Entscheidungsdatum
01.02.2019Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
W191 1425700-2/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Rosenauer als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Indien, vertreten durch Rechtsanwältin Mag. Eva VELIBEYOGLU, Österreichische Flüchtlings- und MigrantInnenhilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.05.2018, Zahl 820139702-171305133, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 46a Fremdenpolizeigesetz 2005 als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
1. Verfahrensgang:
1.1. Vorverfahren:
1.1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein indischer Staatsangehöriger, reiste im Jahr 2012 irregulär und schlepperunterstützt in das Bundesgebiet ein und stellte am 29.01.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG).
1.1.2. Nachdem der BF am 31.01.2012 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und am 06.02.2012 sowie 14.03.2012 vor dem Bundesasylamt (in der Folge BAA) einvernommen worden war, wies das BAA den Antrag des BF mit Bescheid vom 16.03.2012, FZ. 12 01.397-BAT, gemäß §§ 3 und 8 AsylG als unbegründet ab und verband diese Entscheidung gemäß § 10 AsylG mit einer Ausweisung des BF nach Indien.
1.1.3. Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde wies der Asylgerichtshof (in der Folge AsylGH) mit Erkenntnis vom 13.02.2013, C12 425.700-1/2012/4E, gemäß §§ 3, 8 und 10 AsylG als unbegründet ab.
1.1.4. Zum Gegenstand "Klärung der Heimreisezertifikats- bzw. Ausreisemodalitäten" wurde der BF am 01.08.2013 vor dem BAA im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Punjabi einvernommen, wo er angab, keinen Reisepass zu haben. Der BF wurde im Zuge der Einvernahme darauf hingewiesen, dass er sich selbständig um ein Dokument hätte bemühen müssen. Ihm wurden Formulare für die Ausstellung eines Heimreisezertifikats vorgelegt, die er auszufüllen habe, und ihm darüber hinaus aufgetragen, bei seiner Botschaft einen schriftlichen Nachweis über die Einreichung eines Reisepasses binnen 14 Tagen vorzulegen. Zu seinen persönlichen Verhältnissen gab der BF an, dass seine Familie in Indien lebe und er in Österreich keine Familienangehörigen habe. Er arbeite als Zeitungszusteller und verdiene ca. 250€ monatlich.
1.1.5. Mit Schreiben vom 20.08.2013 ersuchte das Fremdenpolizeiliche Büro das Bundesministerium für Inneres (BMI) um weitere Veranlassung bezüglich Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF.
1.1.6. Am 05.05.2014 wurde der BF bei einer polizeilichen Kontrolle ohne gültigen Aufenthaltstitel betreten und beim Fremdenpolizeilichen Büro angezeigt.
1.1.7. Zum Gegenstand "Durchsetzbare Ausweisung - Ausreiseverpflichtung - Ausfüllen der erforderlichen Formblätter zur Beschaffung eines Heimreisezertifikates" wurde der BF am 05.11.2014 vor dem nunmehr zuständigen Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Punjabi einvernommen. Er gab an, dass er in seiner Botschaft gewesen sei, aber kein Dokument bekommen habe. Die Indische Botschaft habe ihn aufgefordert, einen Beweis vorzulegen, dass er indischer Staatsbürger sei, aber er habe keine Dokumente, die er vorlegen könne. Eine Bestätigung dafür könne er nicht erbringen, weil ihm die Botschaft ohne Ausweis keine Bestätigung ausstelle. Er sei bereit, dieses Land freiwillig zu verlassen, sobald er ein Dokument dazu habe. Zu seinen persönlichen Verhältnissen gab er an, dass er ledig sei und keine Sorgepflichten habe. In Österreich habe er keine Familienangehörigen, seine Angehörigen würden in Indien leben. Er gehe am Wochenende Zeitungsständer aufstellen und verdiene dabei ca. 200€.
1.2. Gegenständliches Verfahren:
1.2.1. Mit Antrag vom 05.11.2014 ersuchte der BF um Ausstellung einer Duldungskarte, da er keine sonstigen Dokumente habe.
1.2.2. Am 08.01.2015 und 09.01.2017 wurde der BF bei einer polizeilichen Kontrolle ohne gültigen Aufenthaltstitel betreten und beim Fremdenpolizeilichen Büro angezeigt.
1.2.3. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 08.03.2017 wurde dem BF von der Behörde mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte abzulehnen, und wurde ihm die Möglichkeit zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eingeräumt.
Im Rahmen einer Stellungnahme seines Vertreters vom 27.03.2017 wurde ausgeführt, dass der BF stets gleichbleibende Angaben zu seiner Identität gemacht habe und immer kooperativ gewesen sei. Aus dem Akt sei erwiesen, dass mit Schriftsatz vom 20.08.2013 ein Ersuchen um [weitere Veranlassung bezüglich] Ausstellung eines Heimreisezertifikats an das BMI ergangen sei. Es seien dem Schreiben alle für die Erlangung eines Heimreisezertifikats erforderlichen Unterlagen beigelegt worden und habe der BF wahrheitsgemäße Angaben getätigt und in jeder Weise mitgewirkt. Auch habe der BF auf Anordnung der Behörde mehrmals mit der Indischen Botschaft Kontakt aufgenommen. Die Hindernisse zur Erlangung eines Heimreisezertifikats würden daher nicht in seinem Einflussbereich liegen. Da der BF kein Reisedokument besitze und auf unabsehbare Zeit keines erlangen könne, sowie offensichtlich sei, dass die Vertretungsbehörde auch kein Ersatzdokument ausgestellt habe, sei der BF nach den gesetzlichen Bestimmungen ein Geduldeter.
1.2.4. Am 21.11.2017 wurde der BF vor dem BFA zu seinem Antrag auf Erteilung einer Duldung niederschriftlich einvernommen. Der BF gab an, keinen Reisepass oder sonstigen Identitätsnachweis zu haben. Er sei zwei- bis dreimal bei seiner Botschaft gewesen und habe dort ein Formular ausgefüllt. Da er aber nicht im Besitz von Dokumenten sei, sei ihm gesagt worden, sie könnten ihm nicht helfen. Er habe diesbezüglich keine Bestätigung von der Botschaft, sie hätten nur eine Telefonnummer von ihm. Zu seinen persönlichen Verhältnissen gab er an, dass er ledig sei und keine Kinder habe. Seine Familie lebe in Indien, in Österreich habe er keine Angehörigen. Er arbeite als Zeitungszusteller und verdiene ca. 500€ im Monat.
Aus dem Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass der BF im Zuge seines Heimreisezertifikatsverfahrens seinen indischen Führerschein vorlegte.
1.2.5. Mit Verfahrensanordnung vom 18.04.2018 wurde dem BF abermals aufgetragen, ein Identitätsdokument vorzulegen.
Mit Schreiben vom 01.05.2018 führte der Vertreter des BF aus, dass der BF nochmals eigenständig mit der Indischen Botschaft Kontakt aufgenommen habe. Die Hinderungsgründe betreffend die Ausstellung eines Identitätsdokuments würden nicht in seinem Einflussbereich liegen.
1.2.6. Mit Bescheid vom 08.05.2018 wies das BFA den Antrag des BF auf Ausstellung einer Karte für Geduldete gemäß § 46a Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 1 Z 3 FPG ab. In der Bescheidbegründung führte das BFA aus, dass es für den BF ohne weiteres möglich sei, bei der indischen Botschaft in Wien Identitätsdokumente zu erlangen. Er sei nach der Aktenlage im Besitz eines indischen Führerscheins und könne so seine Identität bei der Botschaft jederzeit nachweisen, um die Ausstellung eines indischen Reisepasses zu erlangen. Die Voraussetzungen einer Duldung würden in seinem Fall nicht vorliegen.
1.2.7. Gegen diesen Bescheid erhob der BF fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) und wiederholte im Wesentlichen sein Vorbringen aus der Stellungnahme. Wenn die österreichische Behörde kein Heimreisezertifikat zeitnah erlangen könnte, sei es nicht logisch anzunehmen, dass der BF aus eigenen persönlichen Anstrengungen eher ein Reisedokument erlangen könnte. Der tatsächliche vom Fremden nicht zu vertretende Grund liege in der Sphäre der Behörde und allenfalls in der mangelnden Reaktion der Vertretungsbehörde des Heimatlandes.
2. Beweisaufnahme:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:
* Einsicht in die dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakten samt Vorakten des Bundesamtes und des AsylGH, beinhaltend insbesondere das Erkenntnis des AsylGH vom 13.02.2013, mit dem der Asylantrag des BF abgewiesen worden war, sowie die Niederschriften der Einvernahmen des BF vor dem Bundesamt, die polizeilichen Anzeigen über den unrechtmäßigen Aufenthalt des BF, den gegenständlichen Antrag vom 05.11.2014, die vom BF vorgelegten Belege und Stellungnahmen sowie die Beschwerde vom vom 11.06.2018
3. Ermittlungsergebnis (Sachverhaltsfeststellungen):
Die nachfolgenden Feststellungen gründen sich auf die unter Punkt 2. erwähnten Beweismittel.
Der BF, ein indischer Staatsangehöriger, reiste im Jahr 2012 nach Österreich ein und stellte am 29.01.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid vom 16.03.2012, FZ. 12 01.397-BAT, wies das BAA den Asylantrag des BFA gemäß §§ 3 und 8 AsylG als unbegründet ab und verband diese Entscheidung gemäß § 10 AsylG mit einer Ausweisung des BF nach Indien. Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde wies der AsylGH mit Erkenntnis vom 13.02.2013, C12 425.700-1/2012/4E, gemäß §§ 3, 8 und 10 AsylG als unbegründet ab.
Der BF kam seiner Ausreiseverpflichtung in der Folge nicht nach, sondern verblieb unrechtmäßig im Bundesgebiet.
Der BF stellte am 05.11.2014 einen Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte. Er legte trotz mehrfacher Aufforderung durch das BFA kein indisches Reisedokument vor und stellte auch nicht nachvollziehbar dar, dass er sich bei seiner Botschaft um die Ausstellung eines solchen Dokumentes bemüht hätte und die Behörde dessen Ausstellung verweigert hätte.
Der BF verfügt über einen indischen Führerschein.
4. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang ergibt sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten des Bundesamtes, des Asylgerichtshofes und des BVwG.
Der BF brachte zwar mehrmals vor, dass er sich erfolglos bei der Indischen Botschaft um die Ausstellung eines Reisepasses bemüht hätte, hat aber diesbezüglich keine Bestätigung vorgelegt, sodass es bei bloßen Behauptungen blieb. Die von ihm getroffenen Aussagen, wonach ihm die Botschaft kein Reisedokument ausstelle, da er nicht im Besitz von Dokumenten sei, erscheint angesichts seines im Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats vorgelegten indischen Führerscheins nicht glaubhaft.
5. Rechtliche Beurteilung:
5.1. Anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung, entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes - AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
5.2. Rechtlich folgt daraus:
5.2.1. Die gegenständliche Beschwerde wurde am 11.06.2018 beim BFA eingebracht und ist beim BVwG am 14.06.2018 eingegangen. Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des BVwG zuständigen Einzelrichter.
Zu Spruchteil A):
Das BVwG hat der Entscheidung die Sach- und Rechtslage zu unterstellen, die es zum Entscheidungszeitpunkt vorfindet (vgl. etwa VwGH 30.01.2007, 2006/18/0414; VwGH 11.12.2009, 2006/10/0146, oder VwGH 27.09.2005, 2002/01/0206), soweit nicht auf Grund von Übergangsbestimmungen ein Rückgriff auf die frühere Rechtslage angeordnet wird.
5.2.2. Abweisung des Antrages auf Ausstellung einer Karte für Geduldete:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 32/2018, lauten:
Gemäß § 46 Abs 2 FPG hat ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein Reisedokument verfügt und ohne ein solches seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen kann, - vorbehaltlich des Abs. 2a - bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen und gegenüber dieser Behörde sämtliche zu diesem Zweck erforderlichen Handlungen, insbesondere die Beantragung des Dokumentes, die wahrheitsgemäße Angabe seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft sowie die Abgabe allfälliger erkennungsdienstlicher Daten, zu setzen; es sei denn, dies wäre aus Gründen, die der Fremde nicht zu vertreten hat, nachweislich nicht möglich. Die Erfüllung dieser Verpflichtung hat der Fremde dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen. Satz 1 und 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt des Fremden gemäß § 46a geduldet ist.
Das Bundesamt ist gemäß § 46 Abs. 2a FPG jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1) auszustellen. Macht es davon Gebrauch, hat der Fremde an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen.
Gemäß § 46a Abs. 1 Z 3 FPG ist der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet zu dulden, solange deren Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint, es sei denn, es besteht nach einer Entscheidung gemäß § 61 weiterhin die Zuständigkeit eines anderen Staates oder dieser erkennt sie weiterhin oder neuerlich an. Die Ausreiseverpflichtung eines Fremden, dessen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß Satz 1 geduldet ist, bleibt unberührt.
Gemäß § 46a Abs. 3 FPG liegen vom Fremden zu vertretende Gründe (Abschiebungshindernisse) jedenfalls vor, wenn er
1. seine Identität verschleiert,
2. einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes nicht befolgt oder
3. an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt.
Gemäß § 46a Abs. 4 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 von Amts wegen oder auf Antrag eine Karte für Geduldete auszustellen.
Der BF stützt seinen Antrag im gegenständlichen Fall darauf, dass die Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenden Gründen im Sinne von § 46a Abs. 1 Z 3 FPG unmöglich erscheine.
Das mit 01.11.2017 in Kraft getretene Fremdenrechtsänderungsgesetz (FrÄG) 2017 und die darin enthaltenen Bestimmungen des § 46 FPG setzen es als Regelfall voraus, dass der Fremde seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig, also aus eigenem Antrieb und ohne begleitende Zwangsmaßnahme seitens des Bundesamtes bzw. - in dessen Auftrag - der Landespolizeidirektion (§ 5 BVA-VG), nachkommt. Dies folgt aus § 46 Abs. 1 FPG, wonach eine Abschiebung nur unter den darin genannten (alternativen) Voraussetzungen in Betracht kommt, sowie aus den Bestimmungen über die Ausreisefrist (§§ 55, 56) und den Durchsetzungsaufschub (§§ 70 Abs. 3 und 4, 71). Liegen nun im Einzelfall bestimmte faktische Ausreisehindernisse vor, wie sie insbesondere im Fehlen eines für die Ausreise erforderlichen Reisedokumentes bestehen können, so ist es auch Teil einer freiwilligen Erfüllung der Ausreiseverpflichtung, sich aus Eigenem um die Beseitigung dieser Ausreisehindernisse zu kümmern, im Falle eines nicht (mehr) vorhandenen Reisedokumentes also z.B. dessen Neuausstellung bei der zuständigen ausländischen (Vertretungs-) Behörde zu beantragen. Dies ergibt sich aus § 46 Abs. 2 FPG, wonach ein zur Ausreise verpflichteter Fremder grundsätzlich angehalten ist, das im Fehlen eines Reisedokumentes regelmäßig gelegene Ausreisehindernis im Rahmen seiner Möglichkeiten selbst zu beseitigen.
Die Pflicht des Fremden nach Abs. 2 umfasst unter anderem die Antragstellung auf Ausstellung eines Reisedokumentes bei der dafür zuständigen ausländischen Behörde (Botschaft oder Konsulat) sowie die Erstattung sämtlicher dazu erforderlicher Angaben, insbesondere die wahrheitsgemäße Angabe der Identität und die Bekanntgabe allfälliger sonstiger erkennungsdienstlicher Daten. Satz 2 dieser Bestimmung sieht vor, dass der Fremde die Erfüllung seiner Pflichten dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen hat. Die eigenständige Beschaffung eines Reisedokumentes und die Erstattung der dazu erforderlichen Angaben gemäß Abs. 2 erfolgt im Zusammenwirken zwischen dem Fremden und der zuständigen ausländischen Behörde (Botschaft oder Konsulat), also ohne direkte Einbeziehung des Bundesamtes. Das Bundesamt hat daher ein Interesse daran, über die diesbezüglichen Maßnahmen des Fremden und deren Erfolg unterrichtet zu sein, zumal die Nichterfüllung der Verpflichtung gemäß Abs. 2 nicht nur zur Verhängung von Zwangsstrafen nach dem VVG, einschließlich der Beugehaft, führen kann, sondern auch für die Prüfung der Zulässigkeit einer (späteren) Anordnung der Schubhaft zu berücksichtigen ist.
Der BF hat im gegenständlichen Verfahren zwar mehrfach angegeben, die Indische Botschaft erfolglos um die Ausstellung eines Reisepasses ersucht zu haben, hat seine Behauptung aber nicht weiter belegt. Es besteht sohin kein Nachweis darüber, dass er zwecks Ausstellung eines Reisedokumentes mit der indischen Botschaft in Wien überhaupt Kontakt aufgenommen hätte.
Wenn der BF angibt, dass ihm die Indische Botschaft mangels eines Identitätsdokuments kein Reisedokument ausstellen hätte wollen, so ist diesbezüglich insbesondere anzumerken, dass der BF im Heimreisezertifikatsverfahren eine Kopie seines indischen Führerscheins vorgelegt hat, sodass seine diesbezüglichen Aussagen nicht glaubhaft erscheinen. Des Weiteren hat der BF nicht dargelegt, weshalb es ihm etwa nicht möglich wäre, sich entsprechende erforderliche Dokumente und Unterlagen auf postalischem Wege schicken zu lassen, zumal er nach wie vor Angehörige in Indien hat.
Da der BF sohin im gegenständlichen Fall nicht seiner Pflicht nachgekommen ist, bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument zu beantragen und die Erfüllung dieser Pflicht dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen, war die Beschwerde spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.
5.2.5. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG. Aus dem Akteninhalt ist die Grundlage des bekämpften Bescheides unzweifelhaft nachvollziehbar. Mit der Beschwerde wurde nichts weiteres Entscheidungsrelevantes vorgebracht, zumal sich aus den Behauptungen des BF kein Tatsachenvorbringen findet, welches zu einem anderen Verfahrensausgang führen könnte. Dem BVwG liegt sohin kein Beschwerdevorbringen vor, das mit dem BF mündlich zu erörtern gewesen wäre.
Zu Spruchteil B):
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 in der geltenden Fassung, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH zu den Voraussetzungen für eine materielle Prüfung eines Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55 Abs. 1 AsylG (§ 58 AsylG) sowie zu Rückkehrentscheidungen ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung dazu; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind somit weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen, zumal im vorliegenden Fall vornehmlich die Klärung von Sachverhaltsfragen maßgeblich für die zu treffende Entscheidung war.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zum Teil zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich weitestgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Duldung, Mitwirkungspflicht, Nachweismangel, ReisedokumentEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W191.1425700.2.00Zuletzt aktualisiert am
12.03.2019