TE Bvwg Beschluss 2019/2/4 W191 2181302-2

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Veröffentlicht am 04.02.2019
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Entscheidungsdatum

04.02.2019

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W191 2181302-2/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Dr. Rosenauer als Einzelrichter in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.01.2019, Zahl 1154264502-190056539, erfolgte Aufhebung des Abschiebeschutzes betreffend Herrn XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Indien, folgenden Beschluss:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 und § 22 Abs. 10 Asylgesetz 2005 in Verbindung mit § 22 BFA-Verfahrensgesetz rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

1. Verfahrensgang:

1.1. Vorverfahren:

1.1.1. Der im Spruch angeführte Asylwerber (in der Folge AW), ein Staatsangehöriger von Indien, reiste am 28.05.2017 über den Flughafen Wien-Schwechat regulär in Österreich ein und stellte am selben Tag einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG).

1.1.2. Im Zuge seiner Erstbefragung am 29.05.2017 gab der AW im Wesentlichen an, dass er aus Jalandhar (Bundesstaat Punjab, Indien) stamme, sich zur Religionsgemeinschaft der Sikhs bekenne und ledig sei.

Er wolle sich hier in Österreich weiterbilden und studieren. Zuhause hätte sich seine Mutter die Ausbildung nicht leisten können, da sie getrennt von seinem Vater gelebt hätten. Ein Bekannter seines Onkels habe ihm bei seiner Ausreise geholfen.

1.1.3. In seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) am 22.09.2017 steigerte der AW sein Fluchtvorbringen und gab an, dass sein Vater ihn und seine Schwester, als sie klein gewesen seien, immer geschlagen hätte. Dann hätte der Vater sie - vor ca. sieben bis acht Jahren - verlassen, sei manchmal noch gekommen und hätte sie und die Mutter wieder geschlagen und dann die Scheidung eingereicht. Die Mutter hätte um Unterhalt angesucht, woraufhin sie von seinem Vater mit dem Umbringen bedroht worden sei, wenn sie den Antrag nicht zurückziehe. Das Verfahren sei noch anhängig. Auch die Söhne des Onkels hätten ihn täglich geschlagen. Die Mutter habe die Gewalttaten nicht angezeigt, sie habe nicht gewusst, dass sie sich an die Polizei wenden könne. Warum sich die Eltern getrennt hätten, wisse er nicht. Die neue Frau seines Vaters habe seine Mutter regelmäßig telefonisch belästigt. Das Verfahren bei Gericht laufe seit zwölf Jahren. Wie die neue Frau seines Vaters heiße, wisse er nicht. Wo sein Vater wohne, wisse er auch nicht, er habe ihn zuletzt 2006 gesehen. Er habe Angst, umgebracht zu werden.

Der "Rechtsvertretung" des AW wurde die Möglichkeit eingeräumt, Fragen an den AW zu stellen, wovon Gebrauch gemacht wurde. Der AW gab an, sei Vater sei Polizist.

Der damaligen Vertretung des AW wurden "die Länderinformationen zu Indien" per Mail zur Abgabe einer Stellungnahme übermittelt.

1.1.4. In der Stellungnahme vom 06.10.2017 wiederholte der damalige Vertreter des AW das Vorbringen des AW im Verfahren und zitierte Auszüge aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Indien. Moniert wurde insbesondere, auf die Situation der Missstände vor Gericht, die Übergriffe der Polizei sowie auf die Problematik von häuslicher Gewalt in Indien Bedacht zu nehmen.

1.1.5. Mit Bescheid vom 17.11.2017, Zahl 1154264502-170634830/BMI-BFA_STM_RD, wies das BFA den Antrag des AW auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm den Status eines Asylberechtigten ebenso wie gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien nicht zu (Spruchpunkt II.) und verband diese Entscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG mit einer Ausweisung nach Indien (Spruchpunkt III.).

1.1.6. In der mit Schreiben seines damaligen Vertreters vom 20.12.2017 eingebrachten Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) wiederholte der AW im Wesentlichen sein Vorbringen im Verfahren und in der oben angeführten Stellungnahme.

Die Erstbehörde habe den Sachverhalt nicht hinreichend ermittelt und somit eine willkürliche Beweiswürdigung vorgenommen. Die Fragetechnik hätte nicht dem Erfordernis einer Berücksichtigung des minderjährigen Alters des AW entsprochen. Zitiert wurde aus weiteren Berichten betreffend die bereits angesprochenen Themenbereiche.

Der Beschwerde beigelegt wurde ein abfotografierter und per Handy nach Österreich geschickter zweiseitiger Auszug aus einer angeblich bei Gericht eingebrachten Klage im Familienverfahren (Datumsangaben sind daraus nicht erkennbar).

1.1.7. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 27.08.2018, 32 Hv 6/18z, wurde der AW (gemeinsam mit einem anderen jungen Mann) im Jugendgerichtsverfahren wegen Vergehen gemäß § 27 Suchtmittelgesetz (SMG, Unerlaubter Umgang mit Suchtmitteln) zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt.

1.1.8. Das BVwG führte über die eingebrachte Beschwerde am 18.10.2018 eine mündliche Verhandlung durch, zu der der AW unentschuldigt nicht erschien, und wies mit mündlich verkündetem Erkenntnis vom selben Tag die Beschwerde gemäß §§ 3, 8, 10 und 57 AsylG, § 9 BFA-VG und §§ 52 und 55 Fremdenpolizeigesetz (FPG) als unbegründet ab.

1.1.9. Ein Gerichtshof des öffentlichen Rechts wurde gegen diese Entscheidung nicht angerufen.

1.2. Gegenständliches Verfahren:

1.2.1. Der AW wurde in Schubhaft genommen und stellte am 16.01.2019 den gegenständlichen Folgeantrag (zweiten Antrag) auf internationalen Schutz.

1.2.2. Im Zuge seiner Erstbefragung am 17.01.2019 im Anhaltezentrum Vordernberg (Landespolizeidirektion Steiermark) führte er aus, dass er seit ca. vier Monaten seine Mutter und seine Schwester nicht mehr erreichen könne. Er glaube, sie seien in großer Gefahr und wenn er zurückgehe, würde auch der AW damit konfrontiert werden. Außerdem habe er niemanden in Indien, zu dem er zurückgehen könne. Die anderen Gründe habe er schon bei seinem ersten Asylantrag genannt.

Laut Niederschrift gab der AW weiters an: "Wegen Grundstücksstreitigkeiten werden mich meine Verwandten umbringen".

Der AW gab an, er wolle aus der Schubhaft entlassen werden. Wenn er etwas von seiner Familie höre, sei er auch bereit, bei der Rückführung mitzuwirken. Ein namentlich genannter Landsmann, der in Graz lebe, unterstütze ihn.

1.2.3. Am 21.01.2019 wurde der AW über Videostream von Organen des BFA, Erstaufnahmestelle (EAST) West in St. Georgen im Attergau im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Punjabi einvernommen.

Der AW wiederholte dabei im Wesentlichen inhaltlich seine Angaben bei seiner (zweiten) Erstbefragung (siehe oben Punkt 1.2.2.). Er wolle noch angeben, dass ein Junge, der damals mit ihm gemeinsam in Österreich eingereist und innerhalb kurzer Zeit nach Indien abgeschoben worden sei, dort ermordet ("angezündet") worden sei. Der AW legte ein Foto, auf dem er selbst mit diesem Jungen abgebildet sei, sowie die Kopie eines Zeitungsberichtes zu dessen Ermordung vor (aus dem Bericht war keine Datumsangabe erkennbar). Seine Mutter habe ihm diesen Bericht geschickt.

Auf Aufforderung, sein Handy der Behörde zu überlassen, damit seine Angabe, er habe keinen Kontakt mehr zu seiner Familie, überprüft werden könnte, verweigerte der AW dies mit der Angabe, er habe auch private Sachen drinnen.

1.2.4. Mit Verfahrensanordnung vom 21.01.2019 teilte das BFA dem AW gemäß § 29 Abs. 3 AsylG mit, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da entschiedene Sache im Sinne des § 68 AVG vorliege. Zudem sei beabsichtigt, den faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid aufzuheben (§ 12a Abs. 2 AsylG). Diese Mitteilung wurde dem AW nachweislich (mit seiner Unterschrift) am selben Tag persönlich übergeben.

1.2.5. Am 23.01.2019 wurde der AW nach erfolgter Rechtsberatung und im Beisein eines Rechtsberaters und eines Dolmetsch für die Sprache Punjabi im Stande der Schubhaft erneut über Videostream von Organen des BFA niederschriftlich einvernommen.

Der AW gab an, sein "WhatsApp" funktioniere nicht mehr. Die ihm bei seiner Einvernahme am 21.01.2019 ausgefolgten "Länderinformationsblätter" habe er noch nicht gelesen.

Dem AW wurde mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen nunmehr zweiten Asylantrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Sein faktischer Abschiebeschutz werde aberkannt und ein voraussichtlich "2-3jähriges Einreise-Verbot für den Schengen-Raum" verhängt werden.

1.2.6. Mit mündlich verkündetem Bescheid des BFA vom 23.01.2019 wurde der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 AsylG in Anwendung des § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben.

Begründend wurde nach einer Wiederholung des Verfahrensganges und Darstellung des Sachverhaltes im Wesentlichen festgestellt, dass der AW im Erstverfahren neben glaubhaften wirtschaftlichen Gründen unglaubhaft Familienstreitigkeiten angeführt hätte. Im gegenständlichen Verfahren hätte sich der AW neben seiner neuen Behauptung, dass er seit vier bis fünf Monaten keinen Kontakt mehr zu seiner Familie habe, lediglich auf sein bereits im Vorverfahren erstattetes Vorbringen gestützt.

Der AW habe damit keinen neuen Sachverhalt vorgebracht und sich auf bereits rechtskräftig als unglaubhaft beurteilte Fluchtgründe bezogen. Da sich die allgemeine Lage wie auch seine persönlichen Verhältnisse und sein körperlicher Zustand seit der letzten Entscheidung des Bundesamtes nicht entscheidungswesentlich geändert hätten, könne davon ausgegangen werden, dass eine Abschiebung in seinen Herkunftsstaat für den AW zu keiner Bedrohung der angeführten Rechte nach der EMRK führen werde.

Die vom AW mit vorgelegten Beweismitteln belegte behauptete Geschichte betreffend seinen Bekannten, der angeblich in Indien nach Abschiebung getötet worden sei, beurteilte die Erstbehörde in einer detaillierten nachvollziehbaren und schlüssigen Beweiswürdigung als unglaubhaft - dies noch abgesehen davon, dass sie auch in keinem Zusammenhang mit dem Fluchtvorbringen des AW steht.

Insgesamt habe sich kein neuer objektiver Sachverhalt (gegenüber dem bereits rechtskräftig entschiedenen) ergeben.

1.2.7. Die Verwaltungsakten (samt Vorakten) langten am 28.01.2019 beim BVwG ein.

1.2.8. Mit Aktenvermerk vom 28.01.2019, Zahl W191 2181302-2/3Z, hielt das BVwG fest, dass nach dem Ergebnis einer unverzüglichen Prüfung seitens des BVwG aus heutiger Sicht nicht zu entscheiden gewesen wäre, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht rechtmäßig gewesen wäre.

Es sei aus ho. derzeitiger Sicht (auf Basis der aktuell vorliegenden Aktenlage) nicht anzunehmen, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des AW nach Indien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Ein diesbezügliches Vorbringen sei - nach dem Ergebnis einer Grobprüfung - nicht glaubhaft erstattet worden.

2. Ermittlungsergebnis (Sachverhaltsfeststellungen):

2.1. Der AW ist Staatsangehöriger von Indien und führt den Namen XXXX , geboren am XXXX . Er stellte im Bundesgebiet bereits einmal einen Antrag auf internationalen Schutz, der nach Führung eines inhaltlichen Verfahrens rechtskräftig mit Erkenntnis des BVwG abgewiesen wurde.

2.2. Der AW hat am 16.01.2019 (gegenständlichen) zweiten Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Im gegenständlichen Verfahren bezieht sich der AW ausschließlich auf Gründe, die bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des ersten vom AW initiierten Asylverfahrens bestanden haben.

2.3. In Bezug auf den AW besteht kein hinreichend schützenswertes Privat- und/oder Familienleben im Bundesgebiet. Es bestehen keine Hinweise, dass beim AW etwaige (schwerwiegende) physische bzw. psychische Erkrankungen vorlägen, die einer Rückkehr nach Indien entgegenstehen würden.

2.4. Es ist nicht ersichtlich, dass eine Abschiebung des AW nach Indien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Es liegen keine Umstände vor, welche seiner Außerlandesbringung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Der AW verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung.

2.5. Eine entscheidungswesentliche Änderung der Ländersituation im Herkunftsstaat ist seit der Entscheidung über den vorhergehenden Antrag des AW auf internationalen Schutz nicht eingetreten.

2.6. Der Folgeantrag wird voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.

3. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten des Bundesamtes und des BVwG.

3.1. Zur Person des AW:

Die Feststellungen zu Staatsangehörigkeit, Name und Geburtsdatum des AW ergeben sich aus seinen Angaben vor dem BFA und in der Stellungnahme bzw. in der Beschwerde im Vorverfahren.

Das Vorliegen eines schützenswerten Privat- oder Familienlebens in Österreich wurde im Verfahren nicht behauptet bzw. hinreichend dargelegt. Hinweise auf erhebliche gesundheitliche Probleme liegen nicht vor und wurden vom AW auch nicht behauptet.

3.2. Zu den Fluchtgründen des AW:

Im gegenständlichen (zweiten) Asylverfahren bringt der AW keine essenziell neuen Gründe für die Stellung des Antrages auf internationalen Schutz vor. Sein Fluchtvorbringen wurde bereits im Erstverfahren als unglaubhaft beurteilt.

Sein neues Vorbringen, dass er seit vier bis fünf Monaten keinen Kontakt mehr mit seiner Familie habe und daher Angst um sie (und um sich) habe, steht mit seinem Vorbringen im rechtskräftig als unglaubhaft beurteilten und negativ entschiedenen Vorfahren in engem Zusammenhang.

Der AW hat auch Belege vorgelegt (angeblich abfotografiertes Schreiben an das Gericht, Zeitungsartikel), aus diesen sind jedoch regelmäßig konkrete Daten - wie etwa Zeitangaben etc. - nicht erkennbar. Auffällig war auch, dass der AW einer Überprüfung seines Mobiltelefons dahingehend, ob er tatsächlich keinen Kontakt mehr mit seiner Familie habe bzw. ob "WhatsApp" tatsächlich nicht mehr bei ihm funktioniert, unter Vorgabe von privaten Gründen verweigert hat.

Seinen neuen, auf den bereits rechtskräftig als unglaubhaft erkannten Angaben aufbauenden neuen Behauptungen wohnt somit kein glaubhafter Kern inne.

Im vorliegenden Fall ist somit der Behörde nicht entgegen zu treten, wenn sie zur Auffassung gelangt ist, dass das Vorbringen des Fremden nicht glaubhaft ist, nur auf einem bereits abgehandelten Fluchtgrund aufbaut und daher von einer entschiedenen Sache auszugehen sein wird.

Dass sich seit der Erlassung der rechtskräftigen Entscheidung im Vorverfahren in Indien allgemein und für den gegenständlichen Fall relevant eine entscheidende Lageveränderung ergeben hätte, kann in diesem Fall verneint werden. Ein Abgleich zwischen den Länderfeststellungen des letzten Asylverfahrens und dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Indien vom 09.01.2017 im gegenständlichen Verfahren ergibt keine relevante Verschlechterung der allgemeinen Situation in Indien.

5. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

5.2.1. Anzuwendendes Recht:

Der mit "Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen" betitelte § 12a AsylG in der geltenden Fassung lautet:

"§ 12a.

(1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn

1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,

2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt und

3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben., und

4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(3) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gemäß Abs. 2 binnen achtzehn Tagen vor einem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn zum Antragszeitpunkt

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Fremde über den Abschiebetermin zuvor nachweislich informiert worden ist und

3. darüber hinaus

a) sich der Fremde in Schub-, Straf- oder Untersuchungshaft befindet;

b) gegen den Fremden ein gelinderes Mittel (§ 77 FPG) angewandt wird, oder

c) der Fremde nach einer Festnahme gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 oder 3 BFA-VG iVm § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG angehalten wird.

Liegt eine der Voraussetzungen der Z 1 bis 3 nicht vor, ist gemäß Abs. 2 vorzugehen. Für die Berechnung der achtzehntägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht.

(4) In den Fällen des Abs. 3 hat das Bundesamt dem Fremden den faktischen Abschiebeschutz in Ausnahmefällen zuzuerkennen, wenn der Folgeantrag nicht zur ungerechtfertigten Verhinderung oder Verzögerung der Abschiebung gestellt wurde. Dies ist dann der Fall, wenn

1) der Fremde anlässlich der Befragung oder Einvernahme (§ 19) glaubhaft macht, dass er den Folgeantrag zu keinem früheren Zeitpunkt stellen konnte oder

2) sich seit der letzten Entscheidung die objektive Situation im Herkunftsstaat entscheidungsrelevant geändert hat.

Über das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und 2 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu entscheiden. Wurde der Folgeantrag binnen zwei Tagen vor dem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, hat sich die Prüfung des faktischen Abschiebeschutzes auf das Vorliegen der Voraussetzung der Z 2 zu beschränken. Für die Berechnung der zweitägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht. Die Zuerkennung des faktischen Abschiebeschutzes steht einer weiteren Verfahrensführung gemäß Abs. 2 nicht entgegen.

(5) Abweichend von §§ 17 Abs. 4 und 29 Abs. 1 beginnt das Zulassungsverfahren in den Fällen des Abs. 1 und 3 bereits mit der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz.

(6) Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn es wurde ein darüber hinausgehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt. Anordnungen zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG und Ausweisungen gemäß § 66 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht."

Gemäß § 22 Abs. 10 AsylG in der geltenden Fassung ergehen Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakte sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.

Der mit "Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes" betitelte § 22 BFA-VG lautet:

"(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakte bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

5.2.2. Zu den Voraussetzungen des § 12a AsylG im Detail:

5.2.2.1. Aufrechte Rückkehrentscheidung:

Gegen den AW liegt eine rechtskräftige aufrechte Rückkehrentscheidung vor. Der AW hat das Bundesgebiet seit seiner ersten Asylantragsstellung nicht verlassen.

5.2.2.2. Res iudicata (entschiedene Sache):

Der AW hat im gegenständlichen zweiten Asylverfahren anlässlich seiner niederschriftlichen Befragung bzw. Einvernahme vor dem BFA erklärt, aus den gleichen (bzw. modifizierten) Gründen wie schon im ersten Asylverfahren erneut einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen. Aus dem Vorbringen zum Folgeantrag ergibt sich daher, wie auch in der Sachverhaltsdarstellung und der Beweiswürdigung aufgezeigt, kein entscheidungswesentlicher neuer Sachverhalt.

Auch die für den AW maßgebliche Ländersituation ist seit dem Erkenntnis des BVwG vom 18.10.2018 im Wesentlichen gleich geblieben, und wurde Gegenteiliges auch nicht behauptet.

5.2.2.3. Prüfung der Verletzung von Rechten nach der EMRK:

Im vorangegangen Verfahren haben das BFA sowie das BVwG ausgesprochen, dass der AW bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung der Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde (§ 50 FPG).

Auch im gegenständlichen, zweiten Asylverfahren sind - im Lichte der eben getroffenen Erwägungen - keine Risiken für den AW im Sinne von § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG hervorgekommen oder substantiiert behauptet worden. Es sind auch keine erheblichen in der Person des AW liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, wie beispielsweise eine schwere Erkrankung, die eine umfassende Refoulementprüfung für notwendig erscheinen lassen würden. Auch seitens des AW wurde kein entsprechendes konkretes Vorbringen hiezu getätigt.

Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des AW in seinen Herkunftsstaat stellt für ihn somit keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention dar bzw. ist ein Eingriff in allfällig bestehende Rechte nach Art. 8 EMRK gerechtfertigt. Es besteht für ihn als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens und seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes.

5.2.2.4. Rechtmäßiges Verfahren:

Im Verfahren zur Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG durch das BFA ist ein Ermittlungsverfahren durchzuführen (vgl. § 18 AsylG), wobei auch der Grundsatz der Einräumung von rechtlichem Gehör (§§ 37, 45 Abs. 3 AVG) zu beachten ist.

Ein solches Ermittlungsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt, dem AW wurde Parteiengehör eingeräumt, und er wurde am 21.01.2019 und 23.01.2019 einvernommen.

5.2.3. Gemäß § 22 Abs. 1 2. Satz BFA-VG ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 in der geltenden Fassung, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH zum Themenbereich res iudicata (entschiedene Sache) auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind somit weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen, zumal im vorliegenden Fall vornehmlich die Klärung von Sachverhaltsfragen maßgeblich für die zu treffende Entscheidung war.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zum Teil zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich weitestgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz,
Folgeantrag, Identität der Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W191.2181302.2.00

Zuletzt aktualisiert am

12.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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