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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §45 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Chamrath und die Hofräte Dr. Schmid, Dr. Schmelz, Dr. Riedel und Dr. Jurasek als Richter, im Beisein des Schriftführers Bezirksrichter Dr. Gerhard, über die Beschwerde des JE in A, vertreten durch Dr. Leopold Weismann, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, Stadtplatz 19, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 11. Juli 1967, Zl. VerkR- 40129/1-1967, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck erkannte den Beschwerdeführer mit Straferkenntnis vom 21. Oktober 1966 schuldig, er habe am 8. August 1965 um etwa vier Uhr sein dem Kennzeichen nach bestimmtes Moped von Schwanenstadt kommend auf der Bundesstraße Nr. 1 in Richtung Lambach in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159 (StVO) begangen. Gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO wurde gegen den Beschwerdeführer eine Geldsrtafe von S 5.000,-- (Ersatzarreststrafe sieben Tage) verhängt. Das strafbare Verhalten des Beschwerdeführers sei laut Begründung dieses Bescheides auf Grund des Ergebnisses der Blutalkoholuntersuchung (1,33 %o) und der klinischen Alkoholisierungssymptome erwiesen. Für die Behauptung des Beschwerdeführers, die Blutprobe sei verwechselt worden, bestünden keine Anhaltspunkte, weshalb den diesbezüglichen Anträgen des Beschwerdeführers auch nicht stattzugeben gewesen sei.
In der Berufung bringt der Beschwerdeführer vor, das Blut wäre ihm im Krankenhaus nicht von einem Arzt, sondern von einer Krankenschwester abgenommen worden. Auch sei das Blut erst zwei Tage nach der Abnahme, am 10. August 1965, beim Gendarmeriepostenkommando Lambach abgegeben und von dort zur Untersuchung eingesandt worden. Es müsse der Vorgang von der Blutentnahme bis zur Übersendung an die Untersuchungsstelle einwandfrei bewiesen werden.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde das Straferkenntnis bestätigt. Trotz des Berufungsvorbringens des Beschwerdeführers habe die belangte Behörde im Hinblick auf das Gutachten Dris. E. des Krankenhauses Wels und den Angaben des Meldungslegers keine Veranlassung gehabt, an der ordnungsgemäßen Abnahme und Übermittlung des Blutes zu zweifeln. Sie habe daher von den beantragten Erhebungen und Zeugeneinvernahmen abgesehen. Im übrigen schließe sich die belangte Behörde der Begründung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses an.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers ist berechtigt. Laut dem Untersuchungsbefund vom 8. August 1965, auf den sich die belangte Behörde auch in der Begründung des angefochtenen Bescheides stützt, war der Beschwerdeführer, der sich bei dem Unfall auch eine Gehirnerschütterung zugezogen hat, bei der klinischen Untersuchung somnolent. Als Alkoholisierungssymptome wurden gerötete Augenbindehäute und Alkoholgeruch der Atemluft festgestellt und daraus auf eine stärkere Alkoholeinwirkung geschlossen. In seiner Berufung vom 15. September 1966 gibt der Beschwerdeführer an, nicht der Arzt, sondern eine Krankenschwester habe ihm Blut abgenommen. Diese Angaben stehen im Widerspruch mit den Angaben im Untersuchungsbefund und Gendarmeriebericht, weshalb sich die belangte Behörde im Zuge des weiteren Verfahrens mit diesem Vorbringen des Beschwerdeführers hätte auseinandersetzen und allfällige Erhebungen anstellen müssen. Sie hätte über diese Anträge nicht mit dem Hinweis hinweggehen dürfen, sie habe keine Veranlassung gehabt, an der ordnungsgemäßen Abnahme und Übermittlung des Blutes zu zweifeln. Dieser Verfahrensmangel wäre nur dann nicht wesentlich gewesen, wenn die belangte Behörde darauf verzichtet hätte, ihren Bescheid auf das Ergebnis der Blutalkoholuntersuchung zu stützen. Die belangte Behörde hat sich aber insofern auf diesen Befund berufen, als sie auf die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides verwies; diese hat den Schuldspruch sowohl mit dem Ergebnis der Blutalkoholuntersuchung als auch der klinischen Untersuchung begründet.
Nicht nur aus den oben angeführten Gründen hätte die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid nicht auf das Ergebnis der Blutalkoholuntersuchung stützen dürfen. Es war auch unzulässig, dem Beschwerdeführer im Krankenhaus ohne seine Zustimmung Blut zur Alkoholuntersuchung abzunehmen. Eine solche Blutabnahme ist gemäß § 5 Abs. 6 StVO nur dann zulässig, wenn die betreffende Person im Verdacht steht, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand einen Verkehrsunfall verursacht zu haben, bei dem eine vom Untersuchten verschiedene Person getötet oder erheblich verletzt worden ist (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 25. Mai 1964, Zl. 1839/62).
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 3 VwGG 1965 aufzuheben, da die belangte Behörde Verfahrensvorschriften außer acht gelassen hat, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
Wien, am 20. Mai 1969
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1969:1967001913.X00Im RIS seit
11.03.2019Zuletzt aktualisiert am
14.03.2019