TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/24 W210 2208573-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.01.2019
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Entscheidungsdatum

24.01.2019

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §33
VwGVG §7 Abs4

Spruch

W210 2208573-2/3E

W210 2208573-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Anke SEMBACHER als Einzelrichterin über die Beschwerden des XXXX , geb. XXXX, StA. Afghanistan, vertreten durch XXXX , gegen die Bescheide des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark,

I. vom 13.12.2018, Zl. 1114071503/160640675/BMI-BFA_STM_AST_01 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 3 B-VG nicht zulässig.

II. vom 09.08.2018, Zl. 1114071503-160640675/BMI-BFA_STM_AST_01 beschlossen:

A) Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte erstmals am 08.05.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Er wurde am selben Tag dazu von einem Organ der LPD Burgenland befragt.

2. Am 11.07.2018 fand eine niederschriftliche Einvernahme vor der belangten Behörde statt, in der der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen im Beisein seines Vertreters unter Beiziehung eines Dolmetschers einvernommen wurde. Im Zuge dieser Einvernahme legte der Beschwerdeführer Zeugnisse und Taufunterlagen sowie Arbeitsunterlagen vor.

3. Mit Bescheid vom 09.08.2018, Zl. 1114071503-160640675/BMI-BFA_STM_AST_01 wies das BFA den Antrag auf internationalen Schutz (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan ab (Spruchpunkt II.), erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.) und erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt IV.) und, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt V.). Unter einem wurde dem Beschwerdeführer ein Rechtsberater von Amts wegen zur Seite gestellt. Dieser Bescheid samt der Verfahrensanordnung wurde dem Beschwerdeführer zuhanden seines gewillkürten Vertreters am 13.08.2018 zugestellt.

4. Mit Email vom 17.09.2018 brachte der Beschwerdeführer durch seinen Vertreter mittels mit 15.09.2018 und auch 16.09.2018 datiertem Schriftsatz eine weitwendig ausgeführte Beschwerde sowie eine "Bitte um Wiedereinsetzung in den vorhergehenden Stand" ein. Diesen Antrag auf Wiedereinsetzung begründete der Beschwerdeführer bzw. sein Vertreter damit, dass er, der Vertreter, sich im Februar 2016 bei einem Krankentransport von Flüchtlingen mit einem unbekannten Virus infiziert hätte, zwei Mal stationär im Krankenhaus gewesen wäre und mehrere Male ambulant. Der Vertreter habe schon einige Vertretungstermine aus gesundheitlichen Gründen absagen müssen, dies sei den Referenten bekannt. Seit dieser Zeit sei es wieder zu einem schweren Infekt gekommen, wobei er wieder stationär im Krankenhaus gewesen wäre. Es hätte sich in Folge herausgestellt, dass der Vertreter schwer erkrankt sei und er habe mehrmals zu Untersuchungen ins Krankenhaus müssen. Er sei dadurch mit seiner Arbeit zeitlich in Verzug gekommen, auch weil es ihm zeitweilig sehr schlecht gegangen sei. Aus diesem Grund habe er die Beschwerde nicht rechtzeitig fertigstellen können. Das sei im Vorfeld nicht erkennbar gewesen, sonst hätte er die Aufgabe delegiert. Er bitte um Nachsicht der Verspätung und darum, Vorurteile gegen den Vertreter beiseite zu lassen, dem Antrag stattzugeben, da sonst ein Nachteil für seinen Mandanten bestehe. Als Zeuge könne die Ehefrau des Vertreters befragt werden, auf Wunsch könne er auch ärztliche Bestätigungen bringen.

5. Mit Schreiben vom 20.09.2018 wurde der Vertreter zur Vorlage einer ärztlichen Bestätigung für den in Frage kommenden Zeitraum aufgefordert und dafür eine Frist von einer Woche ab Zustellung der Nachricht gewährt. Eine Lesebestätigung dieses Mails datiert vom 21.09.2018, 22:21 Uhr MEZ.

6. Mit Email vom 26.09.2018 ersuchte der Vertreter um eine Fristverlängerung bis 01.10.2018. Diese wurde ihm gewährt.

7. Mit Email vom 01.10.2018 bedankte sich der Vertreter für die Gewährung der Fristverlängerung, unter seinem Namen befindet sich der Satz "Im Anhang befindet sich die Bestätigung". Ein Anhang ist in dem Email nicht ersichtlich.

8. Mit Email vom 24.10.2018 wurde der Vertreter erneut aufgefordert, eine ärztliche Bestätigung bis 25.10.2018 vorzulegen.

9. Mit Email vom 25.10.2018 legte der Vertreter eine hausärztliche Bestätigung vom 27.09.2018 vor, die wie folgt lautet: "Aufgrund einiger schwerwiegender Komplikationen seiner Grunderkrankung war

XXXX im Zeitraum vom 20.8.-10.9.2018 nicht einsatzfähig". Weitere Bestätigungen oder Befundberichte wurden nicht vorgelegt.

10. Mit Schreiben vom 29.10.2018 legte die belangte Behörde die Beschwerde gegen den Bescheid vom 09.08.2018 dem Bundesverwaltungsgericht vor und wies unter einem daraufhin, dass dieser bereits in Rechtskraft erwachsen sei, ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Beschwerde zusammen eingebracht worden sei und eine ärztliche Bestätigung bezüglich der Verhinderung des Vertreters vorgelegt worden sei. Diese Beschwerde wurde zur GZ 2208573-1 protokolliert.

11. Mit Bescheid 13.12.2018, Zl. 1114071503/160640675/BMI-BFA_STM_AST_01 wies die belangten Behörde den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab (Spruchpunkt I.) und erkannte dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand die aufschiebende Wirkung nicht zu. Zusammenfassend begründete das BFA diese Entscheidung damit, dass der Beschwerdeführer nicht durch ein unabwendbares oder unvorhergesehenes Ereignis verhindert war, die Rechtsmittelfrist einzuhalten. Dieser Bescheid wurde dem Vertreter des Beschwerdeführers am 17.12.2018 zugestellt.

12. Mit Email vom 28.12.2018 erhob der Beschwerdeführer vertreten durch seinen Vertreter Beschwerde gegen den Bescheid vom 13.12.2018. Diese Beschwerde enthält neben Ausführungen zur Stellung des Vertreters die Ausführungen, dass der Vertreter die Rechtsauffassung des Verhandlungsleiters als nicht im Sinne des Gesetzes sehe. Er könne nicht für alle Fälle vorsorgen. Er sei durch eine kranke Flüchtlingsfamilie angesteckt worden, habe Niereninsuffizienz II, eine coronare Herzerkrankung, Diabetes, "Autoimundefekt" und nach zwei sehr schweren Infektionen auch ein drohendes Leberversagen. Für einen derart schweren Erkrankungsfall von heute auf morgen, könne man keine Fürsorge treffen. Der Vertreter bitte um Verständnis und aufschiebende Wirkung.

13. Diese Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 02.01.2019 vorgelegt und zur GZ 2208573-2 protokolliert.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Bescheid vom 09.08.2018, Zl. 1114071503-160640675/BMI-BFA_STM_AST_01 wurde dem Beschwerdeführer zuhanden seines Vertreters am 13.08.2018 rechtswirksam zugestellt.

In der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides wurde auf die vierwöchige Rechtsmittelfrist ab Zustellung verwiesen, welche mit 10.09.2018 endete.

Die Beschwerde samt Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurden mit Email vom 17.09.2018 versendet und langten am 18.09.2018 bei der belangten Behörde ein.

Eine die Dispositionsfähigkeit völlig ausschließende Erkrankung des Vertreters im Zeitraum der Beschwerdefrist lag nicht vor. Der Vertreter hat eine "Niereninsuffizienz II, eine coronare Herzerkrankung, Diabetes, ‚Autoimundefekt'" und leidet an den Folgen der Ansteckung mit einem unbekannten Virus. Er hat keine präventiven Maßnahmen für den Fall des akuten Auftritts seiner Erkrankung gesetzt.

2. Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl. Die Feststellungen hinsichtlich der Erkrankung des Vertreters fußen auf dessen eigenen Angaben im Antrag auf Wiedereinsetzung sowie in der Beschwerde, wo vorgebracht wird, dass er mit seiner Arbeit zeitlich in Verzug gekommen ist, da es ihm zeitweise schlecht ging (BFA-Akt zu W210 2208573-1, AS 386), eine die Dispositionsfähigkeit ausschließende Erkrankung wurde damit nicht dargetan. Auch wurden trotz mehrmaliger Aufforderung durch die belangte Behörde keine ärztlichen Atteste über die genauen Erkrankungen bzw. Komplikationen vorgelegt, lediglich eine hausärztliche Bestätigung, die mangelnde Einsatzfähigkeit von 20.08.2018 bis 10.09.2018 attestiert, die auf "schwerwiegende Komplikationen seiner Grunderkrankung" verweist, wurde vorgelegt. Die Feststellungen der Grunderkrankungen im Allgemeinen fußen auf den Angaben des Vertreters in der Beschwerde vom 28.12.2018, ebenso die Feststellung, dass er keine Maßnahmen getroffen hat.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt I.A)

§ 33 VwGVG lautet:

"Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

§ 33. (1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

(2) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Vorlageantrags ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil die anzufechtende Beschwerdevorentscheidung fälschlich ein Rechtsmittel eingeräumt und die Partei das Rechtsmittel ergriffen hat oder die Beschwerdevorentscheidung keine Belehrung zur Stellung eines Vorlageantrags, keine Frist zur Stellung eines Vorlageantrags oder die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. In den Fällen des Abs. 2 ist der Antrag binnen zwei Wochen

1. nach Zustellung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung, der bzw. die das Rechtsmittel als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.

2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Stellung eines Antrags auf Vorlage Kenntnis erlangt hat,

bei der Behörde zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.

(4) Bis zur Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. § 15 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

(4a) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrags auf Ausfertigung einer Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil auf das Erfordernis eines solchen Antrags als Voraussetzung für die Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof und einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof nicht hingewiesen wurde oder dabei die zur Verfügung stehende Frist nicht angeführt war. Der Antrag ist binnen zwei Wochen

1. nach Zustellung einer Entscheidung, die einen Antrag auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4, eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.

2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit eines Antrags auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 Kenntnis erlangt hat,

beim Verwaltungsgericht zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen. Über den Antrag entscheidet das Verwaltungsgericht.

(5) Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.

(6) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrags findet keine Wiedereinsetzung statt."

Zur anzuwendenden Rechtslage ist festzuhalten, dass die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen ist, dass bei Versäumen der Beschwerdefrist § 33 VwGVG für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand die maßgebliche Bestimmung und nicht §§ 71, 72 AVG, weil es sich um ein Verfahren über eine im VwGVG geregelte Beschwerde handelt (VwGH, 05.12.2018, Ra 2018/20/0441). Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 71 AVG ist grundsätzlich auf Verfahren gemäß § 33 VwGVG anzuwenden (VwGH 13.09.2017, Ra 2017/12/0086 mit weiteren Nachweisen).

Die belangte Behörde hat zu Recht ihre Zuständigkeit zum Abspruch über diesen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand trotz Vorlage der Beschwerde gegen den Bescheid angenommen, da dieser Antrag auf Wiedereinsetzung erkennbar bereits mit der Beschwerde eingebracht wurde (VwGH, 26.09.2018, Ra 2017/17/0015).

Der Bescheid vom 09.08.2018, Zl. 1114071503-160640675/BMI-BFA_STM_AST_01 wurde dem Beschwerdeführer zuhanden seines Vertreters am 13.08.2018 rechtswirksam zugestellt. Die vierwöchige Beschwerdefrist endete demnach mit Ablauf des 10.09.2018, weshalb die am 17.09.2018 eingebrachte und am 18.09.2018 eingelangte Beschwerde verspätet erfolgte. Der Antrag auf Wiedereinsetzung wurde am 17.09.2018 abgeschickt. Die übermittelte hausärztliche Bestätigung hält fest, dass der Vertreter des Beschwerdeführers ab 10.09.2018, sohin ab dem Ende der Beschwerdefrist wieder einsatzfähig gewesen ist, das Hindernis ist damit am 10.09.2018 weggefallen, der Antrag erweist sich als rechtzeitig.

Als Ereignis im Sinne des § 71 AVG bzw. § 33 VwGVG ist jedes Geschehen ohne jede Beschränkung auf Vorgänge in der Außenwelt anzusehen. Gehindert wird eine Person ebenso durch eine alltägliche Erkrankung wie durch eine Naturkatastrophe, durch eine eigene menschliche Unzulänglichkeit ebenso wie durch Gewalteinwendungen von außen. Unvorhergesehen ist aber ein Ereignis dann, wenn die Partei es tatsächlich nicht einberechnet hat und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme von zumutbarer Aufmerksamkeit und Vorsicht nicht erwarten konnte (vgl. VwGH 26.08.1998, 96/09/0093).

Ein Ereignis ist dann unabwendbar, wenn es durch einen Durchschnittsmenschen objektiv nicht verhindert werden konnte. Es ist als unvorhergesehen zu werten, wenn die Partei es tatsächlich nicht miteinberechnet hat und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Vorsicht nicht erwarten konnte. Anders als das Tatbestandsmerkmal des "unabwendbaren" erfasst jenes des "unvorhergesehenen" Ereignisses die subjektiven Verhältnisse der Partei, sodass nicht der objektive Durchschnittsablauf, sondern der konkrete Ablauf der Ereignisse maßgebend ist (vgl. VwGH 15.09.2005, 2004/07/0135).

Eine krankheitsbedingte Säumnis erfüllt die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur dann, wie der Verwaltungsgerichtshof in einem Judikat vom 25.04.2018 erneut festhält (VwGH 25.04.2018, Ra 2018/18/0057), "wenn die Krankheit zu einer Dispositionsunfähigkeit des Betroffenen geführt hat oder die Dispositionsfähigkeit so stark beeinträchtigt hat, dass das Unterbleiben der fristwahrenden Handlung in einem milderen Licht - nämlich als bloß minderer Grad des Versehens - zu beurteilen ist (VwGH, 22.07.2004, 2004/20/0122, mwN). Für die Wiedereinsetzung reicht es nicht aus, wenn die Partei gehindert war, die fristwahrende Handlung selbst zu setzen. Ein Wiedereinsetzungsgrund liegt nur vor, wenn die Partei auch gehindert war, der Fristversäumung durch andere geeignete Dispositionen - im Besonderen durch Beauftragung eines Vertreters - entgegen zu wirken (VwGH, 29.11.2007, 2007/21/0308) bzw ihr auch insofern nur ein leicht fahrlässiges Fehlverhalten vorgeworfen werden könnte."

Zur Erkrankung eines Vertreters geht die Judikatur davon aus, dass, sofern "der berufsmäßige Vertreter der Partei an einer immer wieder plötzlich auftretenden Krankheit leidet, die gelegentlich seine Dispositionsfähigkeit massiv beeinträchtigt, hat er für den Fall einer solchen Erkrankung entsprechende Vorsorge zu treffen. Wird eine mündliche Verhandlung oder Frist versäumt, weil für den Krankheitsfall nicht durch präventive Dispositionen vorgesorgt worden ist, trifft den Parteienvertreter ein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden" (Hengstschläger/Leeb, AVG, § 71, Rz 81 mit Verweis auf VwGH 26.09.1996, 96/19/2286; 25.04.1997, 97/19/0208). Anderes trifft zu, wenn in Fällen, "in denen mit der plötzlich auftretenden, die Dispositionsfähigkeit entsprechend beeinträchtigenden Krankheit nicht gerechnet werden musste" (Hengstschläger/Leeb, AVG, § 71, Rz 81 mit Verweis auf VwGH 21.05.1992, 92/06/0086; 10.10.1995, 95/20/0523). Dies ist hier jedoch nicht der Fall:

Im vorliegenden Fall hat der Vertreter des Beschwerdeführers einige Grunderkrankungen, die ihn seinem eigenen Vorbringen nach immer wieder erheblich beeinträchtigen, so auch im fraglichen Zeitraum. Als Beweis dafür benennt er seine Ehefrau als Zeugin und bietet an, "auf Wunsch" ärztliche Bestätigungen vorlegen zu können. Dazu ist festzuhalten, dass prinzipiell bereits im Antrag jenes unvorhersehbare oder unabwendbare Ereignis zu beschreiben ist, das die Versäumnis hervorgerufen hat, an diese Gründe ist die belangte Behörde bei ihrer Prüfung gebunden (Hengstschläger/Leeb, AVG, §71, Rz 115). Demnach hat die Partei die Umstände glaubhaft darzulegen "und bereits im Antrag taugliche Bescheinigungsmittel zu ihrer Glaubhaftmachung anzuführen (Hengstschläger/Leeb, AVG, § 71, Rz 116 mit Verweis auf VwGH 21.03.1997, 97/02/0093; 25.02.2003, 2002/10/2002). Zudem ist auch darzulegen und allenfalls zu bescheinigen, "dass zwischen dem die Wiedereinsetzung begründenden Ereignis und der Fristversäumnis ein Kausalzusammenhang besteht" (Hengstschläger/Leeb, AVG, § 71, Rz 116 mit Verweis auf Stoll, BAO III 2975). Die belangte Behörde hat dem Vertreter mehrfach aufgetragen, die von ihm angebotenen ärztlichen Bestätigungen vorzulegen, eine Fristverlängerung dazu auch gewährt. Die vorgelegte Bestätigung einer Hausärztin bestätigt ihrem Wortlaut nach, dass der Vertreter von 20.08.2018 bis 10.09.2018, sohin in drei von vier Wochen der Beschwerdefrist nicht einsatzfähig war. Der Vertreter selbst schreibt im Antrag davon, dass er mit seiner Arbeit zeitlich in Verzug gekommen sei, da es ihm zeitweise schlecht gegangen sei, eine fehlende Dispositionsfähigkeit ergibt sich daraus nicht. Weitere ärztliche Atteste oder Bestätigungen wurden nicht vorgelegt. Aus all dem ergibt sich, dass die hier vorgebrachte Erkrankung kein unabwendbares oder unvorhergesehenes Ereignis im Sinne der oben zitierten Judikatur ist.

Auch liegt hier ein nicht nur minderer Grad des Verschuldens vor: Es geht aus dem Vorbringen auch nicht hervor, dass der Vertreter in Kenntnis seiner Grunderkrankungen präventive Vorkehrungen für eine Verschlechterung seines Zustandes getroffen hätte (Hengstschläger/Leeb, AVG, § 71, Rz 81 mit Verweis auf VwGH 26.09.1996, 96/19/2286; 25.04.1997, 97/19/0208), vielmehr wird dies sogar explizit verneint. Wie der Verwaltungsgerichtshof festhält (VwGH, 30.05.2017, Ra 2017/19/0113), "ist das Verschulden des Vertreters dem Verschulden des vertretenen Wiedereinsetzungswerbers gleichzusetzen. Es hat dieselben Rechtswirkungen wie das Verschulden der Partei. Der Machtgeber muss sich das Verschulden des Machthabers zurechnen lassen. Das Verschulden, welches den Bevollmächtigten der Partei trifft, ist so zu behandeln, als wäre es der Partei selbst unterlaufen, gleichgültig ob der Wiedereinsetzungswerber von einem Rechtsanwalt oder sonst einer Vertrauensperson vertreten wird."

Jedoch trifft auch nichtvertretene Parteien bei der Wahrnehmung von Fristen eine erhöhte Sorgfaltspflicht (VwGH, 25.09.2018, Ra 2016/05/0018).

Die Erkrankung des Vertreters stellt somit kein unabwendbares oder unvorhergesehens Ereignis im Sinne des § 33 Abs. 1 VwGVG dar, auch trifft den Vertreter, weil für den Krankheitsfall nicht durch präventive Dispositionen vorgesorgt worden ist, ein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden, dies ist dem Beschwerdeführer zuzurechnen.

Aus diesem Grund hat die belangte Behörde den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Recht abgewiesen. Da dagegen erhobene, zu 2208573-2 protokollierte Beschwerde ist abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II.A.:

Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Sie beginnt in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG (= Parteibeschwerde) dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung.

§ 32 AVG bestimmt:

"5. Abschnitt: Fristen

§ 32. (1) Bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, wird der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll.

(2) Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats."

Der Bescheid vom 09.08.2018, Zl. 1114071503-160640675/BMI-BFA_STM_AST_01 wurde dem Beschwerdeführer zuhanden seines Vertreters am 13.08.2018 rechtswirksam zugestellt.

In der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides wurde auf die vierwöchige Rechtsmittelfrist ab Zustellung verwiesen, welche mit 10.09.2018 endete.

Die Beschwerde samt Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurden mit Email vom 17.09.2018 versendet und langten am 18.09.2018 bei der belangten Behörde ein. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen diese Fristversäumnis wurde nicht gewehrt, die dagegen erhobene Beschwerde abgewiesen (vgl. oben II.3.2.). Die Beschwerde vom 18.09.2018 gegen den Bescheid vom 09.08.2018, Zl. 1114071503-160640675/BMI-BFA_STM_AST_01, protokolliert zu 2208573-1 erweist sich somit als verspätet und ist zurückzuweisen.

3.3. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG. Der Sachverhalt ist aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen (entspricht der bisherigen Judikatur zum § 67d AVG, wobei darauf hinzuweisen ist, dass § 24 VwGVG dem aufgehobenen § 67d AVG entspricht). Es ergab sich sohin auch kein Hinweis auf die Notwendigkeit, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer zu erörtern (vgl. VwGH 23.01.2003, 2002/20/0533, VwGH 01.04.2004, 2001/20/0291).

3.4. Zu den Spruchpunkten I.B und II.B zur Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Fristversäumung, Rechtsmittelfrist, Verspätung, Wiedereinsetzung,
Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W210.2208573.1.00

Zuletzt aktualisiert am

12.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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