sturz in der Dienststelle nach Dienstantritt wegen "starken Schwindels"). Nach umfänglichen Ausführungen über Probleme im Zusammenhang mit dem rechtskräftig abgeschlossenen Ruhestandsversetzungsverfahren legte der Beschwerdeführer ein neurologisch-neuroorthopädisches Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. B. vom 12. Jänner 1998 vor, in dem dieser Gutachter auf Grund einer Untersuchung am 8. Jänner 1998 nach Anamnese, Darstellung der derzeitigen Beschwerden des Beschwerdeführers, Befund und Diagnose zur "Gutachterlichen Beurteilung" gelangt, dass beim Beschwerdeführer auf Grund von Verletzungen der Halswirbelsäule und der Brustwirbelsäule ein "multilokulärer Läsions- und Irritationszustand" im Bereich der Wirbelsäule bestehe, der im Rahmen der vertebragenen Dysfunktion bzw. weitgehend belastungsabhängig zu starken Kopfschmerzen und vegetativen Störungen führe. Darüber hinaus lägen auch Koordinationsstörungen, die sich in Unsicherheit und Schwindel manifestierten, vor. Nach Bezugnahme auf die vom Beschwerdeführer zu erbringenden Arbeiten gelangt der Gutachter schließlich zur ärztlichen Empfehlung, den Beschwerdeführer krankheitsbedingt vorzeitig zu pensionieren.
Nach mehrfachem Schriftwechsel wegen Einholung eines amtlichen orthopädischen Gutachtens bei dem Facharzt Dr. F. Sch. erlitt der Beschwerdeführer am 13. Februar 1998 am Weg zur vereinbarten ärztlichen Untersuchung (neuerlich) einen Verkehrsunfall. Dem Gutachten des genannten Facharztes vom 20. April 1998 ist nach Anamnese, Befund und Diagnose folgende zusammenfassende Beurteilung zu entnehmen:
"Herr N erlitt bisher insgesamt 9 x eine Verletzung der Halswirbelsäule (Decelerations- und Accelerationstraumen), meist bei Autoheckkollisonen. Sowohl diese aber auch die schicksalshaften Abnützungen der Halswirbelsäule, die solche des tatsächlichen Lebensalters nur gering übersteigen, führen zu dauerhaften Funktionsbeeinträchtigungen der Halswirbelsäule. Eine klare Trennung zwischen dem schicksalshaft, degenerativen Verletzungsanteil lässt sich nach dieser Abfolge von Verletzungen nicht mit letzter Sicherheit sagen. Dass sich im Laufe der Jahre die degenerativen Veränderungen aber kaum geändert haben, ist nach wie vor von einer schicksalshaften Abnützungserkrankung der Halswirbelsäule als Hauptgrund für die Beschwerden auszugehen.
Auffallend ist, dass sich Herr N relativ rasch wieder von den Verletzungen erholt hat und offenbar beim Lenken seines PKW keine besonderen Beschwerden angibt, obwohl er auch mehrstündige Fahrtstrecken zurücklegt. Diese Tatsache bestätigt die überwiegend funktionelle Störung dieses Wirbelsäulenabschnittes, die auch die ausstrahlenden Schmerzen in die linke obere Extremität erklären und dzt. nicht auf eine Nervenkompression zurückzuführen sind. Demnach sind Herrn N die ihm obliegenden Tätigkeiten als Fachoberinspektor unter folgenden Einschränkungen noch zumutbar:
1) Ein Wechsel der Körperhaltung sollte alle 30-40 Minuten zumindest für 5-10 Minuten möglich sein.
2) Eine ausschließliche Tätigkeit am PC über einen gewöhnlichen Arbeitstag sind zu meiden. Ununterbrochene Tätigkeiten bis zu 30 Minuten sind jedoch möglich.
3)
Auf eine ergonomische Arbeitsplatzgestaltung ist zu achten.
4)
Über Kopfarbeiten sind ebenso zu meiden wie das Arbeiten auf Leitern oder anderen exponierten Stellen.
5) Das Heben von schweren Lasten ist zu meiden."
In einer daraufhin von der belangten Behörde eingeholten Stellungnahme des Kommandos der Berufsfeuerwehr Innsbruck teilte diese mit, dass der Arbeitsplatz des Beschwerdeführers so gestaltet werden könne, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen berücksichtigt würden (wird näher ausgeführt).
Das Gutachten des von der Dienstbehörde bestellten gerichtlich beeideten Sachverständigen Dr. F. Sch. wurde dem Beschwerdeführer im Parteiengehör zur Kenntnis gebracht.
Der Beschwerdeführer gab dazu eine umfassende Stellungnahme ab, in der er nach eingehenden Auseinandersetzungen mit dem Amtsgutachten die Übermittlung früherer Gutachten und insbesondere die "Bestellung eines Obergutachters" verlangt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde wie folgt abgesprochen:
"SPRUCH
1. Der Antrag von städt. Fachoberinspektor E N vom 26. Jänner 1998, ihn gemäß § 45 Abs. 1 lit. a und § 45 Abs. 3 lit. a des Innsbrucker Gemeindebeamtengesetzes 1970 (mit Wirkung vom 1. Juli 1998) in den dauernden Ruhestand zu versetzen, wird abgewiesen.
2. Die von Fachoberinspektor E N im Rahmen des Parteiengehörs am 3. Juni 1998 gestellten weiteren Anträge (Pkt. 6.6.) werden ebenfalls abgewiesen."
Zur Begründung wird nach Wiedergabe der Rechtslage und des Amtsgutachtens Dris. F. Sch. weiters ausgeführt, nur dieses Gutachten enthalte den aktuellen Gesundheitszustand des Beschwerdeführers (auch allfällige Unfallfolgen vom 13. Februar 1998). Dieses Gutachten sei schlüssig, der Beschwerdeführer habe kein Gegengutachten auf fachlich entsprechender Ebene vorgelegt. Dem Schreiben des Beschwerdeführers vom 3. Juni 1998 sei zu entnehmen, dass er zum Zeitpunkt der Antragstellung offensichtlich dienstfähig gewesen sei und auch bereit wäre, erst am 1. Oktober 1998 in den Ruhestand versetzt zu werden. Nach Bezugnahme auf die Stellungnahme des Kommandos der Berufsfeuerwehr gelangt die belangte Behörde zur Aussage, dass beim Beschwerdeführer keine dauernde Dienstunfähigkeit vorliege. Abschließend führt die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus:
"Allen weiteren Beweisanträgen, welche im Rahmen des Parteiengehörs am 3. Juni 1998 gestellt wurden, war nicht Rechnung zu tragen, da der Dienstbehörde auf Grund des Sachverständigengutachtens des Herrn Dr. F. Sch. vom 20. April 1998 und den Ausführungen der städt. Berufsfeuerwehr vom 12. Mai 1998 der Sachverhalt ausreichend ermittelt erscheint. Den gestellten Beweisanträgen war sohin keine Folge zu geben und diese spruchgemäß abzuweisen."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 68 Abs. 1 des gemäß § 1 Abs. 1 DVG auf das Dienstrechtsverfahren anwendbare AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
Ist über einen Verfahrensgegenstand durch rechtskräftigen Bescheid (- eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof steht dem Eintritt der Rechtskraft nicht entgegen -) entschieden worden, so darf über diese erledigte Sache nicht neuerlich entschieden werden. Ein solches Begehren ist vielmehr wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Nur eine Änderung der für die frühere Entscheidung tragenden Rechtsvorschriften oder eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - lassen eine neuerliche Sachentscheidung zu (vgl. Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht7, Rz 462 ff, mit Judikaturangaben).
Im Beschwerdefall liegt keine Änderung der angewendeten Rechtslage vor. Bezogen auf den Zeitpunkt der Antragstellung des Beschwerdeführers gibt es keinerlei Anzeichen für eine Änderung des Sachverhaltes, nämlich seines Gesundheitszustandes. Auch aus dem später eingetretenen neuerlichen Unfall vom 13. Februar 1998 ist - bis zum maßgebenden Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - keine wesentliche Änderung des maßgebenden Sachverhaltes zu entnehmen.
Die belangte Behörde wäre daher - mangels einer wesentlichen Sachverhaltsänderung - rechtlich verpflichtet gewesen, den Antrag des Beschwerdeführers vom 26. Jänner 1998 mit dem angefochtenen Bescheid im Hinblick auf ihre rechtskräftige Entscheidung in der Sache vom 9. November 1997 zurückzuweisen. An diesem rechtlich zwingend gebotenen Ergebnis ändert weder die damals anhängige Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof noch die mit Datum vom 24. März 1999 erfolgte Aufhebung der seinerzeit rechtskräftigen Entscheidung vom 9. November 1997 unter VwGH-Zl. 97/12/0422 etwas. Die Aufhebung des Spruchpunktes 1. gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit ist - auch - im Hinblick auf die rechtliche Bindung geboten.
Der Abspruch unter Punkt 2. des angefochtenen Bescheides ist als selbständiger Abspruch über Einwendungen des Beschwerdeführers im Verfahren unzulässig (vgl. Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht7, Rz 389 ff). Da auch durch diesen Abspruch eine rechtliche Bindung für das Verfahren nicht ausgeschlossen werden kann, war die Abweisung dieser Anträge des Beschwerdeführers mit Punkt 2. des angefochtenen Bescheides daher ebenfalls gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 26. Mai 1999
Schlagworte
Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete GesetzesbestimmungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998120212.X00Im RIS seit
22.11.2000