TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/1 W169 2197458-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.02.2019
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Entscheidungsdatum

01.02.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W169 2197458-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.05.2018, Zl. 1182424002-180186524, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.09.2018, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF, §§ 52 und 55 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 55 Abs. 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler und schlepperunterstützter Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 22.02.2018 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei seiner Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab er zu Protokoll, dass er aus dem Bundesstaat Haryana stamme und die Sprache Punjabi spreche. Er gehöre der Religionsgemeinschaft der Sikhs an. Im Herkunftsstaat, wo er zwölf Jahre die Schule besucht habe, würden die Eltern des Beschwerdeführers leben. Zu den Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer an, dass die indische Polizei eine falsche Anzeige gegen ihn erstattet habe und ihn deshalb verhaften wolle. Ihm werde vorgeworfen, Leute zu schlagen, Streitereien zu verursachen und Autos in Brand zu setzen, was aber nicht stimmen würde. Für den Fall einer Rückkehr fürchte er, verhaftet zu werden.

2. Am 06.04.2018 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er an, dass aus dem Bundesstaat Haryana stamme und der Religionsgemeinschaft der Sikhs angehöre. Er beherrsche die Sprachen Punjabi und Hindi. Im Herkunftsstaat, wo er gemeinsam mit seinem Vater und seiner Mutter im Elternhaus gewohnt habe, habe er zehn Jahre die Grundschule besucht; er sei keinem Erwerb nachgegangen; sein Vater habe als Busfahrer gearbeitet und ihn finanziell unterstützt. Der Beschwerdeführer sei ledig, kinderlos und gesund.

Zu seinem Fluchtgrund brachte der Beschwerdeführer Folgendes vor (A:

nunmehriger Beschwerdeführer; L: Leiter der Amtshandlung):

"(...)

L: Was befürchten Sie im Falle einer Rückkehr in Ihr Heimatland?

A: Ich habe Angst vor der Polizei und von Mitgliedern der Baba Ram Rahim.

L: Was ist das für eine Gruppierung?

A: Er ist ein Guru und führt eine religiöse Glaubensgemeinschaft. Er gibt sich als Guru aus, aber in Wirklichkeit ist er kein Guru.

L: In welchen Zusammenhang stehen Sie mit dieser Gruppierung?

A: Mitglieder der Baba Ram Rahim kamen eines Tages zu uns nach Hause, begannen uns zu drohen. Zuvor haben meine Familie und ich an diesen Guru geglaubt und waren Mitglieder. Mittlerweile glauben wir dies nicht mehr und haben unsere Mitgliedschaft beendet. Sie klopften an unserer Tür. Wir haben aber nicht aufgemacht, da wir Angst hatten uns würde Schaden zugefügt werden. Wir haben dann aus Angst unser Haus verlassen und siedelten in eine andere Stadt. Mein Vater meinte mein Leben wäre in Gefahr. Es wäre besser wenn ich das Land verlassen würde.

L: Wo sind Ihre Eltern jetzt aufhältig?

A: Ich weiß es nicht.

L: Haben Sie wegen den Vorfällen bei der Polizei eine Anzeige erstattet?

A: Nein.

L: Warum nicht?

A: Da der Baba Ram Rahim ein Straftäter ist und wir zu dieser Gruppe gehören, vermutet die Polizei, dass wir ebenfalls Straftäter sind.

L: Wieso haben Sie sich dieser Gruppe überhaupt angeschlossen?

A: Mein Vater war als Busfahrer tätig. Aufgrund der Aussagen der Fahrgäste hat er sich entschlossen der Gruppe beizutreten. Baba Ram Rahim wäre ein Heiliger, der Probleme lösen kann.

L: Mit welchen Problemen haben Sie sich an Baba Ram Rahim gewendet?

A: Das waren allgemeine Probleme. Wie die wirtschaftliche Lage.

L: Haben Sie Dokumente die die Zugehörigkeit zu dem Verein belegen?

A: Nein.

L: Wieviele Mitglieder hat der Verein?

A: Es sind sehr viele. Es werden Hundertausende sein.

L: Sie sagten vorhin Baba Ram Rahim wäre ein Straftäter. Welche Straftaten hat er begangen?

A: Aus den Medien habe ich erfahren, dass er Frauen vergewaltig hat. Er hat auch Morde begangen.

L: Haben Sie auch Straftaten begangen?

A: Nein.

L: Wurden Sie gezwungen Straftaten zu begehen?

A: Nein.

L: Warum haben Sie bei der Erstbefragung durch die Polizei nichts davon erzählt?

A: Mir wurde dort gesagt, dass ich bei der Asyleinvernahme alles detailliert schildern.

L: Wissen Sie noch was sie gesagt haben?

A: Ich habe gesagt dass, ich Angst vor der Polizei und Baba Ram Rahim habe.

L:Vorhalt: Sie haben bei der Erstbefragung Baba Ram Rahim nicht erwähnt. Sie sagten, dass Sie eine falsche Anzeige erhalten hätten, aufgrund von Schlägereien und Streitereien und Sachbeschädigung.

A: Das stimmt nicht!

L: Ich habe gemeint, dass die Mitglieder der Baba Ram Rahim, nachdem er verurteilt wurde, Autos und in Brand steckten Streitereien verursachten. Außerdem wurde ich nicht detailiert gefragt. Ich wurde auf die heutige Einvernahme getröstet.

L: Sie haben aber die Richtigkeit des Einvernahmeprotokolls mit Ihrer Unterschrift bestätigt.

A: Mir wurde das Protokoll nicht rückübersetzt. Die Dolmetscherin sagte mir ich soll hier unterschreiben.

(...)".

Zu den Lebensumständen in Österreich gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass er im Bundesgebiet keine Verwandten habe und auch mit niemandem in einer Familiengemeinschaft oder familienähnlichen Lebensgemeinschaft lebe. Er gehe keiner Beschäftigung nach und lebe von Leistungen aus der Grundversorgung. Der Beschwerdeführer spreche kein Deutsch, habe keine sozialen Kontakte in Österreich und sei nicht Mitglied in Vereinen oder Organisationen. Im Herkunftsstaat würden die Eltern des Beschwerdeführers sowie Onkeln, Tanten, Cousins und Cousinen leben.

Am Ende der Einvernahme wurden dem Beschwerdeführer die Länderberichte zur aktuellen Situation in Indien übergeben und ihm bis 11.04.2017 eine Frist für die Abgabe einer Stellungnahme gewährt.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt III.). Weiters wurde innerhalb des Spruches ausgeführt, dass einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt werde und gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt IV.).

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu den von ihm behaupteten Verfolgungsgründen die Glaubwürdigkeit abzusprechen gewesen sei. Auch eine refoulementschutzrechtlich relevante Gefährdung im Fall einer Rückkehr nach Indien sei nicht gegeben. Der Beschwerdeführer erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens nicht entgegen. Angesichts der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien. Die aufschiebende Wirkung habe aberkannt werden können, da der Beschwerdeführer Verfolgungsgründe nicht vorgebracht habe. Die Frist für die freiwillige Ausreise bestehe laut § 55 Abs. 1a FPG nicht, wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar werde.

4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Nach Wiederholung der Fluchtgründe wurde ausgeführt, dass das Bundesamt den Großteil seiner Aussagen nicht zur Kenntnis genommen, sondern "nur selektiv und in tendenziöser Weise jene herausgeklaubt" habe, die seiner eigenen Argumentation zuträglich seien. So habe der Beschwerdeführer genaue Orts- und Zeitangaben gemacht, die Ereignisse chronologisch und konsistent geschildert sowie Erklärungen über sämtliche Personen getätigt. Aus den Aussagen des Beschwerdeführers gehe ferner hervor, dass die indischen Behörden ihm gegenüber schutzunfähig seien, was das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nicht untersucht habe. Schließlich verletze die Rückkehrentscheidung seine in Art. 8 EMRK geschützten Rechte. Beantragt wurde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

5. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.06.2018, Zl. W169 2197458-1/2E, wurde der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides stattgegeben und dieser gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG ersatzlos behoben.

6. Am 04.09.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Stellungnahme zu den dem Beschwerdeführer übermittelten Länderinformationsblatt der Staatendokumentation ein. Dazu wurde ausgeführt, dass die indischen Behörden korrupt seien und der Beschwerdeführer keinen Schutz durch diese erwarten könne. Eine innerstaatliche Fluchtalternative sei ihm mangels familiärer Anknüpfungspunkte auch nicht zumutbar und wäre er für den Fall einer Rückkehr einer existenzbedrohenden Notlage ausgesetzt.

7. Am 07.09.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung statt, an welcher der Beschwerdeführer sowie sein Rechtsvertreter teilnahmen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist bei der Verhandlung nicht erschienen. Im Rahmen der Verhandlung wurde der Beschwerdeführer ausführlich zu seinen Fluchtgründen, seinen Rückkehrbefürchtungen und seiner Integration in Österreich befragt (siehe Verhandlungsprotokoll OZ 6).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien aus dem Bundesstaat Haryana und gehört der Religionsgemeinschaft der Sikhs an. Seine Identität steht nicht fest. Er beherrscht die Sprachen Punjabi und Hindi. Im Herkunftsstaat, wo er zwölf Jahre Grundschule besuchte, lebte der Beschwerdeführer gemeinsam mit seinem Vater und seiner Mutter im Elternhaus und gingt keinem Erwerb nach. Sein Vater arbeitete als Busfahrer und unterstützte den Beschwerdeführer finanziell. Vor seiner Ausreise lebte der Beschwerdeführer mit seinen Eltern ungefähr fünf Monate in Delhi, wo er von seinem Vater finanziell unterstützt wurde. Der Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos und gesund.

Die Verfolgungsbehauptungen des Beschwerdeführers sind nicht glaubhaft. Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer in Indien eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende Verfolgung droht. Dem Beschwerdeführer steht in Indien eine inländische Schutz- bzw. Fluchtalternative offen.

Der Beschwerdeführer hat keine Verwandten oder Familienangehörigen im Bundesgebiet. Er geht keinem Erwerb nach und ist nicht Mitglied in Vereinen oder sonstigen Organisationen und besucht keine Kurse. Er hat keine Freunde oder Bekannten in Österreich, hat keinen Deutschkurs besucht und spricht kein Deutsch. Er bezieht keine Leistungen aus der Grundversorgung, ist strafgerichtlich unbescholten und steht im erwerbsfähigen Alter. Im Herkunftsstaat leben die Eltern des Beschwerdeführers sowie weitere Verwandte (zwei Onkel und eine Tante mütterlicherseits, ein Onkel väterlicherseits sowie sechs Cousins und zwei Cousinen).

1.2. Zur Situation im Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:

Allgemeine Menschenrechtslage

Indien hat 1948 die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte unterzeichnet (AA 16.8.2016). Die nationale Gesetzgebung in Menschenrechtsangelegenheiten ist breit angelegt. Alle wichtigen Menschenrechte sind verfassungsrechtlich garantiert (ÖB 12.2016). Die Umsetzung dieser Garantien ist allerdings häufig nicht in vollem Umfang gewährleistet (AA 16.8.2016). Eine Reihe von Sicherheitsgesetzen schränken die rechtsstaatlichen Garantien, z.B. das Recht auf ein faires Verfahren, aber ein. Diese Gesetze wurden nach den Terroranschlägen von Mumbai im November 2008 verschärft; u. a. wurde die Unschuldsvermutung für bestimmte Straftatbestände außer Kraft gesetzt. Besonders in Unruhegebieten haben die Sicherheitskräfte zur Bekämpfung sezessionistischer und terroristischer Gruppen weitreichende Befugnisse, die oft exzessiv genutzt werden (AA 16.8.2016).

Die wichtigsten Menschenrechtsprobleme sind Missbrauch durch Polizei und Sicherheitskräfte einschließlich außergerichtlicher Hinrichtungen, Folter und Vergewaltigung. Korruption bleibt weit verbreitet und trägt zur ineffektiven Verbrechensbekämpfung, insbesondere auch von Verbrechen gegen Frauen, Kinder und Mitglieder registrierter Kasten und Stämme sowie auch gesellschaftlicher Gewalt aufgrund von Geschlechts-, Religions-, Kasten- oder Stammeszugehörigkeit bei (USDOS 13.4.2016).

Die Menschenrechtslage ist in Indien regional sehr unterschiedlich (BICC 6.2016), eine verallgemeinernde Bewertung kaum möglich:

Drastische Grundrechtsverletzungen und Rechtsstaatsdefizite koexistieren mit weitgehenden bürgerlichen Freiheiten, fortschrittlichen Gesetzen und engagierten Initiativen der Zivilgesellschaft. Vor allem die Realität der unteren Gesellschaftsschichten, die die Bevölkerungsmehrheit stellen, ist oftmals von Grundrechtsverletzungen und Benachteiligung geprägt (AA 16.8.2016). Ursache vieler Menschenrechtsverletzungen in Indien bleiben tiefverwurzelte soziale Praktiken wie nicht zuletzt das Kastenwesen (AA 16.8.2016). Frauen, Mitglieder ethnischer und religiöser Minderheiten sowie niedriger Kasten werden systematisch diskriminiert (BICC 6.2016). Während die Bürger- und Menschenrechte von der Regierung größtenteils respektiert werden, ist die Lage in den Regionen, dort wo es interne Konflikte gibt teilweise sehr schlecht. Dies trifft insbesondere auf Jammu und Kaschmir und den Nordosten des Landes zu. Den Sicherheitskräften, aber auch den nicht-staatlichen bewaffneten Gruppen, seien es separatistische Organisationen oder regierungstreue Milizen, werden massive Menschenrechtsverletzungen angelastet. Dem Militär und den paramilitärischen Einheiten werden Entführungen, Folter, Vergewaltigungen, willkürliche Festnahmen und außergerichtliche Hinrichtungen vorgeworfen. Insbesondere hinsichtlich der Spannungen zwischen Hindus und Moslems, welche im Jahr 2002 zu Tausenden von Todesfällen führten, wird den Sicherheitskräften Parteilichkeit vorgeworfen Die Stimmung wird durch hindunationalistische Parteien angeheizt, welche auch in der Regierung vertreten sind (BICC 6.2016).

Separatistische Rebellen und Terroristen in Jammu und Kaschmir, den nordöstlichen Bundesstaaten und im Maoistengürtel begehen schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen, darunter Morde an Zivilisten, Polizisten, Streitkräften und Regierungsbeamten. Aufständische sind für zahlreiche Fälle von Entführung, Folter, Vergewaltigung, Erpressung und den Einsatz von Kindersoldaten verantwortlich (USDOS 13.4.2016).

Die Behörden verstoßen auch weiterhin gegen die Privatsphäre der Bürger. In manchen Bundesstaaten schränkt das Gesetz die religiöse Konversion ein und es gibt Berichte von Verhaftungen, aber keine Verurteilungen nach diesem Gesetz. Manche Einschränkungen in Bezug auf die Bewegungsfreiheit dauern an (USDOS 13.4.2016).

Im Oktober 1993 wurde die Nationale Menschenrechtskommission (National Human Rights Commission - NHRC) gegründet. Ihre Satzung beinhaltet den Schutz des Menschenrechtgesetzes aus dem Jahre 1993. Die Kommission verkörpert das Anliegen Indiens für den Schutz der Menschenrechte. Sie ist unabhängig und wurde durch ein Umsetzungsgesetz des Parlaments gegründet. Die NHRC hat die Befugnis eines Zivilgerichtes (NHRC o.D.). Die NHRC empfiehlt, dass das Kriminalermittlungsbüro alle Morde, in denen die angeblichen Verdächtigen während ihrer Anklage, Verhaftung, oder bei ihrem Fluchtversuch getötet wurden, untersucht. Viele Bundesstaaten sind diesem unverbindlichen Rat nicht gefolgt und führten interne Revisionen im Ermessen der Vorgesetzten durch. Die NHRC Richtlinien weisen die Bundesstaatenregierungen an, alle Fälle von Tod durch Polizeihandlung binnen 48 Stunden an die NHRC zu melden, jedoch hielten sich viele Bundesstaatenregierungen nicht an diese Richtlinien. Die NHRC forderte von den Bundesstaatenregierung, den Familien von Opfern eine finanzielle Kompensation zu bieten, aber die Bundesstaatenregierungen erfüllten diese Richtlinien nicht konsequent. Die Behörden haben die Streitkräfte nicht dazu aufgefordert, Todesfälle während der Haft an die NHRC zu melden (USDOS 13.4.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

-

BICC - Bonn International Centre for Conversion (6.2016):

Informationsdienst - Sicherheit, Rüstung und Entwicklung in Empfängerländern deutscher Rüstungsexporte: Länderinformation Indien,

http://ruestungsexport.info/uploads/pdf/countries/201607/indien.pdf, Zugriff 13.12.2016

-

NHRC - The National Human Rights Commission India (o. D.): The National Human Rights Commission India, http://www.nhrc.nic.in/Documents/Publications/NHRCindia.pdf, Zugriff 5.1.2017

-

ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2016):

Asylländerbericht Indien

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - India, http://www.ecoi.net/local_link/322482/461959_de.html, Zugriff 13.12.2016

Relevante Bevölkerungsgruppen

Die Verfassung verbietet Diskriminierung auf Basis von Rasse, Geschlecht, Invalidität, Sprache, Geburtsort, Kaste oder sozialen Status. Die Regierung arbeitet mit unterschiedlichem Erfolg an der Durchsetzung dieser Bestimmungen (USDOS 13.4.2016). Frauen, Mitglieder ethnischer und religiöser Minderheiten sowie niedriger Kasten werden systematisch diskriminiert (BICC 6.2016).

Quellen:

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - India, http://www.ecoi.net/local_link/322482/461959_de.html, Zugriff 23.12.2016

-

BICC - Bonn International Centre for Conversion (6.2016):

Informationsdienst - Sicherheit, Rüstung und Entwicklung in Empfängerländern deutscher Rüstungsexporte: Länderinformation Indien,

http://ruestungsexport.info/uploads/pdf/countries/201607/indien.pdf, Zugriff 7.12.2016

Bewegungsfreiheit

Das Gesetz gewährt landesweite Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Migration und Repatriierung und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen (USDOS 13.4.2016). Das staatliche Gewaltmonopol wird gebietsweise von den Aktivitäten der "Naxaliten" in Frage gestellt. Abgesehen davon ist Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes gewährleistet (AA 16.8.2016).

Die Regierung lockerte Einschränkungen in Bezug auf Reisen nach Arunachal Pradesh, Nagaland, Mizoram, Manipur und Teilen von Jammu und Kaschmir, außer für Ausländer aus Pakistan, China und Burma. Das Innenministerium und die Bundesstaatenregierungen verlangen vor Reiseantritt von den Bürgern spezielle Genehmigungen einzuholen, um in bestimmte gesperrte Regionen bzw. Sperrzonen zu reisen. Die Sicherheitskräfte untersuchen Wagen und deren Inhaber bei Checkpoints im Kaschmirtal, vor öffentlichen Veranstaltungen in Neu Delhi oder nach großen terroristischen Angriffen (USDOS 13.4.2016).

Die Regierung darf die legale Ausstellung eines Passes, an einen Anwärter, von dem geglaubt wird, dass er in Aktivitäten außerhalb des Landes verwickelt ist, die "schädlich für die Souveränität und Integrität der Nation" sind, verweigern Bürger von Jammu und Kaschmir sind auch weiterhin mit massiven Verzögerungen bei der Ausstellung eines Passes konfrontiert, oft dauert es bis zu zwei Jahre, bis ihnen das Außenministerium einen Pass ausstellt oder erneuert. Die Regierung setzt Antragsteller - geboren in Jammu und Kaschmir -, darunter auch Kinder von Militäroffizieren Berichten zufolge zusätzlichen Kontrollen aus, bevor sie einen Pass erhalten (USDOS 16.8.2016).

Mit dem geplanten Datenverbundsystem für die zentralen Sicherheitsbehörden und die Unionsstaaten, Crime and Criminal Tracking Network System (CCTNS), soll künftig ein Informationsaustausch auf allen Ebenen gewährleistet sein. Für 2012 war eine Anbindung von 15.000 Polizeistationen und 6.000 übergeordneten Stellen vorgesehen. Die Umsetzung des ambitionierten Vorhabens liegt jedoch weit hinter dem ursprünglichen Zeitplan (AA 3.3.2014).

Indien ist das siebtgrößte Land der Erde mit über einer Milliarde Einwohnern (ÖB 12.2016). Es ist davon auszugehen, dass Betroffene sich durch Flucht in einen anderen Landesteil jeglicher Art der privaten/halbstaatlichen Probleme entziehen können, da nicht davon auszugehen ist, dass über das Dorf hinaus Anwohner oder lokale Behörden Hinweise erhalten oder recherchieren können oder sich überhaupt dafür interessieren, was ein Zugezogener in der Vergangenheit gemacht haben könnte. Es fehlen jegliche zentrale Aktenführung oder Informationsaustausch. Es bedarf lediglich eines sehr einfachen, öffentlichen Namensänderungsverfahrens, um seine Identität zu verschleiern (AA 3.3.2014).

Es gibt kein staatliches Melde- oder Registrierungssystem, so dass ein Großteil der Bevölkerung keinen Ausweis besitzt. Dies begünstigt die Niederlassung in einem anderen Landesteil im Falle von Verfolgung. Auch bei laufender strafrechtlicher Verfolgung ist nicht selten ein unbehelligtes Leben in ländlichen Bezirken eines anderen Landesteils möglich, ohne dass die Person ihre Identität verbergen muss (AA 16.8.2016). Ob der Betreffende nach der Umsiedlung dort die Möglichkeit hat, sich ein wirtschaftliches Auskommen zu verschaffen, hängt ausschließlich von seiner Eigeninitiative ab (AA 3.3.2014).

In den großen Städten ist die Polizei jedoch personell und materiell besser ausgestattet, so dass die Möglichkeit, aufgespürt zu werden, dort größer ist. Bekannte Persönlichkeiten ("high profile" persons) können nicht durch einen Umzug in einen anderen Landesteil der Verfolgung entgehen, wohl aber weniger bekannte Personen ("low profile" people) (ÖB 12.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (3.3.2014): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

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ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2016):

Asylländerbericht Indien

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USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Pracitces 2015 - India, http://www.ecoi.net/local_link/322482/461959_de.html, Zugriff 28.12.2016

Meldewesen

Es gibt kein Meldewesen in Indien (AA 16.8.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

Grundversorgung/Wirtschaft

Indiens Wirtschaft hat sich zuletzt erholt und an Dynamik gewonnen. Indien zählt nach wie vor zu den am stärksten expandierenden Volkswirtschaften der Welt. Das Wirtschaftswachstum lag im Haushaltsjahr 2015/2016 bei 7,6% (AA 9.2016).

Das Land hat eine aufstrebende urbane Mittelschicht. Die große Zahl an Facharbeitskräften macht es zu einem beliebten Ziel für internationale Firmen, die versuchen ihre Arbeit auszulagern. Der Großteil der ländlichen Bevölkerung ist weiterhin arm, da deren Leben auch weiterhin durch das altertümliche Hindukastensystem beeinflusst wird, welches jeder Person einen Platz in der sozialen Hierarchie zuweist (BBC 27.9.2016)

Das hohe Wachstum der Jahre bis 2011 hat die regionalen Entwicklungsunterschiede auf dem Subkontinent und das zunehmende Einkommensgefälle zwischen der expandierenden städtischen Mittelschicht und der überwiegend armen Bevölkerung auf dem Lande, wo noch knapp 70% aller Inder leben, schärfer hervortreten lassen. Ende September 2014 verkündete Premierminister Modi die "Make in India" Kampagne und rief ausländische Investoren dazu auf, in Indien bei verbesserten Investitionsbedingungen zu produzieren. Zur Ankurbelung der weiteren Industrialisierung werden groß angelegte Infrastrukturprojekte verfolgt. Auch im Bereich Schiene, den Häfen und im Luftverkehr sind erhebliche Investitionen nötig und geplant. Wachstum und Wohlstand verdankt Indien vor allem dem Dienstleistungssektor mit einem Anteil von über 53% am BIP. Hiervon profitiert aber bei einem Beschäftigungsanteil von etwa 30% nur ein kleiner Teil der Bevölkerung. Zur Überwindung der Massenarmut sollen neue Arbeitsplätze geschaffen werden, vor allem auch für nicht oder gering qualifizierte Kräfte (AA 9.2016).

Indien hat eine Erwerbsbevölkerung von 404,5 Millionen, von welchen 43 Millionen im formellen Sektor und 361 Millionen im informellen Sektor arbeiten, wo sie weder gegen Krankheit oder Arbeitsunfälle abgesichert sind, noch Anspruch auf soziale Leistungen oder Altersversorgung haben (AA 9.2016). Der Hauptteil der Menschen, die im informellen Sektor arbeiten, sind im privaten Sektor tätig (BAMF 12.2015). Die überwiegende Mehrheit der indischen Bevölkerung lebt in ländlich-bäuerlichen Strukturen und bleibt wirtschaftlich benachteiligt. Der Anteil der Landwirtschaft an der indischen Wirtschaftsleistung sinkt seit Jahren kontinuierlich und beträgt nur noch etwa 17,4% (2015/16) der Gesamtwirtschaft, obgleich rund 50% der indischen Arbeitskräfte in diesem Bereich tätig sind (AA 9.2016).

Die Regierung hat überall im Land mehr als 900 Arbeitsagenturen (Employment Exchanges) eingeführt um die Einstellung geeigneter Kandidaten zu erleichtern. Arbeitssuchende registrieren sich selbständig bei den Arbeitsagenturen und werden informiert sobald eine geeignete Stelle im Regierungssekte frei ist. Das MGNREGA Gesetz (Mahatma Gandhi National Rural Employment Guarantee Act) ist ein Arbeitsgarantieprogramm. Erwachsenen eines ländlichen Haushalts, welche gewillt sind Handwerksarbeit zum Mindestlohn zu verrichten, wird hierdurch eine gesetzliche Jobgarantie für 100 Tage im Jahr gewährt. Das Kommissariat oder Direktorat der Industrie (The Commissionerates or Directorates of Industries) bieten Hilfe bei der Geschäftsgründung in den verschiedenen Staaten. Einige Regierungen bieten Arbeitslosenhilfe für Personen, die bereits mehr als drei Jahre bei der Stellenbörse registriert sind (BAMF 12.2015)

Indien steht vor gewaltigen Herausforderungen bei der Armutsbekämpfung und in der Bildungs- und Infrastrukturentwicklung. Das durchschnittliche jährliche Pro-Kopf-Einkommen liegt bei 1.313 Euro. Etwa 30% der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze von 1 USD pro Kopf und Tag. Rund 70% haben weniger als 2 USD pro Tag zur Verfügung. Auf dem Human Development Index des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (United Nations Development Programme - UNDP) steht Indien auf Platz 135 unter 187 erfassten Staaten. Während es weltweit die meisten Millionäre und Milliardäre beheimatet, liegt Indien bei vielen Sozialindikatoren deutlich unter den Durchschnittswerten von Subsahara-Afrika. Gleichzeitig konnten in den letzten beiden Jahrzehnten hunderte Millionen Menschen in Indien der Armut entkommen (AA 9.2016).

In Indien haben derzeit von 400 Millionen Arbeitskräften nur etwa 35 Millionen Zugang zum offiziellen Sozialen Sicherungssystem in Form einer Altersrentenabsicherung. Dies schließt Arbeiter des privaten Sektors, Beamte, Militärpersonal und Arbeitnehmer von Unternehmen des staatlich öffentlichen Sektors ein (BAMF 8.2014). Die Regierung betreibt eine Vielzahl von Programmen zur Finanzierung von Wohnungen. Diese richten sich jedoch zu meist an Personen unterhalb der Armutsgrenze. Weiters bieten die Regierungen eine Vielzahl an Sozialhilfen an welche sich jedoch an unterprivilegierte Gruppen, wie die Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze richten. Diese Programme werden grundsätzlich durch die lokalen Verwaltungen umgesetzt (Panchayat) (BAMF 12.2015).

Die Arbeitnehmerrentenversicherung ist verpflichtend und mit der Arbeit verknüpft. Das staatliche Sozialversicherungsprogramm (National Social Assistance Programme) erfasst nur die Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze oder physisch Benachteiligte. Das staatliche Rentensystem National Pension System (NPS) ist ein freiwilliges, beitragsbasiertes System, welches es den Teilnehmer ermöglicht systematische Rücklagen während ihres Arbeitslebens anzulegen (BAMF 12.2015).

Etwa ein Viertel der Bevölkerung lebt unter dem Existenzminimum. Sofern es nicht zu außergewöhnlichen Naturkatastrophen kommt, ist jedoch eine für das Überleben ausreichende Nahrungsversorgung auch den schwächsten Teilen der Bevölkerung grundsätzlich sichergestellt. Es gibt keine staatlichen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer, Sozialhilfe oder ein anderes soziales Netz. Rückkehrer sind auf die Unterstützung der Familie oder Freunde angewiesen. Vorübergehende Notlagen können durch Armenspeisungen im Tempel, insbesondere der Sikh-Tempel, die auch gegen kleinere Dienstleistungen Unterkunft gewähren, ausgeglichen werden (AA 16.8.2016).

Als Teil einer Armutsbekämpfungsinitiative wurde seit 2010 Millionen indischer Bürger eine Aadhaar ID Nummer ausgestellt. Obwohl diese nicht verpflichtend ist, gaben Beamte an, dass der Nichtbesitz den Zugang zur Staatshilfe limitieren werden könnte (FH 3.10.2013). Die unverwechselbare Identitätsnummer ermöglicht es beispielsweise, dass staatliche Zuschüsse direkt an den Verbraucher übermittelt werden. Anstatt diese auf ein Bankkonto zu senden, wird sie an die unverwechselbare Identitätsnummer überwiesen, die mit der Bank verbunden ist und geht so an das entsprechende Bankkonto. 750 Millionen Inder haben derzeit eine derartige Identitätsnummer, ca. 130 Millionen haben diese auch mit ihrem Bankkonto verknüpft (International Business Times, 2.2.2015).

Die Identifizierungsbehörde Indiens wurde eingerichtet, um die rechtliche und technische Infrastruktur zu schaffen, die notwendig ist, um allen indischen Einwohnern eine 12-stellige Identitätsnummer (UID) auszustellen, die online überprüft werden können. Dieses Projekt soll gefälschte und doppelte Identitäten ausschließen. Das neue Identitätssystem wird mit Fotos, demographischen und biometrischen Details (Fingerabdrücke und IrisBild) verbunden. Der Erwerb einer UID ist freiwillig und kostenlos. Es gibt keine rechtliche Verpflichtung, sich registrieren zu lassen (UK Home Office 2.2015).

Da die im Rahmen des UID bzw. Aadhaar Projektes gesammelten Daten nicht in das nationale Bevölkerungsregister (NPR) integriert werden, stellt dieses jedoch nur eine bloße Auflistung von Namen und demographischen Details dar. Bisher wurden 1,04 Milliarden Aadhaar Nummern generiert, mit dem Plan der vollständigen Erfassung der Bevölkerung bis März 2017. Die zuständige Behörde für die einheitliche Identifikationsnummer weigert sich, die gesammelten Daten an das für das Bevölkerungsregister zuständige Innenministerium weiterzuleiten, da sie aufgrund des im Juli 2016 verabschiedeten Gesetzes von einem Datenaustausch ausgeschlossen ist (HT 8.8.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

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AA - Auswärtiges Amt (9.2016): Indien, Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_8E633C2F61937CFE7189E5065CD31B93/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Indien/Wirtschaft_node.html, Zugriff 23.12.2016

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BBC - British Broadcasting Corporation (27.9.2016) India profile - Overview, http://www.bbc.co.uk/news/world-south-asia-12557384, Zugriff 28.12.2016

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (8.2014):

Länderinformationsblatt Indien, http://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/Informationsblaetter/cfs_indien-dl_de.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 29.12.2016

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (12.2015):

Länderinformationsblatt Republik Indien, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/772099/18364589/Indien_-_Country_Fact_Sheet_2015%2C_deutsch.pdf?nodeid=17927013&vernum=-2, Zugriff 29.12.2016

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FH - Freedom House (3.10.2013): Freedom on the Net 2013 - India, http://www.ecoi.net/file_upload/3714_1380802722_fotn-2013-india.pdf, Zugriff 9.1.2017

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HT - Hindustan Times (8.8.2016): National Population Register project now a Rs 4,800-crore sinkhole, http://www.hindustantimes.com/india-news/national-population-register-project-now-a-rs-4-800-crore-sinkhole/story-xwmSEA3NwijJFoOpxYe3dN.html, Zugriff 9.1.2017

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International Business Times (2.2.2015): One Billion Indians To Have UID Numbers By Year-End As India Seeks To Boost Social Security,

http://www.ibtimes.com/one-billion-indians-have-uid-numbers-year-end-india-seeks-boost-social-security-1802126, Zugriff 9.1.2017

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UK Home Office (2.2015): Country Information and Guidance India:

Background information, including actors of protection, and internal relocation,

https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/402790/cig_india_background_2015_02_04_v2_0.pdf, Zugriff 29.12.2016

Rückkehr

Allein die Tatsache, dass eine Person in Deutschland einen Asylantrag gestellt hat, führt nicht zu nachteiligen Konsequenzen nach der Abschiebung. In den letzten Jahren hatten indische Asylbewerber, die in ihr Heimatland abgeschoben wurden, grundsätzlich - abgesehen von einer intensiven Prüfung der (Ersatz-) Reisedokumente und einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden - keine Probleme. Polizeilich gesuchte Personen müssen allerdings bei Einreise mit Verhaftung und Übergabe an die Sicherheitsbehörden rechnen (AA 16.8.2016). Die indische Regierung hat kein Reintegrationsprogramm und bietet auch sonst keine finanzielle oder administrative Unterstützung für Rückkehrer (BAMF 12.2015).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (12.2015):

Länderinformationsblatt Republik Indien, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/772099/18364589/Indien_-_Country_Fact_Sheet_2015%2C_deutsch.pdf?nodeid=17927013&vernum=-2, Zugriff 29.12.2016

2. Beweiswürdigung:

2.1. Mangels Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokumentes steht die Identität des Beschwerdeführers nicht fest. Seine Staatsangehörigkeit und seine Herkunft erscheinen auf Grund seiner Sprach- und Ortskenntnisse glaubhaft.

Die Feststellungen über die Lebenssituation des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat sowie die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer in Österreich keine Verwandten oder Familienangehörigen bzw. Freunde oder Bekannten hat, keinem Erwerb nachgeht, nicht Mitglied in Vereinen oder sonstigen Organisationen ist, keinen Deutschkurs oder sonstige Kurse besucht, kein Deutsch spricht und gesund ist, ergibt sich aus seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 07.09.2018.

Dass der Beschwerdeführer keine Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch nimmt und strafgerichtlich unbescholten ist, ergibt sich aus der Einsichtnahme ins Grundversorgungssystem und ins österreichische Strafregister.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen ist nicht glaubwürdig, da es widersprüchlich, logisch nicht nachvollziehbar und sehr vage war.

So gab der Beschwerdeführer in seiner Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes zum Fluchtgrund an, dass die indische Polizei eine falsche Anzeige gegen ihn erstattet und ihn beschuldigt habe, Schlägereien zur verursachen und Brandstiftung zu betreiben. Aus diesem Grund würde sie ihn verhaften wollen. In seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl steigerte der Beschwerdeführer sein Fluchtvorbringen und gab an, dass er nicht nur Angst vor der Polizei, sondern auch noch vor dem Guru Baba Ram Rahim und seinen Mitgliedern habe. So seien diese "eines Tages" zu ihnen nachhause gekommen und hätten begonnen, sowohl ihm als auch seiner Familie zu drohen, weil sie ihre Mitgliedschaft hätten beenden wollen. Da sie große Angst gehabt hätten, hätten sie ihr Haus verlassen und seien in eine andere Stadt übersiedelt. Warum der Beschwerdeführer in der Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes seine weiteren Verfolger mit keinem Wort erwähnte, lässt sich logisch nicht erklären. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht erwähnte der Beschwerdeführer eine Verfolgung seitens der indischen Polizei dann aber mit keinem Wort mehr, sondern brachte dort lediglich eine Bedrohung/Verfolgung seitens des Gurus Baba Ram Rahim bzw. seiner Mitglieder vor. Zudem steigerte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sein bisher getätigtes Vorbringen, wonach Mitglieder des Gurus einmal zu ihnen nach Hause gekommen seien und ihn und seine Familie bedroht hätten, indem er nun anführte, dass vor seiner Ausreise zwei, drei Mal in der Nacht Anhänger des Gurus gekommen seien und sie bedroht hätten. Auf konkrete Nachfrage der erkennenden Richterin in der Verhandlung, wann die Anhänger des Gurus zum Beschwerdeführer nachhause gekommen seien, gab er an, dass sie sowohl vor als auch nach August 2017 zwei Mal gekommen seien und es somit insgesamt vier Bedrohungssituationen gegeben habe. Im weiteren Verlauf der Verhandlung gab der Beschwerdeführer schlussendlich an, dass Mitglieder des Gurus "zwei oder drei Mal vor dem August 2017 sowie zwei oder drei Mal nach August 2017" zu ihnen gekommen seien. Da der Beschwerdeführer offensichtlich nicht in der Lage war, gleichlautende Angaben zur Anzahl der gegen ihn bzw. seiner Familie gerichteten Bedrohungssituationen zu tätigen, war die Glaubwürdigkeit des Vorbringens schon aus diesem Grund stark anzuzweifeln.

Weiters ist anzumerken, dass auch die Chronologie der Angaben des Beschwerdeführers nicht stimmen kann und er sich auch in diesem Zusammenhang in groben Widersprüchen verstrickte. So gab der Beschwerdeführer im Rahmen der Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht an, ab August 2017 mit seinen Eltern bei einem Freund seines Vaters in Delhi gewohnt zu haben und behauptete er für diesen Zeitraum keine Verfolgungshandlungen. Sogar konkret durch die erkennende Richterin danach gefragt, ob er in Delhi Probleme mit Baba Ram Rahim und seinen Anhängern gehabt habe, gab er unmissverständlich zu Protokoll, dass sie dort keine Probleme mit ihnen gehabt hätten, der Freund seines Vaters sie jedoch aus Angst nicht mehr habe beherbergen wollen. Wieso der Beschwerdeführer aber zu einem anderen Zeitpunkt in der Beschwerdeverhandlung angab, dass es auch Vorfälle bzw. Bedrohungssituationen durch Mitglieder des Gurus nach August 2017 gegeben habe, lässt sich logisch nicht nachvollziehen und steht mit dem oben Genannten auch in Widerspruch.

Nicht nur grob widersprüchlich, sondern auch sehr vage und oberflächlich gestalteten sich die Angaben des Beschwerdeführers hinsichtlich der von ihm behaupteten Bedrohungssituationen. In seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremde gab der Beschwerdeführer nur wenig konkret an, dass die Gegner beim Elternhaus des Beschwerdeführers angeklopft hätten, sie jedoch nicht aufgemacht hätten, da sie sich gefürchtet hätten. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht aufgefordert, den Vorfall, als die Gegner zu ihnen nachhause gekommen seien, näher zu schildern, beschränkten sich die diesbezüglichen Schilderungen des Beschwerdeführers auf: "Sie haben an die Tür geklopft und gesagt, dass sie von Babaji Dera (= Guru Baba Ram Rahim) gekommen sind. Wir haben die Tür nicht geöffnet, da wird diese Dera bereits verlassen haben und wollten mit denen nichts zu tun haben.", und blieb der Beschwerdeführer jegliche bzw. konkrete und nachvollziehbare Details schuldig. Zu einem späteren Zeitpunkt in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht erneut aufgefordert, die Bedrohungssituation zu schildern, wiederholte der Beschwerdeführer das bisher Gesagte und führte an, dass die Gegner an ihrer Tür geklopft und sie zu Baba Rahim hätten bringen wollen, damit dieser "über ihr Schicksal" entscheide. Eine konkrete und detaillierte Antwort blieb der Beschwerdeführer somit abermals schuldig.

Weiters war der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht in der Lage, die Gründe der von ihm behaupteten Verfolgung seiner Person durch Baba Ram Rahim und seine Mitglieder nachvollziehbar darzulegen. Aus den Angaben des Beschwerdeführers lassen sich insbesondere keine in seiner Person gelegenen Gründe erkennen, warum seine Verfolger im gesamten Staatsgebiet Indiens nach ihm suchen sollten. So vermochte es auch die Aussage des Beschwerdeführers, wonach der Guru im August 2017 verurteilt worden sei, alle Beweise habe vernichten wollen und seine Leute zu seinen Gegnern geschickt habe, nicht zu erklären, inwieweit der Beschwerdeführer selbst über solche Beweise verfügt haben will. Vielmehr führte der Beschwerdeführer an, freiwilliger Helfer gewesen zu sein und nur in der Küche ausgeholfen zu haben. Auch ausdrücklich in der Beschwerdeverhandlung danach gefragt, welche Konsequenzen es gehabt habe, dass der Beschwerdeführer zu einem Gegner des Gurus geworden sei, gab er lediglich an, dass sie aufgehört hätten, zum Anwesen des Gurus zu fahren, da sie Angst gehabt hätten, in seine kriminellen Machenschaften verwickelt zu werden. Nochmals konkret durch die erkennende Richterin danach gefragt, was für Beweise er oder seine Familie gegen den Guru gehabt hätten, gab er wieder nur sehr allgemein an, dass der Guru genau gewusst habe, dass diejenigen, die nicht mehr kommen würden, "wahrscheinlich" seine Gegner geworden seien.

Das erkennende Gericht geht folglich angesichts des widersprüchlichen, vagen und logisch nicht nachvollziehbaren Vorbringens des Beschwerdeführers in zentralen Punkten unter Einbeziehung des in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vom Beschwerdeführer gewonnenen persönlichen Eindrucks von der Unglaubwürdigkeit der Angaben des Beschwerdeführers zum Fluchtgrund und davon aus, dass die angeblichen (fluchtauslösenden) Ereignisse in der vom Beschwerdeführer geschilderten Form in Wahrheit nicht stattgefunden haben und die behauptete Bedrohung für den Beschwerdeführer in Indien tatsächlich nicht besteht.

Schließlich gab der Beschwerdeführer - wie bereits oben ausgeführt - an, die letzten Monate vor seiner Ausreise in Delhi gewohnt zu haben und führte in diesem Zusammenhang auch keine Verfolgungshandlungen an. Somit würde sich selbst bei Wahrunterst

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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