Entscheidungsdatum
21.11.2018Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W105 2138658-2/9E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. BENDA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX (festgestellte Volljährigkeit), StA. Afghanistan, vertreten durch den Verein für Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.06.2018, Zl. 1113280705/160612138, beschlossen:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 21 Abs. 3 erster Satz BFA-VG idgF stattgegeben, das Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz wird zugelassen und der bekämpfte Bescheid behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte nach gemeinsamer Einreise mit seinem minderjährigen Bruder XXXX in das österreichische Bundesgebiet am XXXX den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Auch der Bruder des Beschwerdeführers stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Zum Beschwerdeführer liegen EURODAC-Treffermeldungen der Kategorie "1" vom 08.04.2016 zu Bulgarien und der Kategorie "2" vom 20.04.2016 zu Ungarn vor. Weiters besteht eine EURODAC-Treffermeldung der Kategorie "1" vom 21.04.2016 zu Ungarn.
2. Im Rahmen der durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erfolgten Erstbefragung am 10.04.2016 gab der Beschwerdeführer zum Reiseweg an, dass er seinen Herkunftsstaat vor etwa zwei Monaten illegal und schlepperunterstützt in Richtung Iran verlassen habe. Über die Türkei und Bulgarien habe er sich nach Ungarn begeben, von wo aus er schließlich seine Reise nach Österreich fortgesetzt habe.
3. Der Beschwerdeführer wurde sodann, veranlasst durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA), einer multifaktoriellen Begutachtung zur Altersfeststellung zugeführt. Das auf dieser Basis erstellte medizinische Sachverständigengutachten vom 30.06.2016 kam bezüglich einer Untersuchung des Beschwerdeführers zur Bestimmung des Knochenalters durch eine Röntgenuntersuchung der linken Hand zum Ergebnis "Schmeling 4, GP 31" und damit einem Skelettalter von XXXX Jahren. Dazu wurde ausgeführt, dass eine Unterscheidung Minder- vs. Volljährigkeit alleine anhand des vorliegenden Ausprägungsgrades nicht getroffen werden könnte. Ein Zahnpanorama ergab anhand der Wurzelentwicklung im Oberkiefer ein Alter von XXXX Jahren (+/- 1,91) Jahren sowie im Unterkiefer ein Alter von XXXXJahren (+/- 1,93) Jahren. Diesbezüglich wurde ausgeführt, dass anhand dieses Befundes alleine keine eindeutige Differenzierung hinsichtlich einer Grenze zur Volljährigkeit möglich wäre, da die vorliegende Ausprägungsform in beiden Altersklassen auftreten könne. Ein Röntgenbefund der Schlüsselbeine ergab ein Alter mit dem Mittelwert XXXX (+/- 1,4) Jahren. Diesbezüglich würde ausgeführt, dass mit einfacher bzw. überwiegender Wahrscheinlichkeit eine Volljährigkeit angenommen werden könne, die Möglichkeit einer Minderjährigkeit könne noch bestehen. In einer Zusammenschau und Konsistenz der relevanten radiologischen und medizinischen Befunde wurde sodann ausgeführt, dass das höchstmögliche Mindestalter des Beschwerdeführers zum Untersuchungszeitpunkt XXXX Jahre betrage, das daraus errechnete fiktive Geburtsdatum XXXX laute und zum Zeitpunkt der Asylantragstellung am XXXX von einem Mindestsalter von XXXX Jahren ausgegangen werden könne.
4. In der Folge richtete das BFA am 11.06.2016 auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (in der Folge: Dublin III-VO), ein gestütztes, den Beschwerdeführer betreffendes Wiederaufnahmegesuch an Bulgarien. Ein selbiges Wiederaufnahmegesuch erfolgte in Bezug auf den Bruder des Beschwerdeführers.
Mit Schreiben vom 24.06.2016 lehnte die bulgarische Dublin-Behörde die Wiederaufnahme des Bruders des Beschwerdeführers mit der Begründung ab, dass dieser sowohl in Bulgarien als auch in Österreich als "unbegleiteter Minderjähriger" registriert sei, weshalb im Sinne von Art. 8 Abs. 4 Dublin III-VO Österreich für die Durchführung seines Asylverfahrens zuständig sei.
Mit Nachricht vom 09.07.2016 teilte das BFA der bulgarischen Dublin-Behörde mit, dass aufgrund des Unterbleibens der Beantwortung des den Beschwerdeführer betreffenden Wiederaufnahmegesuches gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO die Zuständigkeit von Bulgarien zur Durchführung seines Asylverfahrens eingetreten sei.
Nachdem das BFA mit Nachricht vom 14.07.2016 ein Remonstrationsverfahren im Zusammenhang mit dem Verfahren des Bruder des Beschwerdeführers mit der Begründung, dass dieser gemeinsam mit seinem erwachsenen Bruder (dem Beschwerdeführer) gereist sei, weshalb es sich ihm nicht um einen "unbegleiteten Minderjährigen" im Sinne von Art. 2 lit. j Dublin III-VO handle, eingeleitet hatte, stimmte Bulgarien mit Schreiben vom 09.08.2016 der Rückübernahme des Bruders des Beschwerdeführers ausdrücklich zu.
5. Mit Verfahrensanordnung vom 19.07.2016 stellte das BFA die Volljährigkeit des Beschwerdeführers fest.
6. In weiterer Folge wurde der Bruder des Beschwerdeführers am 06.09.2016 einer niederschriftlichen Einvernahme durch das BFA, die im Beisein seines gesetzlichen Vertreters stattfand, unterzogen.
Dabei gab dieser unter anderem zu Protokoll, dass er in Österreich nur seinen Bruder habe. Es brauche seinen Bruder und sei nicht in der Lage, ohne diesen selbständig zu entscheiden und zu leben. Im Heimatland hätten sie gemeinsam mit der Familie zusammengewohnt. Nunmehr wohne er mit seinem Bruder im selben Heim.
7. Am 07.09.2016 wurde der Beschwerdeführer vor dem BFA niederschriftlich einvernommen. Im Rahmen dieser Einvernahme gab dieser unter anderem an, in Österreich nur seinen minderjährigen Bruder zu haben. Sie hätten gemeinsam beschlossen, zu flüchten und wohne er mit diesem im selben Heim.
Der Beschwerdeführer wurde sodann am 29.09.2016 einer ärztlichen Untersuchung im Zulassungsverfahren durch eine Ärztin für Allgemeinmedizin und psychotherapeutische Medizin unterzogen und kam diese in ihrer gutachterlichen Stellungnahme vom 02.10.2016 zum Ergebnis, dass beim Beschwerdeführer Angst und eine depressive Reaktion vorliegen würden, für andere Störungen jedoch derzeit kein Hinweise vorliege. Derzeit wären medizinische Maßnahmen nicht zwingend erforderlich. Für den Fall einer Überstellung sei eine Verschlechterung nicht auszuschließen, eine Suizidalität bestehe derzeit nicht.
8. Das BFA wies jeweils mit Bescheid vom 14.10.2016 die Anträge des Beschwerdeführers und seines Bruders auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurück und sprach aus, dass Bulgarien gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO für die Prüfung der Anträge zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen die Genannten gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG eine Abschiebung nach Bulgarien zulässig sei (Spruchpunkt II.).
Im den Beschwerdeführer betreffenden Bescheid wird beweiswürdigend festgehalten, dass die Volljährigkeit des Beschwerdeführers aufgrund des eingeholten Sachverständigengutachtens zweifelsfrei feststehe.
In der rechtlichen Begründung wird Folgendes ausgeführt: "Auch wenn in Ihrem Falle kein Obsorgebeschluss vorliegt, welcher Sie als Obsorgeberechtigter für Ihren eindeutig minderjährigen Bruder ausweist, ist aufgrund Ihrer Angaben und auch aufgrund der Angaben Ihres Bruders zu erkennen, dass Sie die Verantwortung für Ihren Bruder getragen haben und auch weiterhin ein Zusammenleben mit diesem angestrebt wird. Sie haben auch schon im Herkunftsland mit Ihrem minderjährigen Bruder zusammengelebt und gemeinsam beschlossen, aus Ihrem Heimatland auszureisen. Es ergibt sich aus keiner Bestimmung der Dublin III-VO der Umstand, dass bei einer Zuständigkeit Österreichs für das Asylverfahren Ihres Bruders auch eine Zuständigkeit Ihres Verfahrens auf Österreich übergehen würde. Da in Ihrem Fall nun wie bereits weiter oben geschildert, die Zuständigkeit Bulgariens außer Frage steht und demnach eine Außerlandesbringung Ihrer Person nach Bulgarien angeordnet wird, kann schon alleine aus humanitärer Sicht auch im Falle Ihres Bruders nur eine ebenso lautende Entscheidung erfolgen, insbesondere auch deshalb, weil es der ausdrückliche Wunsch Ihres Bruders ist, bei Ihnen bleiben zu wollen."
Im den Bruder des Beschwerdeführers betreffenden Bescheid finden sich sinngemäß gleichlautende rechtliche Ausführungen. Ergänzend dazu wird festgehalten, dass das Vorliegen eines schützenswerten Familienlebens iSd Art. 8 EMRK nicht festgestellt habe werden können, da bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine weiteren Hinweise auf familiäre Anknüpfungspunkte bestünden.
9. Gegen die Bescheide vom 14.10.2016 erhoben der Beschwerdeführer und sein Bruder mit Schriftsätzen vom 24.10.2016 jeweils fristgerecht Beschwerde, die mit dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbunden wurde.
Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, dass das den Beschwerdeführer betreffende Gutachten zur Altersfeststellung nicht schlüssig sei. Zum Zeitpunkt der Antragstellung sei er noch minderjährig gewesen, weshalb im Sinne von Art. 8 Dublin III-VO Österreich für das Asylverfahren des Erstbeschwerdeführers zuständig sei. Dies entspräche auch dem Wohl des jüngeren Bruders.
Beim Bruder des Beschwerdeführers handle es sich um einen unbegleiteten Minderjährigen, zumal es über keine Familienangehörigen im Sinne von Art. 2 lit. g bzw. lit. h Dublin III-VO verfüge. Der volljährige Beschwerdeführer habe zu keinem Zeitpunkt die Obsorge für seinen Bruder übernommen.
10. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.11.2016, Zlen. W243 2138658-1/2Z und W243 2138660-1/2Z, wurde den Beschwerden des Beschwerdeführers und seines Bruders gemäß § 17 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
11. In der Folge gab das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 01.02.2017, Zlen. W243 2138658-1/4E und W243 2138660-1/5E, den Beschwerden des Beschwerdeführers und seines Bruders gemäß § 21 Abs. 3 erster Satz BFA-VG statt und ließ die Verfahren über die Anträge auf internationalen Schutz zu.
Das Bundesverwaltungsgericht begründete diese Entscheidung damit, dass es sich beim Bruder des Beschwerdeführers um einen unbegleiteten Minderjährigen iSd Definition des Art. 2 lit. j Dublin III-VO handle. Gemäß Art. 8 Abs. 4 Dublin III-VO sei jener Mitgliedstaat, in welchem der unbegleitete Minderjährige seinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, zuständiger Mitgliedstaat, sofern es dem Wohl des Minderjährigen diene. Anhaltspunkte, dass die Führung des Asylverfahrens des Bruders des Beschwerdeführers in Österreich nicht dessen Wohl dienen würde, seien nicht vorhanden, weshalb Österreich demnach zur Führung des Asylverfahrens des Bruders des Beschwerdeführers zuständig sei.
In Bezug auf den volljährigen Beschwerdeführer bestehe zwar grundsätzlich eine Zuständigkeit Bulgariens, doch bestehe eine enge familiäre Bindung zwischen den Beschwerdeführern. Zur Vermeidung einer Verletzung des Art. 8 EMRK erscheine es im Rahmen der "Ermessensklausel" des Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO angezeigt, dass Österreich seine Zuständigkeit zur Prüfung des Antrages des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz annehme und den Selbsteintritt in das Verfahren erkläre.
12. Gegen dieses Erkenntnis erhob das BFA mit Schriftsatz vom 28.02.2017 eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof und verband diese mit dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.
13. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 02.05.2017, Ra 2017/01/0068-13, wurde dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG stattgegeben.
14. In der Folge wurde das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 01.02.2017 mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 05.12.2017, Ra 2017/01/0068-19, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründend hielt der Verwaltungsgerichtshof im Wesentlichen Folgendes fest (RZ 19-21):
"Der revisionswerbenden Behörde ist darin zu folgen, dass die sowohl von ihr als auch vom BVwG angenommene enge Bindung zwischen den mitbeteiligten Geschwistern bereits bei der Prüfung der Zuständigkeit Österreichs für das Asylverfahren des minderjährigen Zweitmitbeteiligten gemäß Art. 8 Abs. 4 Dublin III-VO berücksichtigt hätte werden müssen. Dabei wäre zu klären gewesen, ob trotz der mit der Zuständigkeit Bulgariens für das Asylverfahren des Erstmitbeteiligten verbundenen Trennung der beiden Mitbeteiligten ein betreffend den Zweitmitbeteiligten in Österreich abzuführendes Asylverfahren dem Wohl des Minderjährigen dient. Soweit das BVwG diese Überlegungen erst im Rahmen der Anwendung des Selbsteintritts gemäß Art. 17 Abs. Dublin III-VO anstellt, steht dem entgegen, dass die Anwendung des Art. 17 Dublin III-VO, der selbst keine Kriterien für die Zuständigkeitsbestimmung normiert, den Abschluss der Prüfung der Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats des Kapitel III der Dublin III-VO, wozu jedenfalls Art. 8 Abs. 4 Dublin III-VO gehört, voraussetzt (vgl. VwGH 22.6.2017, Ra 2016/20/0384 bis 0385, Rn. 36). Der Selbsteintritt kann nur auf der Grundlage einer abschließenden Zuständigkeitsprüfung nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin III-VO angewendet werden.
Da das BVwG die Zuständigkeit Österreichs für das Asylverfahren des minderjährigen Zweitmitbeteiligten gemäß Art. 8 Abs. 4 Dublin III-VO bejahte, ohne zu prüfen, ob dies im Hinblick auf die von ihm festgestellte enge Beziehung zwischen den mitbeteiligten Brüdern und ihre angesichts der Zuständigkeit Bulgariens für das Asylverfahren des Erstmitbeteiligten damit verbundene Trennung dem Wohl des minderjährigen Antragstellers dient, hat es die den Zweitmitbeteiligten betreffende Entscheidung mit Rechtswidrigkeit des Inhalts belastet.
Die unzureichende Beurteilung des Zuständigkeitstatbestandes des Art. 8 Abs. 4 Dublin III-VO bewirkt überdies auch die inhaltliche Rechtswidrigkeit des vom BVwG wahrgenommenen Selbsteintritts Österreichs in die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz des Erstmitbeteiligten. Der vom BVwG zwecks Vermeidung einer Verletzung des Art. 8 EMRK bejahte Selbsteintritt setzt die rechtsrichtige Feststellung der Zuständigkeit Österreichs für das Asylverfahren des minderjährigen Zweitmitbeteiligten voraus. Würde die Beurteilung der engen Beziehung zwischen beiden mitbeteiligten Brüdern dazu führen, dass die Zuständigkeit Österreichs für das Asylverfahren des Zweitmitbeteiligten wegen der damit verbundenen Trennung nicht dessen Wohl diene und daher Bulgarien für die Asylverfahren beider Mitbeteiligten zuständig sei, wäre dem vom BVwG angenommenen Selbsteintritt wegen Verletzung des Art. 8 EMRK die Grundlage entzogen."
15. Mit Schriftsatz vom 18.01.2018 langte eine Beschwerdeergänzung beim Bundesverwaltungsgericht ein. Darin wurde geltend gemacht, dass sich der Beschwerdeführer in einem sehr schlechten Gesundheitszustand befinde. Dem Schriftsatz wurden diverse den Beschwerdeführer betreffende medizinische Unterlagen wie folgt beigelegt:
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Aufnahmeersuchen des XXXX vom 16.05.2017 wegen einer Belastungsreaktion mit akuter Suizidgefahr;
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Aufenthaltsbestätigung des XXXX vom 16.05.2017 über die stationäre Aufnahme des Beschwerdeführers;
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Patientenbrief des XXXX vom 25.05.2017, in dem über den stationären Aufenthalt des Beschwerdeführers vom 22.05.2017 bis zum 25.05.2017 berichtet wird; Aufnahmegrund sei ein Erregungszustand gewesen; als Diagnosen bei der Entlassung wurde festgehalten:
"kombinierte Persönlichkeitsstörung F61, V.a. Posttraumatische Belastungsstörung F43.1, V.a. Hepatitis B Carrier Status";
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Arztkurzbrief des XXXX vom 12.06.2017, wonach der Beschwerdeführer am selben Tag in ambulanter Behandlung gestanden sei;
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Ärztliches Attest des XXXX vom 03.07.2017, demzufolge der Beschwerdeführer seit 16.05.2017 aufgrund einer Posttraumatischen Belastungsstörung in Behandlung stehe. Er sei aufgrund seiner Erkrankung Vorerfahrungen äußerst Stress-intolerant und leide unter vielen Ängsten, besonders im Umgang mit Amtspersonen;
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Kurzbefund des XXXX vom 18.12.2017 mit einer Auflistung der vom Beschwerdeführer einzunehmenden Medikamente;
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Psychotherapeutische Stellungnahme des XXXX vom 19.12.2017, wonach der Beschwerdeführer seit November 2017 im Einzelsetting in psychotherapeutischer Behandlung stehe und folgende Diagnosen gestellt worden seien: "F20.0 paranoide Schizophrenie, F41.10 generalisierte Angststörung, F43.10 Posttraumatische Belastungsstörung, F33.20 rezidivierende depressive Störung"; eine Zuweisung sei aufgrund seinen schlechten psychischen Zustandes nach zwei Suizidversuchen erfolgt.
Weiters wurde ausgeführt, dass das Bundesverwaltungsgericht nicht auf die Argumentation in der Beschwerde zur medizinischen Altersuntersuchung eingegangen sei. Auch der Verwaltungsgerichtshof habe Zweifel an der Richtigkeit der Altersuntersuchung. Der Gutachter sei von den gesetzlichen Grundlagen abgegangen, indem er als Ergebnis des Gutachtens nicht das Mindestalter, sondern das wahrscheinliche Alter angegeben habe. Der Beschwerdeführer sei zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjährig gewesen, sodass die Zuständigkeit für das Asylverfahren gemäß Art. 8 Abs. 4 Dublin III-VO bei Österreich liege. Infolgedessen liege auch die Zuständigkeit betreffend das Verfahren des Bruders des Beschwerdeführers aufgrund derselben Gesetzesstelle in Österreich.
16. Mit Eingabe vom 05.02.2018 wurde nochmalig geltend gemacht, dass das Alter des Beschwerdeführers auf einem unschlüssigen Gutachten basiere. Nunmehr werde ein Gutachten desselben Gutachters in einem anderen Verfahren vorgelegt. Dieses stimme im Vergleich zu dem im vorliegenden Fall eingeholten Gutachten mit dem BFA-VG und dem Gutachtensauftrag überein. Das Gutachten im vorliegenden Fall erfülle diese Voraussetzungen nicht, weshalb das Verfahren mangelhaft sei.
17. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.02.2018 wurde den Beschwerden gemäß § 21 Abs. 3 zweiter Satz BFA-VG stattgegeben und die bekämpften Bescheide betreffend den Beschwerdeführer und dessen Bruder behoben.
Zusammenfassend führte das Bundesverwaltungsgericht aus wie folgt:
[...] Das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass in casu die gegenständlichen Entscheidungen des BFA auf Basis eines insgesamt qualifiziert mangelhaften Verfahrens ergangen sind, weshalb eine Behebung und Zurückverweisung nach § 21 Abs. 3 zweiter Satz BFA-VG zu erfolgen hatte. Dies aus folgenden Erwägungen:
Vorwegzuschicken ist hinsichtlich der Zuständigkeit zur Führung des Asylverfahrens des volljährigen Erstbeschwerdeführers zunächst, dass grundsätzlich die Zuständigkeit Bulgariens besteht. Begründet liegt die Zuständigkeit Bulgariens darin, dass der Erstbeschwerdeführer aus der Türkei - einem Drittstaat - kommend, die Grenze von Bulgarien überschritten hat. Die Verpflichtung Bulgariens zur Wiederaufnahme des Erstbeschwerdeführers ergibt sich aus Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO, da der Erstbeschwerdeführer Bulgarien vor Entscheidung über seinen dort gestellten Antrag auf internationalen Schutz verlassen hat und die Zuständigkeit Bulgariens auch nicht wieder erloschen ist.
Bezüglich des Zweitbeschwerdeführers ist festzuhalten, dass dieser angab, minderjährig zu sein und diese behauptete Minderjährigkeit des Zweitbeschwerdeführers von der belangten Behörde nicht in Zweifel gezogen wurde.
Ausdrückliche Feststellungen zur Frage des Umstandes, ob es sich beim Zweitbeschwerdeführer um einen unbegleiteten Minderjährigen im Sinne der Bestimmung des Art. 2 lit. j Dublin III-VO handelt, wurden von der belangten Behörde nicht getroffen. Die in den angefochtenen Bescheiden angeführte Begründung, dass, wenn auch kein Obsorgebeschluss vorliege, welcher den Erstbeschwerdeführer als Obsorgeberechtigten für den minderjährigen Zweitbeschwerdeführer ausweise, aufgrund der Angaben der Brüder zu erkennen sei, dass der Erstbeschwerdeführer für den minderjährigen Zweitbeschwerdeführer die Verantwortung trage, vermag nicht dazu zu führen, dass es sich beim Zweitbeschwerdeführer um keinen unbegleiteten Minderjährigen im Sinne des Art. 2 lit. j Dublin III-VO handeln würde.
Die Definition des unbegleiteten Minderjährigen nach Art. 2 lit. j Dublin III-VO stellt auf das Recht des betreffenden Mitgliedstaats - in diesem Fall Österreich - ab, weshalb das österreichische Familienrecht, im konkreten die einschlägigen Rechtsnormen über die Obsorge, anzuwenden sind. Entsprechend diesen sind gesetzliche Vertreter eines minderjährigen ehelichen Kindes, die Eltern, die Mutter des minderjährigen unehelichen Kindes, der Obsorgeberechtigte eines Minderjährigen und der Jungendwohlfahrtsträger in den Fällen des § 207 ABGB. Während die Eltern des ehelichen Kindes, die Mutter des unehelichen Kinders und der Jugendwohlfahrtsträger unmittelbar auf Grund des Gesetzes zur Vertretung berufen sind und daher als gesetzliche Vertreter im engeren Sinn bezeichnete werden können, bedarf der Obsorgeberechtigte einer Bestellung durch Gerichtsbeschluss (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, Stand 15.1.2016, § 10 BFA-VG, K5, Seite 155).
In diesem Kontext wird darauf hingewiesen, dass dem Akteninhalt nicht entnommen werden kann, dass dem volljährigen Bruder des Zweitbeschwerdeführers die Obsorge mittels Beschlusses des zuständigen Bezirksgerichtes übertragen worden wäre.
Im Übrigen ist auch die Behörde offensichtlich selbst - zutreffender Weise - davon ausgegangen, dass es sich beim Zweitbeschwerdeführer um einen unbegleiteten Minderjährigen handelt, hat sie doch bei seiner Einvernahme den ihm beigegebenen Rechtsberater im Sinne der Bestimmung des § 49 Abs. 3 BFA-VG als dessen gesetzlichen Vertreter beigezogen.
Als Zwischenergebnis ist somit festzuhalten, dass es sich beim Zweitbeschwerdeführer um einen unbegleiteten Minderjährigen iSd Definition des Art. 2 lit. j Dublin III-VO handelt.
Gemäß Art. 8 Abs. 4 Dublin III-VO ist jener Mitgliedstaat, in welchem der unbegleitete Minderjährige seinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, zuständiger Mitgliedstaat, sofern es dem Wohl des Minderjährigen dient.
Verfahrensgegenständlich wäre somit Österreich dann für das Verfahren des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers zuständig, wenn dies dem Kindeswohl entspricht. Für das Verfahren des volljährigen Erstbeschwerdeführers besteht wie oben dargelegt grundsätzlich eine Zuständigkeit Bulgariens.
Die Beschwerdeführer gaben im Verfahren vor dem BFA übereinstimmend an, bereits im Herkunftsstaat in einem gemeinsamen Haushalt gelebt zu haben und einen solchen auch in Österreich aufrechtzuerhalten. Vor diesem Hintergrund und den Ausführungen des Zweitbeschwerdeführers, wonach er seinen Bruder brauche, bestand jedenfalls in der Vergangenheit eine enge familiäre Beziehung zwischen den Beschwerdeführern.
Das BFA wird nun im fortgesetzten Verfahren durch eingehende Befragung der Beschwerdeführer zunächst zu prüfen haben, ob auch nach wie vor von einer engen familiären Beziehung zwischen den Brüdern auszugehen ist. In weiterer Folge wird vor dem Hintergrund der in den gegenständlichen Verfahren ergangenen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu klären sein, ob trotz der mit der Zuständigkeit Bulgariens für das Asylverfahren des Erstbeschwerdeführers verbundenen Trennung der beiden Brüder ein betreffend den Zweitbeschwerdeführer in Österreich abzuführendes Asylverfahren dem Wohl des Minderjährigen dient.
Bei der Würdigung des Kindeswohls wird - eventuell auch unter Einbindung des zuständigen Kinder- und Jugendhilfeträgers - gemäß Art. 6 Abs. 3 Dublin III-VO unter anderem dem Wohlergehen und der sozialen Entwicklung des Minderjährigen unter besonderer Berücksichtigung seines Hintergrundes, Sicherheitserwägungen sowie die Ansichten des Minderjährigen entsprechend seinem Alter und seiner Reife, gebührend Rechnung zu tragen sein.
Hinzukommt, dass zum gegenwärtigen Entscheidungszeitpunkt auch keine abschließende Beurteilung des Gesundheitszustandes des Erstbeschwerdeführers vorliegt. Es ist aktenkundig, dass der Erstbeschwerdeführer zwischenzeitig aufgrund psychischer Probleme mehrmals stationär im Krankenhaus aufhältig war, zwei Suizidversuche hinter sich hat und bei ihm aktuell eine paranoide Schizophrenie, eine generalisierte Angststörung, eine Posttraumatische Belastungsstörung sowie eine rezidivierende depressive Störung diagnostiziert wurden. Der Erstbeschwerdeführerin befindet sich offenbar in wöchentlicher psychotherapeutischer Behandlung und nimmt diverse Medikamente ein.
Das BFA wird daher im fortgesetzten Verfahren durch die Einholung eines entsprechenden medizinischen Sachverständigengutachtens zunächst abzuklären haben, in welchem Zustand sich der Erstbeschwerdeführer vor dem Hintergrund der sich im Akt aufliegenden und aktuell einzuholenden Arztbriefe befindet, und ob seine Erkrankungen behandelbar sind bzw. welcher konkreten medizinischen Behandlung er bedarf. Weiters wird sich das BFA mit der Frage auseinanderzusetzen haben, inwieweit sich eine Überstellung des Erstbeschwerdeführers nach Bulgarien auf seinen Gesundheitszustand auswirken würde und welche Folgen eine allfällige Unterbrechung der medizinischen Behandlung oder Therapien nach sich ziehen könnte. Schließlich wird abzuklären sein, ob dem Erstbeschwerdeführer allfällig notwendige Therapien auch in Bulgarien zur Verfügung stehen, um abschließend beurteilen zu können, ob bei ihm eine ganz außergewöhnliche Fallkonstellation vorliegt, die im Falle seiner Überstellung nach Bulgarien - auch wenn sich dieser nicht in unmittelbarer Lebensgefahr befinden sollte - eine ernste, schnelle und irreversible Verschlechterung seines Gesundheitszustandes, die ein starkes Leid zur Folge hätte, oder zu einer erheblichen Verringerung der Lebenserwartung führen würde.
[...]
18. Mit Stellungnahme vom 01.06.2018 brachte der Beschwerdeführer vor, dass er für den 24.05.2018 zu einer ärztlichen Untersuchung durch eine namentlich genannte Ärztin für Allgemeinmedizin und psychotherapeutische Medizin geladen gewesen wäre. Diese habe sich in ihrer gutachterlichen Stellungnahme den bisherigen Befunden angeschlossen, aus denen hervorgehe, dass er sich nun schon länger in Behandlung befinde und diese auch notwendig sei. Insbesondere würde ein "Herausreißen" aus diesem Umfeld seiner Gesundheit und Stabilität nicht zuträglich sein.
19. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA am 29.05.2018 gab der Beschwerdeführer hinsichtlich seines Gesundheitszustandes an, dass er Medikamente zur Nervenberuhigung und zum Schlafen nehmen würde, wenn es ihm schlecht gehe. Er nehme manchmal auch Medikamente, weil er Schmerzen im Kopf habe. Hinsichtlich des Kontaktes zu seinem Bruder gab er an, dass er nicht wüsste, wie es seinem Bruder gehe. Dieser wohne in Graz und wohne er selbst in Wien. Sie hätten nur telefonischen Kontakt. Einmal in der Woche würden sie miteinander telefonieren. Sein Bruder komme ihm am Telefon manchmal traurig vor, manchmal weine dieser. Er könne sich nicht erinnern, die Obsorge für seinen Bruder beantragt zu haben. Er sei vor ca. einem Jahr zur Diakonie gegangen und habe dort gesagt, dass er die Obsorge für seinen Bruder wolle. Man habe ihm dort jedoch gesagt, dass er selbst krank sei und er das nicht dürfe. Außerdem würden sie nicht zusammenwohnen. Es bestehe kein Abhängigkeitsverhältnis zu seinem Bruder. Zu seinem Tagesablauf in Österreich befragt gab er an, dass er derzeit einen Deutschkurs besuche, Mitglied in einem Boxclub sei und sich regelmäßig mit Leuten in einem Park zum Fußballspielen treffe.
20. Das BFA wies sodann mit Bescheid vom 21.06.2018 den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurück und sprach aus, dass Bulgarien gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b iVm Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO für die Prüfung des Antrages zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den Genannten gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG eine Abschiebung nach Bulgarien zulässig sei (Spruchpunkt II.).
Begründend wurde im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass für die belangte Behörde zweifelsfrei feststehe, dass er volljährig sei und auch bereits zum Zeitpunkt der Asylantragstellung volljährig gewesen wäre. Eine Minderjährigkeit könne mit dem erforderlichen Beweismaß und aufgrund der erhobenen Befunde aus gerichtsmedizinischer Sicht nicht belegt werden. Auch wenn sein tatsächliches Alter naturgemäß nicht exakt-konkret bestimmt werden habe können, da es sich bei der Altersangabe des gerichtsmedizinischen Gutachtens lediglich um ein wissenschaftlich fiktives Geburtsdatum handle, stehe für die belangte Behörde fest, dass das von ihm in Österreich angegebene Alter auszuschließen sei und er volljährig wäre. Das Gutachten sei schlüssig und widerspruchsfrei. Zu seinem physischen und psychischen Zustand werde ausgeführt, dass bei ihm bei der Befundaufnahme am 24.05.2018 der Verdacht auf eine gemischte Persönlichkeitsstörung diagnostiziert worden wäre. Es seien ein Neuroleptikum oder ein Stimmungsstabilisator angeraten worden. Es könne nicht festgestellt werden, dass in seinem Fall schwere psychische Störungen oder schwere sonstige Krankheiten bestünden. Die Feststellungen zu seinem Gesundheitszustand würden sich aufgrund der Vorlage von diversen Arztbriefen und Untersuchungen am 29.09.2016 und 24.05.2018 ergeben. Es bestünden keine Hinweise, dass der Beschwerdeführer Gefahr liefe, im Falle einer Überstellung nach Bulgarien Folter oder unmenschlicher Behandlung unterworfen zu werden oder ihm eine Verletzung seiner Rechte gemäß Art. 3 EMRK drohe. Bulgarien habe der Übernahme seiner Person durch Verfristung zugestimmt. Hinsichtlich des Umstandes, dass sein minderjähriger Bruder in Österreich lebe, sei anzumerken, dass dem Beschwerdeführer weder formell die Obsorge für diesen übertragen worden wäre noch dass das Ermittlungsverfahren ein derart enges Verhältnis ergeben habe, dass ein Verbleib beider Antragsteller in Österreich im Kindeswohl des minderjährigen Bruders liege.
Weiters traf die belangte Behörde Länderfeststellungen zur aktuellen Situation in Bulgarien.
21. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, fristgerecht eingebrachte Beschwerde, in welcher geltend gemacht wurde, dass das Altersgutachten, auf welches sich die im Bescheid festgestellte Volljährigkeit stütze, unschlüssig sei. Hinsichtlich aller Teiluntersuchungen sei im Sachverständigengutachten ausgeführt worden, dass aufgrund dieser für sich betrachtet keine eindeutige Differenzierung hinsichtlich einer Grenze zur Volljährigkeit möglich wäre. Die abschließende Beurteilung, wonach das höchstmögliche Mindestalter mit XXXX Jahren zum Untersuchungszeitpunkt anzunehmen wäre, sei widersprüchlich bzw. unschlüssig. Es könne nicht sein, dass der Gutachter in seinen Teiluntersuchungen jedes Mal feststelle, dass eine Unterscheidung zwischen Minderjährigkeit und Volljährigkeit nicht möglich sei, aber dann zum Schlussergebnis komme, dass Minderjährigkeit ausgeschlossen wäre. Hinsichtlich seines Gesundheitszustandes sei auszuführen, dass den bisherigen Befunden und ärztlichen Stellungnahmen zu entnehmen sei, dass er medizinischer Betreuung bedürfe. Den dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegende Länderfeststellungen sei zu entnehmen, dass die Zahl qualifizierter Psychologen zur Unterstützung Vulnerabler in Bulgarien weiterhin ungenügend wäre.
22. Mit Schriftsatz vom 19.09.2018 legte der Beschwerdeführer einen Patientenbrief des XXXX vom 06.09.2018 vor. Diesem ist zu entnehmen, dass sich der Beschwerdeführer von XXXX bis XXXX in stationärer Behandlung in der psychiatrischen Abteilung des genannten Krankenhauses befand.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A) Stattgebung der Beschwerde:
1. Feststellungen:
Festgestellt wird zunächst der dargelegte Verfahrensgang.
Der volljährige Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger. Der Beschwerdeführer ist der Bruder des minderjährigen XXXX, der sich in Österreich als Asylwerber aufhält. Die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest.
Ein Dokument betreffend die Obsorge für den Bruder des Beschwerdeführers ist nicht vorhanden. Zwischen dem Beschwerdeführer und seinem in Österreich aufhältigen Bruder liegt kein Abhängigkeitsverhältnis vor. Es besteht lediglich telefonischer Kontakt.
Der Beschwerdeführer wurde am 08.04.2016 in Bulgarien und in weiterer Folge in Ungarn erkennungsdienstlich behandelt. Der Beschwerdeführer stellte nach seiner Einreise in das österreichische Bundesgebiet am XXXX den gegenständlichen Antag auf internationalen Schutz.
Am 11.06.2016 richtete das BFA ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO gestütztes Wiederaufnahmegesuch an Bulgarien. Das Wiederaufnahmegesuch in Bezug auf den Beschwerdeführer wurde nicht beantwortet.
Der Beschwerdeführer leidet an einer posttraumatischen Belastungsstörung, einer rezidivierenden Störung mit somatischem Syndrom und hat bereits zwei Suizidversuche begangen. Er leidet überdies an einer Impulskontrollstörung und besteht der Verdacht auf Hepatitis C-Carrierestatus. Er befand sich von XXXXbis XXXX an der psychiatrischen Abteilung im XXXX XXXX in stationärer Behandlung. Dem Beschwerdeführer wurde eine Medikation mit Antidepressiva, Antiepileptika sowie Medikamenten zur Behandlung schizophrener Psychosen sowie eine wöchentliche Psychotherapie ärztlicherseits empfohlen.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Konsultationsverfahren mit Bulgarien ergeben sich aus dem unstrittigen Akteninhalt.
Die Feststellungen zu den familiären Verhältnissen des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich ebenso aus dem Akteninhalt. Die Feststellung, dass zwischen dem Beschwerdeführer und dem in Österreich aufhältigen Bruder kein Abhängigkeitsverhältnis und keine enge familiäre Nahebeziehung vorliegt, ergibt sich aus dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers.
Die Volljährigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem medizinischen Sachverständigengutachten vom 30.06.2016.
Die Altersschätzung beruht auf Untersuchung und schlüssiger Beurteilung durch einen geeigneten medizinischen Sachverständigen. Konkret liegt eine standardisierte multifaktorielle Befunderhebung durch Anamnese, körperliche Untersuchung und radiologische Bildgebung sowie fachärztliche Befundung vor. Eine Gesamtbetrachtung der Untersuchungsergebnisse zeigt, dass diese miteinander im Einklang stehen. Die Untersuchungen wurden jeweils durch medizinische Fachärzte durchgeführt, an deren fachlicher Eignung kein Zweifel besteht. Die durchgeführten Untersuchungen wurden nachvollziehbar sowie schlüssig geschildert und mögliche Abweichungen sowie Unschärfen entsprechend berücksichtigt. Weiters entspricht das Gutachten dem Stand der Wissenschaft der forensischen Altersdiagnostik. So wird zwar bezüglich der einzelnen Teilbefunde jeweils festgehalten, dass allein aufgrund dieser (jeweils) keine Unterscheidung Minderjährig versus Volljährigkeit getroffen werden könne. Jedoch ergeben alle Teilbefunde als Mittelwert "Erwachsenenbefunde", dh. ein Alter über 18 Jahren, sodass insgesamt betrachtet der Schlüssigkeit des Gutachtens und der Feststellung der Volljährigkeit des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der Antragstellung auf internationalen Schutz nicht entgegengetreten werden kann. Im Übrigen stufte der Verwaltungsgerichtshof in seiner den gegenständlichen Fall betreffenden Entscheidung die vom Bundesverwaltungsgericht getroffene Annahme der Volljährigkeit des Beschwerdeführers als unbedenklich ein (siehe RZ 15 und die dort zitierte höchstgerichtliche Rechtsprechung).
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergeben sich aus den im Akt einliegenden medizinischen Unterlagen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Das Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ist im vorliegenden Fall in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 144/2013 anzuwenden. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:
"§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.
(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.
(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
§ 21 Abs. 3 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:
"§ 21 (3) Ist der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesamtes im Zulassungsverfahren stattzugeben, ist das Verfahren zugelassen. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint."
Im vorliegenden Fall ist gemäß ihres Art. 49 (Inkrafttreten und Anwendbarkeit) die Dublin III-VO anzuwenden:
Art. 49
Inkrafttreten und Anwendbarkeit
Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Die Verordnung ist auf Anträge auf internationalen Schutz anwendbar, die ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten gestellt werden und gilt ab diesem Zeitpunkt - ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung - für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern. Für einen Antrag auf internationalen Schutz, der vor diesem Datum eingereicht wird, erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats nach den Kriterien der Verordnung (EG) Nr. 343/2003.
Da die Dublin III-VO am 29.06.2013 im Amtsblatt der EU veröffentlicht wurde, trat sie am 19.07.2013 in Kraft und gilt jedenfalls für Anträge wie die vorliegenden, die nach dem 01.01.2014 (nach dem ersten Tag des sechsten Monats nach Inkrafttreten der VO) gestellt wurden.
"KAPITEL II
ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE UND SCHUTZGARANTIEN
Art. 3
Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz
(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.
(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.
Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.
Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.
(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.
[...]
KAPITEL III
KRITERIEN ZUR BESTIMMUNG DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATS
Art. 7
Rangfolge der Kriterien
(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.
(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.
(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.
[...]
KAPITEL III
KRITERIEN ZUR BESTIMMUNG DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATS
Art. 13
Einreise und/oder Aufenthalt
(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.
(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller - der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können - sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
[...]
KAPITEL IV
ABHÄNGIGE PERSONEN UND ERMESSENSKLAUSELN
Art. 16
Abhängige Personen
(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.
(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.
(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.
(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.
Art. 17
Ermessensklauseln
(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.
Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.
Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.
(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen.
Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen.
Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen.
Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.
KAPITEL V
PFLICHTEN DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATES
Artikel 18
Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats
(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:
a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;
b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;
c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;
d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.
(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab.
Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird. In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird.
In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2