TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/4 G302 1420970-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.02.2019
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Entscheidungsdatum

04.02.2019

Norm

AsylG 2005 §9 Abs1
AsylG 2005 §9 Abs4
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52 Abs2 Z4
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

G302 1420970-2/19E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Manfred ENZI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX auch XXXX, geb. am XXXX, StA.: Irak, vertreten durch XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl - Regionaldirektion XXXX - vom 19.10.2017,

Zl. XXXX zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.

II. In Erledigung der Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. bis V. wird der bekämpfte Bescheid in diesem Umfang aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) vom 19.10.2017, Zl. XXXX, wurde Herrn XXXX auch XXXX, geb. am XXXX, StA: Irak (in weiterer Folge: Beschwerdeführer oder kurz BF) der ihm mit Bescheid des ehemaligen Bundesasylamtes vom 01.08.2011, Zl. XXXX zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Asylgesetz 2005. BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.). Die mit Bescheid vom 04.08.2014, Zl. XXXX erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter wurde dem BF gemäß § 9 Abs. 4 AsylG entzogen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG), wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Z 4 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG), erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG, wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorlägen, als eine Verbesserung des Gesundheitszustandes des BF eingetreten sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der BF fristgerecht Beschwerde und führte aus, dass sich sein Gesundheitszustand entgegen der Ansicht der belangten Behörde nicht verbessert habe. Hinsichtlich der medizinischen Versorgung im Herkunftsstaat könne keine erhebliche Verbesserung erkannt werden und sei der BF wirtschaftlich nicht in der Lage, ärztliche Versorgung und benötigte Medikamente zu erhalten.

Die gegenständliche Beschwerde samt dem maßgeblichen Verwaltungsakt wurde am 27.11.2017 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt und der Gerichtsabteilung G302 zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der volljährige BF ist irakischer Staatsangehöriger, stammt aus XXXX und ist Angehöriger der jesidischen Glaubensgemeinschaft und der kurdischen Volksgruppe. Der BF beherrscht neben seiner Muttersprache Arabisch auch Kurdisch und Chaldäisch.

Der BF reiste im Jahr 2011 illegal ins Bundesgebiet ein und ihm wurde mit Bescheid des ehemaligen Bundesasylamtes vom 01.08.2011 aufgrund seines damaligen Gesundheitszustandes der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Der Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten wurde abgewiesen.

Der Bescheid stützte sich auf das psychiatrische Gutachten vom 21.06.2011, welches beim BF eine posttraumatische Belastungsstörung mit mittel- schwergradiger depressiver Symptomatik diagnostizierte. Im Fall einer Abschiebung konnte eine Gefährdung in lebensbedrohlichem Ausmaß zum damaligen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden.

Die hinsichtlich § 3 AsylG erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom 21.09.2011, Zl. XXXX, abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass die Zugehörigkeit zu einer religiösen Minderheit und auch die vorgebrachte Tätigkeit als Polizist alleine keine asylrelevante Verfolgung iSd GFK begründeten.

Am 28.05.2015 stellte der BF einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid der belangten Behörde vom 19.09.2017 gemäß § 68 AVG zurückgewiesen wurde.

Der BF war von Mai 2013 bis Dezember 2015 viermal auf der Psychiatrie des XXXX stationär aufhältig. Im April 2014 wurde er zur Kontrolle bei einer Fachärztin für Psychiatrie vorstellig, welche eine mittelgradig depressive Episode in Remission und schädlichen Gebrauch von Alkohol diagnostizierte.

Mit neurologisch-psychiatrischem Gutachten vom 27.01.2017 wurde beim BF eine Anpassungsstörung mit einer leichtgradigen depressiven Reaktion diagnostiziert. Das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung konnte ausgeschlossen werden. Demnach liegt eine dauerhafte Behandlungsbedürftigkeit nicht vor und ist eine Abschiebung des BF und ein Verbleib im Herkunftsstaat aus psychiatrischer Sicht möglich, ohne dass es zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes kommt, welche den BF in eine lebensbedrohliche Lage bringen würde. Auch wenn es im Falle einer Überstellung zu einer kurz-mittelfristigen Verschlechterung des Krankheitsbildes kommen kann, besteht dabei nicht die reale Gefahr, dass sich der BF in einem lebensbedrohlichen Zustand wiederfindet.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 19.10.2017 wurde dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt, eine Rückkehrentscheidung ausgesprochen und ein Einreiseverbot für die Dauer von fünf Jahren verhängt.

Der BF ist in XXXX geboren, lebte im Bezirk XXXX in der Nähe von XXXX und verfügt über eine elfjährige Schulbildung. Im Irak arbeitete er als Polizist. Der BF verfügt im Herkunftsland über Angehörige. Sein Bruder, mit welchem der BF regelmäßigen Kontakt pflegt, lebt in Kurdistan, in XXXX in der Nähe von XXXX und arbeitet selbständig als Apotheker. Seine Tante lebt in XXXX in der Nähe von XXXX und wird von ihrem Mann versorgt. Zur Tante besteht wenig Kontakt.

Der BF ist Vater zweier minderjähriger Kinder (geb. zwischen 2012 und 2015), welche gemeinsam mit der Kindesmutter bzw. ehemaligen Lebensgefährtin des BF im Bundesgebiet leben. Der BF hat seit zwei Jahren keinen Kontakt mehr zu den Kindern. Der BF lebt derzeit von öffentlichen Geldern und beherrscht Deutsch auf dem Niveau A1. Er hat außerdem einen Deutschkurs A2 besucht. In der Vergangenheit ging er Gelegenheitsarbeiten nach und ist derzeit arbeitslos. Der BF ist nicht Mitglied in einem Verein oder dergleichen. In Österreich leben außerdem zwei Schwestern des BF, zu welchen er alle zwei Wochen Kontakt hat. Seine Mutter lebt in Deutschland.

Am 12.10.2018 ehelichte der BF eine in Österreich aufhältige rumänische Staatsangehörige, welche über eine Anmeldebescheinigung gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 NAG verfügt.

Der BF wurde zweimal strafgerichtlich verurteilt: Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 24.03.2016 wurde der BF wegen der Vergehen der gefährlichen Drohung und der Körperverletzung gemäß § 107 Abs. 2 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt. Er war schuldig, seine damalige Lebensgefährtin mit dem Tod bedroht zu haben und sie am Körper verletzt zu haben, indem er ihr in die Hand biss, sie schlug und trat. Mildern wurde die Unbescholtenheit des BF gewertet, während das Zusammentreffen von vier Vergehen und die Tat gegen Angehörige als erschwerend bemessen wurden. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 25.10.2016 wurde der BF wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten verurteilt, wobei neun Monate davon bedingt nachgesehen wurden. Er war schuldig, mehrere Personen gefährlich mit dem Tod bedroht zu haben, indem er äußerte, das Haus einer Familie mit einer Bombe zu sprengen, alle zu erschießen und das Haus niederzubrennen. Mildern wurde das reumütige Geständnis und der Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist gewertet. Als erschwerend wurden das Zusammentreffen mehrerer Vergehen und das Vorliegen einer unmittelbar einschlägigen Vorstrafe bemessen.

Zur Lage im Irak wird auf die dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Länderberichte verwiesen. Insbesondere wird Folgendes festgestellt:

XXXX wurde im Juni 2014 vom Islamischen Staat (IS) übernommen. Im Januar 2017 wurde Ost-Mossul zurückerobert, im Juli 2017 West-Mossul. Seitdem steht die ganze Stadt, den Quellen zufolge, unter der Kontrolle der irakischen Regierung bzw. der irakischen Sicherheitskräfte und Stammesmilizen und Milizen der Popular Mobilization Forces (PMF). Die Stadt Mossul wurde zum Teil stark zerstört. Vor allem in den Straßen der Altstadt sollen noch viele Blindgänger liegen. Die Quellen berichten von mehreren sicherheitsrelevanten Vorfällen in Mossul und Hammam al-Alil bzw. der Provinz Ninawa. Auch im Frühjahr 2018 kam es in sowie im Nahbereich von Mossul noch wiederholt zu Kampfhandlungen zwischen Regierungstruppen und IS-Kämpfern mit Festnahmen sowie Toten auf beiden Seiten.

Nach dem militärischen Sieg über den IS leiden die Stabilisierungsbemühungen unter fehlender Koordination zwischen den Einheiten, die zur Absicherung Mossuls beitragen.

Verantwortlichkeiten wie das Betreiben von Checkpoints, die Verfolgung von IS-Schläferzellen, die Untersuchung von kriminellen Netzwerken und die Inhaftierung von Kriminellen fallen nun an eine bunte Mischung von Untergruppierungen.

Die Organisationen sind den Ministerien, denen sie angehören, loyal. Es wird angenommen, dass die PMF stark durch das Innenministerium beeinflusst sind, welches von der pro-iranischen Badr-Organisation dominiert wird. Die Organisationen des Innenministeriums zeigen sich unwillig mit den Sicherheitskräften des Verteidigungsministeriums zu kooperieren. Zudem gäbe es noch tiefgehende ideologische Klüfte innerhalb der PMF, die verschiedenen (teilweise gegnerischen) politischen und geistlichen Anführern loyal sind.

Dies bedeutet, dass die Koordinierung zwischen und innerhalb der PMF und der Sicherheitsorganisationen schwierig und teilweise nicht existent ist. Trotz einer Truppeneinteilung, die die PMF nominell unter die Kontrolle der irakischen Armee stellt, deuteten manche leitenden Sicherheitsleute an, wenig Einfluss über die Handlungen der PMF zu haben.

Unter leitenden politischen Persönlichkeiten und Führungskräften im Bereich der Politik oder des Sicherheitssektors gebe es daher den Wunsch schnell zu einer gemeindebasierten bzw. gemeindeorientierten Polizeiarbeit überzugehen und nicht-ortsansässige sowie militarisierte Sicherheitskräfte aus Mossul-Stadt abzulösen. Die jüngsten Anschuldigungen von Kriegsverbrechen der 16. Armeedivision sind ein Beispiel für das strategische Risiko, das eine länger andauernde militärische Präsenz in der Zivilgesellschaft darstellt.

Es sind Fälle von Übergriffen auf sunnitische Männer dokumentiert. Als Gründe für die Übergriffe werden Racheakte oder der Verdacht auf Verbindungen zum bzw. Mitgliedschaft beim IS genannt. Die Quellen sprechen von Entführungen, Mord und anderen Misshandlungen. Männer und ältere Buben aus Mossul würden von ihren Familien getrennt und einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen, um eventuelle Verbindungen zum oder Mitgliedschaft beim IS zu eruieren. Die Racheakte sind jedoch einer Quelle zufolge komplex und vielschichtig und können nicht nur auf die sunnitisch-schiitische Spaltung zurückgeführt werden.

Seit der Rückeroberung Mossuls kehren auch geflüchtete Menschen wieder in die Stadt zurück. Laut IOM konzentrieren sich die Rückkehrbewegungen in der Provinz Ninawa hauptsächlich auf den Distrikt Mossul (bis Februar 2018 708,192) gefolgt von Tel Afar und al-Hamdaniya, wobei die Zahl der zurückkehrenden Personen derart berechnet wird, dass die Zahl der zurückkehrenden Familien mit sechs (6 Personen ist die durchschnittliche Größe einer irakischen Familie) multipliziert wird. In den Quellen wird kaum auf die Religionszugehörigkeit der Rückkehrer eingegangen, außer in einer Quelle, die von 4.000 christlichen Familien spricht, die seit der Rückeroberung Mossuls dorthin zurückkehrten.

Als Gründe für die Rückkehr werden genannt: Wunsch nach Wiederaufnahme des alten Lebens, Wiedervereinigung mit der Familie, Stammesmitgliedern oder Nachbarn, Behandlung chronischer Krankheiten und fehlende Möglichkeiten zur Existenzsicherung in den Lagern bzw. die Information, dass die Rückkehrgebiete sicher seien. Hunderte Familien verließen Mossul nach der Rückkehr erneut und suchten wieder in Flüchtlingslagern Zuflucht. Gründe hierfür waren fehlende Versorgung mit Leistungen bzw. Elektrizität und Wasser, fehlende Möglichkeit zur Existenzsicherung, die Zerstörung von Wohnungen in den Rückkehrgebieten, unzureichende finanzielle Mittel zu Bezahlen von Mieten, oder die Sicherheitslage.

Quelle: BFA Staatendokumentation: Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Irak: Sicherheitslage Mossul, Hammam al-Alil, Übergriffe auf Sunniten und Rückkehrer, 23. April 2018.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde sowie des nunmehr dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Gerichtsaktes.

Der Gesundheitszustand des BF ergibt sich insbesondere aus dem von der belangten Behörde in Auftrag gegebenem psychiatrisch neurologischen Gutachten vom 27.01.2017, mit dessen Ergebnis sich der BF mit Schreiben vom 23.02.2017 auch einverstanden erklärte. Die Ausführungen in der Beschwerdeschrift, wonach sich der BF rechtlich und medizinisch nicht auskenne und nach Dezember 2015 nur deshalb keine Behandlung mehr gehabt habe, da er nicht krankenversichert gewesen sei, sind nicht geeignet, das eingeholte Gutachten inhaltlich in Frage zu stellen. Auch im Arztbrief vom 06.12.2017 wurde eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode und Zustand nach Alkoholabusus diagnostizierte. Die lediglich unter "Verdacht auf" aufscheinende Diagnose einer Posttraumatischen Belastungsstörung ("PTBS") vermochte mangels weiterer Ausführungen das eingeholte Gutachten nicht zu entkräften.

Die von der belangten Behörde im gegenständlich angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den von ihr in das Verfahren eingebrachten und im Bescheid angeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen. Die belangte Behörde hat dabei Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt. Diese Quellen liegen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vor und decken sich im Wesentlichen mit dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes, das sich aus der ständigen Beachtung der aktuellen Quellenlage (Einsicht in aktuelle Berichte zur Lage im Herkunftsstaat) ergibt.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Die belangte Behörde hat dem BF die maßgeblichen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat zur Kenntnis gebracht und ihm im Anschluss daran zur Wahrung des Rechts auf Parteiengehör die Möglichkeit eingeräumt, zu den getroffenen Feststellungen eine Stellungnahme abzugeben.

Der BF ist in der gegenständlichen Beschwerde den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat, die auf den in das Verfahren eingeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen beruhen, nicht substantiiert entgegengetreten.

Es wurden somit im gesamten Verfahren keinerlei Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit der Informationen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Zweifel aufkommen ließen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 27 VwGVG legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Demzufolge hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid aufgrund der Beschwerde zu überprüfen. Verwiesen wird dabei auf die Bestimmung des § 9 VwGVG, der den Inhalt der Beschwerde beschreibt und hier insbesondere auf Abs. 1 Z 3 und Z 4 leg. cit.. Dies betrifft die Angabe der Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie das Begehren.

Zu Spruchteil A):

3.2. Zu den Spruchpunkten I. und II. des angefochtenen Bescheides:

3.2.1. Gemäß § 9 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) nicht oder nicht mehr vorliegen (Z 1); er den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat (Z 2) oder er die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erlangt hat und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen neuen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde (Z 3).

§ 9 Abs. 1 Z 1 AsylG setzt Art. 16 Richtlinie 2011/95/EU über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (im Folgenden: Statusrichtlinie) um, der daher im Sinne einer richtlinienkonformen Interpretation zu berücksichtigen ist.

Dessen Absatz 1 lautet: "Ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser hat keinen Anspruch auf subsidiären Schutz mehr, wenn die Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht mehr bestehen oder sich in einem Maße verändert haben, dass ein solcher Schutz nicht mehr erforderlich ist." Nach Absatz 2 leg. cit. berücksichtigen die Mitgliedstaaten, ob sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorübergehend verändert haben, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hat, tatsächlich nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden.

Das Bundesverwaltungsgericht hat zunächst zu prüfen, ob Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht mehr bestehen oder sich in einem Maße verändert haben, dass ein subsidiärer Schutz nicht mehr erforderlich ist:

Dem BF wurde im Jahr 2011 der Status des subsidiär Schutzberechtigten aufgrund seiner damals diagnostizierten Krankheit einer posttraumatischen Belastungsstörung mit mittel- schwergradiger depressiver Symptomatik zuerkannt. Seit der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten haben sich die Umstände maßgeblich geändert, als sich das Krankheitsbild des BF wesentlich gebessert hat und er nunmehr an einer Anpassungsstörung mit einer leichtgradigen depressiven Reaktion leidet. Ebenso konnte im Gegensatz zu den Tatsachen im Jahr 2011 nunmehr festgestellt werden, dass keine reale Gefahr mehr besteht, dass sich der BF bei einer Rückkehr des BF in seinen Herkunftsstaat in einem lebensbedrohlichen Zustand wiederfindet. Da die Diagnose der posttraumatischen Belastungsstörung, welche die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten begründete, nunmehr ausgeschlossen werden kann, liegen die Voraussetzungen für die Zuerkennung iSd § 9 Abs. 1 Z 1,

2. Fall AsylG nicht mehr vor. Dabei handelt es sich auch, wie von Art. 16 Statusrichtlinie gefordert, um eine nicht nur vorübergehende Änderung.

3.2.2. Auch die aktuellen Umstände des BF begründen keine Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten:

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung oder Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Der Verwaltungsgerichtshof verweist in seiner Rechtsprechung auf die ständige Judikatur des EGMR, wonach es - abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde - grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist hinsichtlich der Prüfung zur Gewährung von subsidiärem Schutz eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend.

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH vom 19.02.2004, 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus. Gemäß der Judikatur des VwGH erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH jeweils vom 31.03.2005, 2002/20/0582, 2005/20/0095).

Ausgehend von der Rechtsprechung des EuGH sind nach der Statusrichtlinie vom subsidiären Schutz nur Fälle realer Gefahr, einen auf ein Verhalten eines Akteurs iSd Art. 6 Statusrichtlinie zurückzuführenden ernsthaften Schaden iSd Art. 15 Statusrichtlinie zu erleiden (Art. 15 lit. a und b; vgl. EuGH 18.12.2014, C-542/13, M'Bodj, Rn. 32ff.), sowie Bedrohungen in einem bewaffneten Konflikt (lit. c; vgl. EuGH 17.2.2009, C-465/07, Elgafaji, Rn. 35) umfasst. Nicht umfasst ist dagegen die reale Gefahr jeglicher etwa auf allgemeine Unzulänglichkeiten im Heimatland zurückzuführender Verletzung von Art. 3 EMRK (VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106).

Entgegen des Wortlauts des § 8 Abs. 1 AsylG, wonach für die Gewährung des subsidiären Schutzstatus bereits jegliche reale Gefahr (real risk) einer Verletzung von Art. 3 EMRK an sich, unabhängig von einer Verursachung von Akteuren oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat ausreicht, muss diese Bestimmung im Sinne der Rechtsprechung des EuGH unionskonform ausgelegt werden, als die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten bei lebensgefährlichen Krankheiten nur dann in Betracht kommt, wenn eine angemessene Behandlung des BF diesem vorsätzlich - durch Akteure gem. Art. 6 der Statusrichtlinie - vorenthalten wird (vgl. VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106).

Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, 95/21/0294; 25.01.2001, 2000/20/0438; 30.05.2001, 97/21/0560).

Wie festgestellt wurde, befindet sich der BF im erwerbsfähigen Alter, ist laut eigenen Angaben auch arbeitswillig und verfügt über eine elfjährige Schulbildung sowie über mehrjährige Berufserfahrung als Polizist. Der BF beherrscht die Landessprachen seines Herkunftslandes, ist mit den dortigen kulturellen Gepflogenheiten vertraut und sammelte in Österreich weitere Arbeitserfahrung als Arbeiter.

Auch wenn der BF an einer Anpassungsstörung mit einer leichtgradigen depressiven Reaktion leidet und durch die Rückkehr in den Irak eine kurz- bis mittelfristige Verschlechterung des Krankheitsbildes nicht auszuschließen ist, lässt sich daraus - abgesehen davon, dass die Verschlechterung kein lebensbedrohliches Ausmaß annehmen wird - kein Recht auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ableiten, als die vorgebrachte angespannte medizinische Versorgungslage eine allgemeine Unzulänglichkeit iSd oz. Judikatur im Herkunftsland und keine durch das Verhalten von Dritten verursachte Bedrohung bzw. absichtliche Vorenthaltung der Versorgungsmöglichkeiten darstellt.

Zudem verfügt der BF über familiäre Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat und kann erwartet werden, dass sein Bruder, welcher seinen Lebensunterhalt als selbständiger Apotheker bestreitet und zu welchem der BF in gutem Kontakt steht, dem BF zumindest anfängliche Unterstützung zusagt.

Wie die belangte Behörde richtigerweise ausführt, steht dem BF laut den der Entscheidung zugrunde gelegten Länderberichten sowohl die Rückkehr in seine mittlerweile vom IS befreite Heimatstadt Mossul als auch in die Autonomieregion Kurdistan, wo sich sein Bruder aufhält und welche vergleichsweise sicher ist, offen.

Es ist daher nicht (mehr) anzunehmen, dass der BF bei einer Rückkehr in den Irak in eine ausweglose Situation geraten würde, die eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde. Die Rückverbringung des BF in den Irak steht unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen nicht (mehr) im Widerspruch zu § 8 Abs. 1 AsylG, weshalb die Aberkennung des subsidiären Schutzes durch die belangte Behörde nicht zu beanstanden ist.

Die Aberkennung des Status des subsidiären Schutzberechtigten ist gemäß § 9 Abs. 4 AsylG mit dem Entzug der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu verbinden. Auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. war daher als unbegründet abzuweisen. Der BF hat nach Rechtskraft der Aberkennung Karten, die den Status des subsidiär Schutzberechtigten bestätigen, der Behörde zurückzustellen.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

3.3. Zu den Spruchpunkten III. bis V. des angefochtenen Bescheides:

3.3.1. Die zentrale Regelung zur Frage der Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte bildet § 28 VwGVG:

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (Anmerkung: sog. Bescheidbeschwerden) dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z 2).

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg cit. nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Gemäß § 28 Abs. 4 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn es nicht gemäß Abs. 2 leg. cit. in der Sache selbst zu entscheiden hat und wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen ist, für den Fall, dass die Behörde bei ihrer Entscheidung Ermessen zu üben hat, den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Veraltungsgericht in seinem Beschluss ausgegangen ist.

3.3.2. Das Modell der Aufhebung des Bescheids und die Zurückverweisung der Angelegenheit an die belangte Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 28 VwGVG Anm. 11). Gemäß dieser Bestimmung kann die Berufungsbehörde, sofern der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen.

Die subsidiäre Anwendung von § 66 Abs. 2 AVG durch die Verwaltungsgerichte ist allerdings auf Grund der Regelung des § 17 VwGVG ausgeschlossen. Im Gegensatz zu § 66 Abs. 2 AVG setzt § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung nicht mehr voraus. Dennoch ist die Judikatur des Verwaltungsgerichthofes zu § 66 Abs. 2 AVG auch für das Verwaltungsgericht maßgebend, wenn es gilt zu beurteilen, ob die Behörde die notwendigen Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat.

Der VwGH hat festgehalten, dass bei der Ausübung des Ermessens nach § 66 Abs. 2 und 3 AVG auch die Bedeutung und Funktion der Rechtmittelbehörde ins Kalkül zu ziehen sei und die Einräumung eines Instanzenzuges nicht "zur bloßen Formsache degradiert" werden dürfe. Der Umstand, dass es die Vorinstanz ablehnt, auf das Vorbringen sachgerecht einzugehen und brauchbare Ermittlungsergebnisse zu erarbeiten, rechtfertige nicht, dass sich der Rechtsweg "einem erstinstanzlichen Verfahren (...) nähert", in dem eine ernsthafte Prüfung des Antrages erst bei der zweiten und letzten Instanz beginnt und auch endet. (VwGH 21.11.2002, Zl. 2000/20/0084).

3.3.3. Der VwGH hat mit Erkenntnis vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063, in Bezug auf die grundsätzliche Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte nach § 28 VwGVG und die Möglichkeit der Zurückverweisung ausgesprochen, dass angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte darstellt. So kommt eine Aufhebung des Bescheides nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Das Verwaltungsgericht hat nachvollziehbar zu begründen, wenn es eine meritorische Entscheidungszuständigkeit nicht als gegeben annimmt, etwa weil es das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und Z 2 des § 28 Abs. 2 VwGVG verneint bzw. wenn es von der Möglichkeit des § 28 Abs. 3 erster Satz VwGVG nicht Gebrauch macht.

3.3.4. Dem Telos des § 60 AVG entsprechend muss die Begründung so gestaltetet sein, dass der Bescheidadressat über die für die Entscheidung der Behörde maßgebenden Erwägungen ausreichend und nachvollziehbar informiert wird, sodass er in der Lage ist, sie eventuell zu entkräften und Gegenargumente vorzubringen, und andererseits eine nachprüfbare Kontrolle ermöglicht werden. Der VfGH hat mehrfach betont, dass die Begründung des Bescheides aus diesem selbst hervorgehen muss und auch nicht dadurch beseitigt werden kann, dass die "Motivation" der Behörde aus den Verwaltungsakten erhellt werden kann. Ein Mangel in der Bescheidbegründung kann auch nicht durch - selbst umfangreiche - Ausführungen (einen Nachtrag) in der Gegenschrift behoben werden; diese Rechtsansicht lässt sich damit begründen, dass es der Partei mangels Kenntnis der Gründe bei Erhebung der Beschwerde unmöglich war, dazu Stellung zu nehmen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar, Rz 14 zu § 60 mwN).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs muss die Begründung eines Bescheids erkennen lassen, welchen Sachverhalt die Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat, aus welchen Erwägungen sie zur Ansicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhalts unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet (vgl. dazu etwa die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I, 2. Auflage, zu § 60 AVG unter E 19 angeführten hg. Erkenntnisse). Zu einer lückenlosen Begründung gehört nicht nur die Feststellung des Sachverhalts, sondern auch die Anführung der Beweismittel (im Einzelnen), auf die die Feststellungen gegründet werden (vgl. VwGH vom 28. März 2007, Zl. 2006/12/0115). Die Begründung eines Bescheides bedeutet die Bekanntgabe der Erwägungen, aus denen die Behörde zur Überzeugung gelangt ist, dass ein bestimmter Sachverhalt vorliegt und dass damit der Tatbestand einer bestimmten Rechtsnorm verwirklicht ist. Die Begründung eines Bescheides hat Klarheit über die tatsächlichen Annahmen der Behörde und ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht hat sie daher alle jene Feststellungen in konkretisierter Form zu enthalten, die zur Subsumierung dieses Sachverhaltes unter die von der Behörde herangezogene Norm erforderlich sind. Denn nur so ist es möglich, den Bescheid auf seine Rechtsrichtigkeit zu überprüfen (vgl. VwGH vom 23. November 1993, Zl. 93/04/0156, vom 13. Oktober 1991, Zl. 90/09/0186, Slg. Nr. 13.520/A, und vom 28. Juli 1994, Zl. 90/07/0029).

3.3.5. Im vorliegenden Fall geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 Z 1 und 2 VwGVG, welche zu einer meritorischen Entscheidungspflicht führen, nicht gegeben sind. Weder steht der maßgebliche Sachverhalt fest noch ist die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden. Es liegen Ermittlungslücken vor, welche, wie unten dargelegt, einen hohen Grad an Erheblichkeit aufweisen und Ermittlungsschritte erfordern, die durch die belangte Behörde, welche eine Spezialbehörde ist, rascher und effizienter nachgeholt werden können.

Die Begründung des angefochtenen Bescheides entspricht aus Sicht des erkennenden Richters nicht den Anforderungen an den Umfang der Ermittlungspflichten im Sinne des § 60 AVG, wonach in der Begründung des Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgeblichen Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen sind.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des VfGH und VwGH jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Die belangte Behörde hat sich im bekämpften Bescheid nicht ausreichend mit dem Privat- und Familienleben des BF auseinandergesetzt.

Darüber hinaus ist bei der Prüfung der bei einem Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrunde liegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an. Solche Gesichtspunkte, wie sie in einem Verfahren betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot zu prüfen sind, insbesondere die Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich, können nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden.

Die belangte Behörde hat es unterlassen, den verfahrensrelevanten Sachverhalt umfassend zu ermitteln und festzustellen.

Gemäß § 37 AVG iVm § 17 VwGVG ist es Zweck des Ermittlungsverfahrens, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen. Die "Feststellung" des maßgebenden Sachverhaltes erstreckt sich auf die Ermittlung aller unter diesem Gesichtspunkt in Betracht kommenden Tatsachen und deren Erhärtung durch Beweise (VwGH 21.12.1978, 1240/77; VwSlg 13.635 A/1992; VwGH vom 20.10.1992, Zl. 91/08/0096). Die Sachverhaltsfeststellung durch ein ordnungsgemäß (vgl. §§ 39 bis 55 AVG) durchgeführtes Ermittlungsverfahren ist unerlässliche Voraussetzung für die mängelfreie Erledigung einer Verwaltungsangelegenheit (vgl. VwGH 01.07.1993, Zl. 93/09/0051). Daneben dient das Ermittlungsverfahren gemäß § 37 AVG aber auch dazu, den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechten und rechtlichen Interessen zu geben. Das Recht auf Parteiengehör bezieht sich auf den von der Behörde gemäß § 37 AVG festzustellenden maßgebenden Sachverhalt und stellt einen fundamentalen Grundsatz des Verwaltungsverfahrens dar. Den Parteien ist daher gemäß § 37 iVm § 45 Abs. 3 AVG das bisherige Ergebnis des Ermittlungsverfahrens vorzuhalten, das sind insbesondere all jene rechtserheblichen Tatsachen, die das zuständige Organ als erwiesen erachtet (vgl. VwGH 08.04.2014, Zl. 2012/05/0004; 29.01.2014, Zl. 2012/08/0283 mit Verweis auf Hengstschläger/Leeb, AVG, § 45 Rz 23 ff).

Die belangte Behörde hat es im angefochtenen erstinstanzlichen Bescheid unterlassen, in einer der nachprüfbaren Kontrolle zugänglichen Weise hinreichend darzutun, welche beweiswürdigenden Überlegungen sie im Hinblick auf die von ihr getätigten Feststellungen angestellt hat. Eine Erhebung des für eine Gesamtschau erforderlichen Sachverhalts ist diesbezüglich nicht erfolgt, daher ist auf Basis des bisherigen Ermittlungsverfahrens eine abschließende rechtliche Beurteilung für das erkennende Gericht nicht möglich. Aus dem Akteninhalt bzw. aus den Ausführungen der belangten Behörde ist es dem Bundesverwaltungsgericht unmöglich, den vorliegenden Sachverhalt festzustellen und in weiterer Folge rechtlich zu beurteilen.

3.3.6. Wenn man vom prinzipiellen Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht durch die Verwaltungsgerichte ausgeht, würde dies im konkreten Fall bedeuten, dass das Bundesverwaltungsgericht sämtliche Erhebungen im konkreten Fall, welche grundsätzlich bereits von der belangten Behörde durchzuführen gewesen wären, selbst zu tätigen hätte.

Als zentrale Voraussetzung für eine reformatorische Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht zunächst zu überprüfen, ob der maßgebende Sachverhalt feststeht, was im gegenständlichen Fall nach Ansicht des erkennenden Richters nicht gegeben ist; weder wurde der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt noch ergibt sich dieser in einer Zusammenschau aus dem Akteninhalt, vielmehr wären weitere Sachverhaltsermittlungen bzw. mündliche Einvernahmen notwendig gewesen.

Ist der Sachverhalt noch ergänzungsbedürftig und erlaubt eine eigene Sachverhaltsermittlung die raschere Verfahrenserledigung oder trägt sie erheblich zur Kostenersparnis bei, hat das Verwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt selbst festzustellen (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 8 zu § 28 VwGVG).

Auch davon kann hier nicht gesprochen werden. Zum einen handelt es sich im verfahrensgegenständlichen Fall nicht um bloße Ergänzungen des Sachverhalts. Zum anderen erlaubt, auch aus diesem Grund, eine eigene Sachverhaltsermittlung nicht eine rasche und kostengünstige Verfahrenserledigung.

Im vorliegenden Fall würde somit eine meritorische Entscheidung nach Durchführung der erforderlichen geeigneten Ermittlungsschritte durch das Bundesverwaltungsgericht selbst, sofern überhaupt möglich, - wie bereits erwähnt - nicht zu einer Beschleunigung des Verfahrens führen.

Im gegenständlichen Fall ist der angefochtene Bescheid der belangten Behörde und das, diesem zugrunde liegende Verfahren aufgrund der Unterlassung der notwendigen Ermittlungen zu wesentlichen Punkten bzw. deren Nachweis in der Bescheidbegründung im Ergebnis somit als mangelhaft zu bewerten.

3.3.7. Wie bereits ausgeführt folgt die Zurückverweisung im Rahmen des § 28 Abs. 3 VwGVG konzeptionell dem Zurückverweisungstatbestand des § 66 Abs. 2 AVG, ohne jedoch auf die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung abzustellen. Zur Auslegung des § 28 Abs. 3 VwGVG ist dazu im Wesentlichen die Judikatur des VwGH zu § 66 Abs. 2 AVG heranzuziehen. Demnach kommt es bei der Beurteilung der Kostenersparnis und Raschheit nicht auf die Auswirkungen auf das Gesamtverfahren, sondern nur auf die Ersparnis an Zeit und Kosten für die "konkrete Amtshandlung" an. Dass die Zurückverweisung den gesamten Verfahrensverlauf - zumindest wenn man eine (denkmögliche) neuerliche Beschwerde in Betracht zieht - verlängert, ist bei der Zeit- und Kostenersparnis nicht in Rechnung zu stellen, weil ansonsten eine kassatorische Entscheidung nie in Frage käme (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar, Rz 20f zu § 66 mwN).

3.3.8. Die belangte Behörde würde durch seine Verfahrensführung und diesen Bescheid die wesentliche Ermittlungs- und Begründungstätigkeit quasi an die Rechtsmittelinstanz delegieren (vgl. VwGH 26.06.2014, Zl. 2014/03/0063). Würde in diesem konkreten Fall das Bundesverwaltungsgericht - jene Instanz die zur eigentlichen Rechtskontrolle eingerichtet wurde - die Instanz sein, die im Verfahren erstmals einen begründeten Bescheid mit den Feststellungen des maßgeblichen Sachverhaltes erlässt, so wäre damit der Rechtsschutz der beschwerdeführenden Partei de facto eingeschränkt. Es ist in erster Linie die Aufgabe der belangten Behörde als Tatsacheninstanz zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung sich sachgerecht mit dem Antrag auseinanderzusetzen, den maßgeblichen Sachverhalt vollständig festzustellen, ihre Begründung im Bescheid nachvollziehbar darzustellen und diese zentrale Aufgabe nicht etwa an das Bundesverwaltungsgericht zu delegieren.

Gemäß § 27 VwGVG ist es Aufgabe der Verwaltungsgerichte, die angefochtene Entscheidung - gegenständlich ein Bescheid - zu "überprüfen". Das Bundesverwaltungsgericht ist damit in erster Linie Kontrollinstanz. Insbesondere angesichts der gerichtlichen Verfahrensführung durch einen einzelnen Richter, der Beachtung des Unmittelbarkeitsprinzips bei der Beweisaufnahme und grundsätzlich gegebenen Verhandlungspflicht, dem eingeschränkten bzw. erschwerten Zugang zu den bei der belangten Behörde für ihre Tätigkeit zugänglichen Daten, kann gegenständlich auch nicht festgestellt werden, dass die Verfahrensführung durch das Bundesverwaltungsgericht selbst, hier mit einer erheblichen Zeit- und Kostenersparnis verbunden wäre.

Dem Bundesverwaltungsgericht ist eine nachfolgende Überprüfung des erstinstanzlichen Bescheides verwehrt, da eine ausreichende Sachverhaltsfeststellung samt Beweiswürdigung und daraus resultierende Begründung dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen ist. Die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst ist nicht im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden. Das von der belangten Behörde durchgeführte Ermittlungsverfahren erweist sich somit in wesentlichen Punkten als mangelhaft, weswegen die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG nicht vorliegen.

3.3.9. Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde die oben dargestellten Mängel (Begründung der gewichtenden Abwägung zwischen der Schutzwürdigkeit des Privat- und Familienlebens des BF und dem Interesse an der Wahrung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit bzw. nachvollziehbare Gefährlichkeitsprognose bei der Verhängung eines Einreiseverbots im Rahmen einer Einzelfallprüfung) zu verbessern haben. Die belangte Behörde wird sich auch mit dem - seit der Bescheiderlassung am 19.10.2017 - ergangenen Vorbringen des BF auseinanderzusetzen haben. Die Feststellung, ob eine Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot zu erlassen ist, wird von der belangten Behörde durch ein ordnungsgemäßes amtswegiges Ermittlungsverfahren durchzuführen sein, da nur so eine zulässige Entscheidungsgrundlage im gegenständlichen Verfahren geschaffen werden kann, die eine begründete Sachentscheidung über die verfahrensgegenständliche Rechtsfrage erst ermöglicht.

Aus den dargelegten Gründen war daher spruchgemäß der angefochtene Bescheid im Umfang der Punkte III. bis V. gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

4. Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Gemäß Abs. 5 kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage bzw. des durch das Gericht weitergeführte Ermittlungsverfahren hinreichend geklärt erachtet werden. In der Beschwerde wurden keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen (VwGH 31.07.2007, GZ 2005/05/0080). Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen. Diesbezüglich wird zudem auf die Entscheidung des VwGH Zl. 2013/08/0424 verwiesen.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, Behebung
der Entscheidung, Ermittlungspflicht, Kassation, mangelnde
Sachverhaltsfeststellung, Privat- und Familienleben

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G302.1420970.2.00

Zuletzt aktualisiert am

13.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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