TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/20 I409 2152942-1

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Veröffentlicht am 20.01.2019
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Entscheidungsdatum

20.01.2019

Norm

BFA-VG §18 Abs1 Z2
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §50 Abs3
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I409 2152942-1/6Z

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Florian Schiffkorn als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, Staatsangehörigkeit Nigeria, vertreten durch Edward W. Daigneault, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen den Spruchpunkt V des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24. März 2017, Zl. 1075603807-150763660, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt V des angefochtenen Bescheides, mit dem einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt worden war, wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer stellte nach seiner illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 30. Juni 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 2. Juli 2015 brachte der Beschwerdeführer als Fluchtgrund Folgendes vor:

"Meine Stadt wurde bombardiert von wem weiß ich nicht, dabei ist unser Geschäft getroffen worden, es wurde dabei zerstört. Meine Mutter und mein Bruder wurde dabei getötet, mein Vater hat auch Probleme mit meinem Onkel gehabt, wegen eines Grundstückstreites, dabei hat mein Onkel meinen Vater umgebracht. Der Freund von meinem Vater hat mir gesagt, daß mein Onkel mich umbringen wird, damit ich nichts erben kann. Der Freund meines Vaters hat mir geholfen das Land zu verlassen."

In der Einvernahme vor der belangten Behörde am 23. März 2017 machte der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt folgende Angaben:

"Die Familie meines Vaters wollte mich umbringen, weil mein Vater Häuser und Grundstücke hatte. Sie wollten nicht, dass ich alles alleine erbe. Mein Großvater wollte mich opfern, weil er an Rituale glaubt. Eines Tages hat er mich in einem Raum bei ihm gefesselt und dort gelassen. Am nächsten Tag kam ein anderer Onkel will ich laut geschrieben habe, der auch gegen die Familie ist und was sie machen. Er hat mich befreit uns sagte mir ich soll irgendwohin flüchten, wo sie mich nicht flüchten können. Ich bin an einen anderen Ort geflüchtete und habe den Freund meines Vaters angerufen. Er hat über alles Bescheid gewusst, weil mein Vater ihn bereits zuvor alles erzählt hatte. Er hat mir geholfen auszureisen."

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 24. März 2017 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten "gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr.100/2005 (AsylG) idgF" (Spruchpunkt I) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten "gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG" (Spruchpunkt II) als unbegründet ab; zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen "gemäß § 57 AsylG" nicht erteilt. "Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF" wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung "gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF" erlassen. Weiters wurde "gemäß § 52 Absatz 9 FPG" festgestellt, dass seine Abschiebung "gemäß § 46 FPG" nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III) und dass gemäß "§55 Absatz 1a FPG" keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt IV). Darüber hinaus wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß "§ 18 Absatz 1 Ziffer 2 BFA-VG" die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V). Weiters wurde gemäß "§ 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 1 FPG" gegen den Beschwerdeführer ein befristetes Einreiseverbot auf die Dauer von sechs Jahren erlassen (Spruchpunkt VI). Gemäß "§ 13 Absatz 2 Ziffer 1 und 2 AsylG" wurde angeordnet, dass der Beschwerdeführer sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 11. Dezember 2015 verloren hat (Spruchpunkt VII).

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 7. April 2017 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A) Entscheidung über die Beschwerde gegen Spruchpunkt V des angefochtenen Bescheides

A) 1. Feststellungen

Der Beschwerdeführer reiste spätestens am 30. Juni 2015 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz.

Der Beschwerdeführer ist volljährig, gesund und erwerbsfähig, Staatsangehöriger von Nigeria, ledig und kinderlos, Angehöriger der Volksgruppe der Ibo und christlichen Glaubens. Er verfügt in Österreich über keine maßgeblichen privaten Anknüpfungspunkte.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Freundin des Beschwerdeführers von ihm schwanger ist.

Feststellungen zu seiner Identität - vor allem zu seinem Namen und seinem Geburtsdatum - können nicht getroffen werden.

Die Beschwerdeführer weist sie in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, gesellschaftlicher sowie kultureller Hinsicht auf. Er bestreitet seinen Lebensunterhalt über die Grundversorgung.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 11. Dezember 2015 wurde der Beschwerdeführer rechtskräftig wegen des gewerbsmäßigen Verkaufes von Suchtmitteln nach § 27 Abs. 1 achter Fall und Abs. 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten, davon sechs Monate bedingt, verurteilt.

Der Beschwerdeführer wird im Fall seiner Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit - entgegen seiner Behauptung - keiner persönlichen Verfolgung oder einer wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein; ihm würde die notdürftigste Lebensgrundlage nicht entzogen werden und in Nigeria besteht derzeit keine extreme Gefährdungslage.

A) 2. Beweiswürdigung

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde sowie in den Beschwerdeschriftsatz Beweis erhoben.

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seiner Herkunft und seinem Gesundheitszustand gründen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, das Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zu seiner Person aufkommen lässt.

Die rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 18. Jänner 2019.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner persönlichen Verfolgung oder einer wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird, beruht auf der nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung der belangten Behörde, der auch der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde nicht substantiiert entgegengetreten ist. Letztlich wird durch die angeblich bestehende übersinnliche bzw. spirituelle Bedrohung, die der Beschwerdeführer ins Treffen führt, deutlich, dass die behauptete Verfolgung nicht real ist.

A) 3. Rechtliche Beurteilung

A) 3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:

§ 18 Abs. 1 Z 2 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, lautet:

"Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde

§ 18. (1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn

1. ...,

2. schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,

3. ...

(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt."

A) 3.2. Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt V des angefochtenen Bescheides):

1. Mit Spruchpunkt V des angefochtenen Bescheides wurde einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung aberkannt, weil "schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt".

1.1. Ausgehend von den unter Punkt A) 1. getroffenen Feststellungen zu seiner Verurteilung wegen des gewerbsmäßigen Verkaufes von Suchtmitteln sind die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-Verfahrensgesetz im vorliegenden Beschwerdefall erfüllt, sodass die belangte Behörde der Beschwerde zu Recht die aufschiebende Wirkung aberkannte. Es bestand auch kein Anlass, im Rahmen der Ermessensübung und der vorzunehmenden Interessensabwägung von der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung Abstand zu nehmen.

1.2. Aufgrund der derzeitigen Aktenlage und nach Maßgabe des § 18 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz ist - vor dem Hintergrund der unter Punkt A) 1. getroffenen Feststellungen - nicht ersichtlich, warum der Beschwerdeführer den Ausgang des Beschwerdeverfahrens nicht im Ausland abwarten können sollte, sodass eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das Bundesverwaltungsgericht nicht erforderlich zu sein scheint:

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, warum sie zur Auffassung gelangt ist, dass dem Beschwerdeführer in Nigeria keine asylrelevante Verfolgung droht.

Auch dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Nigeria die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Juli 2003, 2003/01/0059), gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt, zumal er gesund und daher erwerbsfähig ist. Es ist daher kein Grund ersichtlich, warum der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt nach seiner Rückkehr nicht wieder bestreiten können sollte.

Außerdem besteht ganz allgemein in Nigeria derzeit keine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung iSd Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre.

Darüber hinaus ist die Abschiebung nach Nigeria auch nicht nach § 50 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 unzulässig, weil einer Abschiebung dorthin keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Letztlich kommt es zu keiner Verletzung von Art. 8 EMRK allein dadurch, dass der Beschwerdeführer gezwungen ist, für die Dauer des Beschwerdeverfahrens nach Nigeria zurückzukehren.

2. Aus dem Gesagten war die Beschwerde gegen Spruchpunkt V als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Abschiebung, Asylantragstellung, Asylverfahren, aufschiebende
Wirkung, Bürgerkrieg, Einreiseverbot, Fluchtgründe, Gefährdung der
Sicherheit, öffentliche Ordnung, öffentliche Sicherheit,
Rückkehrentscheidung, strafrechtliche Verurteilung, Suchtgifthandel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I409.2152942.1.00

Zuletzt aktualisiert am

13.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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