TE Bvwg Beschluss 2019/1/30 W255 2198733-1

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Veröffentlicht am 30.01.2019
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Entscheidungsdatum

30.01.2019

Norm

AVG §13 Abs7
AVG §73
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W255 2198733-1/18E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard HÖLLERER in Vertretung für den Richter Mag. Ronald EPPEL, MA gemäß § 10 Abs.3 der Geschäftsverteilung 2018 (in der Fassung vom 19.12.2018) als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Dr. Günther RIEFLER, Mag. Petra EIGRUBER, Dr. Ewald NIEFERGALL und Dr. Josef SOUHRADA als Beisitzer über die Säumnisbeschwerde des XXXX, geb. XXXX, bevollmächtigt vertreten durch Dr. Alexander KLAUS Rechtsanwalts GmbH, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht der Paritätischen Schiedskommission für Kärnten betreffend den Antrag der Kärntner Gebietskrankenkasse vom 22.09.2017 auf bescheidmäßige Verpflichtung zur Rückzahlung von EUR 725.260,37 samt 4 % Zinsen, beschlossen:

A)

Aufgrund der Zurückziehung der Säumnisbeschwerde durch den bevollmächtigten Vertreter des Beschwerdeführers wird das gegenständliche Verfahren mit Schriftsatz vom 19.12.2018 gemäß §§ 28 Abs. 1 iVm 31 Abs. 1 VwGVG, nach § 13 Abs. 7 AVG eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG

I. Verfahrensgang:

1. Am 25.09.2017 stellte die Kärntner Gebietskrankenkasse an die Paritätische Kommission für Kärnten einen Antrag auf bescheidmäßige Verpflichtung des Beschwerdeführers zur Rückzahlung von EUR 725.260,37 samt 4 % Zinsen.

2. Der bevollmächtigte Vertreter des Beschwerdeführers brachte am 28.05.2018 eine Säumnisbeschwerde ein, welche durch die Behörde dem Bundesverwaltungsgericht am 20.06.2018 vorgelegt wurde.

3. Mit Schreiben vom 19.12.2018 wurde vom bevollmächtigten Vertreter des Beschwerdeführers ein Schreiben übermittelt, in dem der Beschwerdeführer erklärte, seine Säumnisbeschwerde in der gegenständlichen Rechtssache zurückzuziehen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (entscheidungswesentlicher Sachverhalt):

Die belangte Behörde hat über den verfahrensgegenständlichen Antrag vom 15.09.2017 noch nicht entschieden.

Das Bundesverwaltungsgericht hat über die Säumnisbeschwerde des Beschwerdeführers vom 28.05.2018 bislang nicht entschieden.

Das Schreiben des Beschwerdeführers, datiert mit 19.12.2018, ist am 19.12.2018 im Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

Der Beschwerdeführer wünscht keine Fortführung des Verfahrens und verzichtet auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes.

2. Beweiswürdigung:

Der unter I. angeführte Verfahrensgang und der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt und dem vorgelegten Verfahrensakt der belangten Behörde.

Das Schreiben vom 19.12.2018 ist eindeutig formuliert und lässt keinen Zweifel am Willen des Beschwerdeführers offen, die Säumnisbeschwerde vom 28.05.2018 zurückzuziehen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes-oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 344 Abs. 1 ASVG ist zur Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten, die in rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang mit dem Einzelvertrag stehen, im Einzelfall in jedem Land eine paritätische Schiedskommission zu errichten. Antragsberechtigt im Verfahren vor dieser Behörde sind die Parteien des Einzelvertrages.

Gemäß § 347a ASVG kann gegen einen Bescheid der Paritätischen Schiedskommissionen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.

Gemäß § 347b Abs. 1 ASVG hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Angelegenheiten nach § 347a durch einen Senat zu erfolgen, der aus dem Senatsvorsitzenden und vier fachkundigen Laienrichtern/Laienrichterinnen besteht, wobei davon zwei Ärzte/Ärztinnen sind und zwei spezifische Kenntnisse auf dem Gebiet des Gesundheits- und des Sozialversicherungswesens haben müssen.

Die fachkundigen Laienrichter/Laienrichterinnen werden vom Bundeskanzler auf Vorschlag der Österreichischen Ärztekammer und des Hauptverbandes bestellt. Die Österreichische Ärztekammer und der Hauptverband haben jeweils in ihren Vorschlägen Ärzte/Ärztinnen und Experten/Expertinnen mit spezifischen Kenntnissen im Gesundheits- und Sozialversicherungswesen namhaft zu machen. Für die fachkundigen Laienrichter/Laienrichterinnen sind Stellvertreter/Stellvertreterinnen in gleicher Anzahl und auf dieselbe Weise zu bestellen.

Im Falle von Beschwerden gegen Bescheide der Paritätischen Schiedskommissionen dürfen

Versicherungsvertreter/Versicherungsvertreterinnen und Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen jenes Versicherungsträgers sowie Angehörige und Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen jener Ärztekammer, die Vertragsparteien des Gesamtvertrages sind, auf dem ein streitgegenständlicher Einzelvertrag beruht, im jeweiligen Verfahren nicht Laienrichter/Laienrichterin sein.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 29 Abs. 1 zweiter Satz VwGVG sind die Erkenntnisse zu begründen. Für Beschlüsse ergibt sich aus § 31 Abs. 3 VwGVG eine sinngemäße Anwendung.

Ausführungen zur Befangenheit:

Gemäß § 6 VwGVG haben sich Mitglieder des Verwaltungsgerichtes, fachkundige Laienrichter und Rechtspfleger unter Anzeige an den Präsidenten der Ausübung ihres Amtes wegen Befangenheit zu enthalten.

Demnach haben die Gerichtsorgane ihre Befangenheit von Amts wegen wahrzunehmen. Ein Ablehnungsrecht wegen Befangenheit eines der in dieser Bestimmung genannten Organe des VwG steht den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht zu. Somit besteht auch keine (unmittelbare) Verpflichtung mittels Beschluss über eine von der Partei eingewendete Befangenheit zu entscheiden die Mitwirkung eines allenfalls befangenen Organwalters an der Entscheidung kann lediglich im Rechtsmittel gegen die die anhängige Rechtssache erledigende Entscheidung (Revision an den VwGH bzw. Beschwerde an den VfGH) geltend gemacht werden. Eine vom Organ negierte Befangenheit wird in der Entscheidung der Hauptsache zu begründen sein, andernfalls ein relevanter Verfahrensmangel vorliegen könnte (vgl. Eder/Martschin/Schmidt, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2., überarbeitete Auflage, § 6, K 7.).

Das Wesen der Befangenheit liegt darin, dass die unparteiische Entscheidung durch unsachliche psychologische Motive gehemmt wird. Von Befangenheit ist dann zu sprechen, wenn die Möglichkeit besteht, dass ein Organ durch seine persönliche Beziehung zu der den Gegenstand einer Beratung und Beschlussfassung bildenden Sache oder zu den an dieser Sache beteiligten Personen in der unparteiischen Amtsführung beeinflusst sein könnte (vgl. etwa VwGH 24.11.2016, Ro 2014/07/0101). Jeder Vorwurf einer Befangenheit nach

§ 7 Abs. 1 Z 3 AVG hat konkrete Umstände aufzuzeigen, welche die Objektivität des Entscheidungsträgers in Frage stellen oder zumindest den Anschein erwecken können, dass eine parteiische Entscheidung möglich ist. Nur eindeutige Hinweise, dass ein Entscheidungsträger seine vorgefasste Meinung nicht nach Maßgabe der Verfahrensergebnisse zu ändern bereit ist, können seine Unbefangenheit in Zweifel ziehen (vgl. VwGH 16.11.2017, Ra 2017/07/0042, mwN).

Der Beschwerdeführer moniert in der Zurückziehung der Säumnisbeschwerde vom 19.12.2018, dass der Vorsitzende Richter befangen sei, da in einem früheren Verfahren am Bundesverwaltungsgericht nicht im Sinne des Beschwerdeführers entschieden wurde. Er mache geltend, dass in dem früheren Verfahren eine andere Sache betreffend ihm gegenüber eine gesetzeswidrige Erschwerung der Akteneinsicht, eine Herbeiführung einer Senatsentscheidung vor Ablauf einer gewährten Schriftsatzfrist, eine teilweise Ausarbeitung der Entscheidung während des laufenden Verfahrens, eine einseitige Entscheidung mit unvertretbarer Beweiswürdigung, eine unrichtige Datierung der Urteilsausfertigung und eine unbegründete Sachverhaltsdarstellung betreffend seiner Ehegattin zur Entscheidungsfindung herangezogen wurde. Es wird damit eine relative Befangenheit geltend gemacht.

Der Beschwerdeführer hat zudem keine konkreten Anhaltspunkte vorgebracht, welche ein unsachliches oder parteiliches Vorgehen des Vorsitzenden Richters untermauern würden.

Abschließend ist auch festzuhalten, dass die im Senatsverfahren zu entscheidenden Verfahren (Bescheidbeschwerden/Säumnisbeschwerden), eine allfällige Befangenheit des Vorsitzenden Richters (die nicht gegeben ist) die Objektivität der Entscheidung nicht tangieren könnten, da der Vorsitzende Richter von den fachkundigen Laienrichtern überstimmt werden könnte.

Darüber hinaus ist festzuhalten, dass bei der nunmehrigen Entscheidung aufgrund einer längeren Abwesenheit des zuständigen Richters, der Vorsitz des Senates von dessen Vertretung wahrgenommen wird, wodurch mit Sicherheit keinerlei Befangenheit bestehen kann und sämtliche vorgebrachte Argumente mit Sicherheit ins Leere gehen. Auch wurden sämtliche Senatsmitglieder in der Senatssitzung vom Vorsitzenden Richter befragt, ob jemand eine Befangenheit in diesem Verfahren geltend machen möchte, was jedoch eindeutig von allen verneint wurde.

Zu A):

1. Einstellung des Verfahrens:

Gemäß Art 130 Abs 1 Z 3 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde (Säumnisbeschwerde).

Gemäß § 13 Abs. 7 AVG, der gemäß § 17 VwGVG auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren anzuwenden ist, können Anbringen in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden. Vom Begriff "Anbringen" sind auch Rechtsbehelfe gegen die Säumnis einer Behörde umfasst (in Bezug auf Devolutionsanträge ausdrücklich AB 1167 BlgNR 20. GP 27 und implizit VwGH 25.11.1999, Zl. 99/16/0270). Eine Zurückziehung eines Anbringens ist grundsätzlich bis zur Entscheidung der Behörde möglich (VwGH 07.11.1997, Zl. 96/19/3024).

Die Zurückziehung eines Anbringens führt aus Sicht der Behörde zum Erlöschen der Entscheidungspflicht (vgl. etwa VwGH 10.10.1997, Zl. 96/02/0144) und damit aus der Sicht der Partei, die das Anbringen zurückgezogen hat, zum Verlust des Erledigungsanspruchs. Geht der Erledigungsanspruch verloren, ist das Verfahren mit Beschluss einzustellen (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) § 28 VwGVG Anm 5; VwGH Zl. 29.04.2015, Fr 2014/20/0047).

Der Beschwerdeführer hat, durch seinen bevollmächtigten Vertreter, seine Säumnisbeschwerde vom 28.05.2018, die dem Bundesverwaltungsgericht am 20.06.2018 vorgelegt wurde, mit Schriftsatz vom 19.12.2018 zurückgezogen. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Bundesverwaltungsgericht noch nicht über die Säumnisbeschwerde entschieden. Damit erlosch der Erledigungsanspruch des Beschwerdeführers, weshalb das Verfahren mit Beschluss einzustellen war (vgl. zur Zulässigkeit der Zurückziehung der Säumnisbeschwerde auch BVwG vom 06.09.2017, W134 2150703-2/4E und vom 22.02.2017, W258 2146778-1/2E).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, wenn Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur lösenden Rechtsfrage fehlt. Selbst dann liegt aber nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl jüngst VwGH 3.7.2015, Ra 2015/03/0041) keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor, wenn die gesetzliche Rechtslage eindeutig ist. Ebenso wenig liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor, wenn die Rechtsfrage durch die zu früheren Rechtslagen ergangene und auf die aktuelle Rechtslage übertragbare Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs bereits geklärt wurde (vgl jüngst VwGH 29.4.2015, Ra 2015/06/0027). Zwar fehlt es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, ob § 16 Abs 7 AVG auch auf Säumnisbeschwerden anwendbar ist, die Rechtslage ist allerdings auf Grund der zitierten Materialien eindeutig bzw. kann die zitierte Rechtsprechung des VwGH zur Zurückziehung des Devolutionsantrags auf Grund der ähnlichen Ausgestaltung von Devolutionsantrag und Säumnisbeschwerde auf die Zurückziehung der verwaltungsgerichtlichen Säumnisbeschwerde übertragen werden (siehe dazu auch VwGH 27.5.2015 Ra 2015/19/0075, in der der Verwaltungsgerichtshof die Grundsätze der Gestaltung des Spruches über die Entscheidung über einen Devolutionsantrag auf die verwaltungsgerichtliche Säumnisbeschwerde übertragen hat).

Es ist somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Säumnisbeschwerde, Verfahrenseinstellung, Zurückziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W255.2198733.1.00

Zuletzt aktualisiert am

13.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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