Norm
§17 Abs1 Z1 GlBGDiskriminierungsgrund
MehrfachdiskriminierungDiskriminierungstatbestand
Diskriminierung auf Grund des Alters, der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion, der Weltanschauung und der sexuellen Orientierung bei der Begründung des ArbeitsverhältnissesText
Senat II der Gleichbehandlungskommission
Anonymisiertes Prüfungsergebnis GBK II/372/18 gem. § 12 GBK/GAW-Gesetz
Der Senat II der Gleichbehandlungskommission (GBK) hat über den Antrag von Herrn A (in Folge: Antragstellerwegen behaupteter Diskriminierung auf Grund des Alters, der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion, der Weltanschauung und der sexuellen Orientierung bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 GlBG durch die Firma B GmbH (in Folge: Antragsgegnerin) nach Durchführung eines Aktenverfahrens erkannt:
Eine Diskriminierung des Antragstellers auf Grund des Alters, der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion, der Weltanschauung bzw. der sexuellen Orientierung bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses durch die Antragsgegnerin
l i e g t n i c h t v o r.
VORBRINGEN
Im Antrag wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass sich der Antragsteller am 22. August 2017 bei der Antragsgegnerin als Projektmanager für das Competence Center Automatisierungstechnik beworben habe. Am 26. September 2017 habe ein Bewerbungsgespräch stattgefunden, danach sei er zu einem Probetag am 24.Oktober 2017 von 08:00 Uhr bis 10:00 Uhr eingeladen worden. An diesem Probetag habe er jedoch keine körperliche und geistige Tätigkeit ausüben dürfen, somit habe er an diesem Tag nicht mit seiner Leistung in der Arbeit überzeugen können, weil er dazu keine Möglichkeit gehabt hätte. Nach diesem Probetag habe er eine Absage per Mail erhalten, obwohl ihn zwei Personen bzw. der Leiter Automatisierung, einstellen hätten wollen.
Im Jänner 2017 sei diese Stelle noch immer Online ausgeschrieben gewesen, was bedeute, dass noch immer nach einem Projektleiter gesucht werde, obwohl er selbst schon im Oktober 2017 alle Voraussetzung (Ausbildung und beruflicher Werdegang) mitgebracht habe.
Im Rahmen seiner weiteren Jobsuche habe er sich auf Vorschlag des AMS bei der Fa. X, einem Ingenieurdienstleister, beworben. Dabei habe ihm Frau Y am 07.12.2017 mitgeteilt, dass die Fa. B einen Projektleiter für das Competence Center Automatisierungstechnik suche, wofür er aber eine Absage erhalten hatte. In diesem Telefonat habe ihm Frau Y mitgeteilt, dass die Antragsgegnerin genauso eine Person, wie aus seinem Lebenslauf ersichtlich sei, für die Stelle als Projektleiter Automatisierungstechnik suche.
Aufgrund dessen habe er wieder Kontakt mit der Antragsgegnerin aufgenommen und dabei die Auskunft erhalten, dass eine Person - vermutlich sogar jünger als er -, die keine Kenntnisse der Normen habe, aufgenommen worden sei. Diese Person solle in sechs Monate angelernt werden.
Somit sehe man, dass bis dato noch immer ein Projektleiter für das Competence Center Automatisierungstechnik gesucht werde und er selbst nur wegen nicht perfekter Kenntnisse in Normen nicht aufgenommen worden sei. Normen könne man nicht lernen, diese müsse man verstehen und sich damit praktisch auseinandersetzen.
Weiters habe er bemerkt - wie in den meisten Bewerbungsgesprächen - dass er wegen seiner Abstammung und Religion nicht aufgenommen werde. Eine solche Ausbildung mit diesem beruflichen Werdegang sehe man fast nirgends. Hätte er persönlich und technisch nicht überzeugt, wäre es nie zu einem Probetag gekommen.
Auf Ersuchen des Senates um Konkretisierung seines Vorbringens brachte der Antragsteller unter anderem vor:
„Wie im Lebenslauf ersichtlich ist, bin ich muslimischer Bosnier, der die Österreichische Staatsbürgerschaft hat, und 26 Jahre alt.
…
Bezüglich dem Alter ist meine Sichtweise, diese, dass man mit 26 Jahren auch als Älter oder Jünger eingestuft werden kann.
Hinweis: Bei … und allgemein bei den Unternehmen ist mir aufgefallen, dass Personen ab 35 eher in allen Unternehmen anzutreffen waren, was die jeweiligen Abteilungen betraf.
Beispiel:
Wenn man meine 26 Jahre als Älter annimmt:
Dann werden Schulabgänger oder jüngere Personen eventuell bevorzugt, weil die sich mit weniger Entgelt zufriedengeben und somit wenig Personalkosten verursachen. Diese Lernt man über einen längeren Zeitraum an, aber man erspart sich die Differenz was ich gekostet hätte.
Wenn man meine 26 Jahre als Jünger annimmt:
Werden eventuell Ältere Personen bevorzugt, auch wenn man der Bestqualifizierteste ist, weil die eventuell den intern Kontakt haben oder dergleichen. Junge Personen sind meist schneller und haben schnelleres Auffassungsverständnis.
„Jugenddiskriminierung“ gibt es nicht nur in Form diskriminierenden Handelns, sondern auch in Form diskriminierenden Denkens (diesem Denken zufolge mögen z. B. alle Teenager Rockmusik, sind unreif und widerspenstig und benutzen Slang) und Sprechens. Der entscheidende Unterschied zwischen der „Jugenddiskriminierung“ und der „Altendiskriminierung“ liegt darin, dass die Phase des „Zu-jung-Seins“ bei den meisten mit einer Akzeptierung als „Menschen im richtigen Alter“ endet, während die Diskriminierung alter Menschen nicht durch bloßes ÄlterWerden aufhören kann.
Das Argument, ein junger Mensch sei „zu jung“ für eine Aufgabe, wird bei Bewerbungen Volljähriger meistens nicht an erster Stelle genannt. Dennoch gibt es statistische Zusammenhänge, die es als legitim erscheinen lassen, von „Jugenddiskriminierung“ auf dem Arbeitsmarkt zu sprechen. So gibt es in vielen Ländern eine hohe Jugendarbeitslosigkeit, und es wird jungen Leuten oft schwer gemacht, eine reguläre Arbeit zu finden („Generation Praktikum“).
Das Argument, ein junger Mensch sei „zu jung“ für eine Aufgabe, wird bei Bewerbungen Volljähriger meistens nicht an erster Stelle genannt. Dennoch gibt es statistische Zusammenhänge, die es als legitim erscheinen lassen, von „Jugenddiskriminierung“ auf dem Arbeitsmarkt zu sprechen. So gibt es in vielen Ländern eine hohe Jugendarbeitslosigkeit, und es wird jungen Leuten oft schwer gemacht, eine reguläre Arbeit zu finden („Generation Praktikum“).“
In der Stellungnahme der Antragsgegnerin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Antragsteller auf karriere.at sein Profil online gestellt habe und am 26.06.2017 von der Recruiterin Fr. C online für die Position Projektmanager Automatisierungstechnik kontaktiert worden sei. Am 26.09.2017 habe das erste persönliche Gespräch bei der Antragsgegnerin mit Fr. C und Herrn D, Leiter Competence Center Automatisierungstechnik, stattgefunden.
Da sich die beiden keinen sicheren Gesamteindruck vom Antragsteller - vor allem hinsichtlich der fachlichen und persönlichen Eignung für die Position eines Projektmanagers - machen hätten können, sei ein Schnuppertermin für den 24.10.2017 im Ausmaß von ca. zwei Stunden vereinbart worden. Herr E, Senior Projektmanager im Competence Center Automatisierungstechnik, habe vorrangig den Schnuppertermin übernommen.
Als Ergebnis des Schnuppertermins sei festzuhalten, dass die fachliche Einschätzung von Herrn E nicht positiv gewesen sei, da der Antragsteller große technische Lücken gewiesen habe (fehlendes Normenwissen z.B. EN ISO 12100 Sicherheit von Maschinen, CE-Kennzeichnung, Niederspannungsrichtlinie, etc. und fehlendes Bauteilwissen z.B. Verteilerbau, Beckhoff/B&R, Netzwerke/Busssysteme,...) und Herr E den Eindruck gehabt hätte, dass der Antragsteller bei seinem ehemaligen Arbeitgeber Z keine Projektmanagement-Aufgaben, sondern eher projektunterstützende Aufgaben wahrgenommen habe. Von der persönlichen Seite her sei der Eindruck von Herrn E gewesen, dass der Antragsteller sehr von sich überzeugt und kein Teamplayer sei.
Die Position des Projektmanagers für das Competence Center Automatisierungstechnik sei mit Herrn F besetzt worden. Dieser weise fachlich mehrjährige einschlägige Erfahrungen auf (Projektmanagement, Kalkulation, Projekttechniker Elektroplanung) und verfüge auch schon über Erfahrung bei der Baustellenüberwachung. Der Antragsteller habe Mitte November eine Absage erhalten. Der Recruiting-Prozess sei transparent und fair abgelaufen.
Da die Anzahl der Automatisierungsprojekte weiterhin gestiegen sei, sei beschlossen worden, zusätzlich noch Senior-Projektmanager für das Competence Center Automatisierungstechnik zu suchen und einzustellen, die mehrjährige einschlägige Projektmanagement-Praxis und mehrjährige fachliche Erfahrung als Automatisierungstechniker haben. Hierfür seien auch externe Leasing- und Beraterfirmen ( … ) engagiert und mit der Suche auf Erfolgsbasis bzw. für Leasing beauftragt worden.
Der Antragsteller sei von X für die Position als Senior Projektmanager kontaktiert worden. Aufgrund der schon beim … -Recruiting-Prozess für den Projektmanager festgestellten fehlenden fachlichen und persönlichen Qualifikationen habe Herr D seine Absage für den Senior-Projektmanager wiederholt. Der Antragsteller habe in der Folge mit Herrn D diesbezüglich telefoniert und von diesem eine Begründung dafür wollen, warum er als Bestqualifiziertester die Position nicht erhalten habe und ob er nicht nur wegen seiner ethnischen Herkunft eine Absage erhalten habe. Herr D habe beides entschieden verneint und habe auch per Mail am 19.12.2017 wiederholt, dass der Antragsteller beim Schnuppertag weder technisch noch persönlich überzeugt habe und daher auch nicht der Bestqualifizierteste für die offene Position sei.
In der Folge seien bis April 2018 drei Senior Projektmanager für das Competence Center Automatisierungstechnik eingestellt worden:
· Herr G (32 Jahre): Werkvertrag seit 24.04.2018,
7 Jahre Projektmanagementerfahrung,
2 Jahre Hardware/Programmierung/Inbetriebnahme
· Herr H (57 Jahre): Leasing seit 12.02.2018,
38 Jahre einschlägige Projektmanagementerfahrung
· Herr I (30 Jahre): Eintritt: 03.04.2018,
4 Jahre SPS-Programmierer/ Inbetriebnahmetechniker,
5 Jahre Hardware/E-Plan,
2 Jahre Projektmanagement
Das Competence Center Automatisierungstechnik sei insgesamt in den letzten 12 Monaten massiv verstärkt worden, nicht nur im Projektmanagement, sondern auch in der Softwareentwicklung und in der Hardware-Planung. Insgesamt seien 19 Personen in die engere Wahl gezogen worden, wobei sieben Personen eingestellt worden seien. Die Kandidaten seien auf persönliche und fachliche Eignung für die Automatisierungstechnik geprüft worden, ethnische Herkunft oder Alter hätten bei der Beurteilung der Kandidaten absolut keine Rolle gespielt.
PRÜFUNGSGRUNDLAGEN
Der Senat II der GBK stu?tzt sein Prüfungsergebnis auf diese schriftlichen Vorbringen des Antragstellers und der Antragsgegnerin. Von einer Befragung von Auskunftspersonen wurde abgesehen, da die vorliegenden Unterlagen zu einer Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes ausgereicht haben (§ 11 Abs. 4 Gleichbehandlungskommissions-Geschäftsordnung).
Eingangs ist darauf hinzuweisen, dass das GlBG die GBK nicht zur Prüfung von jeglichen Vorwürfen auf Grund einer subjektiv empfundenen Ungerechtigkeit oder von Mobbing im Allgemeinen ermächtigt, sondern dass sich die Kognitionsbefugnis der GBK ausschließlich auf die Prüfung von Diskriminierungsvorwürfen im Zusammenhang mit den in § 17 genannten Gründen beschränkt, wobei dieser Zusammenhang bei Antragseinbringung vom/von der AntragstellerIn glaubhaft zu machen ist.
Für eine solche Glaubhaftmachung genügt nach der Rsp zwar eine „Bescheinigung“ der behaupteten Tatsachen, wobei der zu erreichende Überzeugungsgrad gegenüber der beim „Regelbeweis“ geforderten „hohen Wahrscheinlichkeit“ auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ herabgesenkt ist. Vereinfacht gesagt muss mehr für die Darstellung des Antragstellers sprechen als dagegen (OGH 9 ObA 144/14p, ARD 6455/14/2015 = Arb 13.203; 9 ObA 177/07f, ZAS 2009/29, 186 [Klicka] = DRdA 2010/11, 137 [Eichinger]; vgl auch Windisch-Graetz, in ZellKomm3 [2018] § 12 GlBG Rz 16). Wird zB eine Bewerbung mit dem Hinweis abgelehnt, man verfüge über keine Sanitäreinrichtungen für männliche Mitarbeiter, liegt ein starkes Indiz für eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechts vor (OGH 9 ObA 46/04m, ecolex 2004, 420 = ASoK 2005, 26).
Wesentlich ist in diesem Zusammenhang, dass das GlBG von einem gestuften Beweislastmodell ausgeht (dazu eingehend Weberndorfer, Glaubhaftmachung von Diskriminierung am Arbeitsplatz, in Ulrich/Rippatha, Glaubhaftmachung von Diskriminierung – Hilfe oder Hemmnis beim Rechtszugang [2018] 35 [72]). Der/die Antragstellerin ist aufgefordert, das verpönte Merkmal sowie die darauf basierende Benachteiligung zu benennen und mittels ausführlicher Darstellung des Geschehens zu konkretisieren. Der Senat der GBK ist dabei von der Richtigkeit und vom Vorliegen der entscheidungsrelevanten Tatsachen zu überzeugen mit dem Ziel, die Kausalität einer besonderen Eigenschaft (hier Alter, Religion und/oder ethnische Zugehörigkeit) mit einer Benachteiligung so zu verknüpfen, dass der damit befasste Senat der GBK vom Vorliegen einer Diskriminierung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit überzeugt ist. Erst wenn dies gelungen ist obliegt es dem/der Antragsgegnerin in einem weiteren Schritt zu beweisen, dass ein anderer als der glaubhaft gemachte Grund für die Ungleichbehandlung maßgeblich war (so überzeugend Weberndorfer, in Ulrich/Rippatha, Glaubhaftmachung von Diskriminierung 72).
Für das Verfahren vor der GBK müssen dabei für eine gesetzeskonforme Glaubhaftmachung einer von einer Person behaupteten Diskriminierung bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses bereits ein oder mehrere Anhaltspunkte zum Zeitpunkt der Antragstellung vorliegen, die über eine bloße und nicht weiter – etwa durch eine auf einen Diskriminierungsgrund des § 17 GlBG gerichtete konkrete Bezugnahme im Bewerbungsgespräch - belegte Vermutung, dass das Alter, die ethnische Zugehörigkeit, die Religion, die Weltanschauung bzw. die sexuelle Orientierung im Auswahlverfahren eine Rolle spielen könnten, hinausgehen. So beispielsweise durch eine auf einen Diskriminierungsgrund des § 17 GlBG gerichtete konkrete Bezugnahme im Bewerbungsgespräch. Als keine ausreichende Glaubhaftmachung ist es anzusehen, wenn ein/e Antragsteller/in versucht, erst aus der Stellungnahme des/der Antragsgegners/in überhaupt das Substrat für das von ihm/ihr behauptete Vorliegen einer Diskriminierung zu gewinnen.
Da auf Grund der Verfahrensregeln der GBK eine sofortige Abweisung von Anträgen mangels ausreichender Glaubhaftmachung im Antrag nicht möglich ist, war daher das Verfahren mit Zustellung des Antrags an den/die AntragsgegnerIn einzuleiten.
BEGRÜNDUNG
Der Senat II der Gleichbehandlungskommission hat erwogen:
1. Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, lauten:
"§ 17. (1) Auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung darf in Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht
1. bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses.
…
"§ 19. (1) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund eines in § 17 genannten Grundes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.
(2) Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einer ethnischen Gruppe angehören, oder Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung, eines bestimmten Alters oder mit einer bestimmten sexuellen Orientierung gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich.“
Generell ist zur Frage des Beweismaßes und der Beweislastverteilung im GBK-Verfahren ist anzumerken, dass gemäß § 26 Abs. 12 GlBG eine betroffene Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 17, 18 oder 21 GlBG beruft, diesen glaubhaft zu machen hat. Insoweit genügt daher nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) eine „Bescheinigung“ des behaupteten nach dem GlBG verbotenen Motivs, wobei jedoch der bei der GBK zu erreichende Überzeugungsgrad gegenüber der beim „Regelbeweis“ geforderten „hohen Wahrscheinlichkeit“ auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ herabgesenkt ist. Vereinfacht gesagt muss mehr für die Darstellung des/r AntragstellerIn sprechen als dagegen (vgl. OGH 9 ObA 144/14p, Arb 13.203 mit weiteren Nachweisen).
Wenn dem/der AntragstellerIn die Glaubhaftmachung von Umständen, die einen nachvollziehbaren Zusammenhang zwischen der Nichtbegründung des Arbeitsverhältnisses und dessen/deren Alter bzw. der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion, der Weltanschauung oder der sexuellen Orientierung herstellen, gelungen ist, obliegt es dem/der AntragsgegnerIn zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der AntragsgegnerIn glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne der §§ 19 Abs. 2 oder 20 GlBG vorliegt.
2. Der Senat geht bei seiner rechtlichen Prüfung von folgendem Sachverhalt aus, der auf Basis der schriftlichen Stellungnahmen auf Grund der darzulegenden Erwägungen festgestellt wurde:
Der Antragsteller wurde am 26.6.2017 von der Recruiterin der Antragsgegnerin unter Bezugnahme auf sein Profil bei „karriere.at“ kontaktiert und zu einem Vorstellungsgespräch betreffend die Position eines Projektmanagers Automatisierungstechnik für 26.9.2017 eingeladen.
Ob der Antragsteller der Antragsgegnerin im konkreten Bewerbungsverfahren einen Lebenslauf mit oder ohne den Zusatz „Islam“ zur Verfügung gestellt hat, konnte ebenso nicht festgestellt werden, da dem Senat vom Antragsteller in den insgesamt fünf parallel geführten Verfahren betreffend eine behauptete Diskriminierung bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses beide Lebensläufe übermittelt worden waren, ohne jedoch konkrete Zuordnungen zu den einzelnen Bewerbungen vorzunehmen.
In Folge des Gespräches wurde zur weiteren Abklärung der tatsächlichen Eignung des Antragstellers für die zu besetzende Position ein Schnuppertag für 24.10.2017 vereinbart, im Zuge dessen Wissenslücken des Antragstellers betreffend die für die Antragsgegnerin wichtigen Normen zu Tage getreten sind. Dies ergibt sich aus der insoweit nachvollziehbaren Stellungnahme der Antragsgegnerin und auch aus der Rechtfertigung für die mangelnde Normenkenntnis im Antrag.
In weiterer Folge kam es zur Absage seitens der Antragsgegnerin, schriftlich kommuniziert wurde dem Antragsteller auch mit E-Mail vom 19.12.2017, dass er die Antragsgegnerin „beim Schnuppertag weder technisch noch persönlich überzeugt habe“.
Der Antragsteller selbst hat in seinem Antrag außer der durch nichts begründeten Behauptung, dass er „gemerkt habe“, wegen seiner Abstammung und Religion nicht aufgenommen worden zu sein, in keiner für den Senat nachvollziehbaren Weise auf die von ihm behaupteten Gründe ethnische Zugehörigkeit, Alter sowie Religion oder Weltanschauung Bezug genommen, sondern selbst vorgebracht, „nur wegen seiner nicht perfekten Kenntnisse in Normen nicht aufgenommen“ worden zu sein.
Diese Feststellungen ergeben sich aus den vorgelegten schriftlichen Unterlagen von Antragsteller und Antragsgegnerin, die insofern nicht widersprüchlich sind.
3. In rechtlicher Hinsicht ist dieser Sachverhalt folgendermaßen zu beurteilen:
3.1. Das GlBG sieht keine Fristen zur Einbringung eines Antrags an die Gleichbehandlungskommission vor, sondern regelt in § 29 GlBG nur die Fristen für die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen nach dem Gleichbehandlungsgesetz.
Daher sind vom Senat II auch nach Ablauf der Sechs-Monatsfrist zur gerichtlichen Geltendmachung gemäß § 29 Abs. 1 GlBG von Ansprüchen betreffend eine behauptete Begründungsdiskriminierung einlangende Anträge zwar inhaltlich zu behandeln, können jedoch – wenn die Frist zur gerichtlichen Geltendmachung bereits abgelaufen ist – keine fristenhemmende Wirkung mehr entfalten. Die Frist zur gerichtlichen Geltendmachung ist ja schon vor Einbringung des Antrages abgelaufen und kann somit nicht mehr gehemmt werden.
3.2. Das Diskriminierungsverbot des § 17 Abs. 1 Z 1 GlBG begründet keinen Anspruch auf die Begründung eines bestimmten Arbeitsverhältnisses, sondern konkretisiert vorvertragliche Sorgfaltspflichten, die ein anerkanntes Element des arbeitsrechtlichen Schutzprinzips darstellen und bei deren Verletzung als Rechtsfolge Schadenersatzansprüche zugunsten der diskriminierten Person vorgesehen sind. Dieses Diskriminierungsverbot ist dabei extensiv zu interpretieren - alle mit dem Zustandekommen eines Arbeitsvertrages in Zusammenhang stehenden Vorgänge – sind hiervon umfasst.
In einem Verfahren vor einem Senat der Gleichbehandlungskommission soll grundsätzlich nicht das jeweilige Auswahlverfahren wiederholt werden, sondern es soll überprüft werden, ob die Entscheidung, die zur Ablehnung eines Bewerbers oder einer Bewerberin geführt hat, transparent, objektiv und sachlich nachvollziehbar war, wenn der/der BewerberIn eine Glaubhaftmachung der Diskriminierung iSd § 26 Abs 12 GlBG gelungen ist. Nach dieser Bestimmung obliegt es nämlich nur bei einer Glaubhaftmachung durch den/die AntragstellerIn dem/der AntragsgegnerIn zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes, von ihm/ihr glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war (vgl Windisch-Graetz, in ZellKomm3 § 15 GlBG Rz 1 ff).
Nach dem gestuften Beweislastmodell des GlBG obliegt es nämlich dem Antragsteller, den Senat der GBK von der Richtigkeit und vom Vorliegen der entscheidungsrelevanten Tatsachen zu überzeugen mit dem Ziel, die Kausalität einer besonderen Eigenschaft (hier: Alter, Religion und/oder ethnische Zugehörigkeit) mit einer Benachteiligung (hier: die mangelnde Anstellung) so zu verknüpfen, dass der damit befasste Senat der GBK vom Vorliegen einer Diskriminierung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit überzeugt ist.
Erst wenn dies gelungen ist obliegt es dem/der AntragsgegnerIn in einem weiteren Schritt zu beweisen, dass ein anderer als der glaubhaft gemachte Grund für die Ungleichbehandlung maßgeblich war (so überzeugend Weberndorfer, in Ulrich/Rippatha, Glaubhaftmachung von Diskriminierung 72).
Der Antragsteller argumentiert selbst, dass die Einstellung „nur wegen nicht perfekter Kenntnis der Normen“ nicht erfolgt sei. Dieser Wissensmangel wurde auch von der Antragsgegnerin hervorgehoben und dazu noch auf andere fachliche Mängel hingewiesen sowie auch darauf, dass der Antragsteller auch persönlich nicht überzeugt habe (sehr von sich überzeugt und kein Teamplayer). Der Antragsteller konnte jedoch nicht nachvollziehbar darlegen, wie die darauf beruhende Absage in irgendeinem Zusammenhang mit seinem Alter, seiner ethnischen Zugehörigkeit, seiner Religion oder seiner Weltanschauung steht. Dem Senat wurde kein Bezug zwischen dem Bewerbungsverlauf samt der erfolgten Absage und den von ihm behaupteten Diskriminierungsgründen hergestellt hat, sondern lediglich abstrakt ausgeführt, dass man in seinem Alter (26 Jahre) als jünger oder älter eingestuft werden könne.
Gemäß den gestuften Beweislastregeln des GlBG ist es dem Antragsteller daher nicht gelungen, dem Senat glaubhaft zu machen, dass die von ihm behaupteten Gründe des Alters, der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder der Weltanschauung allein oder in Summe das/die für die Ablehnung seiner Bewerbung durch die Antragsgegnerin (mit)ausschlaggebenden Kriterium/en gewesen war/en.
3.3. Obwohl angesichts dieser mangelnden Glaubhaftmachung einer Diskriminierung nach § 17 GlBG durch den Antragsteller auf das Vorbringen der Antragsgegnerin aus rechtlichen Gründen gar nicht mehr eingegangen werden müsste, da die Beweislast erst nach erfolgter Glaubhaftmachung durch eine/n AntragstellerIn auf den/die AntragsgegnerIn übergeht (dazu oben unter Pkt 3.2.), ist zum Vorbringen des Antragstellers Folgendes festzuhalten:
Eine Einladung zu einem Probetag an eine Person mit einem Namen, der einen Rückschluss auf dessen mögliche ethnische Zugehörigkeit zumindest vermuten lässt, sowie – legt man die Vermutung zu Grunde, dass der Antragsteller der Antragsgegnerin den Lebenslauf mit dem Zusatz „Islam“ zur Verfügung gestellt hat – dessen im Lebenslauf offen gelegte Religion – folgt man den sich bereits aus der allgemeinen Lebenserfahrung ergebenden Mechanismen des Personalrecruitings – indizieren in keiner Weise eine Diskriminierungsabsicht eines/r künftigen ArbeitgeberIn.
Kein/e ArbeitgeberIn würde nämlich schon rein aus betriebswirtschaftlicher Überlegung Zeit in einen derartigen Probetag investieren, hätte er/sie von vornherein die Absicht, eine/n derartige/n BewerberIn auf Grund dieser Faktoren zu diskriminieren, sondern würde – bestünden seinerseits/ihrerseits mentale Vorbehalte im Hinblick auf sich bereits aus dem Lebenslauf ergebenden Faktoren – dessen/deren Bewerbung von vorherein aus dem Auswahlprozess aussondern.
Verfehlt ist nach Meinung des Senates die Schlussfolgerung des Antragstellers, dass er „persönlich und technisch überzeugt habe“ und es deswegen zu einem Probetag gekommen sei. Nach Meinung des Senates ist eine Einladung zu einem Probetag in einem technischen Beruf, in dem offensichtlich derzeit dringend geeignetes Personal gesucht wird, vielmehr als zusätzlicher Qualifikationscheck in einem Auswahlverfahren anzusehen, wenn eine Person in einem Bewerbungsgespräch eben noch nicht hinreichend überzeugend für den/die künftige ArbeitgeberIn gewesen ist.
Deshalb ist der Senat auch unter diesem Gesichtspunkt zum Ergebnis gekommen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass das von der Antragsgegnerin glaubhaft gemachte Motiv der auf Grund der Wissenslücken des Antragstellers sowie der mangelnden persönlichen Eignung sowie deren vom Antragsteller gewonnenen negativen persönlichen Eindruck für die Nichtbegründung des Arbeitsverhältnisses ausschlaggebend gewesen war.
3.4. Damit war das Vorliegen einer Diskriminierung des Antragstellers auf Grund des Alters, der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder der Weltanschauung bzw. der sexuellen Orientierung bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses durch die Antragsgegnerin mangels Glaubhaftmachung durch den Antragsteller zu verneinen.
Zuletzt aktualisiert am
11.03.2019