TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/11 L524 2197522-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.07.2018
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Entscheidungsdatum

11.07.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

L524 2197522-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER, LL.B. über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Irak, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, Alser Straße 20, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.04.2018, Zl. 1100707809/152085064, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein irakischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 03.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der am 01.01.2016 erfolgten Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte er vor, dass er Araber und schiitischer Moslem sei. Er stamme aus Bagdad, habe dort neun Jahre die Grundschule und sei zuletzt als Kellner tätig gewesen. Er habe sein Land legal verlassen und sei über die Türkei und Griechenland mit dem Flüchtlingsstrom nach Österreich gereist. Hinsichtlich seines Fluchtgrundes gab er an:

"Mein Vater ist seit 31 Jahren Polizist und seit 5 Jahren Gefängnisdirektor (XXXX). Dieses Gefängnis ist nur für Verbrecher (IS und verschiedene Milizen, die im Land sind.) Sein Job ist sehr gefährlich. Er wurde sehr oft bedroht. Wir haben uns oft wo anders versteckt. Einmal haben sie auch unser Auto gestohlen. Aber kurz vor der Abreise wurde mein Vater von verschiedenen Gruppen noch einmal bedroht. Sie haben ihn bedroht, dass sie ihre Familie entführen und töten, wenn sie nicht das machen was sie ihm sagen. Dann hat er uns angerufen, dass wir das Haus verlassen sollen und das Land verlassen sollen. Deshalb haben wir uns ein paar Tage bei einer Bekannten versteckt und dann das Land verlassen."

Sein Vater sei im Heimatland geblieben, seine Mutter und sein Bruder seien in Österreich aufhältig. Bei einer Rückkehr fürchte er getötet zu werden.

2. Der vom Beschwerdeführer am 10.04.2017 gestellte Antrag auf freiwillige Rückkehr wurde am26.04.2017 widerrufen.

3. Bei der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) am 16.04.2018 brachte der Beschwerdeführer zusammengefasst im Wesentlichen vor, er sei Araber, schiitischer Moslem und ledig. Er stamme aus Bagdad, habe dort zwölf Jahre die Schule besucht und habe Handyreparaturen sowie fallweise Hilfsarbeiten durchgeführt. Er habe bis drei Tage vor seiner Ausreise bei seinen Eltern gewohnt. Er habe mit seinem Bruder und seiner Mutter die Flucht angetreten, der Vater sei im Heimatland geblieben. Am 11.05.2017 sei seine Mutter freiwillig in den Irak zurückgekehrt. Die Eltern würden inzwischen im Iran leben. In Bagdad lebe ein Onkel. Die Tanten würden in Bagdad, Almara und Basra leben. Er stehe in Kontakt mit seinen Eltern. Sein Vater bekomme Geld, er wisse aber nicht, ob es sich dabei um sein Gehalt oder bereits eine Rente handle. In Österreich habe er außer seinem mitgereisten Bruder noch einen Cousin. Ein Abhängigkeitsverhältnis zum Cousin bestehe nicht. Er habe einen Deutschkurs (Niveau A1) besucht und spiele Fußball. Er sei nicht erwerbstätig und erhalte Leistungen aus der Grundversorgung.

Zu seinem Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer an (Fehler im Original).

"F: Aus welchem Grund verließen Sie Ihr Heimatland? Schildern Sie dies bitte möglichst lebensnah, d.h. mit sämtlichen Details und Informationen, sodass die Behörde Ihr Vorbringen nachvollziehen kann! Nehmen Sie sich dafür ruhig Zeit!

A: Mein Vater wurde von einer Gruppe bedroht. Man hat ihn bedroht, dass man uns und ihn tötet. An einem Tag, als er am Weg zur Arbeit war, hat ihm ein Auto gestoppt und die haben von ihm verlangt, dass er für sie etwas macht. Es waren drei Personen und die waren in einem schwarzen Auto. Er sollte kooperieren Häftlinge heraus zu bekommen. Wenn er nicht zustimmen würde, werden sie die Familie töten. Er konnte nicht sofort zustimmen. Er hat gebeten um etwas Zeit zum Überlegen. Er hat dann von der Arbeit aus meine Mutter verständigt. Er schilderte meiner Mutter den Vorfall und hat uns aufgefordert, das Land zu verlassen. Wir sind zu meiner Tante gezogen. Am dritten Tag haben wir dann das Land verlassen.

F: Wo waren Sie an dem Tag als der Anruf vom Vater kam?

A: Ich war zu Hause.

F: Haben Sie somit alle Ihre Gründe für die Asylantragstellung genannt?

A: Das sind alle Gründe. Im Falle der Rückkehr haben wir Angst vor dem Tod.

F: Gab es zuvor auch schon Drohungen gegen den Vater oder die Familie?

A: Nein.

F: Hat es zuvor Drohungen gegen den Vater gegeben?

A: Nein.

F: Wie würden Sie Ihr Leben vor dem Vorfall bezeichnen? War es sicher oder unsicher?

A: Es war schon sicher.

F: Wie war die Sicherheit im Bezirk Sadr City?

A: Es gab allgemeine Probleme und allgemein war die Sicherheitslage nicht so gut.

F: In der Erstbefragung sagten Sie noch, dass es öfters Vorfälle gegeben hätte, die im Zusammenhang mit der Arbeit Ihres Vaters gestanden sind. Was haben Sie damit gemeint?

A: Ich habe nur angegeben, dass die Arbeit von ihm gefährlich war und sein Leben in Gefahr war, Vorfälle kenne ich nicht.

[...]

F: Warum ist der Vater nicht gemeinsam mit Ihn ausgereist?

A: Er hat sich im Gefängnis versteckt und einige Zeit warten bis sie ihn vergessen. Er hat dann für sich so geplant.

F: Haben Sie in Ihrem Heimatland, in Österreich oder in einem anderen Land strafbare Handlungen begangen bzw. sind Sie vorbestraft oder waren Sie schon einmal in Haft?

A: Nein.

F: Waren Sie in Ihrem Heimatland politisch tätig oder gehörten Sie einer politischen Partei an?

A: Nein.

F: Welche Befürchtungen haben Sie für den Fall einer Rückkehr in Ihr Heimatland?

A: Den Tod.

F: Von wem fürchten Sie den Tod?

A. Von den Menschen die meinen Vater bedroht haben.

F: Wissen Sie die Täter?

A: Nein, keine Ahnung.

[...]"

4. Mit Bescheid des BFA vom 26.04.2018, Zl. 1100707809/152085064, wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005, abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

In der Begründung wurden zunächst die Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Fluchtgrund in der Erstbefragung sowie die Niederschrift der Einvernahme vor dem BFA wörtlich wiedergegeben. Weiters wurden die vom Beschwerdeführer vorgelegten Dokumente angeführt (irakischer Reisepass im Original, Staatsbürgerschaftskarte und Personalausweis jeweils in Kopie, Kurs-(Anmelde-)bestätigungen sowie Ausweise der Eltern in Kopie).

Das BFA stellte fest, dass die Identität des Beschwerdeführers feststehe, er irakischer Staatsangehöriger, Araber, schiitischer Moslem und ledig sei. In Österreich sei er strafrechtlich unbescholten.

Nicht festgestellt werden könne, dass er in seinem Heimatland einer konkreten asylrelevanten Gefährdung oder Bedrohung ausgesetzt gewesen sei oder eine solche im Falle der Rückkehr zu befürchten hätte. Eine Abschiebung in den Irak würde für den Beschwerdeführer keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten.

Danach traf das BFA Feststellungen zur Lage im Irak.

Beweiswürdigend führte das BFA zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates aus (Schreibfehler im Original):

"Zu den Gründen des Verlassens Ihres Heimatstaat befragt, führten Sie in Ihrer Einvernahme vor dem BFA am 16.04.2018 im Wesentlichen und gekürzt dargestellt aus, dass Sie, Ihr Bruder XXXX sowie Ihre Mutter, Frau XXXX, geb. XXXX, von Ihrem Vater, welcher stellvertretender Direktor im Gefängnis in XXXX gewesen wäre, am 15.10.2015 telefonisch informiert worden wären, dass gegen seine Person und die Familie eine Drohung ausgesprochen worden wäre. Ihr Vater wäre an diesem Tag von unbekannten Personen am Weg zur Arbeit angehalten worden und diese hätten ihm gedroht, im Falle dass er den Forderungen der Unbekannten nicht nachkommen würde, nämlich zu Helfen eine Gruppe von Gefangenen zu befreien, ihm und seine Familie zu töten. Ihr Vater hätte sich daraufhin für längere Zeit im Gefängnis, seinem Arbeitsort, versteckt gehalten und Sie wären gemeinsam mit Ihrem Bruder, Hr. XXXX und Ihre Mutter, Frau XXXX, geb. XXXX, am 18.10.2015 aus dem Irak legal ausgereist.

Die Fragen, ob Sie jemals Probleme mit den Behörden Ihres Heimatlandes gehabt haben, verneinten Sie. Sie haben auch niemals andere Sie betreffende Schwierigkeiten oder Probleme mit Behörden, Gerichten oder der Polizei gehabt.

Weitere Gründe für das Verlassen Ihres Herkunftslandes konnten nicht festgestellt werden bzw. haben Sie trotz mehrmaliger Nachfragen nicht vorgebracht (Einvernahmeprotokoll Seite 7).

Vorab sah sich die Behörde veranlasst sich mit der Frage zu beschäftigen, ob Sie unabhängig Ihres Fluchtvorbringens von potentieller "vulnerability" betroffen waren. Dies ist in Zusammenschau mit Ihren über ausdrückliches Nachfragen zustande gekommenen Aussagen in Verbindung mit ihrer Familienanamnese zu verneinen. Die von Ihnen zu Protokoll gegebenen personenbezogenen Daten sowie Lebensgeschichte bieten keine Hinweise auf das Vorliegen einer individuell besonders herausragende Stellung ihrer Person innerhalb der Gesellschaft des Irak, etwa durch Geburt, soziale Stellung, religiösen Fachwissens, etc.

Wenn man Ihre Erstbefragung mit der Einvernahme vergleicht, so sprachen Sie und Ihr Bruder, Hr. XXXX, in der Erstbefragung noch davon, dass Ihr Vater auch schon vor jenem geschilderten Vorfall vom 15.10.2015 sehr oft bedroht worden wäre. Sie gingen in Ihren Ausführungen sogar soweit zu sage: "Wir haben uns oft woanders versteckt."

In der Einvernahme vor dem BFA konnten jedoch weder Sie noch Ihr Bruder von Vorfällen abseits der Schilderung des Ereignisses vom 15.10.2015 berichten. Obwohl Sie dezidiert gefragt worden sind, ob es auch noch weitere Vorfälle vor dem 15.10.2015 gegeben hätte, verneinten sowohl Sie als auch Ihr Bruder diese Frage. Sie sagten sogar, dass das Leben vor dem 15.10.2015 "...schon sicher..."

(Einvernahmeprotokoll vom 16.04.2018, Seite 6) gewesen wäre.

Nun werden Sie natürlich in einem möglichen Beschwerdeverfahren der Behörde entgegengehalten, dass die Glaubhaftigkeit eines Vorbringens nicht schon alleine deshalb abgesprochen werden dürfe, wenn man Unterschiede aus der Gegenüberstellung der Fluchtgeschichte aus der Erstbefragung und Einvernahme erkennt. Dem wäre jedoch klar und deutlich entgegen zu halten, dass auf dem Boden der gesetzlichen Regelung des § 19 Abs. 1 AsylG 2005 es der Behörde nicht verwehrt ist, im Rahmen beweiswürdigender Überlegungen Widersprüche und sonstige Ungereimtheiten zu späteren Angaben einzubeziehen, es bedarf aber sorgsamer Abklärung und auch der in der Begründung vorzunehmenden Offenlegung, worauf diese Fallbezogen zurückzuführen sind [Hinweis VwGH v 28. Mai 2014, Ra 2014/20/0017, 0018, und Erkenntnis vom 13. November 2014, Ra 2014/18/0061, sowie das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 20. Februar 2014, U 1919/2013 ua.] (VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0189). Der Behörde war es somit nicht verwehrt diese Abweichung zwischen der Erstbefragung und der nachfolgenden Einvernahme im Rahmen der Beweiswürdigung aufzugreifen.

Dass die von Ihnen vor dem BFA angeführte Bedrohung im Irak einen realen Hintergrund gehabt hätte, war nicht zu erkennen gewesen, spricht doch schon alleine das Verhalten von Ihnen und Ihrer Mutter, Fr. XXXX, geb. XXXX, nämlich Ihrer Antragstellung auf freiwillige Rückkehr bzw. der freiwilligen Rückkehr Ihrer Mutter am 09.05.2017, dafür, dass keine ernsthafte Bedrohungssituation für die Familie besteht. Auf diesen Vorhalt angesprochen rechtfertigten Sie das Verhalten Ihrer Mutter damit, dass Sie sagten, Ihre Mutter wäre aufgrund der Erkrankung Ihres Vaters in das Herkunftsland zurückgekehrt. Offensichtlich bestanden keine Bedenken mehr zu einer Rückkehr in den Irak. Diesbezüglich muss erwähnt werden, dass Ihr Vater zum damaligen Zeitpunkt bereits den dritten Herzinfarkt gehabt hätte. Er ließ sich in einem Krankenhaus in Bagdad behandeln.

In Zusammenschau mit der Frage, von welchen finanziellen Mitteln Ihr Vater im Irak leben würde, kam durch Ihre Antworten hervor, dass er nach wie vor einen Gehalt vom Staat aus seiner Tätigkeit als stv. Gefängnisdirektor bekommen würde.

Für die Behörde stellt sich auf der Grundlage Ihrer Angaben und der Angaben Ihres Bruders in der Einvernahme die Sachlage so dar, dass es glaubhaft ist, dass Ihr Vater stv. Gefängnisdirektor gewesen ist. Der von Ihnen geschilderte Vorfall ist jedoch nicht glaubhaft. Vielmehr ist die Behörde davon überzeugt, dass Ihr Vater aufgrund seiner schweren Erkrankung krankheitsbedingt in den Ruhestand versetzt worden ist. Eine Quittierung des Dienstes durch Ihren Vater aufgrund von bestehender bzw. drohender Verfolgung kann nicht erkannt werden. Würde Ihr Vater tatsächlich eine latente Gefahr im Irak für seine Person sehen, würde er sich nicht in Bagdad einer medizinischen Behandlung unterziehen und sich auch nicht regelmäßig im Irak aufhalten. Auch hätte er sich nicht, so wie Sie es sagten, über zwei Monate hinweg, bis zu seiner angeblichen Reise in den Iran, im Gefängnis versteckt gehalten, wenn schon von einer Gruppe aus Gefangenen die sich genau in diesem Gefängnis aufgehalten hätten, die Gefahr für ihn und die Familie ausgegangen wäre. Auch die restlichen Verwandten Ihres Vaters können problemlos im Irak leben. Von weiteren Verfolgungshandlungen wurde ebenfalls von Ihren Eltern nichts mehr berichtet.

Wenn man nun rein hypothetisch betrachtet und ohne hierdurch den behaupteten kausalen Sachverhalt als glaubwürdig werten zu wollen, Ihnen Glauben schenken würde so wäre diese einmalige Forderung höchstens kriminellen Banden zuschreibt, denen es um die Freipressung von durch den Staat verurteilten Verbrechern gegangen wäre. Es wäre sowohl Ihrem Vater als auch Ihrer Familie möglich und zumutbar gewesen, sich im Falle eines drohenden Übergriffes an die Sicherheitsbehörden ihres Herkunftsstaates zu wenden, welche gerade bei einem stellvertretenden Gefängnisdirektor und dessen Angehörigen willens und fähig wären, Schutz zu gewähren.

Unter richtlinienkonformer Interpretation (Art 6 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.April 2004) kann eine Verfolgung bzw. ein ernsthafter Schaden von nichtstaatlichen Akteuren (nur) dann ausgehen, wenn der Staat oder die Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, "erwiesenermaßen" nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung bzw. ernsthaftem Schaden iSd Art 7 leg cit zu bieten (das Gebot der richtlinienkonformen Interpretation der entsprechenden asylrechtlichen Bestimmungen entspricht auch dem Gesetzgeber (vgl. Wortlaut der RV zum AsylG 2005: "...Mit dem

vorgeschlagenen Entwurf werden folgende Richtlinien umgesetzt ... :

Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. Nr. L 304 vom 30.09.2004 S. 12, CELEX Nr. 32004L0083; ...".

Nach der Rsp des VwGH ist für die Annahme einer Tatsache als "erwiesen" (vgl § 45 Abs 2 AVG) allerdings keine "absolute Sicherheit" (kein Nachweis "im naturwissenschaftlich-mathematisch exakten Sinn" erforderlich (VwGH 20.9.1990, 86/07/0091; 26.4.1995, 94/07/0033; 20.12.1996, 93/02/0177), sondern es genügt, wenn eine Möglichkeit gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit (Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht 2004, 168f: an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit) oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (VwGH 26.4.1995, 94/07/0033; 19.11.2003, 2000/04/0175; vgl auch VwSlg 6557 F/1990; VwGH 24.3.1994, 92/16/0142; 17.2.1999, 97/14/0059; in Hengstschläger-Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Manz Kommentar, 2. Teilband, Rz 2 zu § 45).

In Bezug auf diese Umstände - nämlich, dass der Staat oder die Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, "nicht in der Lage" oder "nicht willens" sind, Schutz vor Verfolgung bzw. ernsthaftem Schaden iSd Art 7 leg cit zu bieten - besteht für Sie somit ein erhöhtes Maß an erforderlichem Überzeugungsgrad der Behörde. Die (bloße) Glaubhaftmachung ist gem. Art 6 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.April 2004 demnach als Beweismaß dafür nicht ausreichend. Es muss "erwiesen" werden. Gelingt dies nicht, ist davon auszugehen, dass sie dazu sowohl in der Lage als auch willens sind, wenn der Staat oder die Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung oder den ernsthaften Schaden zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung oder einen ernsthaften Schaden darstellen, und wenn der Antragsteller Zugang zu diesem Schutz hat. Diesfalls gilt gem. Art 7 Abs. 2 leg cit, dass "generell Schutz gewährleistet ist".

Im gegenständlichen Fall haben Sie nicht behauptet oder bescheinigt, dass das geschilderte Verhalten einer Entführung in ihrem Herkunftsstaat nicht pönalisiert wäre oder die Polizei oder auch andere für den Rechtsschutz eingerichtete Institutionen grundsätzlich nicht einschreiten würden, um einen Schaden mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit abzuwenden. Darauf weisen auch die den Feststellungen der Behörde zu Grunde liegenden Quellen nicht hin, wenngleich die Berichte zu erkennen geben, dass durchaus auch noch einige Defizite bestehen, ergibt sich weiters aus den von der Behörde herangezogenen Quellen, dass in Ihrem Herkunftsstaat kein genereller Unwille bzw. die Unfähigkeit der Behörden herrscht, Schutz zu gewähren.

Sie bescheinigten im Rahmen Ihrer Ausführungen zur Schutzfähigkeit nicht konkret und substantiiert den Unwillen und die Unfähigkeit des Staates, gerade in Ihrem Fall keinen Schutz zu gewähren. Es kann dem Vorbringen auch nicht entnommen werden, dass Sie keinen Zugang zu den Schutzmechanismen hätte, bzw. dass gerade in Ihrem Fall ein qualifizierter Sachverhalt vorliege, der es als "erwiesen" erscheinen lässt, dass die im Herkunftssaat vorhandenen Behörden gerade im Fall von Ihnen untätig blieben. Im Verfahren kam auch nicht konkret hervor, dass der Staat selbst der Verfolger wäre.

Im Ergebnis haben Sie letztlich im Verfahren kein derartiges Vorbringen konkret und substantiiert erstattet, welches hinreichende Zweifel am Vorhandensein oder an der Effektivität der Schutzmechanismen - dies wurde unbescheinigt und unsubstantiiert nicht glaubhaft gemacht (vgl. EGMR, Fall H.L.R. gegen Frankreich) noch kann dies als erweislich angesehen werden - verursacht hätte.

Das bei Ihnen keine staatliche Verfolgungsgefahr vorliegt ist daran erkennbar gewesen, dass Sie dies in keiner Phase Ihres Verfahrens vorgebracht haben.

Sie selbst waren keiner glaubhaften Verfolgung ausgesetzt. Dezidiert nach weiteren Gründen für Ihre Ausreise gefragt, kam nichts hervor, was darauf schließen lassen würde, dass Sie noch weitere Gründe anführen wollten.

Zusammenfassend gelangt die erkennende Behörde daher im Rahmen der von ihr vorzunehmenden Beweiswürdigung zu einem den Denkgesetzen und den Erfahrungen des Lebens entsprechenden Ergebnis, indem sie aufgrund der getroffenen Feststellungen, insbesondere aber aufgrund Ihres Vorbringens zu den Fluchtgründen zu dem Schluss kommt, dass Sie mit diesem keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft machen konnten.

Beweismittel, die einen gegenteiligen Schluss zuließen, haben Sie nicht in Vorlage gebracht.

Sie missbrauchen das Asylrecht um unter allen Umständen einen Aufenthaltstitel in der Union zu erzwingen. Es ist jedoch nach derzeitiger Gesetzeslage nicht die Aufgabe des geltenden Asylrechts, für bessere Lebensbedingungen von wirtschaftlich benachteiligten Menschen zu sorgen."

In rechtlicher Hinsicht wurde ausgeführt, dass die Ausführungen des Beschwerdeführers nicht zu einer Zuerkennung des Status des Asylberechtigten führen könnten und auch keinerlei sonstige Gefährdung erkennbar gewesen sei. Es sei nicht ersichtlich, dass die Rückverbringung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat eine unmenschliche Behandlung oder eine im gesamten Herkunftsstaat vorliegende extreme Gefährdungslage erkennen lassen würde.

5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts, mangelhafter bzw. unrichtiger Bescheidbegründung sowie Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist irakischer Staatsangehöriger, Araber und schiitischer Moslem. Der Beschwerdeführer lebte mit seinem Bruder bei seinen Eltern in Bagdad. Der Beschwerdeführer hat zwölf Jahre die Schule in Bagdad besucht und bis zu seiner Ausreise seinen Lebensunterhalt mit Handyreparaturen und als Hilfsarbeiter verdient. Onkel und Tanten des Beschwerdeführers sind nach wie vor in Bagdad, Almara und Basra aufhältig.

Der Beschwerdeführer verließ ca. im Oktober 2015 legal den Irak. Der Beschwerdeführer reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein, wo er am 03.11.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Der Beschwerdeführer ist nicht verheiratet, führt keine Lebensgemeinschaft und hat keine Kinder. Der Beschwerdeführer hat in Österreich außer seinem mitgereisten Bruder und einem Cousin keine familiären Anknüpfungspunkte. Der Beschwerdeführer ist gesund.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten. Der Beschwerdeführer bezieht Leistungen aus der Grundversorgung und ist nicht berufstätig. Der Beschwerdeführer war für einen Deutschkurs (Niveau A1) und für einen Werte- und Orientierungskurs angemeldet. Die Ablegung einer Deutschprüfung hat er bislang nicht belegt.

Der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Fluchtgrund, dass seinem Vater in Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit als (stellvertretender) Gefängnisdirektor mit der Tötung seiner Familie gedroht worden sei und er als sein Sohn daher um seine Leben fürchte, ist nicht glaubhaft. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise einer konkreten, individuell gegen ihn gerichtete Verfolgung aus den von ihm genannten Gründen ausgesetzt war oder er im Falle einer Rückkehr in den Irak der Gefahr einer solchen ausgesetzt wäre.

Zur Lage im Irak werden folgende Feststellungen getroffen:

Am 29.10.2017 erklärte Mas'ud Barzani seinen Rücktritt als Präsident der kurdischen Region. Er lehnte in einem Brief an das kurdische Parlament eine Verlängerung seines Mandats über den 1.11.17 hinaus ab (IFK 6.11.2017). Barzani bleibt Vorsitzender der KDP (Kurdistan Democratic Party) und somit weiterhin ein wichtiger politischer Akteur. Die weiter andauernde Lähmung des kurdischen Regionalparlamentes versetzt die beiden Parteien KDP und PUK (Patriotische Union Kurdistans) weiterhin in die Lage, politische Entscheidungen ohne die Einbeziehung der Partei Goran oder anderer Parteien zu treffen (CR 14.11.2017).

Nach der Offensive der irakischen Armee und der PMF (Popular Mobilization Forces) in die von den Kurden kontrollierten Gebiete, besteht derzeit ein Waffenstillstand, es herrscht jedoch weiterhin Unsicherheit, nicht nur bezüglich der weiteren Vorgehensweise der irakischen Regierung, sondern auch die wirtschaftliche Situation Kurdistans betreffend. Unterdessen gibt es neue Beweise dafür, dass im Zuge der Offensive in den vorwiegend kurdischen Gebieten Plünderungen, Brandstiftungen, Häuserzerstörungen und willkürliche Angriffe offenbar insbesondere von Seiten der PMF (auch von Seiten turkmenischer PMF-Milizen) stattfanden. Tausende haben dabei ihre Häuser, ihre Geschäfte und ihre sonstigen Besitztümer verloren. (AI 24.10.2017; Bas 14.11.2017; HRW 20.10.2017).

Laut den Vereinten Nationen (VN) kam es im Zuge der Offensive der irakischen Regierung zur Vertreibung von zehntausenden Menschen aus den sogenannten "umstrittenen Gebieten". 180.000 Menschen sind (mit Stand 18.11.2017) nach wie vor vertrieben, 172.000 sind zurückgekehrt. Die meisten dieser Vertriebenen sind Kurden, aber auch Mitglieder anderer Minderheiten, einschließlich sunnitischer Araber und Turkmenen. Die meisten Vertriebenen lebten in den Städten Kirkuk, Daquq (Provinz Kirkuk), sowie Tuz Khurmatu (Rudaw 18.11.2017). Aus Furcht vor Repressalien kehren sie derzeit nicht in ihre Heimatgebiete zurück (Reuters 9.11.2017).

Am Abend des 12.11.2017 fand in der Grenzregion zwischen Iran und Irak ein Erdbeben der Stärke 7,3 statt. Im Irak war dabei die an der Grenze zum Iran befindliche Stadt Halabja (im Autonomen Kurdengebiet) am stärksten betroffen. Acht Menschen starben im Irak, mehr als 500 wurden verletzt und hunderte Familien wurden obdachlos. Zumindest drei Gesundheitszentren wurden beschädigt. Verglichen mit dem Iran war der Irak deutlich geringer von dem Erdbeben betroffen (UNFPA 19.11.2017).

Im Zuge der Rückeroberungen von IS-Gebieten (IS: sogenannter Islamischer Staat) werden weiterhin Massengräber gefunden. Zuletzt wurde in der Nähe der Militärbasis al-Bakara etwa drei Kilometer vor der Stadt Hawija ein Grab mit mindestens 400 Toten (mutmaßlichen IS-Opfern) entdeckt (MOI 3.11.2017; Standard 11.11.2017). Umgekehrt treten weitere Berichte von Racheakten von Seiten der Befreier zutage, laut Nahostexpertin Gudrun Harrer scheint der Zyklus der Gewalt mit dem Sieg über den IS nicht unterbrochen (Harrer 24.11.2017). Mehr als 3,1 Millionen Iraker (die überwältigende Mehrheit Sunniten) sind weiterhin Vertriebene. Weitere 2,3 Millionen sind in ihre Heimatgebiete zurückgekehrt. Für den Wiederaufbau ihrer Städte erhielten die Sunniten nicht viel Hilfe von der Zentralregierung, die sich mehr auf die Bekämpfung/Zurückdrängung des IS und zuletzt der Kurden konzentrieren (NYTimes 26.10.2017).

Ab dem 3.11.2017 mit Stand 17.11.2017 wurden die drei letzten irakischen Städte, die sich noch unter der Kontrolle des IS befanden, Al-Qaim, Ana und Rawa (alle drei im Westen des Landes) von den irakischen Streitkräften zurückerobert. Laut der US-geführten Koalition zur Bekämpfung des IS hat dieser nun 95 Prozent jener irakischen und syrischen Territorien verloren, welches er im Jahr 2014 als Kalifat ausgerufen hatte (Telegraph 17.11.2017; IFK 6.11.2017). Das Wüstengebiet nördlich der drei Städte bleibt vorerst weiterhin IS-Terrain. Die Gebiete rund um Kirkuk und Hawija gehören zu jenen Gebieten, bei denen das Halten des Terrains eine große Herausforderung darstellt. (MEE 16.11.2017; Reuters 5.11.2017; BI 13.11.2017). Es stellt sich auch die Frage, wo sich jene IS-Kämpfer aufhalten, die, nicht getötet wurden oder die nicht in Gefängnissen sitzen (Alleine in Mossul gab es vor der Rückeroberung 40.000 IS-Kämpfer). Viele sind in die Wüste geflohen oder in der Zivilbevölkerung untergetaucht. Es gab es auch umstrittene Arrangements, die den Abzug von IS-Kämpfern und ihren Familien erlaubten. Der IS ist somit nicht verschwunden, nur sein Territorium [mit Einschränkungen s.u.] (Harrer 24.11.2017).

Die folgende Grafik zeigt die massiven Gebietsverluste des IS seit Jänner 2015 (Stand 30.10.2017). Der Wüstenbereich nördlich von Al-Qaim wird je nach Quelle als Wüstengebiet oder als IS-Gebiet eingezeichnet (s. untere Karte) eingezeichnet.

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(BBC 3.11.2017)

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(Liveuamap 17.11.2017, Stand 17.11.2017)

Seit der IS Offensive im Jahr 2014 ist die Zahl der Opfer im Irak nach wie vor nicht auf den Wert der Zeit zwischen 2008 - 2014 zurückgegangen, in der im Anschluss an den konfessionellen Bürgerkrieg 2006-2007 eine Phase relativer Stabilität einsetzte (MRG 10.2017; vgl. IBC 23.11.2017). Von dem Höchstwert von 4.000 zivilen Todesopfern im Juni 2014 ist die Zahl 2016 [nach den Zahlen von Iraq Body Count] auf 1.500 Opfer pro Monat gesunken; dieser sinkende Trend setzt sich im Jahr 2017 fort (MRG 10.2017). Nach den von Joel Wing dokumentierten Vorfällen, wurden in den Monaten August, September und Oktober 2017 im Irak 2.988 Zivilisten getötet (MOI 9.-11.2017). Zu diesen Zahlen gelten die im Länderinformationsblatt Irak in Abschnitt 3.1 erwähnten Einschränkungen und Anmerkungen - kriminelle Gewalt wurde in dieser Statistik nur zum Teil berücksichtigt, Stammesgewalt gar nicht.

Beispielhaft wird im Folgenden eine Grafik angeführt, in der die von einer Sicherheitsfirma dokumentierten Vorfälle, die in Kalenderwoche 45 des Jahres 2017 stattgefunden haben, eingezeichnet sind. Die Grafik stellt jedoch nach Angaben der Quelle nicht das gesamte Ausmaß der Gewalt und der Vorfälle dar. Mehrere Vorfälle, bzw. umfangreiche und länger andauernde Gefechte werden jeweils als ein Vorfall zusammengefasst dargestellt. Darüber hinaus bleiben viele Vorfälle auf Grund von Einschränkungen durch die Regierung und Einschränkungen der Kommunikation undokumentiert:

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(CR 14.11.2017)

Im Folgenden findet sich ein von derselben Quelle erstellter Überblick über die Entwicklung der Zahl der Vorfälle von Kalenderwoche 26 - 44 des Jahres 2017:

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(CR 14.11.2017)

Im kürzlich veröffentlichten Global Peace Index (GPI)-Bericht wurde der Irak als das "dritt-unfriedlichste" Land der Welt eingestuft. Laut GPI-Bericht bleibt trotz der Zurückdrängung des IS die Stabilität und Sicherheit der Staaten Syrien und Irak weiterhin bedroht (K24 8.8.2017; vgl. Iraqinews 15.11.2017).

Bagdad:

Obwohl der IS Bagdad [kontrollgebietsmäßig] nie erreicht hat, verzeichnete die Hauptstadt laut Angaben der UN jeweils entweder die höchste oder die zweithöchste - nach der Provinz Ninewa - Anzahl an zivilen Todesopfern. Um ein Beispiel zu nennen: UNAMI berichtet, dass im Februar 2017 120 Zivilisten getötet und 300 verletzt wurden. In demselben Monat im Jahr 2016 war Bagdad der am stärksten betroffene Bezirk, UNAMI berichtete von 277 Todesopfern und 838 Verletzten. (Update: Für den Monat Oktober 2017 berichtet UNAMI 177 zivile Opfer (38 Tote, 139 Verletzte). Wichtig ist, anzumerken, dass diese Zahlen ausschließlich verifizierte Opfer inkludieren und als das absolute Minimum gesehen werden müssen [Anm.: Es gelten die in Abschnitt 3.1 des LIB Irak getätigten Aussagen und Anmerkungen]. Zum Beispiel beinhalten sie auch nicht jene Opfer, die in manchen Teilen der Stadt regelmäßig tot aufgefunden und geborgen werden (MRG 10.2017; UNAMI 1.11.2017). Nach wie vor kommt es in Bagdad täglich zu sicherheitsrelevanten Vorfällen mit zivilen Opfern (Wing 9.-11.2017; vgl. IBC 28.2.2017). Laut Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes ist in Bagdad weiterhin mit schweren Anschlägen insbesondere auf irakische Sicherheitsinstitutionen und deren Angehörige, auf Ministerien, Hotels, öffentliche Plätze und religiöse Einrichtungen zu rechnen (AA 23.11.2017). Für die fragile Sicherheitssituation in der Hauptstadt gibt es zahlreiche Gründe. Abgesehen davon, dass es ein attraktives Ziel für Anschläge ist, beherbergten und beherbergen die Gebiete rund um Bagdad historisch entstandene Terrorzellen, u.a. von Al-Qaeda und dem IS. Dies ist insbesondere in der Nachbarprovinz Anbar im Westen, sowie im Bezirk Jurf al-Sakhar in der Provinz Babil der Fall. Dazu kommen die äußeren Bezirke Bagdads, dem sogenannten "Bagdad-Belt", der aus spärlich besiedelten ländlichen Gegenden besteht, in denen sich bewaffnete Gruppen leicht verstecken können.

Die Acht-Millionenmetropole Bagdad hat eine höhere Kriminalitätsrate als jede andere Stadt des Landes. Hauptverantwortlich dafür ist der schwache staatliche Sicherheitsapparat sowie die schwache Exekutive. Seit dem Krieg gegen den IS verblieb in Bagdad aufgrund von Militäreinsätzen in anderen Teilen des Landes phasenweise nur eine geringe Zahl an Sicherheitspersonal. Da große Teile der Armee im Sommer 2014 abtrünnig wurden, sind zum Wiederaufbau der Armee mehrere Jahre nötig. Gleichzeitig erschienen bewaffnete Gruppen, vor allem Milizen mit Verbindungen zu den 'Popular Mobilization Forces' (PMF), auf der Bildfläche, mit divergierenden Einflüssen auf die Stabilität der Stadt. Der Zusammenbruch der Armee führte zusätzlich zu einem verstärkten Zugang und zu einer größeren Verfügbarkeit von Waffen und Munition. Dazu kommt die Korruption, die in allen Einrichtungen des Sicherheitsapparates und der Exekutive herrscht. Trotz dieser Probleme gibt es aktuell eine Verbesserung der Situation, die sich auch auf die Meinung der Bewohner über den irakischen Gesetzesvollstreckungsapparat auswirkt. Obwohl konfessionell bedingte Gewalt in Bagdad existiert, ist die Stadt nicht in gleichem Ausmaß in die Spirale der konfessionellen Gewalt des Bürgerkriegs der Jahre 2006-2007 geraten. Stattdessen kommt es zu einem Anstieg der Banden-bedingten Gewalt (Bandenkriege), die meist finanziell motiviert sind, in Kombination mit Rivalitäten zwischen Sicherheitskräften/-akteuren (MRG 10.2017).

Terrorattacken:

Terrorattacken werden meist mit verschiedenen Arten von IEDs (Improvised Explosive Devices) ausgeführt, inklusive am Körper getragene ('body-born' oder BBIEDs, in Fahrzeugen transportierte ('vehicle-borne' oder S/VBIEDs) und unter Fahrzeugen befestigte Sprengfallen ('under-vehicle-borne' oder UVBTs). Dabei handelt es sich um typische Taktiken des IS. Sie zielen dabei auf große Menschenansammlungen wie z.B. auf Märkten, in Einkaufszentren und Moscheen ab, wo der Kollateralschaden maximiert werden kann. Auch wenn diese Attacken alle Teile der Stadt treffen können, sind [ethno-religiös] gemischte Gebiete besonders gefährdet. Auch werden Kontrollpunkte regelmäßig angegriffen mit dem Ziel Sicherheitskräfte zu schwächen. Wegen des hohen Verkehrsaufkommens werden an den Kontrollpunkten selten sorgfältige Fahrzeugdurchsuchungen durchgeführt, weshalb das Problem schwer einzudämmen ist (MRG 10.2017).

Es sollte auch erwähnt werden, dass UVBTs besonders häufig verwendet werden, um Individuen zu attackieren. Diese Attentate können durch persönliche oder stammesbezogene Auseinandersetzungen motiviert sein, in spezifischen Fällen sind sie politisch motiviert.

Kidnappings und Entführungen:

Kidnappings und Entführungen kommen überall in Bagdad vor, unterscheiden sich aber in Häufigkeit und Art der Opfer. Man kann generell zwischen finanziell motivierten Entführungen und denen, die politisch oder persönlich motiviert sind, unterscheiden. Während erstere von kriminellen Gangs begangen werden, werden die politisch oder persönlich motivierten von bewaffneten Gruppen oder Individuen ausgeführt. Geschätzte 65-75 Prozent können als kriminelle Akte kategorisiert werden, während zwischen einem Viertel und einem Drittel als politisch oder als Folge von persönlichen Auseinandersetzungen gesehen werden können. Die zentralen und relativ wohlhabenden Bezirke Karkh und Rusafa zeigen die höchsten Zahlen an Kidnappings und sind für etwa die Hälfte der dokumentierten Fälle des gesamten Gouvernements verantwortlich (MRG 10.2017).

Obwohl die offiziellen Daten nicht veröffentlicht wurden zeigt eine Aufzeichnung des Innenministeriums, dass in den ersten neun Monaten des Jahres 2016 in Bagdad zumindest 700 Kidnappings stattgefunden haben (MRG 10.2017).

Allerdings können sich diese in vielen Fällen überschneiden. Es wurde zum Beispiel berichtet, dass schiitische Milizen Kidnappings und Erpressungen als einkommensgenerierende Aktivitäten einsetzen. Während es sich dabei um einen kriminellen Akt handelt, kann zusätzlich auch ein politisches oder religiöses Motiv dahinter stehen. Milizen haben z.B. Mitglieder anderer Gruppen entführt und verschleppt. Opfer der von den Gruppen durchgeführten Kidnappings sind tendentiell eher Sunniten als Schiiten. Es ist auch häufig, dass Milizen Kidnappings in Gegenden, die nicht unter ihrer eigenen Kontrolle stehen, ausführen, etwa um ihre Reputation in den von ihnen kontrollierten Gebieten nicht aufs Spiel zu setzen (MRG 10.2017).

Da es zu Protesten in der Bevölkerung kam, und zu Forderungen an den Staat, Maßnahmen zu ergreifen, wurde in den letzten zwei Jahren das Thema Kidnappings in der Öffentlichkeit diskutiert. Immer wieder kam es zu Wellen von Entführungen, die gegen bestimmte Professionen und Gruppen der Gesellschaft gerichtet waren. Anfang 2017 tauchten Berichte auf, dass Sicherheitskräfte eine kriminelle Gruppe zu identifizieren suchten, die auf die Entführung von Kindern in der Gegend um Bagdad al-Jadida spezialisiert war. Im August 2017 veröffentlichte Niqash einen Artikel über eine vor Kurzem vorgefallene Serie an Kidnappings, die gegen Ärzte und medizinisches Personal gerichtet waren. Diese wurden von kriminellen Banden durchgeführt, aber auch von Stämmen, die Wiedergutmachung für Verwandte forderten, die nicht behandelt werden konnten oder die im Spital verstorben waren. Im Mai 2017 wurde eine Gruppe von Studenten und Anti-Korruptions-Aktivisten gekidnappt, angeblich von einer Miliz. Dennoch war einer der meist diskutierten Fällen die Entführung von Afrah Shawqi, einem Journalisten, der nur wenige Tage davor einen Artikel im Al-Sharq al-Awsat über die Straffreiheit von schiitischen Milizen im Irak veröffentlicht hatte. In beiden Fällen wurden die Opfer freigelassen, nachdem großer öffentlicher Druck auf den Premierminister selbst, sowie auf das Innenministerium ausgeübt worden war. Regierungsbeamte und andere politische Führungskräfte wurden ebenso ins Visier genommen wie z.B. bei jenem Fall eines hohen Beamten des Justizministeriums, der im September 2015 gekidnappt wurde, oder jenem Fall eines sunnitischen Stammesführers, dessen Entführung und Ermordung Anlass zu einer Kampagne von Amnesty International wurde (MRG 10.2017).

All diese Fälle haben Regierung und Sicherheitsdienste gezwungen, sich aktiver diesem Problem zu widmen. In vergangenen Jahren, sowie auch in den Jahren 2006-2007, war die Exekutive beinahe gänzlich außerstande, mit dieser Art der Gewalt umzugehen. Heute spricht Premierminister Abadi, der sich manchmal persönlich in Fälle involviert, lautstark über die Bedenken der Bevölkerung, und unternimmt Schritte, um die Kapazitäten der Gesetzesvollstreckung auszuweiten. Dennoch werden Milizen in erfolgreichen Fällen - wenn es Sicherheitskräften gelingt, Banden zur Anklage bringen - selten erwähnt. Es ist praktisch unmöglich einzuschätzen, wie oft die von den Sicherheitskräften Verhaftungen Mitglieder von Milizen einschließen, da Fälle von Kidnappings mit Lösegeldforderungen einfach als kriminelle Akte kategorisiert werden. Dies kann nur durch anekdotische Hinweise und durch Zeugenaussagen belegt werden. Allerdings besteht das Problem, dass die Opfer oft selber nicht wissen woher die Bedrohung kommt oder wer der Empfänger des geforderten Lösegeldes ist (MRG 10.2017).

Schießereien mit Handfeuerwaffen:

Was die Verwendung von Handfeuerwaffen betrifft, können generelle Muster zwischen dem zentralen Gebiet und der Peripherie der Provinz Bagdad unterschieden werden. Morde und Anschläge auf Zivilisten sind innerhalb der Stadt Bagdad weiter verbreitet, die Bezirke Karkh, Rusafa und Adhamiya sind diesbezüglich überrepräsentiert. Diese Anschläge richten sich z.B. gegen Geschäftsbesitzer, Anwälte sowie Angestellte der Regierung. Schießereien kommen auch in Verbindung mit Raubüberfällen vor. Zusätzlich stehen viele Tötungen in Verbindung mit Kidnappings, bei denen das Lösegeld nicht gezahlt wurde.

Im Gegensatz dazu sind Vorfälle mit Handfeuerwaffen im 'Bagdad Belt' üblicherweise gegen Sicherheitsdienste wie die Iraqi Security Forces (ISF) und Mitglieder von sunnitischen und schiitischen Milizen gerichtet, und finden meistens bei Kontrollpunkten statt. Dies kann man in Abu Ghraib, Mahmudiya und Tarmiya beobachten. Diese Gebiete verzeichnen auch eine große Anzahl an Schießereien in Verbindung mit stammesbezogenen Auseinandersetzungen (MRG 10.2017).

Konfessionalismus und Diskriminierung:

Konfessionalismus und Diskriminierung sind weiterhin ein weit verbreitetes Phänomen in Bagdad, wenn sie auch nicht dasselbe Ausmaß an Gewalt erreicht haben, der während des konfessionellen Krieges in den Jahren 2006-2007 dokumentiert wurde. Dies anzumerken, ist von wichtig, weil von vielen angenommen wurde, dass durch das Ausbreiten des IS ab 2014 frühere Muster an Gewalt nach Bagdad zurückkehren würde. Das hat er auch, allerdings in einem geringeren Ausmaß. Wie diverse Menschenrechtsberichte gezeigt haben, fachen Terrorattacken des IS in Bagdad viele Arten an Vergeltungsmaßnahmen gegen sunnitische Zivilisten an, die vorwiegend von schiitischen Milizen begangen werden. Diese beinhalten Kidnappings, Ermordungen sowie ungesetzlichen Freiheitsentzug. Dennoch ist der offensichtlichere Konfessionalismus - bei dem sunnitische Bewohner Kontrollpunkte nicht passieren konnten ohne namentlich aufgerufen zu werden und manchmal schikaniert oder festgenommen wurden - heute relativ selten. Dies trifft allerdings nicht auf sunnitische Internvertriebene (IDPs) zu, die in der Provinz Bagdad regelmäßig diskriminiert werden. Nachdem der IS in großen Teilen von Anbar und Salah al-Din die Macht ergriffen hatte, flohen Tausende nach Bagdad. In vielen Fällen war es ihnen von vorne herein nie gestattet, in die Provinz einzureisen. Die, die es dennoch geschafft haben, berichten von extrem eingeschränkter Reisefreiheit (da Personalausweise aufzeigen in welchem Gouvernement sie ausgestellt wurden), von Schwierigkeiten, als Gebietsfremde des Gouvernements an wesentliche Dokumente zu gelangen, sowie von Schikanen aufgrund des Pauschalverdachts der IS-Zugehörigkeit. Für Internvertriebene besteht, aufgrund fehlender Netzwerke für persönliche Unterstützung, auch ein größeres Risiko, entführt zu werden.

Eine weitere Seite des Konfessionalismus sind Verhaftungen, oft willkürlich, welche meist in Verbindung mit einer Anklage wegen Terrorismus nach Artikel 4 vollzogen werden und beinahe ohne Ausnahme Sunniten betreffen. Diese Festnahmen sind nach Terroranschlägen häufig, wenn Sicherheitsdienste Durchsuchungsaktionen durchführen, um Mitglieder oder Unterstützer des IS ausfindig zu machen (MRG 10.2017).

Kleinere Gemeinschaften, inklusive Minderheiten und solche, die sich in einer Minderheitssituation wiederfinden, stehen unter signifikantem Risiko. Die Anzahl an Christen in Bagdad nimmt unter dieser Bedrohungssituation weiterhin ab, wenn auch kleine christliche Gemeinden in gemischten Bezirken bestehen bleiben; so auch in Karkh und in Karrada und Palästina. Faili-Kurden (schiitische Kurden), einschließlich jener, die in Sadirya und im südlichen Teil Bagdads leben, haben unter Bombenangriffen gelitten und berichten von erhöhten Spannungen, die in Zusammenhang mit dem kurdischen Unabhängigkeitsreferendum stehen. Palästinenser, die vorwiegend in al-Baladiyat leben, sind diesen gezielten Attacken ebenso ausgesetzt und bleiben weiterhin besonders gefährdet (MRG 10.2017).

Sicherheitskräfte in der Provinz Bagdad:

Irakische Sicherheitskräfte (ISF):

Die ISF werden in Bagdad vom 'Baghdad Operations Command' (BOC) repräsentiert, Geheimdienste und irakische Polizeieinheiten, die im Bagdad Gouvernement agieren, sind dem Verteidigungsministerium unterstellt. Der BOC besteht aus mehreren Brigaden, die der 6., 11. und 17. Abteilung der irakischen Armee angehören, sowie aus spezialisierten Militär- und Polizei-Einheiten, inklusive Bereitschaftspolizei und Schutzeinheiten für Diplomaten. Die irakische Armee ist gemeinsam mit staatlichen und lokalen Polizeieinheiten für die Sicherheit verantwortlich. Zusätzlich zu regulären Sicherheitsfunktionen, sind die ISF gemeinsam mit Einheiten, die in Verbindung zum Innenministerium stehen, für die Überprüfung von Internvertriebenen und Rückkehrern und damit in Zusammenhang stehende Regulierungen zuständig (MRG 10.2017).

Polizeikräfte werden oft als Erweiterung der Badr-Partei gesehen. Darüber hinaus wird das Polizeikorps, abgesehen von Teilen der Staatspolizei, als schwer korrupt erachtet. In wenigen Ausnahmen sind Offiziere der Staatspolizei ehemalige Offiziere der Armee und werden als weniger korrupt und konfessionalistisch gesehen. Die meisten sind allerdings durch politische Einflussnahme und Vereinbarungen verschiedener Parteien an ihre Position gelangt (MRG 10.2017).

Im Allgemeinen vertraut die Bevölkerung eher der Armee als der Polizei. Die Mehrheit der Bewohner Bagdads, die in einer Umfrage einer NGO befragt wurden, ob sie in einer Notsituation die Polizei kontaktieren würden, sagten sie würden erst versuchen, das Problem selbst zu beheben. Knapp unter 50 Prozent meinten, sie würden der Polizei unter keinen Umständen Bericht erstatten. Im Vergleich dazu:

über 70 Prozent derer, die in Gebieten leben, in denen die Armee für die Sicherheit verantwortlich ist, gaben an, sie würden, wenn nötig, ihre lokalen Sicherheitskräfte kontaktieren. In derselben Umfrage wurden Bewohner gefragt, ob sie jemals Bestechungsgeld gezahlt hätten, um Unterstützung von offiziellen Sicherheitskräften zu erhalten, was 30 Prozent der Befragten bejahten. Zuletzt wurden Bewohner gefragt ob sich die Sicherheits-Situation in Bagdad verbessern oder verschlechtern würde, worauf beinahe 70 Prozent antworteten, das sie sich verbessere (MRG 10.2017).

Islamischer Staat (IS):

Der IS konnte Mitte 2014 Gebiete im Provinz Bagdad nicht unter seine Kontrolle bringen. Allerdings hat sich IS-Aktivität mehrmals vom angrenzenden Provinz Anbar in den westlichen Bezirk Abu Ghraib ausgeweitet. Teile des 'Bagdad-Belt' sind historisch gesehen Unterstützungsgebiete des IS, welche IS-Attacken in zentraler gelegenen Gebieten Bagdads ermöglichen (MRG 10.2017).

In der Provinz Bagdad beschränken sich die Aktivitäten des IS vor allem auf "unkonventionelle Attacken" gegen Zivilisten und hochrangige Opfer - in erster Linie durch die Verwendung von IEDs (MRG 10.2017).

Popular Mobilization Forces (PMF):

[Erläuterungen zu den PMF siehe auch Länderinformationsblatt Irak Abschnitt 3.2.2]

Während die PMF generell auf Schlachtfeldern quer durch das Land eingesetzt wurden, bewahren einige eine signifikante Präsenz in Bagdad. Die älteren und größeren [überwiegend schiitischen] Milizen sind jene, die vorwiegend als aktive Gruppen einen Teil der Sicherheitskräfte der Stadt repräsentieren. [...] Sunnitische Milizen kommen in der Stadt Bagdad nicht vor, aber sehr wohl in manchen Teilen des 'Bagdad-Belt', besonders in den Bezirken, die an Anbar und das Gouvernement Salah al-Din grenzen, inklusive Taji, Tarmiya und Abu Ghraib. Auf lokaler Ebene agieren PMF-Einheiten parallel und oft im Konflikt mit den ISF. Bewaffnete Konflikte zwischen ISF und PMUs, wenn auch selten, wurden im Gouvernement Bagdad beobachtet. Während die PMF weitläufig von der schiitischen Bevölkerung unterstützt werden, wurden sie beschuldigt, Menschenrechtsverletzungen gegen sunnitische Zivilisten in Gebieten begangen zu haben, die vom IS zurückerobert wurden, - wie von diversen Organisationen wie z.B. Human Rights Watch, Amnesty International und Minority Rights Group dokumentiert wurde. Berichterstattung dieser Art tendiert dazu, sich auf die Gouvernements zu konzentrieren, in denen in den letzten zwei Jahren Militäreinsätze stattgefunden haben - wie in etwa in Anbar, Ninewa und Salah al-Din - sowie auf Gebiete, in denen außer Frage steht, dass Milizen ungestraft agierten. Aufgrund dessen werden Menschenrechtsverletzungen innerhalb des Gouvernements Bagdad nicht so eingehend verfolgt (MRG 10.2017).

Im Folgenden werden einige Beispiele der wichtigsten PMF-Milizen aufgezählt, die in Bagdad operieren: Badr-Organisation, Asaib Ahl al-Haq, Saraya al-Salam, Saraya al-Khorasani, Kataib Hizbullah (MRG 10.2017). Anm.: Die Milizen sind in Abschnitt 3.2.2 des LIB näher beschrieben.

Quellen:

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AA-Auswärtiges Amt (23.11.2017): Irak: Reisewarnungen, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/irak-node/iraksicherheit/202738#content_1, Zugriff 23.11.2017

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AI- Amnesty International (24.10.2017): Titel?

https://www.amnesty.org/en/latest/news/2017/10/iraq-fresh-evidence-that-tens-of-thousands-forced-to-flee-tuz-khurmatu-amid-indiscriminate-attacks-lootings-and-arson/, Zugriff 22.11.2017

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Bas - Basnews (14.11.2017): Over 1,500 Civilian Properties Damaged by Hashd al-Shaabi in Tuz KhurmatuFeatured, http://www.basnews.com/index.php/en/news/kurdistan/392677, Zugriff 22.11.2017

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BBC (3.11.2017): Islamic State and the crisis in Iraq and Syria in maps, http://www.bbc.com/news/world-middle-east-27838034, Zugriff 22.11.2017

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BI - Business Insider (13.11.2017): Two suicide attacks in Iraq's Kirkuk kill at least five,

http://www.businessinsider.de/us-marines-isis-iraq-2017-11?r=US&IR=T, Zugriff 22.11.2017

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CR - Control Risks (14.11.2017): Iraq Weekly, per Email am 16.11.2017

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Der Standard (11.11.2017): Massengräber mit mindestens 400 Opfern des IS im Irak entdeckt

http://derstandard.at/2000067646336/Massengraeber-mit-mindestens-400-Opfern-des-IS-im-Irak-entdeckt, Zugriff 22.11.2017

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Harrer, Gudrun in der Standard (24.11.2017): "Islamischer Staat":

Der Zyklus der Gewalt ist nicht gebrochen - derstandard.at/2000068367290/Islamischer-Staat-Der-Zyklus-der-Gewalt-ist-nicht-gebrochen

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http://derstandard.at/2000068367290/Islamischer-Staat-Der-Zyklus-der-Gewalt-ist-nicht-gebrochen, Zugriff 24.11.2017

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Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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