TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/6 W133 2171974-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.02.2019
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Entscheidungsdatum

06.02.2019

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W133 2171974-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Vorsitzende und den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Prof. Dr. Gerd GRUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 04.08.2017, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in dem Behindertenpass zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin stellte zunächst am 18.06.2015 beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (im Folgenden als "belangte Behörde" bezeichnet), Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme der Zusatzeintragungen "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung", "Bedarf einer Begleitperson" und "überwiegend auf den Gebrauch eines Rollstuhles angewiesen" in dem Behindertenpass.

Nach Durchführung einer medizinischen Begutachtung wurde der Beschwerdeführerin am 04.04.2016 ein Behindertenpass mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50% ausgestellt. Mit Bescheid vom 30.03.2016 wies die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in dem Behindertenpass ab. Mit weiterem Bescheid vom 01.04.2016 wies die belangte Behörde die Anträge auf Vornahme der Zusatzeintragungen "Bedarf einer Begleitperson" und "überwiegend auf den Gebrauch eines Rollstuhles angewiesen" in dem Behindertenpass ab. Diesen Entscheidungen wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten vom 29.10.2015 zugrunde gelegt, worin medizinisch festgestellt worden war, dass bei der Beschwerdeführerin keine erheblichen Einschränkungen an den oberen und unteren Extremitäten vorlagen, die Orientierungsfähigkeit der Beschwerdeführerin ausreichend gegeben war und auch ausreichende Mobilität bestand. Diese beiden Bescheide erwuchsen in Rechtskraft.

Bereits am 08.03.2017 stellte die Beschwerdeführerin neuerlich Anträge auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in dem Behindertenpass und auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29bStVO.

In dem in weiterer Folge von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 26.07.2017 wurde auf der Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin zusammengefasst die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus medizinischer Sicht neuerlich als zumutbar erachtet sowie diese Beurteilung auch im Gutachten begründet.

Mit Bescheid vom 04.08.2017 wies die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" vom 08.03.2017 gemäß §§ 42 und 45 Bundesbehindertengesetz ab. Sie stützte den Bescheid auf die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens.

Mit weiterem Bescheid vom 07.08.2017 wies die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO ebenfalls ab, da die Beschwerdeführerin nicht Inhaberin eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" ist.

Mit anwaltlichen Schriftsätzen vom 04.09.2017 erhob der Beschwerdeführer gegen beide Bescheide fristgerecht eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin wendet sie sich gegen das medizinische Sachverständigengutachten und führt zusammengefasst aus, dass ihr die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar sei. Sie sei auf die Benützung eines Rollstuhles angewiesen und könne eine kurze Wegstrecke von 300 bis 400 Meter nicht aus eigener Kraft zurücklegen.

Aufgrund der erhobenen Einwendungen veranlasste das Bundesverwaltungsgericht eine neuerliche medizinische Begutachtung der Beschwerdeführerin durch eine Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Unfallchirurgie mit der Zusatzqualifikation Orthopädie. In ihrem Gutachten vom 27.09.2018 kam auch die nunmehrige Sachverständige zum Ergebnis, dass aus medizinischer Sicht die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung nicht vorliegen. Sie begründete ihre Beurteilung ausführlich in dem Gutachten.

Mit Schreiben vom 08.11.2018 räumte das Bundesverwaltungsgericht beiden Parteien förmliches Parteiengehör zu dem aktuellen Gutachten ein.

Die belangte Behörde erstatte keine Stellungnahme.

Die Beschwerdeführerin erstattete mit anwaltlichem Schriftsatz vom 22.11.2018 eine Stellungnahme, worin sie zusammengefasst ausführt, dass die Ausführungen im Gutachten, wonach keine objektivierbaren Funktionseinschränkungen vorlägen und nicht begründbar sei, dass die Beschwerdeführerin einen Rollstuhl benütze, nicht richtig seien. Vielmehr sei es der Beschwerdeführerin nicht möglich, auch nur eine kurze Wegstrecke ohne fremde Hilfe und ohne Rollstuhl zurück zu legen. Der Stellungnahme wurden keine medizinischen Befunde beigelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H.

Sie hat ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Am 08.03.2017 stellte die Beschwerdeführerin unter anderem einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in dem Behindertenpass.

Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1) Abnützungserscheinungen der Wirbelsäule mit mäßigen funktionellen Einschränkungen;

2) Diabetes mellitus, insulinpflichtig, ohne Nachweis von Dauerfolgen;

3) Schilddrüsenunterfunktion;

4) Bluthochdruck;

5) geringradige Bewegungseinschränkung beider Schultergelenke.

Bei der Beschwerdeführerin liegen keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor. Bei der klinischen Untersuchung im Rahmen der Begutachtung konnte keine Funktionseinschränkung der unteren Extremitäten festgestellt werden. Weder liegt eine Einschränkung des Bewegungsumfangs der Gelenke der unteren Extremitäten, noch eine muskuläre Schwäche vor, sodass das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300-400 m nicht erheblich erschwert ist. Das Überwinden von Niveauunterschieden ist zumutbar und möglich, Einsteigen, Aussteigen und Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln ist zumutbar und möglich, da ausreichende Kraft und Beweglichkeit objektivierbar sind.

Bei der Beschwerdeführerin liegen auch keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor. Es bestehen weder objektivierbare Durchblutungsstörungen noch eine objektivierbare kardiopulmonale Funktionseinschränkung.

Auch bestehen bei der Beschwerdeführerin keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten oder Funktionen. Es liegen keine Befunde über diesbezügliche erhebliche Einschränkungen vor, auch konnte bei der klinischen Untersuchung von der Sachverständigen kein diesbezüglicher Hinweis gefunden werden.

Es besteht auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems und auch keine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit.

Zum Ausmaß und den Auswirkungen der festgestellten Leidenszustände nach ihrer Art und Schwere auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wird festgestellt:

Die Abnützungserscheinungen der Wirbelsäule mit mäßigen funktionellen Einschränkungen ohne neurologisches Defizit wirken sich nicht erheblich erschwerend auf das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke und die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus.

Dokumentierte Dauerfolgen bei insulinpflichtigem Diabetes mellitus liegen nicht vor. Es wird zwar eine Gangunsicherheit - Gehen wie auf Watte - anamnestisch vorgebracht, Befunde über ein neurologisches Defizit liegen aber nicht vor, auch konnte bei der klinischen Untersuchung keine relevante Gangbildbeeinträchtigung festgestellt werden.

Die geringgradige Bewegungseinschränkung beider Schultergelenke, links mehr als rechts, führt zu keiner maßgeblichen Erschwernis, Aufstiegshilfen und Haltegriffe können erreicht werden, Festhalten ist möglich, sodass der sichere Transport nicht erheblich erschwert ist. Schilddrüsenunterfunktion und Bluthochdruck wirken sich nicht erschwerend auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus.

Zu allfälligen Schmerzzuständen (Art und Ausmaß), die speziell mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einhergehen, wird festgestellt:

Art und Ausmaß allfälliger Schmerzzustände, die speziell mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einhergehen, können nur indirekt erfasst werden.

Anhand des im Rahmen der medizinischen Begutachtung beobachteten Gangbilds - mit Anhalten hinkfrei und mäßig zügig-, der sicheren Gesamtmobilität, des aktuellen Untersuchungsergebnisses mit freier Beweglichkeit sämtlicher Gelenke der unteren Extremitäten und dem derzeitigen Therapieerfordernis (Novalgin 2 x 500mg) ergibt sich kein Hinweis auf höhergradige Schmerzzustände, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Überwinden von Niveauunterschieden und die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschwerten.

Es bestehen Therapieoptionen hinsichtlich einer Intensivierung einer medikamentös analgetischen Therapie und rehabilitativer Maßnahmen.

Das behinderungsbedingte Erfordernis der Verwendung eines Rollstuhls ist unter Berücksichtigung der Ergebnisse der gutachterlichen Untersuchung und vorgelegter Befunde nicht begründbar.

Im Ergebnis deckt sich das aktuelle Fachgutachten auch mit der Beurteilung des Gutachtens eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 26.07.2017, welches die belangte Behörde dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt hat, sowie des Vorgutachtens vom 01.10.2015. in allen drei Gutachten wurde die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus medizinischer Sicht als der Beschwerdeführerin zumutbar beurteilt. Die Verwendung eines Rollstuhles wurde aus medizinischer Sicht als nicht erforderlich erachtet.

Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, wechselseitiger Leidensbeeinflussung, medizinischer Diagnose und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen medizinischen Beurteilungen in dem Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Unfallchirurgie mit der Zusatzqualifikation Orthopädie vom 27.09.2018 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.

Dieses Gutachten wurde von der rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführerin nicht substantiiert bestritten. Es wurde von der Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom 22.11.2018 allgemein als unrichtig erachtet und auf die Notwendigkeit der Zuhilfenahme eines Rollstuhles hingewiesen. Befunde, welche dem Gutachten widersprechen würden, wurden nicht vorgelegt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen über die Ausstellung eines Behindertenpasses, den aktuellen Grad der Behinderung und über das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" im Behindertenpass basieren auf dem Akteninhalt.

Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Inland ergibt sich aus dem im Akt aufliegenden Auszug aus dem Zentralen Melderegister; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführerin ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Auch die belangte Behörde ging vom Vorliegen dieser Voraussetzung aus.

Die Feststellungen zu den bestehenden Leidenszuständen und zur aktuellen Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gründen sich auf das durch das Bundesverwaltungsgericht eingeholte Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Unfallchirurgie mit der Zusatzqualifikation Orthopädie vom 27.09.2018, welches im Ergebnis die Beurteilung des dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Gutachtens bestätigt. Darin wird nachvollziehbar ausgeführt, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für die Beschwerdeführerin aktuell zumutbar ist. In dem Gutachten wird auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Die Gutachterin setzt sich auch umfassend und nachvollziehbar mit den im Zuge des Verfahrens vorgelegten Befunden auseinander. Die getroffene Beurteilung basiert auf den im Rahmen persönlicher Untersuchungen erhobenen Befunden und entspricht auch den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen (zur Art und zum Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen und deren Auswirkungen wird auf die detaillierten, oben im Original wiedergegebenen Ausführungen in dem Gutachten verwiesen).

Die getroffene medizinische Beurteilung deckt sich auch mit den Ergebnissen der Untersuchung im Rahmen der Statuserhebung. Im Klinischen Fachstatus hielt die Gutachterin Folgendes fest:

"STATUS:

Allgemeinzustand gut, Ernährungszustand: BMI 34,3 Größe 163 cm, Gewicht 91 kg, RR 115/75, 72 a

Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen Thorax:

symmetrisch, elastisch

Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch.

Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein Druckschmerz.

Integument: unauffällig

Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:

Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse.

Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird im Bereich des Ringfingers und Kleinfingers links als herabgesetzt, sonst als ungestört angegeben.

Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.

Schultergelenke beis.: endlagige Bewegungsschmerzen im Bereich der Schultergelenke,

kein Hinweis für Ruptur der Rotatorenmanschette

Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Schultern F und S rechts je 0/120, links je 0/100, Rotation links endlagig eingeschränkt, rechts frei, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig.

Nacken- und Schürzengriff sind endlagig eingeschränkt durchführbar.

Becken und beide unteren Extremitäten:

Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits mit Anhalten und ohne Einsinken durchführbar.

Der Einbeinstand ist mit Anhalten möglich. Die tiefe Hocke ist zu 1/3 möglich.

Die Beinachse ist im Lot. Symmetrische Muskelverhältnisse.

Beinlänge ident.

Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine Varizen, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich.

Hüftgelenke beids.: endlagige Beugeschmerzen, sonst unauffällig

Kniegelenke und Sprunggelenke unauffällig

Aktive Beweglichkeit: Hüften, Knie, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich.

Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich.

Wirbelsäule:

Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet, mäßig Hartspann paralumbal, Klopfschmerzen in der unteren Lendenwirbelsäule seitlich und am lumbosakralen Übergang, ISG und Ischiadicusdruckpunkte sind frei.

Aktive Beweglichkeit:

HWS: in allen Ebenen annähernd frei beweglich

BWS/LWS: FBA: 25 cm, in allen Ebenen 1/3 eingeschränkt beweglich

Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Kommt im Elektrorollstuhl, das Gehen im Untersuchungszimmer ist mit Anhalten hinkfrei und mäßig zügig möglich, Wendemanöver ohne Anhalten sicher durchführbar, Gesamtmobilität annähernd unauffällig, Hose anziehen im Stehen möglich, Schuhe anziehen im Sitzen unauffällig durchführbar.

Status psychicus: Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen."

Der von der Sachverständigen erhobene klinische Status deckt sich auch mit den vorgelegten Befunden.

In der Beschwerde wird vorgebracht, dass eine kurze Wegstrecke von 300-400 m nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden könne. Das Ausmaß der Einschränkungen der Wirbelsäule und der linken Schulter sei nicht dahingehend untersucht worden, ob aufgrund dieser Erkrankungen eine Gehstrecke von zumindest 300-400 m zurückgelegt werden kann. Die Beschwerdeführerin sei auf die Benützung eines Rollstuhles angewiesen und habe nach kurzen Strecken bereits Schmerzen, es bestehe auch eine Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit.

Im aktuellen Gutachten kommt - wie oben dargelegt wurde - auch die nunmehrige Sachverständige zur medizinischen Beurteilung, dass keine objektivierbare Funktionseinschränkung vorliegt, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300-400 m erheblich erschweren könnte. Insbesondere wird auf das Untersuchungsergebnis mit freier Beweglichkeit der Gelenke der unteren Extremitäten ohne Hinweis für muskuläres oder neurologisches Defizit und auf die gute Gesamtmobilität mit sicherem Gehen und sicheren Wendebewegungen hingewiesen.

Maßgebliche Funktionseinschränkungen im Bereich der Wirbelsäule liegen nicht vor. Die Beweglichkeit der linken Schulter ist zwar eingeschränkt, das Erreichen von Haltegriffen oder Aufstiegshilfen ist jedoch möglich. Das behinderungsbedingte Erfordernis der Verwendung eines Rollstuhls ist anhand der durchgeführten Untersuchung und vorgelegten Befunde nicht begründbar. Schmerzen bereits nach kurzer Wegstrecke sind nicht durch entsprechende Befunde untermauert, insbesondere konnten keine Befunde der bildgebenden Diagnostik vorgelegt werden, welche eine höhergradige Veränderung dokumentierten.

Eine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit ist nicht gegeben. Es liegen weder objektivierbare Durchblutungsstörungen vor, noch eine objektivierbare kardiopulmonale Funktionseinschränkung.

Es liegen somit zum Entscheidungszeitpunkt zusammengefasst keine ausreichend erheblichen Funktionseinschränkungen bei der Beschwerdeführerin vor.

Es bestehen zudem Therapieoptionen durch eine zumutbare Intensivierung einer medikamentös analgetischen Therapie und rehabilitativer Maßnahmen.

Das aktuelle Gutachten wurde von der Beschwerdeführerin nicht substantiiert bestritten. Ihr Einwand, ein Rollstuhl sei für sie erforderlich und sie sei nicht ausreichend mobil, wurde nicht durch medizinische Fachbefunde belegt.

Die Beschwerdeführerin ist dem Sachverständigengutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden aktuellen Sachverständigengutachtens. Es wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) BGBl. Nr. 283/1990, idF des BGBl. I Nr. 32/2018, lauten auszugsweise:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

...

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

......

§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."

§ 1 Abs. 4 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 in der Fassung des BGBl. II Nr. 263/2016, lautet auszugsweise:

"§ 1 ....

(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen: 1. die Art der Behinderung, etwa dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes

a)......

b)......

......

2. ...... 3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des

Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und - erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder - erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder - erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder - eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder - eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d vorliegen.

(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

(6)......"

Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN.).

In den auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz veröffentlichten Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen zur Stammfassung BGBl. II 495/2013 wird - soweit im Beschwerdefall relevant - Folgendes ausgeführt:

Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise) - (nunmehr seit der Novelle BGBl. II Nr. 263/2016 unter § 1 Abs. 4 Z. 3 geregelt):

"Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.

..........

Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.

Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.

Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.

.........

Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:

-

arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option

-

Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen

-

hochgradige Rechtsherzinsuffizienz

-

Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie

-

COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie

-

Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie

-

mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss benützt werden.

.........

Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:

-

Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,

-

hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,

-

schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,

-

nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden - Begleitperson ist erforderlich.

Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:

-

anlagebedingten, schweren Erkrankungen des Immunsystems (SCID - sever combined immundeficiency),

-

schweren, hämatologischen Erkrankungen mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit (z.B: akute Leukämie bei Kindern im 2. Halbjahr der Behandlungsphase, Nachuntersuchung nach Ende der Therapie),

-

fortgeschrittenen Infektionskrankheiten mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit,

-

selten auftretenden chronischen Abstoßungsreaktion nach Nierentransplantationen, die zu zusätzlichem Immunglobulinverlust führen.

......."

Wie oben unter Punkt II.2. eingehend ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Unfallchirurgie mit der Zusatzqualifikation Orthopädie vom 27.09.2018 zu Grunde gelegt, wonach der Beschwerdeführerin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist. Weder bestehen entscheidungserhebliche Einschränkungen der oberen oder unteren Extremitäten, noch erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit, noch ausreichend erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten oder Funktionen.

Auch liegen keine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubheit, und auch keine anhaltende Erkrankung des Immunsystems vor.

Ein psychiatrisches Leiden in einem Ausmaß, welches die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in unzumutbarem Ausmaß behindert, wurde ebenfalls nicht belegt. Es liegt im Beschwerdefall auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems im Sinne der genannten Verordnung vor.

Wie ebenfalls bereits oben im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, wurden von der Beschwerdeführerin keine Befunde vorgelegt, die das Gutachten entkräften oder diesem widersprechen würden. Das Gutachten erweist sich als richtig, vollständig und schlüssig.

Da festzustellen war, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen kein Ausmaß erreichen, welches aktuell die Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" rechtfertigt, war die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid spruchgemäß abzuweisen.

Die Beschwerdeführerin ist aber darauf hinzuweisen, dass bei einer befundmäßig objektivierten erheblichen Verschlechterung ihres Leidenszustandes eine neuerliche Antragstellung und die neuerliche Prüfung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.

Die Entscheidung über die Beschwerde gegen den Bescheid vom 07.08.2017, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO, ergeht aufgrund der dortigen Einzelrichterzuständigkeit in einer abgesonderten Entscheidung.

Im gegenständlichen Fall wurde die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen (Schmerzen, Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen, deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel) gehören dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird (vgl. dazu die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 09.06.2017, Zl. E 1162/2017-5).

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass, Sachverständigengutachten, Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W133.2171974.1.00

Zuletzt aktualisiert am

13.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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