TE Bvwg Beschluss 2019/1/29 W257 2186489-3

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Veröffentlicht am 29.01.2019
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Entscheidungsdatum

29.01.2019

Norm

B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §33

Spruch

W257 2186489-3/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Herbert MANTLER, MBA, als Einzelrichter über die Anträge von XXXX geboren am XXXX , Staatsbürger der Islamischen Republik von Afghanistan, vertreten durch XXXX , Rechtsanwältin in 5020 Salzburg, XXXX , auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand der mit den mündlichen Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.12.2018, W257 2186489-1/9E und W257 2186489-2/7E 2185062-1/7E, rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren auf internationalen Schutz:

A)

Die Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 22.01.2019 werden gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1.1. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl entzog mit Bescheid vom 25.01.2018, Zl. 830239303-160857025 (ho Gz.: W 257 2186489-1) den Wiedereinsetzungswerber von Amts wegen den Status des subsidiär Schutzberechtigten. Am 12.09.2018 - noch im Stande des subsidiär Schutzberechtigten - stellte er einen Antrag auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung. Dieser Antrag wurde vom Bundesamt mit Bescheid vom 20.09.2018, Zl. 830239303-2075406 (ho. Gz.: W257 2186489-2) abgewiesen. Gegen beide Anträge wurde die Beschwerde erhoben.

1.2. Mit mündlich verkündeten Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.12.2018 wurden beiden Beschwerden abgewiesen.

1.3. Der Wiedereinsetzungswerber stellte keinen Antrag auf schriftliche Ausfertigung, weswegen die Entscheidungen nach 14 Tagen, mit 21.12.2018 rechtskräftig wurden. Am 28.12.2018 übersandte das Bundesverwaltungsgericht den Parteien die gekürzte Erkenntnisausführung, womit ihnen mitgeteilt wurde, dass die Entscheidungen rechtskräftig geworden sind.

1.4. Am 22.01.2019 stellte der Wiedereinsetzungswerber, vertreten durch die im Spruch erwähnte Vertreterin den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Verfahrensstand und verlangte zugleich die schriftliche Ausfertigung der Erkenntnisse.

1.5. Begründet wird ausgeführt, dass er am 18.12.2018, dh innerhalb der 14-tägigen Rechtsmittelfrist, bei seiner damaligen Rechtsvertretung vorstellig gewesen sei, jedoch - nachdem seine Bearbeiterin nicht anwesend gewesen sei - wieder weggesandt worden sei. Somit hätte er die Prozesshandlung des Antrages der schriftlichen Ausfertigung nicht setzen können und wäre ihm somit auch der Rechtszug zum Verwaltungsgerichtshof und zum Verfassungsgerichtshof verwehrt. Damit trifft ihm persönlich kein Verschulden bzw nur ein minderes Grad an versehen, womit der gegenständliche Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt werde. Zugleich wurde mit dem Antrag die versäumte Prozesshandlung, nämlich der Antrag auf Ausfertigung schriftliche Erkenntnisse nachgeholt.

1.6. Die Anträge langten am 22.01.2019 beim ho Gericht ein und wurde der Gerichtsabteilung W257 zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

2. Feststellungen:

Die mündlich verkündeten Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.12.2019, zu den Beschwerden folgender Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, nämlich

o der Bescheid vom 25.01.2018, Zl. 830239303-160857025, und

o der Bescheid vom 20.09.2018, Zl. 830239303-2075406

sind durch Nichterhebung von Anträgen auf schriftliche Ausfertigung dieser Erkenntnisse mit Ablauf des 21.12.2018 durch Fristversäumnis in Rechtskraft erwachsen. Dem Wiedereinsetzungswerber trifft selbst ein Verschulden an dem Fristversäumnis. Sein Verschulden entspricht nicht einem minderen Grad des Versehens.

Der Wiedereinsetzungswerber war im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht vom " XXXX " mittels Vollmacht an diesen Verein rechtsfreundlich vertreten.

3. Beweismittel

Das Gericht nahm Einsicht in die Anträge und dem beim Bundesverwaltungsgericht nach Abschluss der Verfahren verbliebenen Aktenteile.

Unstrittig ist die Rechtskraft der beiden Erkenntnisse.

Der Wiedereinsetzungswerber brachte zusammengefasst die unter Punkt

1.5 dargelegten Gründe vor. Überdies wäre es ihm bis zum 16.01.2019 nicht klar gewesen, dass er, um eine außerordentliche Revision beim VwGH oder VfGH zu erheben, die schriftliche Ausfertigung der mündlich verkündeten Erkenntnisse binnen 14 Tagen verlangen hätte müssen. Nachdem der 16.01.2019 jedoch bereits außerhalb der 14-tägigen Frist liegt, ist ein solcher Antrag nicht mehr möglich. Aus diesem Grund stellte er den gegenständlichen Antrag auf Wiedereinsetzung.

Ihm treffe keines oder allenfalls ein minderes Grad an Verschulden, weil sein Rechtsvertreter die Frist nicht wahrgenommen habe und ihn nicht ausreichend zu informiert habe.

Wertend gelangt das Bundesverwaltungsgericht zur Ansicht, dass die Fristversäumnis der 14 Tage, die er ungenützt verstreichen ließ, ohne eine schriftliche Ausfertigung zu verlangen um damit die Möglichkeit von außerordentlichen Revisionen zu erheben, dem Wiedereinsetzungswerber anzulasten bzw. zuzurechnen ist.

Die Prozesshandlungen seiner Rechtsvertretung sind ihm genauso zuzurechnen wie die Unterlassung derselben. Erhebt die Rechtsvertretung keinen Antrag auf schriftliche Ausfertigung ist dies zugleich ein Unterlassen des Wiedereinsetzungswerbers. Dem erkennenden Richter ist zudem erinnerlich, dass die Dolmetscherin den Wiedereinsetzungswerber in der mündlichen Verhandlung über das weitere Prozedere auf Ersuchen des Richters unterrichtete. Der Wiedereinsetzungswerber war zu diesem Zeitpunkt zudem rechtsfreundlichen Vertreten und legte in der Verhandlung Nachweise vor, aus denen hervorgeht, dass er der Deutschen Sprache jedenfalls so mächtig sein muss, um die weiteren Prozessfolgen auch ohne Übersetzung zu verstehen, darunter eine Arbeitsbestätigung ( XXXX vom 06.12.2018, ein Nachweis eines Deutschkurses). Das bedeutet, selbst wenn das Bundesverwaltungsgericht den Wiedereinsetzungswerber nicht in seiner Sprache über die Folgen des Unterlassens der Erhebung des Antrages einer schriftlichen Erkenntnisausfertigung unterrichtete, war der Wiedereinsetzungswerber rechtsfreundlich vertreten, welcher die Unterweisung hätte vornehmen können. Selbst bei Unterlassen dieser Information durch die Rechtsvertretung wäre der Wiedereinsetzungswerber durch seine Deutschkenntnisse in der Lage, das ihm nach der Verhandlung ausgefolgte Protokoll mitsamt der Belehrung über die Rechtsfolgen aufmerksam durchzulesen. Dies hat er ebenso unterlassen und ist stattdessen erst nach dem sechsten Werktag, am 18.12.2018 zu seiner Rechtsvertretung gegangen um sich über den weiteren Verlauf zu erkundigen. Er hat somit eine ganze Woche verstreichen lassen, und suchte erst danach den Kontakt mit seiner Rechtsvertretung. Das Gericht kann schon alleine aus diesem Unterlassen kein minderes Grad an Verschulden erkennen, zudem ihm zu diesem Zeitpunkt klar war, dass seine Beschwerden abgewiesen worden sind. Am 18.12.2018 wurde er, nachdem seine Betreuerin nicht anwesend war, von der Betreuungsstelle der Rechtsvertretung weggesandt und kam erst wieder am 02.01.2019 zur Betreuungsstelle der Rechtsvertretung zurück. Zu diesem Zeitpunkt war das Erkenntnis bereits rechtskräftig. Die nachfolgenden vorgelegten "eidesstaatliche Erklärungen" ändert nichts an der bis zur Rechtskraft offensichtlichen Sorglosigkeit des Wiedereinsetzungswerbers. Sein Unterlassen ist jedenfalls seiner Person zuzurechnen und ein minderes Grad an versehen kann der Wiedereinsetzungswerber nicht darlegen, weswegen die getroffene Feststellung vorgenommen wurde.

4. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), regelt dieses Bundesgesetz das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht sind, bleiben unberührt (§ 58 Abs. 2 VwGVG).

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen (§ 28 Abs. 1 VwGVG).

Zu Spruchteil A)

1. Zu Spruchpunkt 1.: Abweisung der Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:

§ 33 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 57/2018, lautet:

"§ 33. (1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt."

§ 33 Abs. 4a VwGVG lautet:

"Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrags auf Ausfertigung einer Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil auf das Erfordernis eines solchen Antrags als Voraussetzung für die Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof und einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof nicht hingewiesen wurde oder dabei die zur Verfügung stehende Frist nicht angeführt war. ..."

§ 29 Abs. 5 VwGVG lautet:

(5) Wird auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof von den Parteien verzichtet oder nicht binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift gemäß Abs. 2a eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 von mindestens einem der hiezu Berechtigten beantragt, so kann das Erkenntnis in gekürzter Form ausgefertigt werden. Die gekürzte Ausfertigung hat den Spruch sowie einen Hinweis auf den Verzicht oder darauf, dass eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 nicht beantragt wurde, zu enthalten."

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung bereits festgehalten, dass grundsätzlich die in der Rechtsprechung zu § 71 AVG entwickelten Grundsätze auf § 33 VwGVG übertragbar sind (vgl. VwGH vom 25. 11.2015, Ra 2015/06/0113; 08.06.2015, Ra 2015/08/0005; 17.03.2015, Ra 2014/01/0134; 30.05.2017, Ra 2017/19/0113).

Nach der zu § 71 Abs. 1 AVG ergangenen und - insoweit auf § 33 Abs. 1 VwGVG übertragbaren - Rechtsprechung ist das Verschulden des Vertreters dem Verschulden des vertretenen Wiedereinsetzungswerbers gleichzusetzen. Es hat dieselben Rechtswirkungen wie das Verschulden der Partei. Der Machtgeber muss sich das Verschulden des Machthabers zurechnen lassen. Das Verschulden, welches den Bevollmächtigten der Partei trifft, ist so zu behandeln, als wäre es der Partei selbst unterlaufen, gleichgültig ob der Wiedereinsetzungswerber von einem Rechtsanwalt oder sonst einer Vertrauensperson vertreten wird (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG, § 71 Rz 44, samt zahlreichen Nachweisen aus Rechtsprechung und Literatur).

Für den konkreten Fall bedeutet dies Folgendes:

Der Wiederaufnahmewerber bevollmächtigte den " XXXX " zu seiner gewillkürten Vertreterin. Weder Sie noch er selbst brachten innerhalb der gesetzlichen Frist von 14 Tagen einen Antrag ein das mündliche verkündete Erkenntnis schriftlich zu verlangen. Wie in der Beweiswürdigung dargelegt, trifft den Wiederaufnahmewerber eine auffallende Sorglosigkeit, jedenfalls kein minderer Grad des Versehens. Ein Unverschulden seiner Person konnte ebenso nicht erkannt werden.

Zudem wurde in keiner Weise dargelegt, inwiefern der bevollmächtigten Vertreterin oder dem Wiederaufnahmewerber ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis getroffen hat, sodass diese oder er selbst die notwendige Prozesshandlung nicht vornehmen hätte können.

Da somit die bevollmächtigte Vertreterin des Wiederaufnahmewerbers nicht durch ein unabwendbares und unvorhersehbares Ereignis an der Einhaltung der Rechtsmittelfrist gehindert gewesen war und den Antragstellern das - nicht bloß geringfügige - Versehen ihrer Vertreterin zuzurechnen ist, waren die Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abzuweisen.

4.1. Zu B: Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor und wird auf die in der rechtlichen Beurteilung oben angeführte einschlägige Judikatur verwiesen.

Schlagworte

Bevollmächtigter, Fristversäumung, mündliche Verkündung,
schriftliche Ausfertigung, Wiedereinsetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W257.2186489.3.00

Zuletzt aktualisiert am

12.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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