TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/4 W169 1227432-2

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Veröffentlicht am 04.02.2019
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Entscheidungsdatum

04.02.2019

Norm

BFA-VG §18 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W169 1227432-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.01.2019, Zl. 712365010-181216634, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides stattgegeben und dieser wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 18 Abs 1 BFA-VG ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 18.12.2018 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Im Rahmen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 18.12.2018 sowie in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 02.01.2019 führte der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen aus, dass Sikhs am 18.11.2018 einen Bombenanschlag in der Nähe von Amritsar auf ein Sektenhaus verübt hätten, wobei auch er Mitglied dieser Sekte sei. Nach dem Anschlag sei er von den Sikhs schikaniert und ,da diese Personen gute Verbindungen zur Polizei gehabt hätten, auch von der Polizei belästigt worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Weiters wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt IV. und V). Unter Spruchpunkt VI. wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt und ausgeführt, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe. Unter Spruchpunkt VII wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 6 FPG ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen und unter Spruchpunkt VIII wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 15b Abs. 1 AsylG aufgetragen, ab 02.01.2019 in einem namentlich genannten Quartier Unterkunft zu nehmen.

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer durch seinen bevollmächtigten Vertreter fristgerecht Beschwerde erhoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakt.

2. Rechtlich ergibt sich Folgendes:

Zum Spruchteil A):

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG kann das Bundesamt einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn 1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt; 2. schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt, 3. der Asylwerber das Bundesamt durch falsche Angaben oder Dokumente oder durch Verschweigen wichtiger Informationen oder durch Zurückhalten von Dokumenten über seine Identität oder seine Staatsangehörigkeit zu täuschen versucht hat; 4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat; 5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,

6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist oder 7.der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Der VwGH hat wiederholt zu § 6 Z 1 und 2 AsylG 1997, einer mit § 18 Abs 1 Z 4 BFA-VG vergleichbaren Vorgängerbestimmung, dargelegt, dass bei der Prüfung, ob ein Anwendungsfall vorliegt, von den Behauptungen des Asylwerbers auszugehen ist und es in diesem Zusammenhang nicht auf die Frage der Glaubwürdigkeit der Angaben ankommt. (VwGH 22.10.2003, 2002/20/0151). Bei der Prüfung, ob ein unter § 6 Z 1 AsylG 1997 zu subsumierender Fall vorliegt, ist von den Angaben des Asylwerbers auszugehen und auf deren Grundlage zu beurteilen, ob sich diesem Vorbringen mit der erforderlichen Eindeutigkeit keine Behauptungen im Sinne einer im Herkunftsstaat drohenden Verfolgung entnehmen lassen (vgl. das E vom 31. Jänner 2002, Zl. 99/20/0531). Unter "Verfolgung" im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 FlKonv ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen (VwGH 24.04.2003, 2000/20/0326).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im vorliegenden Fall in der Begründung (anders als im Spruch) auf § 18 Abs 1 Z 4 BFA-VG gestützt, was demnach voraussetzt, dass "der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat".

Seine diesbezügliche Entscheidung begründete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach Zitierung des § 18 Abs. 1 BFA-VG wie folgt: "Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt das als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung. Wie oben ausgeführt, liegt Z. 4 in Ihrem Fall vor.

Für die Behörde steht fest, dass für Sie bei Rückkehr in Ihren Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Menschenrechtsverletzung gegeben ist. Sie bedürfen daher nicht des Schutzes Österreichs. Es ist in Ihrem Fall davon auszugehen, dass die sofortige Umsetzung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme im Interesse eines geordneten Fremdenwesens geboten ist. Da Ihrem Antrag auf internationalen Schutz keine Aussicht auf Erfolg beschieden ist und Ihnen auch keine sonstige reale und menschenrechtsrelevante Gefahr im Herkunftsstaat droht, ist es Ihnen zumutbar, den Ausgang Ihres Asylverfahrens im Herkunftsstaat abzuwarten. Ihr Interesse auf einen Verbleib in Österreich während des gesamten Asylverfahrens tritt hinter das Interesse Österreichs auf eine rasche und effektive Durchsetzung der Rückkehrentscheidung zurück."

Wie sich aus den obigen Einvernahmen des Beschwerdeführers ergibt, begründete der Beschwerdeführer seine Ausreise aus Indien damit, dass er in seinem Heimatland aufgrund eines Anschlages auf die Versammlung seiner Religionsgruppe sowie aufgrund der folgenden Schikanen durch die Sicherheitskräfte verlassen habe.

Dass der Beschwerdeführer aber damit keine Verfolgungsgründe im Sinne des § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG vorgebracht habe, kann unter Berücksichtigung der obzitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in keiner Weise erkannt werden, zumal es dabei nicht auf eine fehlende Glaubhaftigkeit bzw. die Eintrittsgefahr der behaupteten Verfolgung ankommt, sondern auf den Umstand, ob die Verfolgungsgründe überhaupt vorgetragen wurden. Anhaltspunkte, wonach ein sonstiger Tatbestand § 18 BFA-VG im konkreten Fall vorliege, bestehen überdies nicht.

Darüber hinaus ist im konkreten Fall darauf hinzuweisen, dass im Spruch des angefochtenen Bescheides einer Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG aberkannt wurde, während sich das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in der Begründung zu Spruchpunkt VI. eindeutig auf die Z 4 des § 18 Abs. 1 BFA-VG stützte. Zu der von der belangten Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides herangezogene Z 1 des § 18 Abs. 1 BFA-VG ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer aus keinem sicheren Herkunftsstaat kommt, weshalb die Z 1 des § 18 Abs. 1 BFA-VG vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nicht hätte herangezogen werden dürfen.

Der Spruchteil VI. des angefochtenen Bescheides war daher ersatzlos zu beheben.

Der Beschwerde kommt somit gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG aufschiebende Wirkung zu.

Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG sind im gegenständlichen Fall erfüllt.

Über die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis V. sowie VII. und VIII. des angefochtenen Bescheides ergeht eine gesonderte Entscheidung.

Zum Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den obigen Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W169.1227432.2.00

Zuletzt aktualisiert am

13.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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