TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/30 W124 1421839-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.01.2019
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Entscheidungsdatum

30.01.2019

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W124 1421839-2/28E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Felseisen als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX :

A)

I. beschlossen:

Das Verfahren zu der Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides wird wegen Zurückziehung der Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 in Verbindung mit § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.

II. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß §§ 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005, § 9 BFA-VG sowie §§ 55, 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF) stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz und gab zu seiner Person an, er sei indischer Staatsangehöriger, gehöre der Volksgruppe der Jat sowie der Religionsgemeinschaft der Sikhs an und stamme aus dem indischen Bundesstaat Punjab.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX wurde dieser Antrag abgewiesen und der BF nach Indien ausgewiesen. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom XXXX wurde der vom BF bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom XXXX wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom XXXX hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gem. § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstatt Indien (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß § 57 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist zur freiwilligen Ausreise wurde gemäß § 55 FPG mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.)

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die vom BF angegebenen Gründe für das Verlassen seines Herkunftsstaates nicht als glaubhaft erachtet werden. Folglich könne nicht festgestellt werden, dass er in Indien einer Gefährdung oder Verfolgung ausgesetzt sei. Im Entscheidungszeitpunkt stelle eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention dar und würde für den BF als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen. Der BF habe ferner keine Gründe namhaft machen könne, die für eine Integration in Österreich sprechen würden. Er habe den überwiegenden Teil seines Lebens in Indien verbracht, sei ledig, habe keine Sorgepflichten und lebe in keiner Familiengemeinschaft.

3. Mit Beschwerde vom XXXX wurde dieser Bescheid vollinhaltlich wegen unrichtiger Feststellungen, Willkür und Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten und nach Darstellung des Sachverhalts ausgeführt, der BF habe in Indien Probleme. Er könne dort nicht wohnen, weil sein Leben aufgrund eines Konflikts zwischen zwei Volksgruppen in Gefahr sei.

4. Am XXXX langte die Beschwerdevorlage beim Bundesverwaltungsgericht ein.

5. Am XXXX teilte der seinerzeitige rechtsfreundliche Vertreter dem BVwG mit, dass zwischen dem BF und ihm kein aufrechtes Vertretungsverhältnis bestehe und dies dem Bundesamt am XXXX zur Kenntnis gebracht worden sei.

6. Am XXXX wurde das XXXX ersucht, die Ladung für eine am XXXX anberaumte Ladung zuzustellen. In der Folge wurde mit Schreiben vom

XXXX mitgeteilt, dass an der Zustelladresse zu verschiedenen Zeiten Nachschau gehalten worden sei, aber niemand dort angetroffen werden habe können bzw. nicht geöffnet worden sei. Auf eine am XXXX an der Wohnungstüre hinterlegte Verständigung sei nicht reagiert worden. Diese sei am nächsten Tag dort nicht mehr angebracht gewesen und auf eine nochmals hinterlegte Verständigung sei nicht reagiert worden. Da über den Aufenthalt des BF nichts in Erfahrung gebracht werden habe können, sei eine Zustellung nicht möglich gewesen.

Der BF ist zu der am XXXX anberaumten Verhandlung nicht erschienen.

Am XXXX teilte die Landespolizeidirektion Wien nach entsprechenden Auftrag von Seiten des BVwG zur Erhebung des BF mit, dass dieser an der gemeldeten Adresse nicht angetroffen worden sei, nachdem man mehrmals zu unterschiedlichen Tages-, und Nachtzeiten Nachschau gehalten habe. Bei der Befragung der unmittelbaren Nachbarn hätten diese nicht angeben können, ob der BF an dieser Adresse auch aufhältig sei. Des Weiteren habe man auch über den derzeitigen Aufenthaltsort bzw. Wohnort keinerlei Angaben tätigen können. Da der BF augenscheinlich nicht aufhältig gewesen sei, würde eine amtliche Abmeldung veranlasst werden.

7. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX wurde das Verfahren gemäß § 24 Abs. 2 AsylG 2005 eingestellt und begründend ausgeführt, zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes sei die persönliche Mitwirkung des BF erforderlich. Da dies aufgrund der Abwesenheit des BF nicht möglich sei, sei das Verfahren einzustellen. Der Beschluss wurde daraufhin gemäß § 23 Abs. 4 iVm § 8 Abs. 2 ZustG durch Hinterlegung im Akt zugestellt.

8. Mit Schreiben vom XXXX wurde vom Verein Menschenrechte Österreich im gegenständlichen Verfahren Vollmacht gelegt und gleichzeitig unter Vorlage eines aktuellen Auszugs aus dem Melderegister die Fortsetzung des Verfahrens angeregt.

9. Folglich wurde das Verfahren fortgesetzt. Am XXXX erfolgte eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit des Rechtsberaters des BF sowie einer Dolmetscherin für die Sprache Punjabi. Im Zuge der Verhandlung zog der BF nach Belehrung durch das erkennende Gericht seine Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheids zurück. Daraufhin beantragte er im Wege seines Rechtsvertreters die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen und hielt die Beschwerde gegen die übrigen Spruchpunkte aufrecht.

Im Zuge der Verhandlung wurden folgende verfahrensrelevante Dokumente vorgelegt:

-

drei Unterstützungsschreiben ohne Unterschrift des jeweiligen Ausstellers (Beilage A);

-

Zahlungsbestätigung der SVA (Beilage B), aus welcher hervorgeht, dass der BF im Jahr 2013 insgesamt € XXXX und im Jahr 2014 € XXXX an Sozialversicherungsbeiträgen überwiesen hat;

-

ÖSD-Bestätigung betreffend die Prüfung A2 Grundstufe vom XXXX (Beilage C);

-

Auszug aus dem Gewerberegister vom XXXX bzw. XXXX (Beilage D), aus welchem hervorgeht, dass der BF am XXXX das Gewerbe "Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt" anmeldete;

-

Bestätigung der XXXX vom XXXX , aus welcher hervorgeht, dass der BF monatlich von seinem Unternehmen € 1.100 ,-- entnimmt (Beilage E);

-

Geburtsurkunde im Original sowie in Kopie samt deutscher Übersetzung (Beilage F).

Die Verhandlung nahm daraufhin im Wesentlichen folgenden Verlauf:

(...)

RI: Warum haben Sie die Meldeadresse nicht bekanntgegeben?

BF: Ich habe keine neue Meldeadresse, ich wohne nach wie vor in der XXXX . Ich war arbeiten, als die Polizei zwei- oder dreimal zu mir nach Hause kam.

RI Vorhalt: Beschluss vom XXXX wurde in der Begründung darauf hingewiesen, dass bei der Befragung der unmittelbaren Nachbarn, ob Sie an dieser Adresse auch aufhältig sind und des Weiteren haben die Personen keinerlei Angaben betreffend des Aufenthalts bzw. Wohnortes machen können.

BF: Aber ich wohne dort.

(...)

RI: (Frage in Deutsch): Sprechen und verstehen Sie Deutsch?

BF: (Antwort in Deutsch): Ja.

RI: (Frage in Deutsch): Wo haben Sie Ihren Sprachkurs besucht?

BF: Keine Antwort.

RI: (Frage in Deutsch): Wie hat das Institut bzw. die Organisation geheißen, wo Sie den Sprachkurs bzw. Deutschkurs besucht haben?

BF: (Antwort in Deutsch): Deutsch.

RI: (Frage in Deutsch): Wie oft in der Woche haben Sie diesen Deutschkurs besucht?

BF: Keine Antwort.

RI: (Frage in Deutsch): An welchem Wochentag oder an welchen Wochentagen haben Sie diesen Deutschkurs besucht?

BF: (Antwort in Deutsch): Zwei.

RI: (Frage in Deutsch): In welchem Jahr haben Sie den Deutschkurs besucht?

BF: (Antwort in Deutsch): 2015 oder 2014.

RI: (Frage in Deutsch): Wie lange haben Sie diesen Deutschkurs besucht?

BF: (Antwort in Deutsch): 2 Monate.

RI: (Frage in Deutsch): Gehen Sie in Österreich arbeiten?

BF: (Antwort in Deutsch): Ja.

RI: (Frage in Deutsch): Welche Tätigkeit bzw. welchen Beruf üben Sie in Österreich aus?

BF: Keine Antwort.

RI: (Frage in Deutsch): Beschreiben Sie einen typischen Alltag, und zwar vom Aufstehen in der Früh bis am Abend.

BF: Keine Antwort.

RI: (Frage in Deutsch): Sind Sie in Österreich in einem Verein, einer Organisation, Kirche engagiert, üben dort eine Funktion aus?

BF: (Antwort in Deutsch): Kirche.

RI: (Frage in Deutsch): Sind Sie verheiratet?

BF: (Antwort in Deutsch): Nein.

RI: (Frage in Deutsch): Haben Sie Kinder?

BF: (Antwort in Deutsch): Nein.

RI: (Frage in Deutsch): Haben Sie eine Freundin, mit der Sie zusammenleben?

BF: (Antwort in Deutsch): "Früher habe ich, jetzt nicht".

RI: (Frage in Deutsch): Wie viel Miete zahlen Sie im Monat?

BF: (Antwort in Deutsch): Zahlen sie Monate Miete?

Fragewiederholung.

BF: (Antwort in Deutsch): 300 Euro.

RI: (Frage in Deutsch): Sind in diesen 300 Euro die Betriebskosten enthalten?

BF: (Antwort in Deutsch): "Ich gebe meinem Freund 300 und zusammen zahlen".

RI: (Frage in Deutsch): Wissen Sie auf welchen Namen der Mietvertrag läuft?

BF: (Antwort in Deutsch): XXXX . (BF schreibt dies auf einen Zettel auf, welche als Beilage H zum Akt genommen wird).

RI: Wie bestreiten Sie in Österreich Ihren Lebensunterhalt?

BF: Ich arbeite ein wenig.

RI: Was heißt, Sie arbeiten ein wenig?

BF: Das heißt, ich helfe jemanden.

RI: Wen helfen Sie bei welcher Arbeit?

BF: Ich helfe meinem Freund XXXX . Er arbeitet bei der Firma XXXX .

RI: Woher kennen Sie den Herrn XXXX ?

BF: Er ist ein Familienfreund von mir.

RI: Haben Sie diesen XXXX schon in Indien gekannt?

BF: Ja, ich kenne ihn von Indien.

RI: Sind Sie mit ihm nach Österreich gekommen?

BF: Nein, er ist schon früher gekommen.

RI: Wohnt XXXX an derselben Adresse?

BF: Ja. Nein. Er wohnt in der XXXX .

RI: Bei welcher Arbeit helfen Sie Ihrem Familienfreund?

BF: Ich helfe ihm beim Ausliefern von Paketen der XXXX .

RI: Was machen Sie da konkret?

BF: Er fährt das Fahrzeug und ich liefere die Pakete aus.

RI: Wie kann ich mir das konkret vorstellen?

BF: Ich fahre mit und dann nehme ich die Pakete und liefere sie an verschiedene Personen.

RI: Was machen Sie da genau?

BF: Z.B. wenn die Pakete sehr schwer sind, braucht man einen Helfer. Ich helfe also bei dieser Tätigkeit aus.

RI: Gehen Sie zu zweit zu dem Adressaten?

BF: Ja auch.

RI: Was heißt "ja auch"?

BF: Wenn das Paket nicht so schwer ist, kann ich das Paket alleine tragen, ansonsten zu Zweit.

RI: Haben Sie mit der Firma Gebrüder Weiss einen Vertrag?

BF: Nein, ich habe keinen Vertrag, aber der XXXX hat einen Vertrag.

RI: Haben Sie mit XXXX einen Vertrag?

BF: Ja, ich habe einen, aber der ist nicht hier.

RI: Sie haben aber schon gewusst, dass Sie heute Verhandlung haben?

BF: Ich habe vergessen, dass ich diesen Vertrag hätte heute mitnehmen sollen.

RI: Wie viel verdienen Sie entsprechend dieses Vertrages im Monat?

BF: 800 bis 900 Euro.

RI: Bekommen Sie auch einen 13. und 14. Gehalt?

BF: Nein.

RI: Fahren Sie bei dieser Tätigkeit immer mit Ihrem Freund mit?

BF: Derzeit ja.

RI: Seit wann fahren Sie mit Ihrem Freund mit bzw. wann üben Sie diese Tätigkeit aus?

BF: Ca. seit einem Jahr, davor habe ich selbständig mit meinem Gewerbeschein gearbeitet.

RI: Warum arbeiten Sie jetzt nicht mehr selbständig mit Ihrem Gewerbeschein?

BF: Weil es sehr viele Ausgaben gibt, z.B. Steuern und so weiter.

RI: Zahlen Sie Einkommenssteuer?

BF: Ja, das mache ich. Das heißt, er gibt alles an einen Steuerberater und zahlt mir einen Gehalt.

RI: Führt dieser XXXX für Sie die Einkommenssteuer ab?

BF: Ja.

RI: Wie viel ist das im Monat?

BF: Vielleicht 100 Euro.

RI: Wissen Sie das oder vermuten Sie das?

BF: Ich vermute das.

RI: Sind Sie krankenversichert?

BF: Früher hatte ich eine, jetzt nicht mehr, seitdem ich die Firma stillgelegt habe.

RI: Haben Sie die Firma stillgelegt oder Ihr Gewerbe ruhend gelegt?

BF: Sie ist komplett stillgelegt.

RI: In welchem Jahr wurde sie stillgelegt?

BF: Ich glaube, das war letzten Jahres, Februar, März oder April.

RI: Seit wann üben Sie diese Tätigkeit bei XXXX aus?

BF: Ich glaube seit einem Jahr.

RI: Wann haben Sie damit genau begonnen?

BF: Seitdem ich meine Firma stillgelegt habe, also etwa Februar, März oder April XXXX .

RI: Wie viele Leute wohnen mit Ihnen in Ihrer Wohnung?

BF: Ein Freund von mir und ich.

RI: Wie heißt Ihr Freund?

BF: Er heißt XXXX .

RI: Wie heißt er mit vollem Namen?

BF: XXXX .

RI: Beziehen Sie auch aus der Grundversorgung irgendwelche Zuwendungen?

BF: Nein.

RI: Haben Sie in Österreich einen Freundeskreis?

BF: Ja, ich habe Familienfreunde und auch andere Freunde.

RI: Gehören Ihrem Freundeskreis auch Österreicherinnen und Österreicher an?

BF: Ja.

RI: Wie heißen Ihre beide besten österreichischen Freunde und Freundinnen?

BF: XXXX . Ich kenne ihn nur als XXXX in der Firma.

RI: Wo wohnt er, genaue Adresse?

BF: Er wohnt im XXXX . Ich war nie bei ihm zuhause, ich treffe ihn nur in der Firma.

RI: Wie heißt der/die zweitbeste Freund/Freundin?

BF: XXXX .

RI: Ist er Österreicher?

BF: Nein, er ist nicht Österreicher, er ist Serbe. Er wohnt schon sehr lange hier, vielleicht ist er hier geboren.

RI: Sind Sie in einem Verein, einer Organisation, Kirche engagiert, Mitglied?

BF: Ich besuche den Sikh-Tempel und mache Volontärarbeiten dort.

RI: Was sind das für Arbeiten dort konkret?

BF: Ich spende Geld.

RI: Wieviel spenden Sie da?

BF: Im Monat 20 Euro. Nein, ich meine 40 oder 50 Euro im Monat.

RI: Sind Sie gesund?

BF: Ja.

RI: Nehmen Sie irgendwelche Medikamente?

BF: Nein.

RI an BFV: Haben Sie eine Frage an den BF?

BFV: Nein.

Die Verhandlung wird um 10:26 Uhr unterbrochen und wird um 10:39 Uhr fortgesetzt.

RI: Sagt Ihnen der Namen XXXX etwas?

BF: Er ist in Indien.

RI: Seit wann ist er in Indien?

BF: Es gibt sehr viele mit diesem Namen in Indien. In Indien kenne ich einen.

RI: Haben Sie in Österreich auch einen gekannt?

BF: Ja, ich kenne einen XXXX , vielleicht heißt er mit Nachnamen so.

RI: Woher kennen Sie den?

BF: Er hat auch in der Firma gearbeitet, wo ich früher gearbeitet habe. Er wohnt in der Nähe von der XXXX . Dort wohnt dieser XXXX , den ich kenne.

RI: Haben Sie für den gearbeitet?

BF: Nein.

RI: Ich habe einen Strafantrag, und zwar von der Finanzpolizei vom XXXX vorliegen, wonach dieser beschuldigt wird, dass unter anderem Sie, und zwar für diesen gearbeitet hätten und Zeitungsständer aufgestellt haben. Sagt Ihnen jetzt der Name XXXX etwas?

BF: Ja, ich erinnere mich. Dieser XXXX ist nach Kananda ausgereist.

RI: Sie haben heute gesagt, dass Sie vor Ihrer jetzigen Tätigkeit selbständig gearbeitet haben. Haben Sie dann vor Ihrer Selbständigkeit auch unselbständig gearbeitet?

BF: Ja, als ich neu in Österreich war, habe ich für den oben genannten XXXX gearbeitet und habe für ihn am Wochenende die Zeitungsständer aufgestellt.

RI: Wann sind Sie nach Österreich gekommen?

BF: Im Jahr XXXX .

RI: Wann genau?

BF: Ich kann mich nicht so genau erinnern.

RI: Sind Sie seither die ganze Zeit in Österreich verblieben?

BF: Ja.

RI: Haben Sie Verwandte in Indien?

BF: Ja.

RI: Wen?

BF: Viele Verwandte.

RI: Was heißt "viele Verwandte"?

BF: Meine Mutter, einen Bruder, eine Schwester und die Geschwister meiner Mutter. Auch die Geschwister meines Vaters.

RI: Was ist mit Ihrem Vater?

BF: Er ist verstorben.

RI: Wann?

BF: Ende XXXX oder XXXX .

RI: Wie geht es Ihren Verwandten?

BF: Denen geht es gut.

RI: Wie oft sind Sie mit denen in Kontakt?

BF: Ich habe keinen Kontakt mit ihnen, ich rufe sie nicht an. Aber ich rufe schon meine Mutter und meine Geschwister an. Ich habe gedacht, dass Sie die weiteren Verwandten meinen.

RI: Rufen Sie Ihre Mutter und Ihre Geschwister regelmäßig an?

BF: Alle Wochen bzw. alle zwei Wochen.

RI: Welche Schulausbildung haben Sie?

BF: Ich habe 12 Jahre die Schule besucht, danach habe ich ein Jahr das College besucht, aber nicht abgeschlossen.

RI: Welchen Zweig?

BF: Kunst, Kunstgeschichte.

RI: Wie haben Sie in Indien Ihren Lebensunterhalt bestritten?

BF: Mein Vater hat eine Transportfirma gehabt, er hat mich finanziell unterstützt, ich habe in Indien nicht gearbeitet.

RI: Haben Sie Ihren Vater bei der Arbeit unterstützt?

BF: Ja, schon.

RI: Was haben Sie da gemacht?

BF: Ich habe ab und zu die Fahrer begleitet.

RI: Und Ihnen geholfen?

BF: Z.B. wenn ein LKW eine Reifenpanne hatte, habe ich geholfen oder einen Mechaniker angerufen, solche Arbeiten.

RI: Wer führt jetzt die Transportfirma?

BF: Niemand. Das wurde verkauft.

RI: Was arbeitet Ihr Bruder?

BF: Mein Bruder arbeitet in der Landwirtschaft.

RI: Welche Sprachen sprechen Sie neben Punjabi?

BF: Punjabi und ein wenig Deutsch und ein wenig Englisch und Hindi gut.

RI: Sonst noch eine Sprache?

BF: Nein.

Es wird auf eine Stellungnahme der aktuellen Länderfeststellungen zu Indien verzichtet.

BFV will eine abschließende Stellungnahme abgeben.

Der BF ist seit XXXX in Österreich im Asylverfahren. Der BFA-Bescheid erging erst am XXXX , danach befand er sich im Beschwerdeverfahren bis dato. Zu der Verhandlung im Jänner konnte er leider wegen einer Nachlässigkeit nicht teilnehmen und bereut dies sehr. Er hat keine strafrechtliche Verurteilung und war durchgehend neun Jahre in Österreich gemeldet. Er hat im Jahr XXXX ein A2-Deutschzertifikat erworben. Er war nicht von der Grundversorgung abhängig und hat stets versucht, durch selbständige oder unselbständige Arbeit seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Er hat einen Freundeskreis in Österreich erworben und hat sich insgesamt versucht, zu integrieren. Zu Indien hat er seit neun Jahren keine Beziehung mehr und würde bei einer Rückkehr vor völlig neue Tatsachen gestellt werden und müsste sich reintegrieren. Daher ersucht der BF um ein humanitäres Bleiberecht. Ich ersuche um Stattgabe der Beschwerde.

Dem BF wurde abschließend aufgetragen, sämtliche Einkommens- und Umsatzsteuerbescheide, einen aktuellen Versicherungsdatenauszug, den aktuellen Arbeitsvertrag sowie sämtliche Werkverträge binnen einer Woche vorzulegen.

10. Mit Schreiben vom XXXX wurde vorgebracht, dass der Steuerberater des BF insolvent sei und es daher nicht möglich sei, einkommens- und umsatzsteuerrechtliche Unterlagen vorzulegen. Ferner könne keine aktuelle Arbeitsvereinbarung vorgelegt werden, da der BF irrtümlich angenommen habe, er würde auf Werkvertragsbasis beschäftigt werden.

XXXX habe mitgeteilt, dass er ihn bar auf die Hand bezahle und damit aus seiner Sicht Sozialarbeit leiste, weil der BF aus seiner Heimat stamme. Er habe dem BF aber eine Beschäftigung in seinem Unternehmen in Aussicht gestellt, sobald er einen Aufenthaltstitel erhalte.

Ergänzend wurden folgende verfahrensrelevanten Dokumente in Vorlage gebracht:

-

Quittung des Finanzamtes vom XXXX über die Bezahlung von € 900,--;

-

Schreiben der SVA am XXXX , aus welchem hervorgeht, dass am Beitragskonto des BF ein derzeit ein Betrag von € 9.568,87 ausständig ist;

-

Kontoauszug der SVA vom XXXX samt Anmerkungen;

-

Bewilligung einer Ratenzahlungsvereinbarung zwischen dem BF und der SVA vom XXXX welcher entnommen werden kann, dass sich der BF verpflichtete, nach einer Anzahlung von € 4.578,-- in 10 Monatsraten zu je € 500,-- ab Dezember 2018 die ausständigen Beiträge zu bezahlen;

-

Honoraraufstellung XXXX der XXXX , aus welcher hervorgeht, dass der BF ein Honorar in der Höhe von € 1.347,25 erhielt;

-

drei handschriftlich unterfertigte Unterstützungserklärungen;

-

Honorarnote XXXX , ausgestellt von der " XXXX " ohne Unterschrift oder Firmenstempel, welcher zu entnehmen ist, dass der BF ein Honorar in der Höhe von € 552,-- erhielt;

-

Schreiben der XXXX vom XXXX , mit welcher die Rahmenvereinbarung mit dem BF zum XXXX aufgelöst wurde, sowie eine Gutschrift dieses Unternehmens für XXXX in der Höhe von € 940,--;

-

Werkvertrag zwischen dem BF und XXXX , welchem nicht entnommen werden kann, welches Werk zwischen den Parteien vereinbart worden sei. Ferner ist das Dokument sowohl mit dem XXXX als auch mit dem XXXX datiert.

11. Mit Schreiben vom XXXX übermittelte das Bundesamt eine Verständigung der LPD XXXX betreffend den BF. Demnach wurde der BF mit Strafverfügung vom XXXX zur Zahlung eines Gesamtbetrags von €

550,-- verpflichtet, da er am XXXX ein Kraftfahrzeug ohne eine gültige Lenkberechtigung der Klasse C auf einer Straße mit öffentlichen Verkehr gelenkt hat und festgestellt wurde, dass er auf der Ladefläche des Lastkraftwagens eine Person befördert hat, obwohl das Fahrzeug für die Beförderung von Personen nicht zugelassen oder eingerichtet gewesen ist. Die Strafverfügung erwuchs mit XXXX in Rechtskraft.

12. Ferner liegen im Verwaltungsakt folgende verfahrensrelevante Dokumente vor:

-

Strafantrag vom XXXX gegen XXXX wegen der Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, aus welchem hervorgeht, dass der BF am XXXX beim Zusammenbau von Zeitungsständer im Laderaum eines Lastkraftwagens betreten wurde ohne über eine arbeitsmarktbehördliche Bewilligung oder eine Anmeldung zur Sozialversicherung zu verfügen;

-

Mahnung der BPD XXXX vom XXXX , aus welcher hervorgeht, dass der BF am XXXX bei der Ausübung einer Erwerbstätigkeit betreten wurde, ohne über eine Beschäftigungsbewilligung zu verfügen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1 Zum gegenständlichen Verfahren

Der BF, ein indischer Staatsangehöriger, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz und befindet sich seither durchgehend in Österreich.

Mit Bescheid vom XXXX wurde der Antrag des Beschwerdeführers sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I. sowie Spruchpunkt II.) und gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen. Mit Beschwerde vom 14.07.2016 wurde dieser Bescheid vollinhaltlich angefochten. Der BF zog jedoch im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, nach entsprechender Belehrung der Folgen einer Zurückziehung, seine Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides zurück.

1.2. Zur Person des BF und seinen Angehörigen im Herkunftsstaat

Der BF gehört der Volksgruppe der Jat sowie der Religionsgemeinschaft der Sikhs an und stammt aus dem indischen Bundesstaat Punjab. Er spricht neben Punjabi auch Hindi und ein wenig Englisch. In Indien leben nach wie vor die Mutter, der Bruder und die Schwester des BF sowie die Geschwister seiner Eltern. Sein Vater ist bereits verstorben. Mit seiner Mutter und seinen Geschwistern hat der BF regelmäßigen Kontakt. Den Angehörigen des BF geht es gut.

Im Herkunftsstaat besuchte der BF zwölf Jahre die Schule und ein Jahr den Zweig für Kunst bzw. Kunstgeschichte am College. Finanziell unterstützt wurde der BF von seinem Vater, der ein Transportunternehmen besaß. Der BF war für seinen Vater tätig, indem er Fahrer begleitete und ihnen bei technischen Pannen half. Inzwischen wurde das Transportunternehmen verkauft. Der Bruder des BF arbeitet in der Landwirtschaft.

1.3. Zur sozialen Integration des BF in Österreich

Der BF hat keine Kinder, ist nicht verheiratet und lebt in Österreich weder in einer Familiengemeinschaft noch in einer familienähnlichen Gemeinschaft. Während seines Aufenthalts hat er sich einen Freundes- und Bekanntenkreis aufgebaut, pflegt jedoch über keine intensiven, sozialen Beziehungen im Bundesgebiet. Der BF absolvierte im Jahr XXXX die Deutschprüfung A2, verfügt allerdings aktuell nur über Basiskenntnisse der deutschen Sprache. Abgesehen von einem Sprachkurs hat der BF an keinen Integrationsmaßnahmen teilgenommen. Der BF besucht regelmäßig den Sikh-Tempel, engagiert sich aber ansonsten in keinem Verein oder einer Organisation. Der BF ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

1.4. Zur beruflichen Integration des BF in Österreich sowie zur Selbsterhaltungsfähigkeit

Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Er bezog lediglich im Zeitraum vom XXXX bis zum XXXX Leistungen aus der Grundversorgung. In der Folge arbeitete er für XXXX und stellte in dessen Auftrag am Wochenende Zeitungsständer auf.

Am XXXX wurde der BF bei der Zeitungsauslieferung bzw. Zeitungsständermontage ohne entsprechende Beschäftigungsbewilligung betreten. In weiterer Folge wurde er von der Bundespolizeidirektion XXXX ermahnt, von weiteren Maßnahmen wurde jedoch abgesehen.

Am XXXX meldete der BF das Gewerbe "Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt" an und war in weiterer Folge als selbständiger Lieferant tätig. Das Gewerbe wurde jedoch im Jahr XXXX vom BF stillgelegt.

Im November XXXX betrug der Rückstand auf seinem Beitragskonto der SVA insgesamt € 9.568,87. Folglich verpflichtete er sich zu einer Einmalzahlung von € 4.578, -- sowie zur Zahlung von zehn monatlichen Raten in der Höhe von € 500, -- ab Dezember XXXX .

Aktuell geht der BF keiner rechtmäßigen Erwerbstätigkeit nach. Er erzielt monatliche Einkünfte in der Höhe von € 800, -- bis € 900, -- für Hilfstätigkeiten beim Ausliefern von Pakten, verfügt jedoch weder über eine Beschäftigungsbewilligung, noch über eine Krankenversicherung. Einen Vertrag betreffend diese Tätigkeit hat er nicht geschlossen.

Mit rechtskräftiger Strafverfügung der LPD Wien vom XXXX wurde er zur Zahlung von € 550, -- verpflichtet, da er am XXXX einen Lastkraftwagen ohne die hierfür erforderliche Lenkberechtigung der Klasse C auf einer Straße mit öffentlichen Verkehr gelenkt hat und ferner auf der Ladefläche des LKW eine Person befördert hat, obwohl das Fahrzeug für die Beförderung von Personen weder zugelassen noch eingerichtet war.

1.3. Zur allgemeinen Situation in Indien

a) Sicherheitslage

Indien ist reich an Spannungen entlang von Ethnien, Religionen, Kasten und auch Lebensperspektiven. Widersprüche, Gegensätze oder Konflikte entladen sich in den gesellschaftlichen Arenen und werden von der Politik aufgegriffen, verarbeitet und teilweise instrumentalisiert (GIZ 11.2016). Blutige Terroranschläge haben in den vergangenen Jahren in Indiens Millionen-Metropolen wiederholt Todesopfer gefordert (Eurasisches Magazin 24.5.2014). Die Spannungen im Nordosten des Landes gehen genauso weiter wie die Auseinandersetzung mit den Naxaliten (GIZ 11.2016). Das staatliche Gewaltmonopol wird gebietsweise von den Aktivitäten der "Naxaliten" in Frage gestellt (AA 16.8.2016).

Terroristische Anschläge in den vergangenen Jahren (Dezember 2010 in Varanasi, Juli 2011

Mumbai, September 2011 New Delhi und Agra, April 2013 in Bangalore, Mai 2014 Chennai und Dezember 2014 Bangalore) und insbesondere die Anschläge in Mumbai im November 2008 haben die Regierung unter Druck gesetzt. Von den Anschlägen der letzten Jahre wurden nur wenige restlos aufgeklärt und die als Reaktion auf diese Vorfälle angekündigten Reformvorhaben zur Verbesserung der indischen Sicherheitsarchitektur wurden nicht konsequent umgesetzt (AA 24.4.2015). Das South Asia Terrorism Portal verzeichnet in einer Aufstellung für das Jahr 2011 1.073 Todesopfer durch terrorismusrelevante Gewalt, für das Jahr 2012 803, für das Jahr 2013 885, für das Jahr 2014 976 für das Jahr 2015 722 und für das Jahr 2016 835 [Anmerkung: die angeführten Zahlen beinhalten Zivilisten, Sicherheitskräfte und Terroristen] (SATP 9.1.2017).

Konfliktregionen sind Jammu und Kashmir, die nordöstlichen Regionen und der maoistische Gürtel. In Jharkhand und Bihar setzten sich die Angriffe von maoistischen Rebellen auf Sicherheitskräfte und Infrastruktur fort. In Punjab kam es bis zuletzt durch gewaltbereite Regierungsgegner immer wieder zu Ermordungen und Bombenanschlägen. Neben den islamistischen Terroristen tragen die Naxaliten (maoistische Untergrundkämpfer) zur Destabilisierung des Landes bei. Von Chattisgarh aus kämpfen sie in vielen Unionsstaaten (von Bihar im Norden bis Andrah Pradesh im Süden) mit Waffengewalt gegen staatliche Einrichtungen. Im Nordosten des Landes führen zahlreiche Separatistengruppen einen Kampf gegen die Staatsgewalt und fordern entweder Unabhängigkeit oder mehr Autonomie (United Liberation Front Assom, National Liberation Front Tripura, National Socialist Council Nagaland, Manipur People's Liberation Front etc.). Der gegen Minderheiten wie Moslems und Christen gerichtete Hindu-Radikalismus wird selten von offizieller Seite in die Kategorie Terror eingestuft, vielmehr als "communal violence" bezeichnet (ÖB 12.2016).

Gegen militante Gruppierungen, die meist für die Unabhängigkeit bestimmter Regionen eintreten und/oder radikalen Auffassungen anhängen, geht die Regierung mit großer Härte und Konsequenz vor. Sofern solche Gruppen der Gewalt abschwören, sind in der Regel Verhandlungen über ihre Forderungen möglich. Gewaltlose Unabhängigkeitsgruppen können sich politisch frei betätigen (AA 16.8.2016).

Pakistan und Indien

Pakistan erkennt weder den Beitritt Jammu und Kaschmirs zur indischen Union im Jahre 1947 noch die seit dem ersten Krieg im gleichen Jahr bestehende de-facto-Aufteilung der Region auf beide Staaten an. Indien hingegen vertritt den Standpunkt, dass die Zugehörigkeit Jammu und Kaschmirs in seiner Gesamtheit zu Indien nicht zur Disposition steht (AA 9.2016b). Seit 1947 gab es bereits drei Kriege, davon zwei aufgrund des umstrittenen Kaschmirgebiets. Friedensgespräche, die 2004 begannen, wurden trotz Spannungen wegen der Kaschmirregion und sich immer wieder ereignenden schweren Bombenaschlägen bis zu den von Islamisten durchgeführten Anschlägen in Mumbai 2008, fortgesetzt (BBC 27.9.2016).

Indien wirft Pakistan vor, Infiltrationen von Terroristen auf indisches Staatsgebiet zumindest zu dulden, wenn nicht zu befördern. Größere Terroranschläge in Indien in den Jahren 2001 und 2008 und der jüngste terroristische Angriff auf eine Militärbasis im indischen Teil Kaschmirs hatten die Spannungen in den bilateralen Beziehungen erheblich verschärft. Indien reagierte auf den Anschlag, bei dem 18 indische Soldaten ums Leben kamen, mit einer begrenzten Militäroperation ("surgical strike") im pakistanisch kontrollierten Teil Kaschmirs, die sich nach indischen Angaben gegen eine bevorstehende terroristische Infiltration richtete. In der Folge kommt es immer wieder zu Schusswechseln zwischen Truppenteilen Indiens und Pakistans an der Waffenstillstandslinie in Kaschmir. Indien sieht Pakistan in der Verantwortung für die terroristischen Bedrohungen an seiner Nordwestgrenze und erhöht den Druck auf den Nachbarn, um wirksame pakistanische Maßnahmen gegen den Terrorismus zu erreichen (AA 9.2016b). Bei einem Treffen in New York Ende September 2013 vereinbarten die Premierminister Singh und Sharif lediglich, den Waffenstillstand künftig besser einhalten zu wollen (GIZ 11.2016a). Der von 2014-2015 Hoffnung gebende Dialogprozess zwischen beiden Seiten ist über die aktuellen Entwicklungen zum Stillstand gekommen. Noch am Weihnachtstag 2015 hatte Premierminister Modi seinem pakistanischen Amtskollegen einen Überraschungsbesuch abgestattet und damit kurzzeitig Hoffnungen auf eine Entspannung aufkeimen lassen (AA 9.2016b).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (24.4.2015): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

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AA - Auswärtiges Amt (9.2016b): Indien - Außenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_09493FC61FD08185D486477F8D93E1EE/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Indien/Aussenpolitik_node.html, Zugriff 5.12.2016

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BBC - British Broadcasting Corporation (27.9.2016): India country profile - Overview,

http://www.bbc.co.uk/news/world-south-asia-12557384, Zugriff 5.12.2016

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Eurasisches Magazin (24.5.2014): Wohin geht die größte Demokratie der Erde?,

http://www.eurasischesmagazin.de/artikel/Indien-nach-den-Wahlen-eine-Analyse/14017, Zugriff 5.12.2016

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (11.2016a): Indien,

http://liportal.giz.de/indien/geschichte-staat.html, Zugriff 5.12.2016

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ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2016):

Asylländerbericht Indien

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SATP - South Asia Terrorism Portal (9.1.2017): Data Sheet - India Fatalities: 1994-2016,

http://www.satp.org/satporgtp/countries/india/database/indiafatalities.htm, Zugriff 9.1.2017

a.1. Punjab

Laut Angaben des indischen Innenministeriums zu den Zahlen der Volkszählung im Jahr 2011 leben von den 21 Mio. Sikhs 16 Millionen. im Punjab (MoHA o.D.) und bilden dort die Mehrheit (USDOS 10.8.2016).

Der Terrorismus im Punjab ist Ende der 1990er Jahre nahezu zum Erliegen gekommen. Die meisten hochkarätigen Mitglieder der verschiedenen militanten Gruppen haben den Punjab verlassen und operieren aus anderen Unionsstaaten oder Pakistan

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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