Entscheidungsdatum
07.12.2018Norm
BDG 1979 §126 Abs2Spruch
W208 2200877-1/16E
SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 09.11.2018 MÜNDLICH VERKÜNDETEN ERKENNTNISSES!
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER als Vorsitzenden sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Tomas BLAZEK und Mag. Renate LANZENBACHER als Beisitzer über die Beschwerde von Gruppeninspektor XXXX, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Matthias PRÜCKLER, Florianigasse 16/8, 1080 WIEN, gegen das Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission Senat 3 beim BUNDESMINISTERIUM FÜR INNERES vom 25.05.2018, GZ: 44072/5-DK/3/18 mit dem die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt wurde, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (BF) steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis als Polizeibeamter.
2. Am 21.02.2018 erstattete die Dienstbehörde Disziplinaranzeige und ergänzte diese am 04.04.2018, nachdem der BF am 05.02.2018 von der Staatsanwaltschaft (StA) als Beschuldigter vernommen, am 09.02.2018 seine vorläufige Suspendierung ausgesprochen wurde, er am 16.02.2018 in Untersuchungshaft genommen sowie am 19.02.2018 ein Waffenverbot durch die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde verhängt worden war. Hintergrund war eine Anzeige seiner von ihm getrenntlebenden Ehegattin wegen gefährlicher Drohung und Nötigung.
3. Die Disziplinarkommission (DK) sprach am 28.02.2018 die Suspendierung aus.
4. Am 12.03.2018 fasste die DK einen Einleitungsbeschluss (zugestellt an den BF am 16.04.2018).
5. Am 22.05.2018 fand eine mündliche Verhandlung vor der DK statt die mit folgendem Disziplinarerkenntnis endete (Auszug aus der schriftliche Ausfertigung datiert mit 25.05.2018, dem Rechtsvertreter des BF am 04.06.2018 zugestellt):
"Der Polizeibeamte Gruppeninspektor [BF] ist - in Verbindung mit dem rechtskräftigen Urteil des LG XXXX, GZ: XXXX vom 26. März 2018 - gemäß § 126 Abs. 2 BDG schuldig:
1. Er hat seine von ihm getrennt lebende Ehefrau [...], während eines Telefonates, am 04. Februar 2018, um ca. 11:30 Uhr, außer Dienst, gefährlich bedroht und zu einer Rückkehr in den gemeinsamen Haushalt zu nötigen versucht, indem er zu ihr sagte:
• Waast wos ... i gibt da genau ... i gibt da noch zwa Tog ....
• Und wenn du net zruck kummst, blas i di um ... nur dasst es waast... i versprich da des • Und waast wos, wenn du mi aunzagst... zag mi an, moch was willst, aber i kum wieder außa, i hob nur mehr ein Ziel Wenn ich krank bin, krieg i eh net 20 Jahre
2. Er hat [die Ehefrau] am 08. August 2017 durch die Äußerung "Es wird so ausgehen, wie wir es bei der Hochzeit geschworen haben, bis dass der Tod uns scheidet mit dem Tod gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen.
3. Er hat [die Ehefrau]
a. am 31. August 2015 durch Festhalten an den Armen zum Verbleib im Schlafzimmer und
b. am 08. August 2016 durch Festhalten und Reißen an ihrer Tasche zum Verbleib im gemeinsamen Haus
mit Gewalt zu einer Handlung zu nötigen versucht und durch die Tathandlung am 31. August 2015 vorsätzlich am Körper verletzt.
Der Beamte hat dadurch - unbeschadet seiner strafgerichtlichen Verurteilung wegen der Begehung von Verbrechen und Vergehen nach §§ 83 Abs. 1, 15, 105 Abs. 1, 106 Abs. 1, 107 Abs.1 und 2 StGB - seine Dienstpflichten nach § 43 Abs. 2 BDG, nämlich in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seines Amtes erhalten bleibt, gemäß § 91 BDG schuldhaft verletzt.
Gemäß § 92 Abs. 1 Ziffer 4 BDG wird die Disziplinarstrafe der Entlassung verfügt.
Verfahrenskosten werden nicht auferlegt; seine eigenen Kosten hat der Disziplinarbe- schuldigte selbst zu tragen.
Gemäß § 112 Abs. 5 BDG bleibt die verfügte Suspendierung bis zur Rechtskraft des Dis- ziplinarerkenntnisses aufrecht."
6. Mit Schriftsatz vom 28.06.2018 (eingelangt bei der DK am 03.07.2018) brachte der BF gegen das oben angeführte Disziplinarerkenntnis innerhalb offener Frist Beschwerde gegen die Höhe der Strafe ein und beantragte die Reduzierung der Strafe.
7. Mit Schreiben vom 11.07.2018 (eingelangt beim BVwG am 13.07.2018) wurde die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - von der DK dem BVwG zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des BF
Der am XXXX geborene BF ist gelernter KFZ-Mechaniker und steht seit 01.01.1992 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis als Polizeibeamter. Seit 01.01.1996 ist er definitiv gestellt. Er hat in seiner Laufbahn eine Belobigung (2007) erhalten.
Er hat eine nicht getilgte strafrechtliche Vorstrafe vom 10.02.2014, 12 Hv 122/13d wegen des Verbrechens nach § 297 Abs 1 StGB (Verleumdung) und § 302 Abs 1 StGB (Amtsmissbrauch) sowie wegen Vergehen nach § 83 Abs 1 StGB (Körperverletzung) und § 105 Abs 1 StGB (Nötigung) und § 313 StGB (strafbare Handlung unter Ausnützung einer Amtsstellung). Diese ist auf ein eskaliertes dienstliches Einschreiten bei einer Störung einer Treibjagd durch Tierschützer im Dezember 2011 zurückzuführen und hatte weiters eine am 26.02.2014, GZ XXXX ausgesprochene Disziplinarstrafe (Geldstrafe von € 4.000,-) zur Folge. Sein Vorgesetzter gab als Zeuge befragt dazu an, dass dies das einzige Mal gewesen sei, dass es seitens des BF einen körperlichen Übergriff gegeben habe, es sei damals eine fordernde Situation gewesen und so etwas hätte jedem passieren können (BVwG, VHS, 11).
Bezüglich der gegenständlich vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen wurde er mit rechtskräftigem Urteil des LG XXXX, XXXX vom 26.03.2018 zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, davon 1 Monat unbedingt, wegen der Begehung der Verbrechen bzw. Vergehen nach § 15 iVm § 83 Abs 1 StGB (versuchte Körperverletzung), § 105 Abs 1 StGB (versuchte Nötigung), § 106 Abs 1 Z 1 und 3 StGB (versuchte schwere Nötigung) und § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB (Gefährliche Drohung) bestraft.
Dem Urteil lagen als Strafzumessungsgründe mildernd:
• das teilweise reumütige Geständnis,
• der Umstand, dass es beim Versuch geblieben ist,
• und die Auswirkungen der Strafe und Folgen der Tat für sein künftiges Leben;
erschwerend:
• eine auf die gleiche schändliche Neigung beruhende Vorverurteilung,
• das Zusammentreffen eines Verbrechens und mehrerer Vergehen,
• die Tatbegehung teilweise während offener Probezeit,
• die Begehung vorsätzlich strafbarer Handlungen nach dem ersten und dritten Abschnitt des Besonderen Teils des StGB gegen die eigene Ehegattin,
zugrunde.
Festzuhalten ist, dass das Strafgericht keine Einschränkung der Schuldfähigkeit (Milderungsgrund nach § 34 Abs 1 Z 11 StGB) festgestellt hat, nachdem es einen gerichtlich beeideten Sachverständigen für Neurologie und Psychiatrie vernommen und zur Schuldfähigkeit befragt hatte (BVwG VHS, 4, 5). Der Wiederaufnahmeantrag des BF gegen dieses Urteil wurde in 1. Instanz abgewiesen, über das dagegen eingebrachte Rechtsmittel wurde noch nicht entschieden.
Am 19.07.2018 wurde der BF erneut in Untersuchungshaft genommen und am 12.09.2018 - nicht rechtskräftig - zu einer 12-monatigen unbedingten Freiheitsstrafe wegen §§ 107, 107a StGB (Gefährliche Drohung und beharrliche Verfolgung) verurteilt. Der BF hatte drei WhatsApp-Nachrichten an seine Frau geschickt, weil diese seiner Meinung nach falsche Anschuldigungen gegen ihn erhoben habe. In den drei Nachrichten hat er sinngemäß gesagt: Er würde Gerechtigkeit schaffen. Er würde sie von ihrem hohen Ross herunterholen. Sie würde noch bereuen, was sie ihm und dem gemeinsamen Sohn angetan habe. Er würde für Gerechtigkeit sorgen. Er würde sich schon auf den Schlussakt freuen."
In der Verhandlung vor dem BVwG hat der BF dazu ausgeführt, er sei nicht gewaltbereit, es auch nie gewesen. Er nehme nur sein zivilrechtliches Recht in Anspruch gewisse Ungereimtheiten aufzudecken. Er habe weder gegen das Betretungsverbot der Arbeitsstätte der Ehefrau noch ihrer Wohnung verstoßen. Er sei nur ein paar Mal vorbeigefahren, um zu sehen, ob sie einen anderen Mann habe (BVwG, VHS, 8).
Der BF verfügt über einen ungekürzten Monatsbezug von € 2.714,60 brutto (aufgrund der Suspendierung gekürzt auf € 1.746,75). Er hat keine Sorgepflichten, seine beiden Söhne sind erwachsen und arbeiten, einer leide jedoch an einer Zwangsstörung und er unterstützt ihn.
Er ist Hälfteeigentümer eines Einfamilienhauses für das er Betriebskosten (€ 6.000,- bis 7.000,--) zahlen muss und hat eine Privatkredit in Höhe von € 40.000,-- .
Er hat der DK drei Befunde zu seinem psychischen Zustand - zusammengefasst mit folgendem Inhalt - vorgelegt, die sich auch im Akt befinden und im Erkenntnis angesprochen wurden:
Klinisch-Psychologischer Befund der klinischen Psychologin und Psychotherapeutin Mag. XXXX (im Folgenden: S) vom 19.12.2014:
"Diagnose: F 33.2 Depression; F 43.1 Posttraumatische Belastungsstörung;"
Klinisch-Psychologischer Befund der klinischen Psychologin und Psychotherapeutin Mag. S vom 09.05.2018:
"Diagnose: F 32.0 Depression
Der überdurchschnittlich hohe Wert des Faktors Hypochondrie weist auf eine bizarre körperliche Wahnvorstellung hin, eingeengt auf eine Vielzahl an Symptomen und Beschwerden. Es zeigt sich ein sehr hoher Wert des Faktors Depression, welcher unter anderen geprägt ist durch Zurückgezogenheit, von Problemen überwältigt, Hoffnungslosigkeit, schuldbeladen, Wertlosigkeit, Gefühl der Unzulänglichkeit, Suizidgedanken, Verlangsamung. Der überdurchschnittliche Wert des Faktors Hysterie, Konversions-Störung weist auf plötzliche Ängste und Panikattacken, Hemmungslosigkeit, Jähzornsanfälle und körperliche Symptome in Versagenssituationen hin. Weiters liegt ein über der Norm liegender Wert im Bereich Psychopathie, Soziopathie, antisoziale Persönlichkeitsstörung (kann Langeweile schlecht ertragen, Autoritätsprobleme, wiederholende Beziehungs- & Arbeitsprobleme, widerspenstig, feindselig, oberflächliche emotionale Reaktionen) vor. In der Skala Feminine Interessen bei Männern zeigt sich ein überdurchschnittlicher Wert, was daraufhin weist, dass [der BF] kontrolliert, ausdruckstark und demonstrativ ist. Er verfügt über einen gesunden Menschenverstand und eine zwischenmenschliche Sensibilität und hat ästhetische Interessen. Es zeigt sich ein sehr hoher Wert des Faktors Paranoia, welcher unter anderem geprägt ist durch Denkstörungen, irrige Ansichten, Beziehungsideen, Rachsucht, Grübeln, Wahnvorstellungen. Weiters liegt ein über der Norm liegender Wert im Bereich Psychasthenie (unsicher, ängstlich, besorgt, gequält, Angst vor Misserfolg, übertrieben gewissenhaft und unentschlossen, angespannt). Der Faktor Schizophrenie lässt wenig Interesse an Menschen, jedoch Kreativität, Einfallsreichtum, Empfindsamkeit und Religiosität ableiten. Die Werte der Skalen Hypomanie und Soziale Introversion liegen im Normbereich vor."
Befund der Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie, Dr. XXXX vom 11.05.2018, die angab den BF schon seit 2014 zu kennen und schon damals habe ein Depression und PTSD bestanden, sie kam zu folgender Diagnose:
"schwere, chronifizierte Depression mit stilfremden Elementen; aufgrund der klinischen Symptomatik, sowie der testpsychologischen und klinisch¬psychologischen Objektivierung besteht nach wie vor ein hochgradig instabiles psychisches Zustandsbild. Die psychische Instabilität dürfte auch im Februar 2018 bestanden haben und der Patient befand sich in einer emotionalen Ausnahmesituation."
1.2. Zum Sachverhalt
Der in I.5. im Verfahrensgang, im Spruch des Disziplinarerkenntnisses und im dort genannten Strafurteil wiedergegebene Sachverhalt steht fest.
Gegen den BF wurde mit Bescheid vom 19.02.2018 der BH XXXX, GZ: XXXX ein Waffenverbot rechtskräftig ausgesprochen, weil er "... durch missbräuchliches Verwenden von Waffen, Leben Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte".
Die DK hat im Disziplinarerkenntnis zur Strafbemessung das Folgende angeführt:
"Gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 ist das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung; dabei ist jedoch darauf Bedacht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten {Spezialprävention) oder der Begehung von Dienstpflichtverletzungen anderer Beamter entgegenzuwirken (Generalprävention). Zu berücksichtigen sind aber auch die bisherigen dienstlichen Leistungen, sowie das Verhalten im Dienststand und die Qualität der bisherigen Dienstleistung. Der erkennende Senat hat sich nach der jüngsten Judikatur des VwGH jedenfalls ein umfassendes Bild des Disziplinarbeschuldigten zu machen und dann zu beurteilen, inwieweit und in welchem Ausmaße eine Bestrafung aus spezial- oder generalpräventiven Gründen notwendig ist. Für die Schwere der Dienstpflichtverletzung ist nicht nur maßgebend, in welchem objektiven Ausmaß gegen Dienstpflichten verstoßen, oder der Dienstbetrieb beeinträchtigt wurde, sondern es muss die Bestrafung grundsätzlich in einem angemessenen Verhältnis zum Unrechtsgehalt der Verfehlung stehen und sie muss spezial- und generalpräventiv erforderlich sein. Die Zulässigkeit einer Entlassung ist am Maßstab sämtlicher Strafzumessungsgründe zu beurteilen (vgl. Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten4, 84 ff und das Erkenntnis des VwGH vom 31.07.2009, 2008/09/0223). Seit der Dienstrechtsnovelle 2008, BGBl I Nr. 147, ist die Generalprävention neben der Spezialprävention gleichrangig zu berücksichtigen. Damit wollte der Gesetzgeber den Aspekt der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und dem dafür erforderlichen Ansehen der Beamtenschaft Rechnung tragen. Eine Entlassung kann danach allein schon aus generalpräventiven Gründen erfolgen. Dies ist vor allem bei objektiv besonders schweren Delikten der Fall, die geeignet sind, das Ansehen des Beamtentums in der Öffentlichkeit grundlegend zu schädigen oder innerhalb der Dienststelle negative Vorbildwirkung haben. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Disziplinarbeschuldigten Bedacht zu nehmen.
Milderungsgründe:
• 1 Belobigung aus dem Jahre 2017
• Schwere, chronifizierte Depression, bzw. krankhafte Eifersucht
• Geständnis
• Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist (§§ 15, 105, 106 StGB)
Erschwerungsgründe:
• Einschlägige strafgerichtliche Vorstrafe und Disziplinarstrafe - § 33 Abs. 1 Ziffer 2 StGB
• Mehrere strafbare Handlungen derselben Art über einen längeren Zeitraum - § 33 Abs. 1 Ziffer 1 StGB
Die Entlassung des Disziplinarbeschuldigten - dem zur subjektiven Tatseite Vorsatz vorzuwerfen ist - aus dem öffentlichen Dienst erweist sich bereits aufgrund der objektiv besonderen Schwere seiner Taten/Dienstpflichtverletzung und der damit verbundenen massiven Schädigung des Ansehens des Amtes spezial- und generalpräventiv als zwingend notwendig.
Es ist erwiesen, dass er über einen Zeitraum von ca. 2 1/2 Jahren viermal und zwar in teils schwerwiegender Art und Weise straffällig geworden (§§ 83, 15, 105, 106 und 107 StGB) ist - was zu einer sehr hohen und sogar teils unbedingten Freiheitsstrafe von 12 Monaten führte, sowie einer vorangegangen Verhängung der U-Haft geführt hatte - und seine Dienstpflicht nach § 43 Abs. 2 BDG verletzte. Selbst eine isolierte Betrachtung dieser Delikte weist eindeutig darauf hin, dass der Disziplinarbeschuldigte nur unzureichend mit den rechtlichen Werten verbunden ist und nicht davor zurückschreckte mit Gewalt bzw. gefährlicher Drohung gegen seine Partnerin vorzugehen. Obwohl er - wie schon oben ausgeführt - als Polizeibeamter verpflichtet ist gefährlichen Angriffen ein Ende zu setzen und Straftaten zu verhindern bzw. aufzuklären, wurde er viermal gegenüber seiner Frau straffällig, die dadurch sogar gezwungen war, die Hilfe des Gewaltschutzzentrums in Anspruch zu nehmen. Aufgrund der vorgeworfenen Verhaltensweisen ergibt sich ein bedenkliches Bild des Disziplinarbeschuldigten, wodurch dass zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer notwendige Vertrauen grundlegend und unwiederbringlich zerstört wurde, was schließlich dazu führt, dass es für den Dienstgeber nicht vertretbar sein kann, ihn weiterhin als Polizist im öffentlichen Dienst zu verwenden. Im konkreten Fall war besonders zu berücksichtigen, dass der Disziplinarbeschuldigte in hohem Maße gewaltbereit ist und offenbar eine sehr niedrige Hemmschwelle hat, massive Gewalt, ja sogar den Tod (Aussage: "i blas di um"), anzudrohen. Verstärkt wurde die Ernsthaftigkeit seiner Drohungen noch durch teils subtile Handlungen, wie dem Liegenlassen seiner Privatwaffe, vor allem aber auch durch die ebenfalls tatbestandsmäßige Aussage, dass die Ehe erst durch den Tod geschieden werde (Aussage: ‚bis dass der Tod uns scheidet').
Beim DB besteht eine negative Zukunftsprognose, weil - eben wegen des langen Tatzeitraumes und mehrerer Taten - in hohem Maße mit weiteren Straftaten bzw. Dienstpflichtverletzungen gerechnet werden muss, weshalb seine Entfernung aus dem öffentlichen Dienst spezialpräventiv notwendig ist.
Berücksichtigt man nun noch die (einschlägige) Verurteilung aus dem Jahre 2014 (12 HV 122/13d - LG Graz) wegen Vergehens nach §§ 83 Abs. 1 und 15, 105 Abs. 1, 313 StGB (überzogene Gewaltausübung im Dienst - Übergriff bei einer Routineamtshandlung), aber auch wegen Verbrechens nach §§ 297 Abs. 1 und 302 Abs. 1 StGB erfolgten Verurteilungen, verstärkt sich die Annahme, der Beamte könnte wiederum straffällig werden bzw. Dienstpflichten verletzen, nur noch. Bei einem Belassen des Disziplinarbeschuldigten im Dienst wären - wegen der besonderen Schwere der begangenen Straftaten bzw. Dienstpflichtverletzungen, welche auf eine deutlich gestörte Einstellung des Disziplinarbeschuldigten zu den rechtlich geschützten Werten hinweisen - insgesamt wesentliche dienstliche Interessen gefährdet, nämlich die Ordnung des Dienstbetriebes und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die sachliche und korrekte Erfüllung des gesetzlichen Auftrages.
Auch sein grundsätzlich reumütiges Geständnis (wenngleich sich der DB nach dem Eindruck des erkennenden Senates teils selbst als Opfer sieht und bemüht war von seiner Schuld abzulenken - vgl. dazu seine Aussagen zu den erlittenen Kränkungen bzw. er habe es nur getan, um die Beziehung zu Gunsten seines Sohnes zu retten. VP Seite 7) sowie die weiteren zu berücksichtigenden Milderungsgründe waren nicht geeignet, die spezialpräventive Notwendigkeit seiner Entlassung zu verhindern. Dass er nunmehr - entsprechend des Auftrags des Strafgerichts (siehe Urteil GZ: 120 HV 12/18 d, Seite 5) - eine psychotherapeutische Therapie absolviert, kann weder die sich aus dem schweren Unrechtsgehalt der von ihm begangenen Taten ergebende Schuld ausreichend mildern noch die Annahme des erstinstanzlichen Senates, wonach eine beträchtliche Wiederholungsgefahr vorliege.
Ansehen des Amtes und wesentliches dienstliches Interesse
Die Verhängung der höchsten Disziplinarstrafe ist auch aus generalpräventiven Gründen unbedingt notwendig. Nur dadurch kann der Begehung gleichartiger Delikte durch andere Beamte wirksam entgegengewirkt und letztlich auch wieder das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Polizei hergestellt werden. Eine Belassung im Dienst wäre aufgrund der objektiv besonderen Schwere seiner Tat mit einer massiven Schädigung des Ansehens des Amtes verbunden, zumal sie im hohen Maße geeignet ist, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Polizei, aber auch das Vertrauen zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer zu beeinträchtigen. In der öffentlichen Wahrnehmung würde es schlicht auf Unverständnis stoßen, wenn ein mit hoheitlichen Befugnissen ausgestatteter Polizeibeamter - der bereits einschlägig wegen der Begehung von Verbrechen und Vergehen vorbestraft ist - im Dienst verbleibt, obwohl er seine Partnerin wiederholt, mit besonderer Deutlichkeit aber am 04.02.2018, mit dem Umbringen bedrohte und deswegen neuerlich wegen Verbrechens und Vergehens zu einer 12-monatigen Freiheitsstrafe (davon 1 Monat unbedingt) verurteilt wurde. Eine weitere Dienstverrichtung - egal in welcher Funktion - würde ein fatales Signal an die Öffentlichkeit, aber auch an andere Beamten senden; es entstünde der Eindruck, die Polizeibehörden seien bei bedenklichem außerdienstlichem Fehlverhalten ihrer Mitarbeiter nachsichtig und würden gewalttätige Übergriffe/Drohungen/Nötigungen quasi. Nur durch die Entfernung aus dem Dienst wird auch generalpräventiv klar signalisiert, dass der Dienstgeber kein Verständnis für ein derartiges Verhalten eines mit Befehls- und Zwangsgewalt ausgestatteten Polizeibeamten hat. Nur dadurch wird in generalpräventiver Hinsicht klargestellt, dass bei derartigen Fehlverhalten eine sofortige Reaktion des Dienstgebers erfolgt und nur dadurch kann erreicht werden, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in eine professionelle, rechtstreue und moralisch integre Polizei bestehen bleibt. Der Senat ist auch der Meinung, dass nur durch diese strengste Maßnahme des Disziplinarrechts das Vertrauen der Dienstnehmer in den Dienstgeber wieder hergestellt werden kann. Bei einem Verbleib des Disziplinarbeschuldigten im Dienst würde man in der Öffentlichkeit, aber vor allem auch in der Beamtenschaft das ohnehin verbreitete Klischee bedienen, dass unkündbaren Beamten nichts passieren könne. Solches widerspricht elementaren Interessen des Dienstgebers, der unbedingt darauf zu achten hat, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die Beamtenschaft und insbesondere die Polizei, erhalten bleibt.
Vor dem Hintergrund dieser spezial- und generalpräventiven Überlegungen ist es auch nicht möglich, ihm einen anderen Arbeitsplatz (andere Polizeidienststelle; Innendienst in der Landespolizeidirektion) zuzuweisen. Es ist nämlich besonders zu beachten, dass er Polizeibeamter ist und damit einen Beruf im wichtigsten Bereich der staatlichen Verwaltung, nämlich der öffentlichen Sicherheit, ausübt. Er ist daher nicht mit anderen Beamten (etwa der ÖBB oder Post usw.) vergleichbar. Letztere haben nämlich gerade nicht die Aufgabe, wesentliche für den Schutz des Bürgers und des Staates notwendige Gesetze zu vollziehen. Die öffentliche Sicherheit ist ausschließlich Aufgabe der Polizei, weshalb deren Organe - weitestgehend unbestritten - auch in Zukunft Beamte sein müssen. Wegen seines schwerwiegenden Fehlverhaltens ist es nicht möglich ihn - in irgendeiner Funktion - weiterhin im Polizeidienst zu verwenden. Die weitere Verwendung eines Polizisten, der wesentliche Dienstpflichten verletzt würde in der Öffentlichkeit auf Unverständnis stoßen. Es würde der Eindruck entstehen, sogar Polizeibeamte könnten sich alles erlauben, ohne ernsthafte Konsequenzen befürchten zu müssen. Dies würde zu einem völlig negativen Bild der Polizei führen, Ansehen und Glaubwürdigkeit erschüttern und letztlich auch das Vertrauen des Bürgers in den Staat untergraben.
Dem erkennenden Senat ist bewusst, dass der DB durch diese Entscheidung seine berufliche Existenz in der Polizei verliert und dies auch Auswirkungen auf seinen Lebensunterhalt und den seiner Angehörigen hat. Der Senat hat sich daher auch mit seiner wirtschaftlichen und sozialen Situation auseinandergesetzt. Der Beamte hat für den Bau eines Hauses Schulden (ca. €40.000,-), sonst aber keine wesentlichen finanziellen Verpflichtungen. Seine Geschwister sind alle berufstätig und auch seine Frau geht einer Beschäftigung nach. Er ist 54 Jahre alt, körperlich offenbar gesund und es wird an ihm liegen - auch wenn dies durchaus nicht einfach sein mag - eine Arbeit zu finden, um seinen Lebensunterhalt zu gewährleisten.
Insgesamt vermochten all jene Abwägungen, die hinsichtlich der zu verhängenden Strafe vorgenommen wurden, die Entlassung nicht zu verhindern, weil sie - was die Milderungsgründe und die sozialen/familiären Umstände betreffen - das Gewicht und die Bedeutung seiner Dienstpflichtverletzung nicht aufwiegen konnten."
Fest steht, dass der BF - trotz seiner in der Verhandlung vor dem Strafgericht und der DK gezeigten Reue und Beteuerung, er sei nicht gewaltbereit, seiner einmonatigen Untersuchungshaft und Verurteilungen - wieder in Untersuchungshaft genommen und am 12.09.2018 erneut - nicht rechtskräftig - zu einer 12-monatigen unbedingten Freiheitsstrafe wegen §§ 107, 107a StGB (Gefährliche Drohung und Beharrliche Verfolgung) verurteilt wurde. Der Verurteilung lagen wiederum drei verbale Übergriffe auf WhatsApp gegen seine Frau zugrunde.
2. Beweiswürdigung:
Die oa. Feststellungen ergeben sich im Wesentlichen aus dem Urteil des Strafgerichtes vom 26.03.2018, dem Inhalt des Disziplinarerkenntnisses, den vorgelegten ärztlichen Befunden sowie den Aussagen des BF vor dem BVwG.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit des BVwG
Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde beim BVwG vier Wochen. Die Beschwerde wurde fristgerecht eingebracht. Gründe für eine Unzulässigkeit der Beschwerde sind nicht ersichtlich.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 135a BDG hat die Entscheidung des BVwG durch einen Senat zu erfolgen, wenn gegen ein Erkenntnis, mit dem die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt wurde, Beschwerde erhoben wurde. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet - den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) zu überprüfen. Der Verfahrensgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wird durch die Begründung und das darin enthaltene Begehren in der Beschwerde begrenzt, es besteht kein Neuerungsverbot (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Auflage, 2017, § 27, K2). Von Amts wegen hat das Bundesverwaltungsgericht jedoch Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der den angefochtenen Bescheid erlassenden Behörde aufzugreifen; ebenso kann es eine relevante Verletzung der Verfahrensvorschriften als auch allfällige inhaltliche Rechtswidrigkeit (die nicht ausdrücklich in der Beschwerde geltend gemacht wurde) von Amts wegen aufgreifen; Grundsatz der Amtswegigkeit (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Auflage, 2017 § 27, K3).
Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit erheblicher Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A)
3.2. Gesetzliche Grundlagen und Judikatur (Auszug, Hervorhebungen durch BVwG)
§ 43 Abs 2 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG) lautet:
Allgemeine Dienstpflichten
§ 43. (2) Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, daß das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.
Der Beschwerdeführer bekämpft ausschließlich die Strafbemessung gem. § 93 BDG und ist es Aufgabe des BVwG zu prüfen inwieweit die DK von ihrem Ermessen in gesetzeskonformer Weise Gebrauch gemacht hat. § 93 BDG lautet:
Strafbemessung
§ 93. (1) Das Maß für die Höhe der Strafe ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten oder der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.
(2) Hat der Beamte durch eine Tat oder durch mehrere selbständige Taten mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen und wird über diese Dienstpflichtverletzungen gleichzeitig erkannt, so ist nur eine Strafe zu verhängen, die nach der schwersten Dienstpflichtverletzung zu bemessen ist, wobei die weiteren Dienstpflichtverletzungen als Erschwerungsgrund zu werten sind.
Der VwGH hat dazu in seiner Entscheidung vom 10.09.2015, Ra 2015/09/0041 festgestellt:
"Bei der Bemessung einer Disziplinarstrafe nach § 93 BDG 1979 ist auch eine Ermessensentscheidung zu treffen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 12. November 2013, 2013/09/0027, mwN). Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 21. April 2015, Ra 2015/09/0009, Folgendes ausgeführt:
‚Bei der Entscheidung über ein Disziplinarerkenntnis nach dem BDG 1979 handelt es sich nicht um eine Verwaltungsstrafsache im Sinne des Art. 130 Abs. 3 B-VG. Die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts trifft daher zu, dass das Verwaltungsgericht, wenn es zur selben sachverhaltsmäßigen und rechtlichen Beurteilung kommt, vor dem Hintergrund des Art. 130 Abs. 3 B-VG nicht sein eigenes Ermessen an die Ermessensübung durch die Disziplinarkommission setzen darf. Jedoch ist das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung über die Bemessung einer Disziplinarstrafe nicht von der Verpflichtung zur Beurteilung entbunden, ob die Ermessensübung durch die Disziplinarkommission auf gesetzmäßige Weise erfolgte.
Weiters ist zu bedenken, dass das Verwaltungsgericht im Fall einer gesetzwidrigen Entscheidung der Verwaltungsbehörde im Fall des § 28 Abs. 2 VwGVG (Art. 130 Abs. 4 B-VG) in der Sache selbst zu entscheiden und dabei auch eine Ermessensentscheidung zu treffen hat.
Bei der Entscheidung über die disziplinarrechtliche Schuld und Strafe (§§ 91 ff BDG 1979) handelt es sich um eine aus gebundenen Entscheidungen und einer Ermessensentscheidung zusammengesetzte Entscheidung. Bei der Beurteilung der Schuld und deren Schwere ist kein Ermessen zu üben, erst die Auswahl der Strafmittel (§ 92 Abs. 1 leg. cit.) und gegebenenfalls (im Falle einer Geldbuße oder Geldstrafe) die Festlegung von deren Höhe stellen Ermessensentscheidungen dar.'"
Zu § 43 Abs 2 BDG hat der VwGH im Zusammenhang mit der Polizei z.B. ausgeführt:
Der in § 43 Abs. 2 BDG 1979 enthaltene Begriff "Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben" bedeutet nichts anderes als die allgemeine Wertschätzung, die das Beamtentum in der Öffentlichkeit genießt bzw. nach dem Willen des Gesetzgebers genießen soll. Exekutivbeamte als Vertreter der Ordnungsgewalt haben u.a. die Aufgabe, Angriffen gegen die körperliche Unversehrtheit einer Person entgegen zu treten; solche Übergriffe zu unterbinden gehört damit zum Kernbereich ihrer Aufgaben. Aus diesem Grunde bilden aggressive Übergriffe von Exekutivbeamten auf die körperliche Integrität von Personen in der Regel Dienstpflichtverletzungen, denen nicht bloß Bagatellcharakter zukommt und die daher geeignet sind, die Suspendierung zu rechtfertigen. Dabei ist es für die Qualifikation als Dienstpflichtverletzung unerheblich, ob der Misshandelte tatsächlich Verletzungen davon getragen hat oder nicht (VwGH 22.06.2005, 2004/09/0038).
Gerade bei einem Exekutivorgan ist ein entscheidender Gesichtspunkt der, dass sich der Dienstgeber auf die Vertrauenswürdigkeit bei der Dienstausübung verlassen können muss (VwGH 19. 12. 1996, 95/09/0153, m. w.N. und 18.04.2002 2000/09/0176).
Auch eine einmalige schwerwiegende Dienstpflichtverletzung, die gegen den Kernbereich der Dienstpflichten des beschuldigten Sicherheitswachebeamten verstößt und auch sonst in keiner Weise eine Entschuldigung oder Rechtfertigung erfahren kann, kann zur ernsthaften Bedrohung des Funktionierens der Verwaltung werden. Daraus folgt sowohl der Vertrauensverlust zu den Vorgesetzten als auch die Untragbarkeit des Disziplinarbeschuldigten für die verantwortungsvolle Tätigkeit eines Sicherheitswachebeamten (VwGH 18.04.2002, 2000/09/0176).
3.3. Beurteilung des konkreten Falles
Der BF und seine Rechtsvertretung führen zusammengefasst an, er sei nie gewalttätig gewesen, es habe im Wesentlichen nur verbale Ausrutscher und falsche Wortwahl gegeben, die vorgeworfenen Taten seien nicht schwer. Die Verletzungen der Ehefrau (blaue Flecken am Handgelenk) - soweit sie überhaupt vorgelegen seien, was im Zuge der Wiederaufnahme zu klären sein werde - seien im Zuge eines Ehestreites passiert und der psychisch beeinträchtige BF sei in einer emotionalen Ausnahmensituation gewesen und hätte der Milderungsgrund des § 34 Abs 1 Z 11 StGB herangezogen werden müssen. Der einmalige Übergriff gegen die Tierschützer sei im Rahmen eines schwierigen dienstlichen Einsatzes passiert und hätte jedem passieren können. Im Übrigen seien auch die schwierige Familiensituation und die privaten Probleme des BF zu berücksichtigen sowie die positive Zukunftsprognose aufgrund der angestrebten Pensionierung zu berücksichtigen.
Wie der BF schon in seiner Beschwerde richtig angeführt hat, war die Disziplinarkommission (DK) gem. § 95 Abs 2 BDG an die dem Spruch des rechtskräftigen Urteils des Strafgerichtes zugrunde gelegte Tatsachenfeststellung sowohl objektiv als auch in Bezug auf die subjektive Tatseite gebunden. Solange keine Abänderung des verfahrensgegenständlichen Strafurteils - aufgrund einer Wiederaufnahme erfolgt - bleibt diese Bindung bestehen.
Der BF bestreitet auch nicht den besonderen Funktionsbezug des außerdienstlichen Verhaltens und das Vorliegen einer Dienstpflichtverletzung gem. § 43 Abs 2 BDG. Vermeint jedoch diese wären im Kern nicht schwerwiegend.
Die erwiesenen Taten betreffen den Kernbereich der Aufgaben eines Polizisten.
Nötigungen, Bedrohungen des Lebens und versuchte Körperverletzungen eines Polizisten - und sei es auch im privaten Bereich und in einer emotionalen Ausnahmesituation - untergraben das Vertrauen der Bevölkerung und der Vorgesetzen in die ordnungsgemäße Ausübung der Dienstpflichten und stellen eine schwere Verletzung des § 43 Abs 2 BDG dar.
Trotz Verurteilung durch das Strafgericht in allen Spruchpunkten liegt ein disziplinärer Überhang gem. § 95 Abs 1 BDG vor.
Der in § 43 Abs 2 BDG enthaltene Begriff "Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben" bedeutet nichts anderes als die allgemeine Wertschätzung, die das Beamtentum in der Öffentlichkeit genießt bzw. nach dem Willen des Gesetzgebers genießen soll (VwGH 11.10.1993, 92/09/0318 und 93/09/0077; 18.04.2002, 2000/09/0176; 16.10.2008, 2006/09/0180).
Auch eine einmalige schwerwiegende Dienstpflichtverletzung, die gegen den Kernbereich der Dienstpflichten des Beschuldigten verstößt und auch sonst in keiner Weise eine Entschuldigung oder Rechtfertigung erfahren kann, kann zur ernsthaften Bedrohung des Funktionierens der Verwaltung werden. Daraus folgt sowohl der Vertrauensverlust zu den Vorgesetzten als auch die Untragbarkeit für die verantwortungsvolle Tätigkeit eines Polizisten (VwGH 18.04.2002, 2000/09/0176).
Die in den Feststellungen angeführte diesbezügliche Beurteilung der DK kann daher nicht als unvertretbar erkannt werden zumal der BF gleich mehrere einschlägige Tatbestände gesetzt hat.
Sofern angeführt wurde, es hätte eine Einschränkung der Schuldfähigkeit aufgrund der psychischen Erkrankung des BF angenommen werden müssen und ein Sachverständiger beigezogen (Milderungsgrund nach § 34 Abs 1 Z 11 StGB) verkennt er, dass, die Bindung an die Feststellungen des Strafgerichtes sowohl die äußere als auch die innere Tatseite betreffenden Tatsachen umfasst (VwGH 17.12.2013, 2013/09/0144).
Das Strafgericht hat diesen Milderungsgrund - obwohl die psychischen Erkrankungen Gegenstand der Verhandlung waren und auch ein Sachverständiger gehört wurde - nicht festgestellt. Die DK (und auch das BVwG) sind keine Überprüfungsinstanz für gerichtliche Strafurteile (VwGH 24.01.2014, 2013/09/0158).
Im Übrigen hat die DK die schwere, chronifizierte Depression und die krankhafte Eifersucht des BF - und damit implizit auch die emotionale Ausnahmesituation - aufgrund der drei Befunde ohnehin als mildernd gewertet. Hinsichtlich der Belobigung die die DK als Milderungsgrund herangezogen hat und die mit dem Datum 2017 angeführt ist, ist ihr ein Versehen unterlaufen, da diese nach dem Personalblatt im Akt bereits im Jahr 2007 stattgefunden hat, was ihr Gewicht entsprechend reduziert. Auch dem Geständnis im Disziplinarverfahren kommt nur eingeschränktes Gewicht zu, weil es der BF vor dem Hintergrund des vom Strafgericht bindend festgestellten Sachverhaltes abgegeben hat und er nunmehr im Nachhinein der Meinung ist, seine Schuld sei durch seinen psychischen Zustand gemindert gewesen.
Von einer positiven Zukunftsprognose kann vor dem Hintergrund, dass der BF die vorgeworfenen Taten im August 2015, im August 2016, im August 2017 sowie im Februar 2018 begangen hat und der neuerlichen (verbalen) Entgleisungen des BF im Zeitraum 16.06. bis 19.07.2018 (noch nicht rechtskräftige Verurteilung vom 12.09.2018 und Untersuchungshaft) nicht die Rede sein. Der BF verkennt, dass das BVwG nicht so tun kann, als habe es diese nicht gegeben, weil es seine Entscheidung nach der Sach- und Rechtslage zum Entscheidungszeitpunkt zu treffen hat (VwGH 30.03.2017, Ro 2015/03/0036; 16.12.2015, Ro 2014/03/0083). Im Übrigen ist bei der Verhandlung hervorgekommen, dass der BF offenbar verkennt, dass auch bloß "verbale Ausrutscher" im privaten Bereich im Kontext mit seinen bereits erfolgten Verurteilungen wegen (Körperverletzung, Nötigung), das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben gem. § 43 Abs 2 BDG als Polizist nachhaltig beeinträchtigen können.
Auch die - anlässlich der bevorstehenden Pensionierung - verminderte Spezialprävention ist nicht entscheidend.
Die Versetzung in den Ruhestand schließt nicht von vornherein und in jedem Fall die spezialpräventive Bedeutung einer über einen Beamten des Ruhestandes wegen einer im Dienststand begangenen Dienstpflichtverletzung (vgl § 133 BDG) verhängten Disziplinarstrafe aus: Zu einem stellt nämlich § 118 Abs 1 Z 4 BDG auf die Abhaltung des Beamten von der Verletzung der Dienstpflichten schlechthin ab, schränkt also nicht auf die Wiederholungsgefahr oder die Möglichkeit der Begehung zumindest gleichartiger Dienstpflichtverletzungen ein, zum anderen treffen auch den Beamten des Ruhestandes (der Ruhestand beendet - wie sich aus § 20 BDG 1979 schlüssig ableiten läßt - nicht das Dienstverhältnis) Pflichten, deren (gröbliche) Verletzung disziplinär zu ahnden ist (§ 63 iVm § 133 BDG; Hinweis E 21.5.1992, 92/09/0014; VwGH 20.11.2001, 2001/09/0014).
Durch die Dienstrechts-Novelle 2008 wurde im zweiten Satz des § 93 Abs 1 BDG die Zielsetzung "der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken", als zusätzliches Strafbemessungskriterium in das Gesetz eingefügt. Nach der nunmehr geltenden Rechtslage kommt der spezialpräventiven Erforderlichkeit der Strafe bei der Bemessung daher nicht mehr eine derart wesentliche Bedeutung wie bisher zu und sind Gründe der Generalprävention wie solche der Spezialprävention für die Bemessung der Strafe gleichrangig zu berücksichtigen. Ist eine Disziplinarstrafe in einem bestimmten Ausmaß geboten, um der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken, dann haben gegebenenfalls spezialpräventive Überlegungen, die eine solche Disziplinarstrafe nicht als erforderlich erscheinen lassen würden, demgegenüber zurückzutreten. Dementsprechend enthalten die Gesetzeserläuterungen (vgl. ErläutRV 500 BlgNR 14. GP 83) die Aussage, es solle nach der Novelle möglich sein, dass 'bei besonders schweren Dienstpflichtverletzungen allein schon aus generalpräventiven Gründen eine Entlassung auszusprechen' sein werde. (VwGH 03.10.2013, 2013/09/0077).
Die vom BF angeführte Judikatur zur Notwendigkeit der Prüfung einer möglichen Versetzung (VwGH 24.06.2009, 2006/09/0108) nimmt Bezug auf ein Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 14.11.2007, 2005/09/0115 und ist aufgrund der oa. Novelle nicht mehr aktuell.
Im gegenständlichen Fall stehen aufgrund der Art und Schwere der dem Beschuldigten nachgewiesenen Dienstpflichtverletzungen, die generalpräventiven Aspekte im Vordergrund und können die Milderungsgründe die Schwere der Taten nicht aufwiegen, sodass die Entlassung des Beschuldigten schon aus generalpräventiven Gründen unabdingbar ist, um der Kollegenschaft des Beschuldigten vor Augen zu führen, dass derartige Dienstpflichtverletzungen nicht toleriert und mit der höchsten Disziplinarstrafe zu ahnden sind (vgl. zur Entlassung von Polizeibeamten etwa VwGH 10.12.2014, Ro 2014/09/0040; 03.10.2013, 2013/09/0080).
Die vom BF angeführten milderen Strafen in anderen Verfahren vor der Disziplinaroberkommission und dem BVwG, entfalten keinerlei Bindungswirkung für den vorliegenden Einzelfall.
Die Bewertung der Strafbemessungsgründe durch die DK sind zusammengefasst im Ergebnis nicht unvertretbar und auf der Basis korrekter Sachverhaltsfeststellungen erfolgt, die Entlassung ist vor diesem Hintergrund rechtskonform.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die dargestellte Judikatur darf verwiesen werden.
Schlagworte
außerdienstliches Verhalten, besonderer Funktionsbezug,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W208.2200877.1.00Zuletzt aktualisiert am
11.03.2019