TE Vwgh Erkenntnis 1999/5/26 97/09/0180

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.05.1999
beobachten
merken

Index

L22002 Landesbedienstete Kärnten;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §58 Abs2;
DienstrechtsG Krnt 1994 §125 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger, über die Beschwerde des U P in V, vertreten durch Dr. Gernot Starha, Rechtsanwalt in 9500 Villach, 8.-Mai-Platz 3, gegen den Bescheid der Disziplinarkommission für Landesbeamte beim Amt der Kärntner Landesregierung vom 12. Mai 1997, Zl. Di-7/1/97, betreffend Einleitung eines Disziplinarverfahrens, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Landesbeamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Kärnten. Er versah bis zu seiner Suspendierung in der Abteilung 8 B des Amtes der Kärntner Landesregierung Dienst.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Beschluss gefasst, gemäß § 125 Abs. 1 des Kärntner Dienstrechtsgesetzes gegen den Beschwerdeführer ein Disziplinarverfahren durchzuführen (Einleitungsbeschluss), weil der Beschwerdeführer im Verdacht stehe

1. "am Freitag, dem 8. November 1996, um ca. 12.00 Uhr, mehrmals die Weisungen seines Dienstvorgesetzten K, Abteilungsvorstand der Abteilung 8B des Amtes der Kärntner Landesregierung, insbesondere die Weisung vom 4. November 1996, sich in der Kanzleistelle der Abteilung 8B nur zu dienstlichen Zwecken aufhalten zu dürfen, nicht befolgt zu haben sowie im Zuge dieser Auseinandersetzung den Dienstvorgesetzten vor mehreren Zeugen mit den Worten "Schuljunge, Gewalttäter, Totschläger" beschimpft und sich letztlich geweigert zu haben, die von ihm verlangte schriftliche Ausfertigung der Weisung vom 4. November 1996 anzunehmen,

2. durch sein Verhalten gegenüber seinem Dienstvorgesetzten das Ansehen des Amtes insbesondere durch die öffentliche Berichterstattung über den Vorfall vom 8. November 1996 sowie durch daraufhin folgende strafgerichtliche Verurteilung vom 25. Februar 1997 auf das Äußerste in Mitleidenschaft gezogen zu haben,

3. den vorhandenen hohen Arbeitsanfall sowie die geltenden Dienstzeitbestimmungen trotz Aufforderung der Dienstbehörde sowie mehrmaligen nachweislichen Ermahnungen durch den Abteilungsvorstand missachtet zu haben, demgegenüber er einen negativen Gleitzeitsaldo von 60,59 Stunden aufweise und damit seine Dienstzeitverpflichtung wesentlich verletzt zu haben,

4. im Jahre 1996 die ihm zugewiesenen Akten unvollständig und mangelhaft erledigt und die vorgegebenen Erledigungstermine trotz Urgenzen und Ermahnungen seines Vorgesetzten in keiner Weise eingehalten zu haben, was permanent zu Terminverlusten geführt habe, von insgesamt 12 zugewiesenen zu bearbeitenden Verwaltungsakten lediglich zwei Erledigungsentwürfe unbrauchbar vorgelegt zu haben, sowie seine überwiegende Zeit am Arbeitsplatz mit Lesen von Tages-, Wochen- und Monatszeitschriften verbracht und somit nachhaltig Arbeitsverweigerung betrieben zu haben,

5. trotz aller Weisungen, sich vor Verlassen der Diensträume abzumelden,

a)

am 3. Jänner 1996 von 14.50 bis 16.30 Uhr,

b)

am 15. Jänner 1996 von 8.15 bis 10.15 Uhr,

c)

am 26. Februar 1996 von 15.00 bis 15.20 Uhr,

d)

am 27. Februar 1996 von 14.30 bis 15.15 Uhr,

e)

am 28. Februar 1996 von 9.30 Uhr bis 10.45 Uhr,

f)

am 29. Februar 1996 von 10.30 bis 11.45 Uhr,

g)

am 1. März 1996 von 9.15 bis 10.30 Uhr,

h)

am 3. Oktober 1996 von 10.00 bis 11.45 Uhr,

i)

am 7. Oktober 1996 von 13.40 bis 14.15 Uhr

und von 15.15 bis 15.50 Uhr,

j)

am 8. Oktober 1996 von 9.30 bis 11.10 Uhr

und von 14.36 bis 15.40 ,

k)

am 9. Oktober 1996 von 9.15 bis 9.40 Uhr,

von 11.30 bis 11.50 Uhr sowie von 14.30 bis 15.00 Uhr,

l)

am 11. Oktober 1996 von 11.45 bis 12.15 Uhr,

m)

am 14. Oktober 1996 von 11.15 bis 11.40 Uhr,

o)

am 15. Oktober 1996 von 9.50 bis 10.40 Uhr,

p)

am 22. Oktober 1996 von 12.35 bis 13.30 Uhr sowie 13.35 bis 15.20 Uhr,

q)

am 24. Oktober 1996 von 10.15 bis 10.30 Uhr sowie 13.55 bis 15.50 Uhr,

r)

am 25. Oktober 1996 von 8.15 bis 8.45 Uhr

sowie 10.10 bis 12.00 Uhr,

s)

am 29. Oktober 1996 von 9.00 bis 11.36 Uhr,

t)

am 30. Oktober 1996 von 9.05 bis 9.20 Uhr,

von 10.00 bis 10.40 Uhr, von 11.00 bis 11.30 Uhr, von 14.00 bis 14.25 Uhr sowie von 15.50 bis 17.00 Uhr,

u)

am 31. Oktober 1996 von 15.10 bis 15.35Uhr,

v)

am 4. November 1996 von 9.00 bis 10.30 Uhr,

w)

am 5. November 1996 von 13.30 bis 14.50 Uhr,

x)

am 7. November 1996 von 13.45 bis 15.25 Uhr,

jeweils ungerechtfertigt vom Dienst abwesend gewesen zu sein bzw. sich entgegen schriftlicher Weisungen vom 8. Juni 1995, 9. Juni 1995, 26. Juli 1995 und 30. Oktober 1995 von seinem Arbeitsplatz aus ohne Abmeldung und im Dienstzeitverwaltungssystem jeweils als anwesend geführt, entfernt zu haben."

Nach Darstellung des Verfahrensganges, insbesondere der bisher gepflogenen Ermittlungen, und der Rechtslage begründete die belangte Behörde ihren Beschluss damit, der Verdacht der Dienstpflichtverletzungen durch den Beschwerdeführer sei durchaus begründet, da er die Anschuldigungen nicht habe entkräften wollen und sich geweigert habe, trotz anwaltlicher Vertretung am Ermittlungsverfahren mitzuwirken. Bis zum Tag der Beschlussfassung habe der Beschwerdeführer weder schriftlich noch mündlich zu den ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen Stellung genommen. Er habe auch keinerlei Bereitschaft gezeigt, seine dienstlichen Aufgaben wahrzunehmen. Die von ihm vorbereiteten Erledigungsentwürfe seien äußerst mangelhaft, unbrauchbar und überdies verspätet gewesen, was zu Terminverlusten geführt habe. Im Jahre 1996 habe er von insgesamt 34 zugewiesenen Akten lediglich 2 Erledigungsentwürfe vorweisen können. Nach seiner krankheitsbedingten Abwesenheit von 4.3.bis 30.9.1996 habe der Beschwerdeführer am 1.10.1996 seinen Dienst wieder angetreten, habe aber bis zu dem Vorfall am 8.11.1996 keine Erledigungsentwürfe vorweisen können, was einer Arbeitsverweigerung gleichkomme. Darüber hinaus habe die breite öffentliche Berichterstattung über den Vorfall am 8.11.1996 dem Ansehen des Amtes wesentlich geschadet und das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben auf das Äußerste beeinträchtigt. Der Beschwerdeführer habe auch jegliche Weisungen seiner Dienstvorgesetzten, sowohl was die innere Organisation des Dienstbetriebes als auch inhaltliche Erledigungen betroffen habe, missachtet. Insbesondere die Weisungen vom 8.6.1995, 9.6.1995, 26.7.1995 und 30.10.1995 seine Abwesenheiten zu melden sowie die Weisungen vom 2.10.1995 und vom 21.10.1996 den mangelnden Arbeitserfolg betreffend, unbeachtet geblieben, wonach er deswegen nachweislich ermahnt worden sei. Der Beschwerdeführer sei verpflichtet, den Dienstplan "gleitende Dienstzeit" einzuhalten.

Demnach sei als Solldienstzeit jene Dienstzeit, die der Bedienstete grundsätzlich einbringen muss, zu werten, wobei im Rahmen der Gleitzeitspannen eine gewisse Dispositionsfähigkeit eingeräumt werde. Die Solldienstzeit diene als Berechnungsgrundlage für bestimmte Abwesenheitszeitarten, die als Dienstzeit angerechnet würden. Der Beschwerdeführer habe nachweislich ungerechtfertigte Abwesenheiten in der Kerndienstzeit, das ist die Zeit von 8.30 bis 14.00 Uhr, gehabt. Überdies missachte er die Bestimmung, wonach ein Negativsaldorahmen von max. 15 Stunden vom Dienstgeber toleriert werde. Er weise jedoch mit 12. November 1996 einen Negativsaldorahmen von 60,59 Stunden auf. Der Beschwerdeführer missachte diese Bestimmungen völlig und weigere sich nachhaltig, seine Dienstzeiten bzw. seine Solldienstzeit zu erfüllen.

Er verweigere gegenüber seinen Vorgesetzten jegliche Erklärung seiner Abwesenheitszeiten und begründe diese weder vor Verlassen noch bei seiner Rückkehr in seine Diensträume. Aus seinem Verhalten ergebe sich der Verdacht der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch Weisungsmissachtung, Arbeitsverweigerung und ungerechtfertigter Abwesenheit vom Dienst im Zusammenhang mit der Nichteinhaltung der im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden, den der Beschwerdeführer nicht habe entkräften können und auch keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass er verhandlungsunfähig sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit kostenpflichtig aufzuheben.

In der Sache selbst bringt der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, der Vorfall vom 8. November 1996 habe in der Mittagspause des Beschwerdeführers stattgefunden. Auch die anderen Beamten in der Verwaltungskanzlei Mittagspause abgehalten, sodass eine Störung des Dienstbetriebes nicht erfolgt sei. Seit seiner krankheitsbedingten Abwesenheit verfüge der Beschwerdeführer über kein eigenes Dienstzimmer und müsse seine Diensttätigkeit in der Bibliothek ausüben, sodass wohl nicht zu beanstanden sei, wenn er sich in seiner Freizeit in der Verwaltungskanzlei aufhalte. Es könne ihm auch nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass er sich gewehrt habe, wenn ihm der Abteilungsleiter habe verbieten wollen, in der Mittagspause Zeitung zu lesen. Die ihm vorgeworfene Beschimpfung seines Abteilungsleiters sei dadurch ausgelöst worden, dass dieser versucht habe, ihm die Zeitung gewaltsam zu entreißen (das dadurch entstandene Handgemenge, in dessen Verlauf der Beschwerdeführer verletzt worden sei, sei auch der Grund für die gegen den Abteilungsleiter erstattete Strafanzeige gewesen). Die hiebei gefallenen Äußerungen des Beschwerdeführers seien durch dessen hochgradige Erregung entschuldbar gewesen, ebenso wie die nachfolgende Weigerung, die schriftliche Weisung entgegenzunehmen. Für die öffentliche Berichterstattung sei er nicht verantwortlich. Zum Vorwurf der Missachtung der Dienstzeitbestimmungen müsse bemerkt werden, dass er die Gleitzeitbeauftragte ersucht habe, den Abbau der Gleitzeitschulden durch Verringerung des vorhandenen Urlaubsrestes durchzuführen, was nicht geschehen sei. Daraufhin habe er am 3. Oktober 1996 den Abteilungsvorstand schriftlich ersucht, den Abbau zu veranlassen, welchem Ersuchen bisher nicht Folge geleistet worden sei. Zum Vorwurf der mangelnden Aktenerledigung werde eingewendet, dass der Beschwerdeführer nach mehrmonatiger krankheitsbedingter Abwesenheit in der Zeit vom 1. Oktober bis 8. November 1996 Berufungsentscheidungen konzipiert gehabt habe, eine davon sei ihm zur Korrektur zurückgegeben worden, weitere Bescheidkonzepte seien beim Schreiben gewesen und vom Beschwerdeführer im genannten Zeitraum bereits korrigiert worden. Dass er seine Zeit vorwiegend mit dem Lesen von Zeitungen und Zeitschriften verbringe, sei unzutreffend und unbewiesen. Wenn er in der Dienstzeit Zeitschriften gelesen habe, habe es sich dabei um Fachzeitschriften gehandelt. Im Übrigen sei es für einen A-Beamten entwürdigend und unzumutbar, wenn von ihm verlangt werde, sich jedes Mal, wenn er sein Arbeitszimmer kurzfristig verlasse - etwa zum Aufsuchen der Toilette oder für eine kurze Besprechung mit Kollegen - bei seinem Vorgesetzten abzumelden. Dabei handle es sich um eine eindeutig schikanöse Weisung, die nur darauf abziele, ihm dienstrechtliche Schwierigkeiten zu bereiten. Dies bestätige sich schon durch die Anweisung an seine Mitarbeiter, ihn zu beobachten und Aufzeichnungen darüber zu führen, wann er seinen Arbeitsraum verlasse und ob er seine Abwesenheit dem Vorstand gemeldet hätte, und belege, dass der Abteilungsvorstand es sich offenbar zur Aufgabe gemacht habe, ihn zu verfolgen und "fertig zu machen". Während der einzelnen im Beschluss genannten Abwesenheiten habe er nie das Amtsgebäude verlassen, sondern sich lediglich aus dienstlichen Gründen in anderen Diensträumen des Hauses bzw. Toiletteräumen aufgehalten.

Als Verfahrensverletzung rügt der Beschwerdeführer, dass ihm bisher keine Gelegenheit gegeben worden sei, zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen Stellung zu nehmen. Er habe der Disziplinarkommission anlässlich der Ladung zur Verhandlung im Suspendierungsverfahren schriftlich mitgeteilt, dass er krankheitshalber an der Verhandlung nicht werde teilnehmen können und gleichzeitig um Fristerstreckung ersucht. Diesem Ersuchen sei ohne Begründung nicht Folge gegeben worden. Damit habe die Disziplinarkommission den Grundsatz des Parteiengehörs verletzt.

Die belangte Behörde legte Teile der Verwaltungsakten in Kopie vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 43 ff des Kärntner Dienstrechtsgesetzes (K-DRG), LGBl. für

Kärnten Nr. 71/1994 lauten:

"§ 43

Allgemeine Dienstpflichten

(1) Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

(2) Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

(3) ...

§ 44

Dienstpflichten gegenüber Vorgesetzten:

"(1) Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist.

(2) Der Beamte kann die Befolgung einer Weisung ablehnen, wenn die Weisung entweder von einem unzuständigen Organ erteilt worden ist oder die Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde.

(3) Hält der Beamte eine Weisung eines Vorgesetzten aus einem anderen Grund für rechtswidrig, so hat er, wenn es sich nicht wegen Gefahr in Verzug um eine unaufschiebbare Maßnahme handelt, vor Befolgung der Weisung seine Bedenken dem Vorgesetzten schriftlich mitzuteilen. Der Vorgesetzte hat eine solche Weisung schriftlich zu erteilen, widrigenfalls sie als zurückgezogen gilt.

§ 56

Abwesenheit vom Dienst

(1) Der Beamte, der vom Dienst abwesend ist, ohne vom Dienst befreit oder enthoben zu sein, hat den Grund seiner Abwesenheit unverzüglich seinen Vorgesetzten zu melden und seine Abwesenheit zu rechtfertigen.

(2) Ist der Beamte durch Krankheit, Unfall oder Gebrechen an der Ausübung seines Dienstes verhindert, so hat er seinen Vorgesetzten eine ärztliche Bescheinigung über den Beginn der Krankheit und nach Möglichkeit über die voraussichtliche Dauer der Dienstverhinderung vorzulegen, wenn er den Dienst länger als 3 Arbeitstage fernbleibt oder der Vorgesetzte oder der Leiter der Dienststelle es verlangt. Kommt der Beamte dieser Verpflichtung nicht nach, entzieht er sich einer zumutbaren Krankenbehandlung oder verweigert er die zumutbare Mitwirkung an einer ärztlichen Untersuchung, so gilt die Abwesenheit vom Dienst nicht als gerechtfertigt.

§ 96

Dienstpflichtverletzungen

Der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, ist

nach diesem Abschnitt zur Verantwortung zu ziehen.

§ 111

Disziplinaranzeige

(1) ...

(2) ...

(3) Die Landesregierung hat, sofern es sich nicht um eine Selbstanzeige handelt, eine Abschrift der Disziplinaranzeige unverzüglich dem Beschuldigten zuzustellen.

§ 125

Einleitung des Verfahrens vor der Disziplinarkommission

(1) Der Vorsitzende der Disziplinarkommission hat nach Einlangen der Disziplinaranzeige die Disziplinarkommission zur Entscheidung darüber einzuberufen, ob ein Disziplinarverfahren durchzuführen ist. Notwendige Ermittlungen sind von der nach der Geschäftseinteilung des Amtes der Landesregierung für Personalangelegenheiten zuständigen Abteilung des Amtes der Landesregierung im Auftrag der Disziplinarkommission durchzuführen.

(2) Hat die Disziplinarkommission die Durchführung eines Disziplinarverfahrens beschlossen, so ist dieser Beschluss dem beschuldigten Beamten, dem Disziplinaranwalt und der Landesregierung zuzustellen. Gegen die Einleitung des Disziplinarverfahrens ist kein Rechtsmittel zulässig.

(3) Sind in Gesetzen an die Einleitung des Disziplinarverfahrens Rechtsfolgen geknüpft, so treten diese nur im Fall des Beschlusses der Disziplinarkommission, ein Disziplinarverfahren durchzuführen, und im Falle der (vorläufigen) Suspendierung ein."

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. zu den wegen ihrer wesentlichen Inhaltsgleichheit maßgeblichen Bestimmungen des BDG 1979 etwa das hg. Erkenntnis vom 9. September 1997, Zl. 95/09/0243, und die darin angegebene Vorjudikatur, und zum LDG 1984 etwa das hg. Erkenntnis vom 29. August 1996, Zlen. 94/09/0230, 0244, sowie die hg. Beschlüsse vom 1. Juli 1998, Zl. 97/09/0189, und Zlen. 97/09/0095, 0110) dargelegt hat, ist die dem Einleitungsbeschluss in einem Disziplinarverfahren zukommende rechtliche Bedeutung in erster Linie darin gelegen, dem wegen einer Dienstpflichtverletzung beschuldigten Beamten gegenüber klarzustellen, hinsichtlich welcher Dienstpflichtverletzung ein Disziplinarverfahren innerhalb der Verjährungsfrist eingeleitet werde. Der Bescheid, durch den das Disziplinarverfahren eingeleitet wird, und der für dessen weiteren Gang eine Prozessvoraussetzung bildet, dient zugleich dem Schutz des Beschuldigten, der ihm entnehmen kann, nach welcher Richtung er sich vergangen und inwiefern er pflichtwidrig gehandelt haben soll. Der Einleitungsbeschluss begrenzt regelmäßig den Umfang des vor der Disziplinarkommission stattfindenden Verfahrens: Es darf keine Disziplinarstrafe wegen eines Verhaltens ausgesprochen werden, das nicht Gegenstand des durch den Einleitungsbeschluss in seinem Umfang bestimmten Disziplinarverfahrens ist. Um dieser Umgrenzungsfunktion gerecht zu werden, muss das dem Disziplinarbeschuldigten als Dienstpflichtverletzung vorgeworfene Verhalten im Einleitungsbeschluss derart umschrieben werden, dass unverwechselbar feststeht, welcher konkrete Vorgang den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bildet. Die angelastete Tat muss daher nach Ort, Zeit und Tatumständen so gekennzeichnet werden, dass keine Unklarheit darüber möglich ist, welches dem Disziplinarbeschuldigten zur Last gelegte Verhalten auf der Grundlage des Einleitungsbeschlusses als Prozessgegenstand im Disziplinarverfahren behandelt werden darf. Solcherart muss sich daher der Tatvorwurf von anderen gleichartigen Handlungen oder Unterlassungen, die dem Disziplinarbeschuldigten angelastet werden können, genügend unterscheiden lassen.

Diesen Voraussetzungen genügt der angefochtene Bescheid in allen Anschuldigungspunkten, wobei allerdings anzumerken ist, dass der Punkt 2 des angefochtenen Bescheides nach seiner Formulierung keinen neuen Tatbestand, sondern lediglich eine rechtliche Beurteilung der dem Beschwerdeführer zu Punkt 1 des angefochtenen Bescheides bezeichneten Handlungen darstellt. Zu den Punkten 3 und 4 des angefochtenen Bescheides ist darauf zu verweisen, dass gerade bei einem über einen längeren Zeitraum fortgesetzten, aus zahlreichen Einzelhandlungen bestehenden Verhalten eine zusammenfassende Beschreibung der in einem konkreten Zeitraum zumindest beispielsweise bezeichneten Einzelakte im Einzelfall zur Erfüllung der für einen dem Gesetz entsprechenden Einleitungsbeschluss notwendigen Umgrenzung genügen muss (vgl. dazu insbesondere die hg. Erkenntnisse vom 18. März 1998, Zl. 96/09/0145, und vom 20. April 1995, Zl. 95/09/0027, und vom 16. September 1998, Zl. 96/09/0320).

Die Ausführungen in der Beschwerde beschränken sich auf die Darlegung entschuldigender Argumente in der Sache selbst, ohne die von der belangten Behörde aufgelisteten Verfehlungen im einzelnen in Abrede zu stellen und den gegen ihn gerichteten Verdacht zu erschüttern. Insbesondere zum Vorwurf der wiederholten Mißachtung von Weisungen behauptet der Beschwerdeführer lediglich deren Rechtswidrigkeit, ohne aber die Behauptung aufzustellen, in allen diesen Fällen eine schriftliche Weisungserteilung im Sinne des § 44 Abs. 3 K-DRG verlangt zu haben. Eine bloße Gegendarstellung, wie dies in der Beschwerde vorgenommen wird, erscheint jedenfalls nicht ausreichend, die Rechtswidrigkeit des Einleitungsbeschlusses auf Grund der dem Beschwerdeführer im Verdachtsbereich zum Vorwurf gemachten Dienstpflichtverletzungen darzutun.

Insoweit der Beschwerdeführer die Verletzung seines Rechtes auf Parteiengehör rügt, ist ihm zwar zuzugeben, dass nach dem Inhalt der dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Aktenteile eine Zustellung der Disziplinaranzeigen an den Beschwerdeführer entgegen der Bestimmung des § 111 Abs. 3 K-DRG nicht erfolgt ist, und auch eine mündliche Einvernahme zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen nicht erfolgt sein dürfte, doch legt er in der Beschwerde - etwa im Rahmen der Sachverhaltsdarstellung - nicht dar, zu welchem konkret anderen Ermittlungsergebnis die belangte Behörde bei Vermeidung der behaupteten Verfahrensmängel hätte gelangen können. Tut die Beschwerde aber die Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels nicht dar und kann auch der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, dass dem vom Beschwerdeführer behaupteten Mangel Wesentlichkeit in dem Sinne zukommt, dass er dadurch an einer zweckmäßigen Verfolgung seiner Rechte gehindert gewesen wäre, so ist die Verfahrensrüge nicht berechtigt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 26. Mai 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997090180.X00

Im RIS seit

06.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

31.10.2016
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten