TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/7 W279 2211176-3

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Veröffentlicht am 07.02.2019
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Entscheidungsdatum

07.02.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W279 2211176-3/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. KOREN als Einzelrichter im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl 830025710 - 180626389, über die weitere Anhaltung von XXXX , geb. XXXX , marokkanischer alias algerischer alias tunesischer Staatsangehöriger in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1.1. Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.08.2018, Zl 830025710 - 180626389, wurde gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG über den Fremden die Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Dieser Mandatsbescheid wurde dem Genannten durch persönliche Übergabe am selben Tag ordnungsgemäß zugestellt.

Die Behörde ging dabei, gestützt auf § 76 Abs. 3 Ziffern 1, 3, 8 und 9 FPG, von erheblicher Fluchtgefahr aus und begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der Fremde durch seine Nichtmitwirkung an der Erlangung eines Ersatzreisedokuments sowie wegen falscher Angabe in Bezug auf seine Staatsangehörigkeit und fehlender Bekanntgabe einer Adresse nicht nur die Abschiebung behindere, sondern zudem versucht habe, diese zu vereiteln. In Ermangelung seiner Ausreisebereitschaft und Achtung der österreichischen Gesetze hätte er trotz rechtskräftiger Ausreiseentscheidung darauf beharrt und den illegalen Aufenthalt im Bundesgebiet fortgesetzt, weiters es unterlassen der Behörde eine Abgabestelle beziehungsweise Adresse zu nennen, sei untergetaucht und für das Bundesamt nicht erreichbar gewesen. Im Anschluss an seine illegale Einreise und nachfolgende Antragstellung auf internationalen Schutz habe der Fremde keinerlei Bereitschaft gezeigt, am daraufhin eingeleiteten Asylverfahren aktiv mitzuwirken. Vielmehr hätte es dieser vorgezogen, sich gänzlich dem Behördenzugriff zu entziehen und sei stattdessen innerhalb kürzester Zeit massiv straffällig geworden. Während seines gesamten Aufenthalts im Bundesgebiet zu keinem Zeitpunkt je aufrecht gemeldet, wäre der Genannte ausschließlich während seiner Strafhaft greifbar gewesen. Insgesamt achtfach strafrechtlich verurteilt, missachte der Fremde sämtliche Formen nationaler und internationaler Gesetze und ignoriere zudem konsequent seine Ausreiseverpflichtung, weshalb auch in Hinkunft von einem beharrlichen Negieren der österreichischen Rechtsordnung ausgegangen werden müsse, um sich auf diese Weise persönliche Vorteile zu verschaffen. Vor diesem Hintergrund erachte es die Behörde auch als äußerst wahrscheinlich, dass sich der Genannte in casu nicht für seine Abschiebung nach Marokko zur Verfügung halten werde.

Es bestünden keinerlei familiäre oder private Beziehungen in Österreich, der Grad der sozialen Verankerung des Fremden sei daher gering. Der Genannte gehe keiner legalen Beschäftigung nach, könne keine ausreichenden Existenzmittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes nachweisen und bestehe in Anbetracht seines bisherigen Verhaltens durchaus die Gefahr, dass er durch die Begehung von Strafrechtsdelikten seine finanzielle Lage aufzubessern versuchen oder in die real existierende und gesellschaftlich unerwünschte Schattenwirtschaft abwandern werde. Angesichts dieses massiven Fehlverhaltens gefährde ein weiterer Aufenthalt des Fremden im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Seitens des Bundesamtes wäre aus dem bisherigen Verhalten des Genannten jedenfalls deutlich erkennbar, wonach selbiger keinesfalls vertrauenswürdig sei. Es bestehe vielmehr die begründete Annahme, dass er seiner Ausreiseverpflichtung selbstständig und freiwillig nicht nachkommen werde und daher die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung zwingend notwendig wäre.

Im Ergebnis habe sich der Fremde während seines gesamten Aufenthaltes in Österreich weder wohlverhalten noch hätten gerichtliche Verurteilungen und erlittene Haftübel diesen zu einer Verhaltensänderung zu bewegen vermocht. Zu keiner Zeit habe sich der Genannte persönlich dazu in der Lage gesehen, sein bisheriges Verhalten vernünftig zu reflektieren und einen positiven Lebenswandel zu vollziehen. In Zusammenschau mit der Tatsache, dass der Fremde wiederholt ein absolut inakzeptables, nicht vertrauenswürdiges Verhalten gezeigt hätte (wiederholte Straffälligkeit während des Asylverfahrens, unsteter Aufenthalt, bewusste Täuschung der Behörden), gehe das Bundesamt somit davon aus, wonach er auch weiterhin dem österreichischen Rechtsstaat ablehnend gegenüberstehen werde und somit das Risiko des Untertauchens als beträchtlich anzusehen sei.

Die Verhängung der Schubhaft sei daher auch als verhältnismäßig anzusehen und stelle sich als eine Ultima-Ratio-Maßnahme dar, zumal die bisherigen Verfahrensverzögerungen zur Erlangung eines Heimreisezertifikates seinen eigenen divergierenden Angaben betreffend seine Staatsangehörigkeit geschuldet wären. Das Bundesamt habe bereits die Erlangung eines Einreisedokumentes bei der nun aktuellen Botschaft (Marokko) zeitnah veranlasst, wodurch seine Anhaltung in Schubhaft deswegen (insbesondere bei seiner Mitwirkung) relativ kurz gehalten werden könne. Auch sei dessen Haftfähigkeit objektiv unstrittig gegeben.

Am 23.08.2018 wäre der Fremde aus der Strafhaft in der Justizanstalt XXXX entlassen worden.

Da im vorliegenden Fall mit der Effektuierung der Abschiebung innerhalb der höchstzulässigen Schubhaftdauer jedenfalls zu rechnen wäre, da keine Umstände hervorgekommen seien, die die Abschiebung des Genannten innerhalb dieser Frist für unmöglich erscheinen ließen, erscheine die Anordnung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung vertretbar.

Am 28.04.2017 habe die Behörde bei der marokkanischen Botschaft die Ausstellung eines Ersatzreisedokuments beantragt; die Ausstellung eines Heimreisezertifikats sei sowohl am 20.07.2017, 30.10.2017, 18.12.2017, 12.02.2018, 24.09.2018, 17.10.2018 sowie zuletzt am 08.01.2019 urgiert worden.

In weiterer Folge wären bei der zwingend vorzunehmenden Verhältnismäßigkeitsprüfung folgende Faktoren einer Abwägung unterzogen worden:

-

Die unrechtmäßige Einreise des Genannten ins österreichische Staatsgebiet;

-

dessen unbegründete Asylantragstellung zwecks Vereitelung fremdenpolizeilicher Maßnahmen;

-

die vorsätzliche Präsentation falscher Angaben hinsichtlich seiner Staatsangehörigkeit, um durch diese Vorgangsweise die Erlangung eines Heimreisezertifikats zu behindern;

-

permanente Weigerung zur Kooperation mit den heimischen Behörden;

-

faktische Greifbarkeit ausschließlich in den Phasen der Strafhaft;

-

sofortige massive Straffälligkeit des Beschwerdeführers unmittelbar nach dessen illegalen Einreise im Ausmaß von insgesamt acht rechtskräftigen Verurteilungen nach dem StGB und SMG;

-

trotz diverser Verurteilungen keinerlei ansatzweise erkennbare Bereitschaft zur Änderung seines Lebenswandels;

-

angeblicher Nichtbesitz gültiger Reisedokumente;

-

keinerlei sichtbare Anzeichen für eine allfällige außergewöhnliche oder schützenswerte Integration;

-

keinerlei Barmittel;

-

bislang keine regelmäßig legal ausgeübte Beschäftigung;

-

keine Arbeitserlaubnis, weshalb angesichts der bisherigen Erfahrungswerte basierend auf seinem seither im Bundesgebiet gezeigten Verhalten von neuerlichen Strafrechtsverletzungen respektive der persönlichen Teilnahme an Zweigen der Schattenwirtschaft ausgegangen werden müsse.

Eine Abwägung zwischen den persönlichen Interessen der Freiheit des Fremden und den Interessen der Öffentlichkeit hinsichtlich eines geordneten Fremdenwesens (Verhältnismäßigkeit) habe daher ergeben, dass in diesem Fall den öffentlichen Interessen der Vorzug zu gewähren sei.

1.2. Der Genannte ist marokkanischer Staatsangehöriger, seine Identität steht nicht fest. Aufgrund diverser massiv voneinander abweichenden Angaben hinsichtlich seiner Staatsangehörigkeit - wahlweise Algerien, Tunesien und Marokko - konnten die beiden ersten Behauptungen durch entsprechende Recherchen bei der algerischen respektive tunesischen Botschaft eindeutig falsifiziert werden und läuft aktuell noch ein deckungsgleiches Verfahren in der marokkanischen Auslandsvertretungsbehörde. Er reiste unbekannten Datums illegal ins Bundesgebiet ein, stellte am 07.01.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz und entzog sich in weiterer Folge dem daraufhin eingeleiteten Verfahren. Während seines gesamten Aufenthalts wurde der Fremde wiederholt straffällig und beläuft sich die Anzahl seiner rechtskräftigen Verurteilungen mittlerweile auf insgesamt acht.

1.3. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 27.05.2013, Zl. 13 00.257-BAW, wurde der Antrag des Genannten vom 07.01.2013 gemäß §§ 3 Abs. 1 iVm 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den behaupteten Herkunftsstaat Algerien gemäß §§ 8 Abs. 1 iVm 2 Abs. 1 Z 13 leg. cit. abgelehnt (Spruchpunkt II.) und unter einem die Ausweisung des Fremden aus dem Österreichischen Bundesgebiet nach Algerien ausgesprochen (Spruchpunkt III.).

1.4. Mit Erkenntnis des BVwG vom 18.05.2015, Zl. I 401 1435734-1/14E, wurde die dagegen erhobene Beschwerde in den ersten beiden Spruchpunkten als unbegründet abgewiesen. Hinsichtlich Spruchpunkt III. wurde das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 75 Abs. 20 leg. cit. an die Erstinstanz zurückverwiesen.

1.5. Mit rechtskräftigem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.12.2016 wurde dem Fremden ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 2 leg. cit. iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF wurde gegen den Genannten eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 leg. cit. wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Genannten gemäß § 46 leg. cit. nach Algerien zulässig ist. Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 leg. cit. wurde ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot über den Rechtsmittelwerber verhängt.

1.6. Mit rechtskräftigem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.03.2018, Zl. 830025710 - 170483491, wurde dem Fremden ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG 2005, BGBl I Nr. 100/2005 idgF sowie ein auf zehn Jahre befristetes Einreiseverbot gemäß §§ 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 leg. cit. erlassen sowie gemäß § 52 Abs. 9 leg. cit. festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 leg. cit. nach Marokko zulässig ist.

1.7. Der Genannte wurde insgesamt achtmal rechtskräftig nach den Bestimmungen des StGB respektive SMG verurteilt.

1.8. Am 28.04.2017 hat die Behörde bei der marokkanischen Botschaft die Ausstellung eines Ersatzreisedokuments beantragt; die Ausstellung eines Heimreisezertifikats wurde sowohl am 20.07.2017, 30.10.2017, 18.12.2017, 12.02.2018, 24.09.2018, 17.10.2018 sowie zuletzt am 08.01.2019 urgiert.

1.9. Die Behörde verhängte mit Bescheid vom 22.08.2018, Zl. 830025710 - 180626389 gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF die Schubhaft über den Fremden. Die Anhaltung des Genannten in Schubhaft ist seit 23.08.2018 (Entlassung aus der Strafhaft) aufrecht.

1.10. Der Fremde befindet sich seit 23.08.2018 in Schubhaft. Die Behörde legte rechtzeitig am 14.12.2018 die Akten vor und beantragte den Ausspruch der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des Genannten in Schubhaft. In ihrer Stellungnahme im Sinne des Akteninhalts verwies die Behörde auf den Schubhaftbescheid und führte aus, dass sich die Gründe für die Schubhaft seither nicht geändert hätten. Insbesondere verwies die Behörde auf § 80 Abs. 4 FPG, wonach die Tatbestände gemäß Abs. 4 Z 1 und 4 erfüllt seien. Die lange Schubhaftdauer liege im Verhalten des Fremden begründet; so hätte dieser durch sein renitentes wie auch unkooperatives Verhalten die Erlangung eines Heimreisezertifikats deutlich verzögert. Dennoch werde bei den zuständigen marokkanischen Behörden regelmäßig urgiert, weshalb zeitnah mit einer praktischen Durchführung der Abschiebung zu rechnen sei.

1.11. Am 18.12.2018 sowie am 10.01.2019 wurde die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft nach §22a Abs. 4 BFA-VG vom Bundesverwaltungsgericht (W197 2211176-1/2E und W117 2211176-2/2E) überprüft.

II. Feststellungen:

1.1. Der Genannte ist nach wie vor nicht bereit, die österreichische Rechtsordnung zu respektieren und in sein Herkunftsland zurückzukehren. Er hat am Verfahren zu seiner Außerlandesbringung nicht nur nicht aktiv mitgewirkt, sondern versucht diese durch Angabe falscher Staatsangehörigkeit und wiederholtes Untertauchen zu sabotieren. Der Fremde ist nicht vertrauenswürdig, mehrfach straffällig und unsteten Aufenthalts - es besteht höchste Fluchtgefahr. Im Hinblick auf sein Verhalten ist er daher selbst verantwortlich für die Dauer der Schubhaft.

1.2. Die Behörde hat rechtzeitig und zielführend Verfahren zur Erlangung eines Heimreise-zertifikats für den Genannten eingeleitet und fortgeführt.

1.3. Der Fremde ist nach wie vor haftfähig, es sind keine Umstände hervorgekommen, dass die weitere Inschubhaftnahme unverhältnismäßig wäre.

1.4. Festgestellt wird, dass ein dringendes öffentliches Interesse besteht, rechtsgrundlos im Bundesgebiet aufhältige Fremde außer Landes zu bringen.

III. Beweiswürdigung

1.1 Verfahrensgang, die getroffenen Feststellungen und die Haftfähigkeit des Genannten ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde und den Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichts. Aufgrund des vorgelegten Aktes und des Verfahrensganges konnte daher von der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung wegen geklärten Sachverhalts abgesehen werden.

1.2. Aufgrund seines bisherigen Verhaltens trägt der Fremde die alleinige Verantwortung für die Dauer der Schubhaft. Sollte er sich nunmehr hinsichtlich der Mitwirkung bei den zuständigen marokkanischen Behörden kooperativ verhalten, würde die Grundlage für eine weitere Fortsetzung der Schubhaft entfallen.

1.3. Seine bisherige Handlungs- und Lebensweise lassen keine Zweifel daran aufkommen, demzufolge der Genannte in Österreich nicht einmal ansatzweise als integriert zu qualifizieren ist und dass er seine Freilassung nur dazu nützen würde, sich seiner Abschiebung erfolgreich zu entziehen. Die Behörde ist daher zutreffend von hoher Fluchtgefahr und akutem, erheblichem Sicherungsbedarf hinsichtlich des Fremden ausgegangen, was die Verhängung und Aufrechterhaltung der Schubhaft objektiv rechtfertigt.

1.4. Der Genannte ist haftfähig, die Schubhaft ist im Hinblick auf seine Aussagen und unter Berücksichtigung aller Umstände auch verhältnismäßig. Der Fremde hat eine allfällige Unverhältnismäßigkeit auch, etwa in einer Schubhaftbeschwerde, nicht vorgebracht. Ebensowenig hat er allfällige Umstände präsentiert, wonach die Dauer der Haft für ihn ein besonderes Unbill darstellen würde, solche können auch nicht festgestellt werden.

1.5. Die Behörde hat dargetan, dass sie sich im vorliegenden Fall laufend um die Erlangung eines HRZ von den marokkanischen Vertretungsbehörden bemüht und auf Grund der bisherigen guten Erfahrungen zu erwarten ist, dass ein solches ausgestellt wird. Des Weiteren wurde in zutreffender Weise dargelegt, wonach im vorliegenden Fall mit der Verhängung gelinderer Mittel nicht das Auslangen gefunden werden kann.

1.6. Es gibt keine Hinweise auf ein Bestehen familiärer Beziehungen in Österreich oder sonstiger in §76 Abs. 3 Z 9 FPG normierter Faktoren, die eine Fluchtgefahr - selbst bei Hinwegdenken des Strafregisterauszuges und der nach wie vor fraglichen Identität - relativieren könnten.

IV. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt A. - Fortsetzung der Schubhaft

1.1. Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

1.2. Gemäß § 76 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn 1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder 2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen. Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit. n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird.

1.3. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig. Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann. Die Verhängung der Schubhaft darf stets nur ultima ratio sein.

1.4. Gem. § 80 Abs. 4 FPG kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden, wenn ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

1.

die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck

der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2.

eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht

vorliegt,

3.

der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13)

widersetzt, oder

4.

die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen

oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint.

Die Behörde erachtete zutreffend die Tatbestände von Z 1 und 4 als verwirklicht.

1.5. Die Behörde hat im Sinne der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen zu Recht die Schubhaft wegen Fluchtgefahr angeordnet, weil aus dem vergangenen Verhalten des Beschwerdeführers mit Sicherheit geschlossen werden kann, dass dieser seine Abschiebung mit allen Mitteln zu verhindern oder jedenfalls zu behindern beabsichtigt. Des Weiteren hat sie im Hinblick auf das bisherige Verhalten des Genannten und seine unzureichende Verankerung im Bundesgebiet zu Recht eine hohe Fluchtgefahr und akuten Sicherungsbedarf angenommen. Der Fremde hat keine berücksichtigungswürdigen Umstände dargetan, wonach die Schonung seiner Freiheit das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung überwiegen würde, die Schubhaft ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände auch verhältnismäßig. Das Verhalten des Fremden in der Vergangenheit schließt auch die Anordnung gelinderer Mittel aus. Es besteht ein grundsätzliches öffentliches Interesse am effizienten Vollzug des Fremdenrechts. In diesem Sinne hat die Behörde sichergestellt, dass das Abschiebeverfahren zeitnah und zweckmäßig durchgeführt wird.

1.6. Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Zu Spruchpunkt B - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie ausgeführt, sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in allen Spruchpunkten nicht zuzulassen.

Schlagworte

Einreiseverbot, Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft, Identität,
öffentliche Interessen, Rückkehrentscheidung, Schubhaft,
Sicherungsbedarf, strafrechtliche Verurteilung, Überprüfung,
Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W279.2211176.3.00

Zuletzt aktualisiert am

12.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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